hey!

#1
Hallo,
Da man, wenn der Weg der Besserung zur bitteren Notwendigkeit geworden ist, einen weiteren Schritt setzen sollte, nehm ich diese Gelegenheit mal als Anlass, dieses zu tun.
Wie bin ich da hinein und aus dem, was man so selbstverständlich als Leben bezeichnete, hinaus gerutscht ? Die Antwort ist sicher in der Kindheit zu finden. War schon immer ein fettes,häßliches Kind dessen Highlights meißt mit Futter zu tun hatten. Bei guten Noten gabs MC D. oder Leberkässemmel als Belohnung, der Zugang zum heimischen Eis und Schokokasten war nie limitiert, es war einfach nix dabei, viele von euch kennen das bestimmt.
Solang das Kind ißt, is es gsund, auch wenns nicht damit aufhört.
So wurde ich halt von Schulärtzten, Kollegen, und Leuten die mich deswegen zu gern peinigten, ueber mein Erscheinungsbild aufgeklärt... der uebliche Hut vom dicken verarschten Kind halt...
Wachstumsschuebe und eine vegetarische Ernährung stutzen mich zu einem annehmbaren Bild, mit dem ich endlich Freunde, Selbstwert, Visionen, Energie... irgenwann auch mal eine Freundin gewann. Es war alles genial, Essen war da um es zusammen zu genießen, um sich zu ernähren, oda allein, normal halt. In der Beziehung sind wir zwar beide wieder fetter geworden, aber es war nie wirklich ein Problem.
Wah, sorry, ich quatsch echt zu viel herum, was interessiert Euch das...
Aber, um zu einem Schluss zu finden, irgendwann, wo die Beziehung, die 4 Jahre dauern sollte, friedlich und ohne Stress beendet wurde, ich wieder zu Freunden, in den Sport und damit zu einer normalen Figur, Hobbys, Interessen zurück fand und auch in eine neue Kurzbeziehung, die von Ihr beendet wurde, zu einem Zeitpunkt, an dem meine Gefühle ihren Zenit erreichten, hing ich über der Schüssel.
Von einem Tag auf den anderen war ich ein anderer Mensch, machte mich selbst mit depressiven Zuständen bekannt und ja...
Seit dem sind fast drei Jahre,in denen es auf lange strecken wieder voll verschwunden war, sag mal dank sport,vergangen und jetzt gehts wieder voll los.
Ich fühl mich so dumm, will wieder der Mensch sein, der ich so verdammt gerne war, fröhlich, voller Energie, redselig, ohne Scheu vor Geselschaft...
Jetzt hab ich sogar vor Treffen mit meiner Schwester Angst, weil ich Angst vor schweigenden Momenten hab, bei anderen Menschen ist es die Hölle... Hab meine Persönlichkeit mit herunter gespült und will anders sein, Sachen machen, die ich von Leuten kenne, denen ich nah sein will... Sehne mich so sehr nach einem gesunden sozialen Umfeld, nach Freunden, einen Alltag, mit dem ich zurecht komme, ohne am Morgen mit Herzklopfen aufzuwachen, weil die banalsten Dinge eine Herausforderung darstellen, der ich mich nicht mehr gewachsen Fühle, mit dauernder Angst, sich selbst zu blamieren, der ganze Scheiß halt, der dann zu der einzigen Tätigkeit zwingt, die in jeder Situation, zu jeder Tageszeit souverän zu machen ist,...

#2
hallo leopold!!
Erstmals herzlich willkommen hier im Forum!!
Ich habe deine Geschichte gelesen,
es war/ist sicher eine gute Entscheidung sich hier anzumelden,
und ich bin sicher es gibt einige hier denen das, was du geschrieben hast sehr sehr bekannt vorkommt, zum beispiel deine Kindheit.
hast du dir einmal eine Therapie überlegt, weiß jemand von deiner B?
Auf jeden Fall tut es unheimlich gut sich austauschen zu können,
ich wünsch dir ganz viel Glück=)
Liebe Grüße
BuckFush
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#3
Wow, Antwort as subito, danke buckfush.
Bin grad auf der Suche, nach einem Therapieplatz, aber auch nicht mit dem Einsatz der eigentlich angebracht wäre. Termine bei einschlägigen Stellen sind ja sehr begehrt, und im Oktober bin ich mal für ein Gespräch bei den Barmherzigen Schwestern vorgemerkt. Sonst wäre noch die Stelle im 18 Bezirk, die ich in 2 Wochen nochmal kontaktieren soll, jetzt sind grad alle Plätze belegt, aber ja, ich mach was dafür ;)
Meiner Schwester vertraute ich das vor 1 1/2 Jahren an, sie glaubt aber dass alles wieder in Ordnung ist und weiß nix vom Relaunch, ja und letzte woche ist es bei einem sehr guten, vertrauenswürdigen Freund rausgerutscht, der echt genial damit umgeht... und bei dem Menschen, der mich ein Jahr nicht einen Gedanken an DAS verschwenden ließ, den ich liebte und immer noch lieben will, aber ich schaffs einfach nicht, weil ich halt grad nicht mit mir selbst klar komm...

