Neu?

#1
Kann man es neu nennen, wenn man seit ca. 5 Jahren an Bulimie leidet? Komisch finde ich auch die Frage, seit wann man das ist. Kann man das genau definieren? Ich nicht, ich kann mich nur an meine erste "geniale" Idee erinnern, das alles doch nur halb so schlimm wäre, wenn man einfach alles wieder rausk..., was man geradezu viel reingestopft hat... Das war eben vor ca. 5 Jahren. Mein Freund hat damals nichtmal was gemerkt, nichtmal als ich fast wöchentlich dieser tollen Idee nachgegangen bin. Vielleicht wollte er auch nicht sehen, dass was nicht in Ordnung ist. Es war ja alles immer heile Welt bei uns... :roll: Als ich dann alleine war, hat mir das fast Spass gemacht. Essen, wieder rückgängig machen was man verbrochen hat. Essen, wieder rückgängig machen.. essen, wieder rückgängig machen... ewig lang. Ich bin mittlerweile so weit zuzugeben, dass ich sogar Freunde versetzt habe, um diesem neuen Hobby zu fröhnen. Ich habe zum ersten Mal voller Lust gegessen und hab nachher kein schlechtes Gewissen gehabt, das war für mich damals noch ein tolles neues Gefühl. Aber irgendwann wars anstrengend. Ich glaube nach so ca. 2 1/2 Jahren. Da bin ich nämlich das erste Mal verzweifelt dagesessen, weil ich nichts mehr zu essen daheim hatte. Da ist mir vermutlich erst das erste Mal bewusst geworden, das da was nicht stimmt und ich nicht mehr länger einfach nur grössere Abendessen wieder entsorge, sondern ich ganze Fressorgien hinter mir hatte und die wieder rückgängig machen musste. Sobald mir das bewusst wurde, dass ich eigentlich keine Kontrolle mehr darüber habe, wars eine Last. Und eine Angst war auf einmal da und ein bisschen Scham über das einst triumphierende Gefühl. Ich hatte danach immer wieder mal Phasen, wo´s besser ging und ich mir dachte, ich bin ja doch nicht krank... und dann gabs wieder Phasen, wo ich heulend neben dem Klo gelegen bin und Gott und der Welt die Schuld gegeben habe, dass es so weit gekommen ist. Vor allem den Lebensmittelwerbungen. Komisch, erst vor ca. einem halben Jahr habe ich begonnen zu bemerken, dass ICH das bin, sonst keiner Schuld an diesen Fresszwängen trägt. Das schmerzt. Und macht mich so wütend.

Jetzt bin ich hier. Mehr gibts dazu momentan nicht zu sagen...

#2
na - willkommen..

schade dass es dazu erstmal nicht mehr zu sagen gibt - klingt nämlich absolut reflektiert und selbstkritsich - fakten ohne gnadenlose seblstanklage - davon würde ich hier im forum gern mehr lesen.

dass du jetzt hier bist ist nach der einsicht ja schon schritt zwei - kommen noch zwei und es ist hesundwerden tagesprogramm - keine schlechten aussichten wie ich finde, vor allem da es wie ich finde einfacher ist die ES loszuwerden, wenn es sich nicht (oder nur im geringen maße) um ein ventil und kompensationsmittel handelt sondern aus einer irgendwann mal schönen gewohnheit die sucht geworden ist.

versteh mich nicht falsch - ich beabsichtige nicht deine bulimie mit irgendeiner anderen zu vergleich und zu gewichten - aber wenn dahinter eine ewiglange Kette an kinheitsmustern, Missbr. historie etc etc steckt - ist der zu bewältigende berg um erstmal zum eigentlichen thema bulimie vorzudringen ungleich höher - und oft merken diese personen während sie den berg abtragen, dass der weg das ziel war - die sucht verabschiedet sich, denn sie ist ein symptom des unaufgeräumten innenlebens..

genug davon, ich würde mich freuen weiter von dir zu lesen und zu erfahren, was du jetzt vor hast -
alles liebe
katja
"Gott ist tot." Nietzsche
Nietzsche ist tot. Gott.

