[b]Partnerin "erwischt" - sie macht dicht :([/b]

#1
Hallo Allerseits.

Ich habe vor ein paar Tagen die Bulimie meiner Freundin entdeckt. Wir haben eine Fernbeziehung und sehen uns nur etwa alle zwei Wochen. Nachdem ich in ihre Wohnung gekommen bin, wollte ich kurz auf Toilette und habe Erbrochenes in der Schüssel gesehen. Wenig später sprach ich sie darauf an, worauf sie mich erst anlog und meinte das würden Küchenabfälle sein. Ich merkte an ihrer Reaktion aber sofort, dass sie log. Nun ja, sie gab es dann zu und erzählte mir dass sie seit ihrem 15 Lebensjahr essgestört sei (jetzt 39). In der Pubertät fing es an mit Anorexie (mit Klinikaufenthalt). Wir sind jetzt ca. 1.5 Jahre zusammen und ihre ambivalente Einstellung zum Essen war mir schon des öfteren aufgefallen. Auf der einen Seite spricht sie sehr oft davon, auf der anderen tut sie so, als ob es ihr nicht wichtig wäre. Für sie kommt wahrscheinlich noch erschwerend hinzu, dass ich extrem gerne koche und das Essen liebe. Ich dachte immer das könnte ein gemeinsames Hobby werden... Wie dem auch sei. Der Grund für meine Anmeldug hier im Forum ist derjenige, dass ich mich gerade ziemlich alleingelassen fühle. Ich war etwa fünf Tage bei ihr beim letzten Aufenthalt, am ersten Tag kam die Geschichte mit der Bulimie raus. Ich wollte von ihr wissen, welches Ausmaß die Störung hat. Sie wollte kaum drauf eingehen und speiste mich mit "ein paar mal die Woche" ab und wollte nicht weiter darauf eingehen. Ich muss vielleicht an dieser Stelle sagen, dass ich klargemacht habe, dass ich bei ihr bleiben möchte und dass die Tatsache der ES nicht an meiner Einstellung zu ihr ändert. Ich sprach sie in den kommenden Tagen bewusst nicht mehr darauf an und hoffte, sie würde von sich aus kommen. Keine Chance. Auch sonst ist sie ein Mensch, der die Verdrängung liebt. Das meine ich mit Alleingelassen. Ich kann mit niemandem darüber sprechen - nicht mal mit ihr. Sie fürchtet, dass wenn sie sich mir öffnet unsere Beziehung eine ungute Dynamik annehmen würde. Sie die schwache "Patientin" und ich der "Helfer". Sie als auch ich sind in einer Verhaltenstherapie. Ich gehe inzwischen wenn es hochkommt ein mal im Monat dorthin, mehr als Reflektion statt ernsthafter Psychotherapie, da ich im groß und ganzen ziemlich gesund bin. Als ich meinem Therapeuten davon erzählte, meinte dieser, ich solle sie klar und deutlich darauf ansprechen. Sie bitten, dass sie sich mir öffnet, mir erklärt wie ihre Krankheit funktioniert (wie ihre Abläufe sind, nicht die Krankheit selbst - ich bin gewissermaßen vom Fach und weiß Bescheid). Welche Anteile ich habe, was sie triggert etc. Leider stoße ich mit diesem Wunsch bei ihr auf wenig Verständnis. Sie sieht es als ihr Problem an und will das auch weiterhin so handeln. Ihre Therapeutin ist da anscheinend ähnlicher Ansicht und denkt auch (wenn es wirklich so stimmt was meine Freundin mir mitteilt), dass es zu einer zu großen Verstrickung führen würde, wenn ich in vollem Umfang Bescheid weiß. Wie seid ihr mit euren Partnern umgegangen? Wie weit habt ihr euch geöffnet? Ich fühle mich echt abgehängt...