Aber genug von mir, wie geht es Dir? Muss mich mal in Deine Geschichte lesen, vielleicht kann ich ja auch etwas helfen oder wenigst lernen, aber danke nochmal
ganz l.g.

#4
Hallo lieber Leopold!

Auch von mir ein herzliches willkommen!

Du hörst dich ja wirklich sehr verzagt und resigniert an - in etwa vergleichbar mit mir. Es ist ja wirklich fürchterlich, wenn man permanent das Gefühl hat, man müsste sich für etwas belohnen oder irgendwas mit der Fresserei ausgleichen. Jeden Tag denke ich, das war jetzt der letzte FA und am nächsten Tag, wenn ich dann im Geschäft stehe, denke ich: Naja, nach dem heutigen Tag, hab ich´s ja echt verdient - und alles geht von vorne los. Es wirklich zum Verzweifeln. Manchmal hab ich das GEfühl, niemals wieder da herauszufinden. Noch dazu weiß es bei mir niemand (und das soll auch so bleiben) und ich trau mich einfach nicht, in Therapie zu gehen. Im Grunde bin ich nicht imstande, mein Leid als Krankheit zu sehen. Viel eher sehe ich es als eine Art Schwäche oder Sucht (die es ja auch ist) und schäme mich in Grund und Boden deshalb.

Meine Kindheit war eigentlich nicht so sehr von Essen geprägt wie es bei dir der Fall war. Bei mir ging´s erst in der Pubertät los damit. Ich war immer ein sehr dünnes Kind (ging auch in Ballett), aber ab dem 14./15. Lj ging´s dann schlagartig rauf mit den Kilos und ich rutschte ins ÜG. Mit ca 18 begann ich dann mit Diäten herumzuexperimentieren, hatte aber dann den wahrscheinlich uns allen bekanten Jojo-Effekt und rutschte noch viel mehr ins ÜG. Dann schließlich mit 21 (also vor 7 Jahren!!!!!!!!!!) hab ich das erste mal gek* und kann bis jetzt nicht damit aufhören, sprich ich mache es immer noch TÄGLICH! (ganz selten schaff ich mal einen ganzen Tag ohne, aber diese Glanzleistung gelingt mir leider wirklich nur sehr selten)

Naja, genug von mir. Schließlich ist das dein Thread... hoffe ich hab dich nicht zu sehr vollgequatscht. Der Schritt in die Therapie ist sicher ein sehr guter und wichtiger! Ich wünschte, ich würde das auch schaffen!

Ich wünsch dir viel Glück und Stärke, durchzuhalten!
Liebe Grüße
M.
Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum!

#5
Hallo Leopold!
Nett, dass mal ein Mann hier mitmischt! Wie alt bist du? Netter Beitrag, interessiert jedes Wort.

Ich habe als Kind von meiner Schwester den Kosenamen "Kugelbauch" erhalten - obwohl´s mehr am Hohlkreuz lag. Mit 14 hab ich eine Unmenge abgenommen. Einer Lehrerin fiels auf, endlich Aufmerksamkeit. Den Eltern fiel´s auch auf: "Alle sagen, du siehst krank aus." "Willst du uns in den Wahnsinn treiben". "Wenn sie noch abnimmt, lasse ich sie einweisen". Dann gleich wieder eine Unmenge zugenommen. Die Klasse kicherte, wenn ich reinkam. Man fotografierte meinen fetten Arsch. Ich trug selbst im Hochsommer einen dicken Anorak mit dämlichen Smilies drauf und war so gehemmt, dass ich bei jeder Tätigkeit aussah, als wäre ich geistig behindert. Dann hab ich angefangen zu "studieren". Zur Uni ging ich quasi nie, traute mir das einfach nicht zu, schlief am Tag, damit es für die Uni zu spät war, fraß am Nachmittag, hörte Requiems und versuchte, mich selbst herunterzuziehen. Hat lange gebraucht, bis ich kapiert habe, dass ich das Leben doch zu gerne habe, um mich umzubringen. Vielleicht kommt das beste erst! Vielleicht lerne ich das auch noch kennen: das Leben genießen, mit Freunden lachen, schöne Dinge unternehmen ...
In Studendenkreisen haben mich jedenfalls alle akzeptiert, TROTZ meiner *kg zuviel; ich hatte einen Verehrer, der mir, nachdem ich wieder abgenommen hatte, sagte: schade, du warst so eine freche verwöhnte Göre. Mein erster "Freund" war auch enttäuscht, dass ich abgenommen habe. Allerdings habe ich auch viele Komplimente erhalten. Dann habe ich zugenommen, und wieder ziemlich abgenommen. Als erstes gab es Stress im Büro, Kommentare wie "Magersüchtige und andere Behinderte", "wir brauchen hier jemanden, der LEISTUNG bringt", "wenn Sie nicht zur Betriebspsy gehen, gibt´s einen AKtenvermerk". Ich hab´s mit einer Gruppentherapie versucht, aber ich konnte währenddessen nur ans Essen denken und war zu sehr mit mir selbst beschäftigt, als mich auf andere konzentrieren zu können. Eigentlich wollte ich mich nur mit ein paar "Leidensgenossinen" anfreunden, habe nach kurzer Zeit abgebrochen. Am Anfang habe ich die Bulimie als eine Art Aufruf zu einem neuen Leben verstanden und auch ziemlich viel geändert; ich zog in eine eigene Wohnung, brachte die Möbel mit dem Auto alleine hin (bin schon seit Jahren nicht mehr Auto gefahren, kann ich nicht), baute den Kasten alleine auf... habe auch recht viele Kontakte geknüpft und bin auch mal "ausgegangen" - was ich nun schon wieder lange nicht mehr gemacht habe. Viele Treffen habe ich in letzter Sekunde wieder abgesagt, irgendwelche Ausreden erfunden, gelogen, nur weil ich lieber fressen wollte. Während meiner "Rendez-vous" saß ich oft wie auf Nadeln, weil ich noch vor Ladenschluss Stoff besorgen wollte... Oft bin ich bei Nacht und Regen noch zur Tankstelle gefahren und habe geheult, weil ich mich so rettungslos in den Fängen der BN gefangen sah. Oft liege ich stundenlang im Bett wach und kann nicht einschlafen vor lauter vielen Plänen, was ich alles machen möchte. Nun ruht meine "positive Liste" in einer Mappe und ich kann wieder schlafen, weil ja alles aufgeschrieben ist, was ich ohnehin nicht mache. Im Job habe ich endlich Kollegen, die mich mögen, mit denen ich mich verstehe. Ich fühle mich zwar nach wie vor ziemlich oft dämlich und unfähig, aber ich habe einfach meine Anforderungen an mich selbst ziemlich auf Null heruntergeschraubt. Früher dachte ich, ich müsste mich in Geschichte, Kultur, Politik, Film usw auskennen, um überhaupt ein Mensch zu sein. Jetzt denke ich nicht mehr viel. Ich lebe - oder besser - existiere einfach. Ich habe alle möglichen Formen von Selbst-Therapie versucht: kein Geld mitnehmen, einfach Salat fressen anstatt Süßigkeiten, Fressanfall auf den nächsten Tag aufschieben, für jeden fressfreien Tag einen Smilie, mir vom ersparten Geld etwas schönes kaufen... hat zeitweise geklappt, dann wieder nicht. Momentan versuche ich erst gar nicht, mich zusammenzunehmen. Vor einem Jahr habe ich den Besuchsdienst beim roten Kreuz angefangen, ich besuche eine alte Dame einmal die Woche; ich dachte, das füllt meine Sinnkrise ein bisschen auf. Meine I-Net-Cafe Zeitkarte läuft ab. Mehr ein anderes Mal.