guten Tag Gleichgesinnte!

#1
"Hallo, Hallo" klingt es aus dem kleinen Dörfchen aus Ostwestfalen hervor.

Hier spricht Anna. 18 Jahre alt und nun gut 3 Jahre der Bulimie verfallen.
Nach dem ich mich nun mal ein wenig hier eingelesen habe, startet der Versuch eine nicht all zu
detailreiche Vorstellung zu meiner Person zu texten.
Was ich allerdings vorab noch anmerken wollte ist, dass es doch auf eine gewisse Weise gut tut sich
in der Vielzahl von Erfahrungsberichten und Sorgen wieder zu finden.
Bin positiv erstaunt, dass sich die unterschiedlichsten Altersklassen hier wiederfinden und
ebenso von den intensiven Ratschlägen.
Interesse an Erfahrungen anderer zu Therapie und Krankheitsalltag, sowie nach Verständniss führten mich nun also in dieses Forum.
Wie bei mir allerdings alles anfing bzw. die genaue Ursache sind mir jedoch noch unklar.
Meiner Ansicht nach ist das alles, was in mir vorgeht (Wiedersprüche, Sorgen, Ängste, Zwänge, Leere usw.)
nämlich nicht sehr nachvollziehbar.
Habe Eltern, die mir so gut wie alles ermöglichen. Seit 2 Jahren einen wunderbaren Freund. Auto. Freunde.
Also wo ist der Grund dafür, dass mich diese Essstöhrung jeden Tag aufs neue überfällt?
Das gilt es also nun zu erforschen. Seit Dezember letzten Jahres wissen meine Eltern, Freund und beste Freunde bescheid.
Doch verstanden fühlt man sich bekanntlich nie wirklich.
Anfang diesen Jahres trat ich dann den Weg zu einem Therapeuten an. Erst gar nicht mit dem Gedanken verbunden, dass diese Stöhrung der Auslöser meiner Lebensüberforderung und Stimmungsschwankungen/ausraster sein könnte.
Nach der Kennenlernphase zwischen dem "Allwissenden"(Therapeut :wink: ) und mir kam der Entschluss zu einem stationären Aufenthalt in einer Klinik für Essstöhrungen und mit dannach anknüpfender ambulanten Therapie.
Völliges Neuland stand bevor. Arztbesuche. Überweisungen. Hinterherlaufen der Krankenkasse.
Endergebniss: Klinikaufenthalt in der Klinik am Korso Ende Juni (Bad Oyenhausen, vielleicht ist der Name ja dem ein oder anderen ein Begriff :-) )
Von der Schule bin ich seit März mittlerweile auch bis Ende des Halbjahres befreit, da sich die Überforderung mehr und mehr bemerkbar machte.
Nun warte ich also das die Zeit vergeht. Versuche meinen Sorgen, Ängsten, Unzufriedenheit und Ziellosigkeit jeden Tag aufs neue zu Entfliehen.
Aber bekanntlich ist dies auf Dauer auch nicht möglich ...
Körperlich macht sich die Erschöpfung durch das tägliche Erbrechen und der minimalen erhaltenbleibenden Nahrung im Magen auch bemerkbar. Mein Körpergewicht senkt sich allerdings nicht mehr wirklich nach unten. Nach oben aber ebenso wenig. Erfolgserlebnis bleibt aus. (Falsche Einstellung - entspricht aber nun mal der Krankheitsrealität.)
Ein besonderer Punkt für mich, der meine Versagenseinstellung verstärkt, ist der Beistand meiner Eltern (besonders meiner Mutter, die mittlerweile zur Selbsthilfegruppe für Angehörige beigetreten ist) und meines Freundes, denen ich aus unerklärlichen Gründen keine Dankbarkeit zeigen kann, sondern nur mit mit den gewöhnlichen frustrierenden Verhaltensmustern entgegen komme. Willkommen Unterbewusstsein.
Was jedoch positiv ist, ist das die ambulante Therapie (so zu sagen Vorbereitung auf den Klinikaufenthalt) nun mit wöchentlichen Sitzungen bei meinem Therapeuten beginnen. Sowas baut doch ein wenig auf, den Teufelskreis irgendwann durchbrechen zu können und Dankbarkeit, sowie Lebensfreude wieder ausstrahlen zu können.

Soweit zu der Blonden vom Dorf. Ich hoffe der Einblick bzw. Daten zu mir und meiner Situation sind nicht zu detailreich und unsinnig.
Nun wünsche ich noch einen angenehmen Freitag und einen guten Start ins Wochenende!
Über Antworten würde ich mich nur freuen :-)
Lieben Gruß,

Anna
Zuletzt geändert von poppysmic__ am Fr Mai 07, 2010 10:49, insgesamt 3-mal geändert.
Reue ist Verstand, der zu spät kommt.

Re: guten Tag Gleichgesinnte!

#2
Liebe Anna!

HERZLICH WILLKOMMEN (von noch ner Blonden vom Dorf :lol: )

Ein bisschen musste ich schmunzeln als ich Deine Vorstellung las... Ich glaub Dein analytischer Verstand läuft auf 100 %, stimmts? Du versuchst Dir die ES mit Logik zu erklären, was ja nicht falsch sein muss, aber sicherlich auch einen Teilbereich vernachlässigt. Gefühle. Wie stehts denn damit?? Was passiert während FAs? Wärend des Kotzens (ja ich frag mal so direkt...die Antworten bleiben Dir überlasen..alles kann, nix muss..) Hinterher, nach dem Kotzen? Hast Du eine Ahnung, was Dir fehlen könnte, was eben nicht in das scheinbar perfekte Bild der glücklichen Blonden vom Dorfe passt?
Ich finds cool, dass Du so offen bist, auch in Deinem Umfeld. Ich war es damals auch und ich hab es nicht wirklich bereut! Es feut mich, dass Deine Eltern hinter Dir stehen und auch Dein Freund! Ehrlichgesagt ist es mehr als lobenswert, dass Deine Mutter sogar einer AngehörigenSHG beitritt. Respekt. Das ist sicherlich nicht selbstverständlich.
Fühlst Du Dich durch die Bemühungen Deiner Eltern/ Deines Freundes irgendwie auf dem "Präsentierteller"?

Ich finds jedenfalls schön, dass Du Kampfgeist zeigst und statt ewig im Jammermodus zu versinken, aktiv durchstartest! Hut ab und schonmal viel Erfolg und weiter so!

Fühl Dich wohl hier!!!

LG Nadine

Re: guten Tag Gleichgesinnte!

#3
Hopala, des ging fix :P
Wollte meine ganzen Informationen ein wenig interessanter von der Schreibweise her rüberbringen. Hoffe kann man so lesen :lol:
Zu nächst ein mal ein Danke.
Ich merke schon, dass ich in manchen Dingen wohl noch sehr unwissend bin und andere Sichweisen und
Wahrnehmungen erst erlernen muss.
Thema Gefühle und FA's ...
Hab ich mir so persönlich noch gar kein direktes Bild von gemacht.
Zum Essen treibt mich meist die Lust, aber auch Unsicherheit Zweifel, fast schon so, als wäre es das LETZTE
Fressen in meinem Leben. Naja und dann wird nicht mehr viel gedacht, nur noch gefressen ...