Re: [b]Partnerin "erwischt" - sie macht dicht :([/b]

#2
Hallo,
ich würde gleich mal dazu kommen wie es bei mir in der Partnerschaft ist. Ich versuche inzwischen tatsächlich etwas offener mit dem Thema umzugehen. Mein Partner weiß aber auch nicht alles. Er drängt mich auch nicht ihm alles zu erzählen.
Das Problem an der ganzen Sache war für mich, dass es mir unglaublich peinlich war. Ich konnte über meine anderen Störungen (Depression und Borderline) ohne Probleme reden aber die Essstörung und vor allem das Erbrechen waren mir zu peinlich. Ich wöllte meinen Partner jetzt auch nicht erzählen wie genau da gewisse Dinge ablaufen. Ich persönlich schäme mich dafür und es kostet mich schon sehr viel mit meiner Therapeutin und meiner Selbsthilfegruppe darüber zu sprechen.
Ich habe mich nach und nach gegenüber meinem Freund geöffnet. Zumindest was Grundstrukturen angeht. Also wie ich das Essen empfinde und wie ich meinen Körper sehe und ähnliches. Aber das hat auch Zeit gebraucht. Ich musste zunächst viel an mir arbeiten und einiges selbst erkennen und verstehen.
Es ist schön, dass du ihr versucht zu vermitteln, dass du trotzdem bei ihr bleiben möchtest und den Weg mit ihr gemeinsam gehen willst. Das ist auch sehr wichtig und ich selbst muss es auch immer wieder von meinem Partner hören.
Für mich war es aber immer imens wichtig, dass mein Partner mich nicht zwingt ihm Dinge zu sagen oder Dinge zu essen. Wir sind überein gekommen in dem ich gesagt habe er darf mich alles fragen und was ich nicht beantworten möchte oder gerade nicht kann das beantworte ich nicht oder zunächst nicht.
Das brauch aber wie gesagt Zeit. Sehr viel Zeit.
Es wäre gut vielleicht nochmal miteinander zu reden und abzustecken, dass du da bist und bereit bist mit ihr über alles zu sprechen bzw. ihr zu helfen wenn es sich anbietet, du sie aber zu nichts zwingst. Du möchtest es ja nur verstehen soweit es geht. Aber lass ihr den Raum, wenn sie es nicht sofort kann. Das ist normal. Esstörungen und gerade das mit dem Erbrechen passiert so heimlich und ist so schambesetzte Sache.
Ich hoffe ich konnte einen kleinen Einblick geben. Versuch weiter für sie da zu sein aber sie nicht zu drängen.

Liebe Grüße Cookie

Re: [b]Partnerin "erwischt" - sie macht dicht :([/b]

#3
Vielen Dank für deine Antwort! Ich merke einfach, dass sich mir immer mehr Fragen dazu aufdrängen. Für mich wäre es schon toll, wenn sie mir ein Angebot machen würde, dass ich sie fragen darf, sie sich dann überlegt, was sie mir sagen möchte und was nicht. Für mich ist das vermutete Ausmaß (ich kann ihr das mit ein paar mal übergeben in der Woche leider nicht glauben) schockierend und ich bin innerlich schon angespannt, wenn sie mir wieder mal erzählt wie toll sie Gemüse findet. Oder sie bei 24 Grad Raumtemperatur mit blauen Lippen schlotternd gegenüber steht. Und ja ich sage es ehrlich. Es fühlt sich beschissen an, wenn man den ganzen Tag in der Küche steht, für sich und den anderen kocht und schon ganz genau weiß, dass 50% davon wieder in der Schüssel landet. Ich spreche gerade emotional und weiß sehr wohl, dass es wahrscheinlich gar nicht anders geht. Die Krankheit und das, was sie aus den Betroffenen macht, ist unglaublich perfide. Wie gesagt, es würde mir helfen einfach mehr darüber zu wissen. Habe da meine Befürchtungen, dass sie sich von sich aus öffnet, da sie allgemein ein Mensch ist mit niedriger Schamschwelle und panischer Angst nicht als toll empfunden zu werden. Ich weiß nicht mal, ob sie vorhat gesund zu werden oder die Anfälle wenigstens zu reduzieren. Puh!

:shock: