Neu hier - Meine Bulimie und ich
Verfasst: Fr Sep 13, 2019 23:15
Hallo ihr Lieben,
Ich bin noch neu hier und würde gerne ein wenig von meiner Geschichte erzählen und mich mit Allen austauschen, denen es genauso geht...
Ich bin 18 Jahre alt und habe seit einigen Jahren Bulimie. Wann genau es angefangen hat kann ich schon gar nicht mehr sagen, muss aber mindestens schon 3 Jahre her sein. Eine lange und teilweise sehr schwierige Zeit mit besseren und schlechteren Phasen. Ich finde es ehrlich sehr traurig, was ich, was wir alle schon durchmachen mussten.
Die Bulimie kam bei mir langsam und schleichend. Ich kann mich noch daran erinnern wie ich einem mal dem Kotzen unter der Dusche stand und mich gefragt habe ob ich wohl krank bin. „Nein auf keinen Fall“, dachte ich „ich habe das doch unter Kontrolle, ich mache das nur wenn ich das will“. Ja damals war es wirklich noch so. Eine bewusste Entscheidung, nachdem ich mal wieder ein paar Chips zu viel gegessen habe. Ich dachte noch, das würde auch so bleiben und fand, dass ich eine super tolle neue Möglichkeit gefunden habe. Bei wie vielen von uns es wohl so begonnen hat? Schleichend und hinterhältig kam die Bulimie in mein Leben, die Kontrolle habe ich schon längst verloren.
Auch mit einer Anderen Essstörung habe ich schon Bekanntschaft gemacht, der Orthorexie. Viele kennen sie nicht und offiziell anerkannt ist sie auch nicht. Es handelt sich um den krankhaften Zwang nur gesunde, oder auch für gut empfundene Lebensmittel zu essen. Süßigkeiten und Fast Food sind vollkommen tabu. Mit der Zeit werden immer mehr Lebensmittel vom Plan gestrichen, Fertigsoßen, Fleisch, Milchprodukte, Weizenprodukte, Brot (auch Roggen, Dinkel etc)... Es war häufig unglaublich schwierig... immer habe ich untätig und dumm daneben gesessen wenn es zu einem Geburtstag mal wieder Kuchen gab oder sich alle eine Pizza bestellen wollten. Natürlich bekam ich auch viele doofe Blicke und Fragen, auf die ich keine richtige Antwort hatte. Welcher normale Teenager isst in einer Eisdiele nicht eine einzige Kugel Eis mit, weil es ungesund ist (dazu muss ich sagen dass das Argument ich mache eine Diät oder so nie geholfen hätte weil ich schon immer relativ dünn war). Viel Unverständnis, aber ich konnte nicht anders, es ist ein wenig wie bei der Anorexie, nur das es mir nicht auf das wie viel, sondern das Was ankam...
So schwierig das auch alles war, hat es mich mit Stolz erfüllt. Ich hatte die Kontrolle, ich war stark und ich habe mich sogar auch besser als alle anderen gefühlt, weil ich eben verzichten konnte. Teilweise wurde ich sogar auch bestärkt und für diese Selbstkontrolle bewundert. Ich bekam Anerkennung und Respekt für diese „Leistung“. Der Stolz wurde immer größer. Manchmal wünsche ich mir diese Zeit zurück. Es war ein gutes Gefühl im Vergleich zur Bulimie mit dem ganzen Scham, dem Selbsthass, der Verzweiflung und der Wut. Aber ich schaffe es nicht mehr. Ich bin nicht mehr stark genug, habe nicht mehr diese Willenskraft, was ich mir auch immer und immer wieder vorwerfe....
Irgendwann kam nach einigen Monaten des vollkommenen Verzichts kam dann die Bulimie wieder zum Vorschein, das muss jetzt etwas 2 Jahre her sein.
