kann ich hier endlich reden...?

#1
hi alle,

bin froh endlich wo zu sein, wo ich über das thema reden kann... :oops:

in der "normalen welt" geht das ja nicht. sobald ich versuche, über essverhalten/störung zu reden, werde ich komisch angesehen, so als ob man mich nicht mehr für voll nehmen kann oder am liebsten gleich in eine anstalt sperren würde. daher hab ich auch kaum was gesagt - viele viele jahre nicht. aber das thema plagt mich, verfolgt mich regelrecht. ich kann nicht mehr alleine damit zurecht kommen :cry:

mein problem zur zeit ist: ich kann nicht mehr objektiv sagen, ob ich eine essstörung habe, ob mein körper/gewicht so ok ist, oder nicht. oder ob ich mir nur "was vormache" - mir einrede, essgestört zu sein, um aufmerksamkeit zu kriegen (dieser gedanke kommt oft, obwohl ich ja eigentlich garkeine aufmerksamkeit bekomme - aber ich kann den gedanken nicht abschalten).

angefangen hat es vor etwa 15 jahren. ich war als kind dick, habe mich immer geschämt dafür, aber konnte nicht abnehmen. schokoriegel waren einfach zu gut und zu nötig im schulstress, sport für mich eine qual - und die diäten, die ich heimlich probierte - es durfte ja niemand wissen, ich hätte mich zu tode geschämt! - halfen nix.
als ich über 20 war, hab ich eine ausbildung begonnen, die hat mich nervlich alles gekostet. ich bin da fast eingegangen, hab aber keinen ausweg gesehen, die nicht zu ende zu machen (leistungsdruck, eltern etc). irgendwie hab ich immer weniger gegessen - ich weiß selbst nicht mehr, wie, warum und wann das passiert ist. ich weiß nur, dass ich plötzlich immer mehr panik hatte, etwas zu essen, mir die kalorien vorgerechnet habe, es als sieg empfand, eine speise zu verkneifen und mir auch finanziell teures (hab kein geld von eltern oder so bekommen), "richtiges" essen verboten habe. mit der zeit sind die kilos nur so gepurzelt - und ich war stolz auf den "nebeneffekt". heute weiß ich: ich bin in die magersucht reingeschlittert. damals ist mir das nicht aufgefallen, es hat auch nie jemand was gesagt!! das hat mich auch total irritiert, denn ich war SEHR dünn.... so dünn, dass ich mich wieder geschämt habe. dabei hab ich mich immer danach gesehnt, dass ich mal schön bin. und das wer auch sieht und sagt. aber ich hab mich in schlabberpullis verhüllt, damit ja niemand sieht, dass ich so stark abgenommen habe. insgeheim hatte ich aber panik, wieder zuzunehmen. ein furchtbarer kreislauf.

dann, über 5, 6 jahre, wurde es langsam etwas besser. ich hab plötzlich so eine sehnsucht nach essen gekriegt. hab begonnen, es wieder zu genießen. weihnachten endlich wieder kekse zu essen - ein traum!! gefolgt von panik, wieder zuzunehmen... dennoch: ich konnte nicht mehr hungern. ich hab wieder zugenommen, auf "normalgewicht" oder so. ein paar jahre ging das ganz gut, ich hab mich nicht mehr damit beschäftigt.

aber plötzlich - vor 2 jahren etwa - kam alles wieder hoch. ich habe mich gehasst dafür. geschämt. für meine magersucht damals und dafür, dass ich jetzt wieder esse. aus frust und "strafe" hab ich dann auch mal viel reingestopft. erbrochen hab ich aber nie. ich hab das nicht geschafft, obwohl ich mich danach gesehnt habe. um den "ganzen mist" wieder loszuwerden. das geht jetzt bis heute so. ich denke so oft ans essen - nicht essen, nehme mir vor, vieles wieder zu "verbieten" - aber ich kann nicht mehr ohne essen leben. ich WILL nicht mehr hungern! aber ich will wieder so dünn sein. manchmal wünsche ich mir die magersucht zurück - weil ich damals eine stärke hatte, die ich jetzt nicht mehr zusammen bringe. ich weiß, das ist nicht richtig... ich bin unzufrieden mit mir, meinem körper. ich weiß überhaupt nicht mehr, was ich denken soll.

ich kann mit niemandem darüber reden. weil eh alle meinen, "ich bin schlank, was will ich denn". aber ich finde mich dick. wenn ich auf der straße gehe und die dünnen mädchen und frauen sehe, werde traurig und neidisch, weil ich es nicht bin. ich komm mir dann vor wie ein versager.

ich trau mich nicht in eine beratungsstelle, weil ich gar nicht weiß, was ich sagen soll. habe angst, eh als "normal" zu wirken und mich lächerlich zu machen. weil man mir eine essstörung doch gar nicht ansieht.

danke für's zuhören. würde mich echt über ehrliches feedback freuen!!

<3 fabienne

Re: kann ich hier endlich reden...?

#2
diese ängste die du hast würde ich eher als das "normale" bei uns bezeichnen.
du hast eine esstörung, das ist ganz klar und du leidest darunter. geh doch mal zu einer beratungsstelle. die sind dort alle sehr nett und verständnisvoll, meiner erfahrung nach, und kennen sich aus in deinen problemen. du bist nicht alleine und die menschen dort haben viel erfahrung mit ES Leuten.

Ich rate dir, geh mal vorbei. Dort wirst du auch leuten finden, die wissen wovon du redest, anders als du es in deinem Umfeld zur ZEit erlebst.

Liebe Grüße

Re: kann ich hier endlich reden...?

#3
Ich denke auch, dass es dir gut tun könnte eine Beratungsstelle aufzusuchen. Eine Essstörung muss man nicht unbedingt sehen können. Wenn dass Thema Essen einen Tag und Nacht verfolgt dann ist man in einer Esstörung ob man nun UG, NG oder ÜG ist.
Hinzu kommt, dass du annimmst eine Wahrnehmungsstörung zu haben, wenn ich dich richtig verstanden habe. Du weißt das du NG, bzw. schlank bist, siehst dich selbst aber ganz anders.

Ich kenne das von mir, die Waage zeigt mir an wie ich mich sehe, fettes Walross oder schlank, ist von einer Zahl und manchmal nur von 100 gr. abhängig, je nachdem ob es noch umspringt... ><

Ich hoffe es tut dir gut hier mal deinen Frust abzuladen :-)

Liebe Grüße
F

Re: kann ich hier endlich reden...?

#4
danke euch beiden!!

es ist "komisch" über so "persönliches" zu reden, was sonst ja überall tabu ist... aber es tut gut, endlich offen sein zu dürfen und alles sagen zu können. es tut mir eigentlich total weh, dass es soooo viele gibt, die solche und ähnliche und vielleicht sogar schlimmere probleme und erfahrungen mit essen haben! :cry:
eigentlich sollte essen etwas sehr schönes, nährendes, beglückendes sein.
und dann wird es plötzlich zum feind.
terrorisiert und unterdrückt und gewinnt so unendlich viel macht über einen.
schafft, das man den mut, die lust am leben verliert.
und man weiß gar nicht, wieso.
:(

danke für die ermutigung wg der beratungsstelle! wart ihr auch schon (mal, öfters) bei sowas?
ich hab die angst, dass man mich dort ev "überreden" will, "bearbeitet", mehr zu essen. weil laut bmi "sollt" ich ja zunehmen... obwohl ich das natürlich ganz anders sehe :oops: ich finde, meine jeans ist ja jetzt schon riesig. "minimodelgröße" hab ich ja schon lang nicht mehr *seufz*

kuss!

Re: kann ich hier endlich reden...?

#5
hast du schon mal überlegt, warum du ein problem mit dem essen hast und eine esstörung entwickelt hast?

du klammerst dich sehr um das ganze esse und ab und zunehmen, aber es steht so viel mehr dahinter. du leidest unter dem essen/nicht essen/überessen....aber die ursachen sind ganz anders. es fängt damit an, dass man schlank sein möchte....in meinem fall zum beispiel, weil ich mcih sehr einsam gefühlt habe und kaum freunde hatte und ein wirklich unglaublich schwaches selbstbewusstsein hatte und immer alles gegen mich verwendet habe. da hat die ES angedockt und ich habe die kontrolle über etwas gehabt, ich habe abgenommen und bekam komplimente von anderen, aber ich hatte dadurch mir ein leben in zwang auferlegt und es hat nichts an der einsamkeit verändert, die ja die eigentliche ursache hinter der ES war.