Und dabei merk ich gerad, fixiere mich schon wieder auf Gedanken :?
Naja, dannach kommen dann Dinge auf, wie Sehnsucht nach Liebe und Verständniss. Der Zwang alles rauß zu würden, weil die Angst vor der Gewichtszunahme so unglaublich stark ist.
Diese Angst ist eigentlich den ganzen Tag über da.
Naja dann kommt halt sowas auf, wie "jetzt einmal richtig alles rein, Anna. Dann hast du heute dein Verlangen gestillt."
Aber merke, so die richtige Antwort auf deine Frage war das jetzt auch nicht, oder?
Das ist alles so extrem verwirrt und unstrukturiert in mir drinn. Diese Ziellosigkeit treibt einen auch auf Dauer in den Wahnsinn, sowie die unentbehrliche Frage "Richtig oder Falsch?"
90% sind meine Handlungen für mich "Falsch." Natürlich auch das Essverhalten.
Belassen wir es erstmal dazu, finde da gerad keine genaue Antwort :x

Das mit dem "Präsentierteller" find ich ganz interessant ...
Gegenüber meinen Eltern ist das wohl schon so. Fühle mich immer so unendlich schulig ihnen solche Sorgen zu bereiten.
Dadurch entstand in letzter Zeit dann auch so eine gewisse Abschottung meinerseits ihnen gegenüber.
Meinem Freund gegenüber versuche ich so gut es geht vieles zu ersparen, was natürlich auch nicht durchgängig gelingt. Hab aber das Gefühl er kann mein verwirrendes Verhalten noch ein bisschen weniger nachvollziehen.
Vielleicht merkt man schon, ich bin da wohl ziemlich überfordert mit mir selbst.
Wobei sich dann diese Sache mit dem Bewusstsein wieder nähert ...

äh ja, soweit so gut :-)
Reue ist Verstand, der zu spät kommt.

Re: guten Tag Gleichgesinnte!

#4
Hey Poppysmic,

erst mal, schön, daß Du Dich hier offenbarst.

Und gut daß Du schon die Klinik und die ambulante Therapie gebucht hast. Meiner Erfahrung nach, ist das schlicht der einfachste und schnellste Weg.

Wobei schnell sehr relativ ist.
poppysmic__ hat geschrieben:Aber merke, so die richtige Antwort auf deine Frage war das jetzt auch nicht, oder?
Das ist alles so extrem verwirrt und unstrukturiert in mir drinn. Diese Ziellosigkeit treibt einen auch auf Dauer in den Wahnsinn, sowie die unentbehrliche Frage "Richtig oder Falsch?"
Ja, ich glaube das ist genau das Problem. Ich muß den ganzen Komplex sorgfältig auseinander pflücken, und neu sortieren. Mit Therapie kann ich das prima machen. Aber ich muß es dann auch umsetzen, in meinem Leben. Und das braucht Zeit.

Dran bleiben, immer vorwärts gehen, auch wenn ich verwirrt bin. Gedanken und Gefühle können sehr verwirrend sein.
Dafür mache ich ja die Therapie
poppysmic__ hat geschrieben:Naja, dannach kommen dann Dinge auf, wie Sehnsucht nach Liebe und Verständniss. Der Zwang alles rauß zu würden, weil die Angst vor der Gewichtszunahme so unglaublich stark ist.
Diese Angst ist eigentlich den ganzen Tag über da.
.

Hast Du schon mal zugenommen, oder ist die Angst eher irreal?

Sehnsucht nach Liebe und Verständnis, das ist schon eine große Sache in einem Menschenleben. Vielleicht der Ursprung aller menschlichen Probleme.

Aber wo Sehnsucht ist, da gibt es auch ein Ziel. Und deswegen brauche ich diese Sehnsucht. Um mich selbst und andere mehr zu lieben und verstehen zu lernen. Und das geschieht.
Nads hat geschrieben:Ich finds jedenfalls schön, dass Du Kampfgeist zeigst und statt ewig im Jammermodus zu versinken, aktiv durchstartest! Hut ab und schonmal viel Erfolg und weiter so!
Da kann ich mich Nads nur anschließen.
Ich wünsche Dir weiterhin viel Erfolg bei Deinen Recherchen. Und Kraft, Geduld und Ausdauer.

Liebe Grüße

Mary Mary
Aus Begierde bist Du an die Welt gefesselt,
mittels derselben Begierde wirst Du von ihr befreit.

(Aus dem Hevajra-Tantra)