Nachdem ich auch noch durch den Verzicht und das Kotzen stark abgenommen hatte, schickten mich meine Eltern zum Arzt. Gott, habe ich diese Frau gehasst, und tue es immer noch. Es war mein kleines Geheimnis, meine von außen absolut perfekte Welt, meine Mauern, meine Fassade, die ich mir über eine lange Zeit aufgebaut habe. Nichts und Niemand würde mir das jemals wegnehmen. Für mich war sie eine Bedrohung, jemand der mir alles zerstören konnte und das durfte ich nicht zulassen. Ich habe mich vollkommen verschlossen und mich den unmöglichsten Sprüchen um mich geworfen, wenn ich wieder hin musste. Wenn Blicke töten könnten.... So war ich eigentlich gar nicht, ich war das liebe kleine süße Mädchen von neben an das immer höflich grüßte und jedem auf der Straße zulächelte. Aber dort.... ein vollkommen anderer Mensch. Da sieht man einmal mehr was die Bulimie mit einem machen kann... ich reagiere übrigens immer noch so, wenn ich die sehe. Das ist mir so unangenehm aber ich kann nicht anders. Eine Art Selbstschutz zusammen mit der ständigen riesen Angst dass alle meine kleinen Geheimnisse rauskommen. Als ich dann wieder ein normales Gewicht hatte musste ich nicht mehr hin, meinen wahren Problemen hat das absolut nicht geholfen.
So und nun bin ich seit 1 1/2 Jahren mit meiner Bulimie alleine. Ich kann mit niemandem drüber reden, weil ich einfach keinem genug vertraue und ich weiß dass ich meine Familie und mein Leben einfach nur zerstören würde wenn ich mich an Sie wende. Meine Eltern haben schon genug Problem mit meinen Großeltern und sich selber. In dieser Hinsicht hatte ich einfach schon immer das Gefühl dass ich mit Problemen nicht zu ihnen kommen kann. Das muss ich alleine regeln, ich möchte keine Belastung sein. Meine Eltern lieben mich, keine Frage, aber sie haben eben auch schon immer hohe Erwartungen gehabt. Vieles lief in meinem Leben schon immer nahezu Perfekt ab und wenn dann mal etwas nicht zu 100% ihren Vorstellungen entsprach waren sie enttäuscht. Ich wollte schon immer nur meine Eltern stolz machen und keine Enttäuschung für sie sein. Ich weiß sie würden mich trotzdem lieben, aber ich habe schon immer gemerkt dass diese Liebe sehr viel größer und stärker war wenn ich gute Leistungen erbracht habe, wenn ich alles richtig gemacht habe, wenn ich gerade mal für den Moment perfekt war. Ich bin mir sehr sicher das diese Erwartungen, der Perfektionismus, der Leistungsdruck und einfach diese Beziehung zu meinen Eltern ein wichtiger Grund für meine Essstörungen ist. Lange Zeit habe ich auch Leistungssport gemacht, dort wurden auch immer Erfolge erwartet und der Druck war teilweise enorm. Ich glaube ich konnte irgendwann einfach nicht mehr den ganzen Erwartungen entsprechen. Die Schule, der Sport, im Haushalt helfen und immer das liebe kleine Mädchen sein.... es wurde einfach zu viel, ich konnte nicht immer perfekt funktionieren. Vermutlich brauchte ich einfach dieses Ventil, die Bulimie - und brauche es immer noch. Den Schein des perfekten Lebens aufrechtzuerhalten, und gleichzeitig in seinen Problemen zu versinken ist unglaublich anstrengend. Emotional bin ich manchmal am Ende, ich bin auch noch ein super sensibler Mensch der über alles zu viel nachdenkt und sich alles zu Herzen nimmt. Während man immer damit beschäftigt ist die perfekte Fassade zu wahren, spüre ich wie ich mich immer weiter selbst verliere. Die ständigen Lügen, die panische Angst jemand könnte alles heraus finden, die Kontrollverluste, der Selbsthass, die Ausweglosigkeit, der Scham, die Einsamkeit, die Verzweiflung und das immer stärker werdende Gefühl, dass ich es alleine nicht schaffe. Ich wünsche mir manchmal das kleine Mädchen zurück, dass ich mal war. Was sie wohl über mein heutiges Ich denken würde? Ich will es vermutlich gar nicht wissen.
Falls ihr bis hier hin gekommen seid, dann ein riesengroßes Danke schön fürs „zuhören“. Ich wünsche mir einfach so sehr jemanden zum reden, vielleicht kann man sich hier ja ein wenig austauschen. Ich werde weiterhin immer ein wenig über meine Geschichte und meine Gefühle schreiben. Es tat irgendwie sehr gut das alles einmal loszuwerden.