VErstehst du, was ich sagen will? Es geht um dich, und darum dir zu helfen und die URsache hinter der ES zu erkennen und dich dabei zu unterstützen, dass du gesund wirst. Niemand will dich zwingen zu essen, es sei denn du bis wirklich in einem Lebensgefährlichem UG, dass ein HErzstillstand droht. Dann können die Ärzte nicht anders handeln, um dich vor dir selbst zu schützen. Allerdings war das bei mir nie der FAll und so wie ich deinen BEitrag lese, ist es das bei dir auch nicht.

Du kannst auch bei einer BEratungsstelle deine Ängste ansprechen, dass du Angst hast zum Essen gezwungen zu werden und noch weiter zuzunehmen.
DAs will keiner! Dich zwingen! Nicht wie ich die Therapien erlebt habe. Sie wollen dir helfen, ein normales, ausgeglichenes BEwusstsein zu deinem Körper und zum Essen zu entwickeln.

Ob ich erfahrung habe? 3 mal stationär, ambulante Gruppentherapie 2 jahre lang, ambulante verhaltenstherapie 1 jahr und seit 2 jahre in pschiatrischer behandlung, dazwischen bei diversen beratungsstellen gewesen.....

Essen und Gewicht sind nicht das Problem, aber du bist noch nicht so weit und man schafft es nicht alleine sich davon zu lösen.

GEh einfach mal hin und sieh dir an was passiert. Ohne Erwartungen ohne Vorstellungen. Je mehr du erzählst desto besser können Sie dir helfen.

Im übrigen, hier im Forum zu schreiben finde ich auch einen großartigen Schritt von dir! Ich kann mir vorstellen, was es für eine Erleichterung für dich ist, endlich mal offen reden zu können.

Liebe Grüße und keine Angst!
Keiner zwingt dich zu irgendwas!

Re: kann ich hier endlich reden...?

#6
lieber apfelbaum,

danke für die vielen zeilen!! bin echt berührt, dass man sich zeit nimmt und mir zuhört und nachdenkt... :)

hab schon oft nachgedacht, warum essen mir so wichtig ist, wie es zur ES kam.
genau weiß ich es nicht.
aber es ist ähnlich wie bei dir - ich hab mich immer einsam gefühlt - bis jetzt. ich hab mich schon in meiner kindheit nach aufmerksamkeit gesehnt, wollte etwas "besonderes" sein. bin in einer großen familie aufgewachsen und irgendwie "untergegangen". hab aber immer ein schlechtes gewissen gekriegt wg diesem wunsch, weil das doch "arrogant, selbstsüchtig, untugendhaft" etc ist.
und dann hab ich mich auch vor "der welt" und den enttäuschungen gefürchtet. wollte wohl abtauchen, unerreichbar, unsichtbar sein. und auf mich stolz sein, endlich etwas zu erreichen.
das arge an der ES ist ja, dass sie einem nur vorlügt, sie würde das alles sein. aufmerksamkeit, geborgenheit, geben. dabei macht sie einen kaputt und nichts davon ist wahr.
und ja: irgendwie klammer ich mich noch daran, weil ich trotz der ganzen lügen noch immer hoffe, der ES irgendwas abringen zu können...

wg gewicht hast du schon richtig gelesen: ich bin absolut nicht im "gefahrenbereich". für die gängige meinung halt doch "nicht passend" - aber das kommt halt auch drauf an, wen man fragt ;-) ein arzt oder ein modeschöpfer sagen da ganz was anderes...

ich hab schon einige therapien gemacht, wg meinen selbstwertproblemen, depressionen, ängsten. hat nix gebracht :( und die ES kam nie mit ins spiel - das war mir ein rätsel, wo sie doch so eine rolle in meinem leben spielt! die therapeuten haben das alle ausgeblendet. deshalb bin ich auch verunsichert und enttäuscht, komm mir nicht recht ernst genommen vor.

du hast ja schon viel mit- und durchgemacht!! merkst du eine verbesserung?
hast du (mehr) achtung vor dir?

al