#3
Hallo, ich finde schon mal den Ausdruck "rückgängig machen" sehr ausdrucksvoll, wobei ich dabei nicht in den psychologischen Bereich rutschen möchte, den musst du selber durchmachen :wink:
ich würde deine Art der B eher als Sarkasmus bezeichnen, was meiner Meinung ein sehr guter Vortschritt zur "Bekämpfung" ist, du hast schonmal den Schritt getan, dich "über deine Krankheit lustig zu machen (d.h. dich auseinander zu setzen)
Das "ICH BIN SCHULD" ist nicht richtig...du bist VERANTWORTLICH für dein tun, weitesgehend SCHULD ist oft jemand anderes, der die "Anregung" gebracht hat..
Hast du ne Therapeutin? (ist echt nicht so schlimm, wie es sich anhört, ich LIEBE meine Thermine, da kannste dich echt mal auskotzen", auch wenn du deiner Meinung nach weg von dem Kreislauf bist)
Schreib mir einfach mal, wenn du Lust hast,
LG Andrea

#4
Hallo, freut mich so nettes und nicht verurteilende Antworten zu erhalten. Schuld? Hm, doch, eigentlich nur ich. Meine Verantwortung wäre doch auf meinen Körper zu achten (und eigentlich dachte ich Anfangs ich täte es) meine Schuld ist es zumindest seit dem ich bemerkt habe, dass es krank ist. Und meine Wut ist damit zu erklären, dass ich diese Sucht nach in mich reinstopfen nicht wegbekommen kann. Ich weiss nicht warum. Ich werde richtig nervös wenn ich es nicht kann. Der Auslöser dazu war meine Unsicherheit. Die hab ich echt gehabt, ich war moppelig. Meisst bin ich eigentlich auch ganz selbstbewusst. Ich weiss was ich kann, ich weiss was ich erreicht habe, aber da ist eben das Problem mit meinem Körper. Das ist das Einzige, das ich nicht so lieben kann. Das Einzige, bei dem ich immer denke, andere wären schöner, besser als ich - disziplinierter. Ich hab gestern noch einen Bericht von einem Mädchen gelesen, das gemeint hat, sie wäre lieber Magersüchtig. Komisch, ich konnte den Wunsch so nachvollziehen. Denn das Ko*** ansich sehe ich nurals sekundäres Problem. Das eigentliche Problem ist das Essen. Hätte ich das nicht, müsste ich ja auch nicht die Sache rückgängig machen. (Der psychologische Aspekt vom Rückgängig machen würde mich übrigens echt interessieren, da ich mir eigentlich nicht wirklich viel bei dem Wort überlegt habe)

In psychologischer Betreuung bin ich nicht, da müsste ich ja vor jemanden stehen und sagen: Hey, ich habe Bulimie... die Vorstellung lässt mich schon schwindelig werden. Das weiss keiner. Beruflich darfs keiner erfahren, da würde ich gerade in meinem Beruf als schwach bezeichnet werden und ich würde vermutlich ziehmlich schnell runter gemacht werden und von meinem schwer erklommenem Berg runtergestossen werden - ohne Sicherheitsseil. Privat will ichs nicht rauslassen, weil ich eigentlich als sehr stark gelte und als Mädchen, das immer korrekt ist. Kreativ, schlau und ausgeglichen. So werde ich (zumindest vor meinem Rücken) beschrieben. Klar, das ich diese Stellung nicht unbedingt aufgeben will. Ich will da anders raus und es muss funktionieren. Ich hab nur noch keinen Plan, was ich tun soll, wenn ich diese Panik bekomme weil ich mich zwinge keine Packung Chips zu verschlingen und keine Schokolade und keine Fertiggerichte und .. einfach nichts. Ich werde es irgendwie rausfinden. Jetzt bin ich erstmal hier und ich gestehe, ich fühle mich unglaublich wohl hier. Es tut so gut darüber zu schreiben - es zuzugeben ohne sein Gesicht zu verlieren. Oder wäre Maske das richtigere Wort?
cron