Ich bin noch neu hier und würde gerne ein wenig von meiner Geschichte erzählen und mich mit Allen austauschen, denen es genauso geht...
Ich bin 18 Jahre alt und habe seit einigen Jahren Bulimie. Wann genau es angefangen hat kann ich schon gar nicht mehr sagen, muss aber mindestens schon 3 Jahre her sein. Eine lange und teilweise sehr schwierige Zeit mit besseren und schlechteren Phasen. Ich finde es ehrlich sehr traurig, was ich, was wir alle schon durchmachen mussten.
Die Bulimie kam bei mir langsam und schleichend. Ich kann mich noch daran erinnern wie ich einem mal dem Kotzen unter der Dusche stand und mich gefragt habe ob ich wohl krank bin. „Nein auf keinen Fall“, dachte ich „ich habe das doch unter Kontrolle, ich mache das nur wenn ich das will“. Ja damals war es wirklich noch so. Eine bewusste Entscheidung, nachdem ich mal wieder ein paar Chips zu viel gegessen habe. Ich dachte noch, das würde auch so bleiben und fand, dass ich eine super tolle neue Möglichkeit gefunden habe. Bei wie vielen von uns es wohl so begonnen hat? Schleichend und hinterhältig kam die Bulimie in mein Leben, die Kontrolle habe ich schon längst verloren.
Auch mit einer Anderen Essstörung habe ich schon Bekanntschaft gemacht, der Orthorexie. Viele kennen sie nicht und offiziell anerkannt ist sie auch nicht. Es handelt sich um den krankhaften Zwang nur gesunde, oder auch für gut empfundene Lebensmittel zu essen. Süßigkeiten und Fast Food sind vollkommen tabu. Mit der Zeit werden immer mehr Lebensmittel vom Plan gestrichen, Fertigsoßen, Fleisch, Milchprodukte, Weizenprodukte, Brot (auch Roggen, Dinkel etc)... Es war häufig unglaublich schwierig... immer habe ich untätig und dumm daneben gesessen wenn es zu einem Geburtstag mal wieder Kuchen gab oder sich alle eine Pizza bestellen wollten. Natürlich bekam ich auch viele doofe Blicke und Fragen, auf die ich keine richtige Antwort hatte. Welcher normale Teenager isst in einer Eisdiele nicht eine einzige Kugel Eis mit, weil es ungesund ist (dazu muss ich sagen dass das Argument ich mache eine Diät oder so nie geholfen hätte weil ich schon immer relativ dünn war). Viel Unverständnis, aber ich konnte nicht anders, es ist ein wenig wie bei der Anorexie, nur das es mir nicht auf das wie viel, sondern das Was ankam...
So schwierig das auch alles war, hat es mich mit Stolz erfüllt. Ich hatte die Kontrolle, ich war stark und ich habe mich sogar auch besser als alle anderen gefühlt, weil ich eben verzichten konnte. Teilweise wurde ich sogar auch bestärkt und für diese Selbstkontrolle bewundert. Ich bekam Anerkennung und Respekt für diese „Leistung“. Der Stolz wurde immer größer. Manchmal wünsche ich mir diese Zeit zurück. Es war ein gutes Gefühl im Vergleich zur Bulimie mit dem ganzen Scham, dem Selbsthass, der Verzweiflung und der Wut. Aber ich schaffe es nicht mehr. Ich bin nicht mehr stark genug, habe nicht mehr diese Willenskraft, was ich mir auch immer und immer wieder vorwerfe....
Irgendwann kam nach einigen Monaten des vollkommenen Verzichts kam dann die Bulimie wieder zum Vorschein, das muss jetzt etwas 2 Jahre her sein.
Nachdem ich auch noch durch den Verzicht und das Kotzen stark abgenommen hatte, schickten mich meine Eltern zum Arzt. Gott, habe ich diese Frau gehasst, und tue es immer noch. Es war mein kleines Geheimnis, meine von außen absolut perfekte Welt, meine Mauern, meine Fassade, die ich mir über eine lange Zeit aufgebaut habe. Nichts und Niemand würde mir das jemals wegnehmen. Für mich war sie eine Bedrohung, jemand der mir alles zerstören konnte und das durfte ich nicht zulassen. Ich habe mich vollkommen verschlossen und mich den unmöglichsten Sprüchen um mich geworfen, wenn ich wieder hin musste. Wenn Blicke töten könnten.... So war ich eigentlich gar nicht, ich war das liebe kleine süße Mädchen von neben an das immer höflich grüßte und jedem auf der Straße zulächelte. Aber dort.... ein vollkommen anderer Mensch. Da sieht man einmal mehr was die Bulimie mit einem machen kann... ich reagiere übrigens immer noch so, wenn ich die sehe. Das ist mir so unangenehm aber ich kann nicht anders. Eine Art Selbstschutz zusammen mit der ständigen riesen Angst dass alle meine kleinen Geheimnisse rauskommen. Als ich dann wieder ein normales Gewicht hatte musste ich nicht mehr hin, meinen wahren Problemen hat das absolut nicht geholfen.
So und nun bin ich seit 1 1/2 Jahren mit meiner Bulimie alleine. Ich kann mit niemandem drüber reden, weil ich einfach keinem genug vertraue und ich weiß dass ich meine Familie und mein Leben einfach nur zerstören würde wenn ich mich an Sie wende. Meine Eltern haben schon genug Problem mit meinen Großeltern und sich selber. In dieser Hinsicht hatte ich einfach schon immer das Gefühl dass ich mit Problemen nicht zu ihnen kommen kann. Das muss ich alleine regeln, ich möchte keine Belastung sein. Meine Eltern lieben mich, keine Frage, aber sie haben eben auch schon immer hohe Erwartungen gehabt. Vieles lief in meinem Leben schon immer nahezu Perfekt ab und wenn dann mal etwas nicht zu 100% ihren Vorstellungen entsprach waren sie enttäuscht. Ich wollte schon immer nur meine Eltern stolz machen und keine Enttäuschung für sie sein. Ich weiß sie würden mich trotzdem lieben, aber ich habe schon immer gemerkt dass diese Liebe sehr viel größer und stärker war wenn ich gute Leistungen erbracht habe, wenn ich alles richtig gemacht habe, wenn ich gerade mal für den Moment perfekt war. Ich bin mir sehr sicher das diese Erwartungen, der Perfektionismus, der Leistungsdruck und einfach diese Beziehung zu meinen Eltern ein wichtiger Grund für meine Essstörungen ist. Lange Zeit habe ich auch Leistungssport gemacht, dort wurden auch immer Erfolge erwartet und der Druck war teilweise enorm. Ich glaube ich konnte irgendwann einfach nicht mehr den ganzen Erwartungen entsprechen. Die Schule, der Sport, im Haushalt helfen und immer das liebe kleine Mädchen sein.... es wurde einfach zu viel, ich konnte nicht immer perfekt funktionieren. Vermutlich brauchte ich einfach dieses Ventil, die Bulimie - und brauche es immer noch. Den Schein des perfekten Lebens aufrechtzuerhalten, und gleichzeitig in seinen Problemen zu versinken ist unglaublich anstrengend. Emotional bin ich manchmal am Ende, ich bin auch noch ein super sensibler Mensch der über alles zu viel nachdenkt und sich alles zu Herzen nimmt. Während man immer damit beschäftigt ist die perfekte Fassade zu wahren, spüre ich wie ich mich immer weiter selbst verliere. Die ständigen Lügen, die panische Angst jemand könnte alles heraus finden, die Kontrollverluste, der Selbsthass, die Ausweglosigkeit, der Scham, die Einsamkeit, die Verzweiflung und das immer stärker werdende Gefühl, dass ich es alleine nicht schaffe. Ich wünsche mir manchmal das kleine Mädchen zurück, dass ich mal war. Was sie wohl über mein heutiges Ich denken würde? Ich will es vermutlich gar nicht wissen.
Falls ihr bis hier hin gekommen seid, dann ein riesengroßes Danke schön fürs „zuhören“. Ich wünsche mir einfach so sehr jemanden zum reden, vielleicht kann man sich hier ja ein wenig austauschen. Ich werde weiterhin immer ein wenig über meine Geschichte und meine Gefühle schreiben. Es tat irgendwie sehr gut das alles einmal loszuwerden.