FA-Lebensmittel-"Desensibilisierung"?

#1
Hallo ihr Lieben,

nach längerem Mitlesen(insbesondere wenn es mir gerade schlecht ging, habe ich oft hier im Forum gestöbert- so schrecklich es ist, tut es gut, zu wissen, dass man nicht allein mit der Sch*** ist! :() habe ich mich nun doch auch registriert!

Ich bin 21, studiere und bin seit Beginn der ES vor nunmehr über 5 Jahren schon einen weiten Weg gegangen, würde ich behaupten(vom sich-selbst-eingestehen, dass man krank ist über das Verständnis, dass nicht das Essen oder Disziplin das eigentliche Problem ist und das Arbeiten an sich selbst....), auch wenn dieser Weg noch lange nicht zuende ist! ;)

Wie es bei euch aussieht, weiß ich nicht, aber ich habe so meinen persönlichen Suchtfraß, den ich typischerweise bei FAs in mich hineinstopfe(darf ich hier schreiben, welchen? zur not lösche ich wieder), zb Schokolade, Haferflocken mit gefrorenen Früchten, Nüssen, Rosinen und Milch, Knäckebrot mit Käse, Erdnussbutter mit Bananen, alles noch nichtmal sooo ungesund, aber in der Masse natürlich schon... jedenfalls ist es so, dass ich das Zeug fast ausschließlich in FAs esse...und jetzt bin ich auf den Trichter gekommen, es einfach mal "auszusitzen" und es normal zu essen, bis ich schlicht und einfach keine Lust mehr darauf habe...esse seit gestern abend Erdbeeren mit Haferflocken, Nüssen und Hafermilch und Schokolade und erlaube es mir einfach,bis ich so richtig satt bin...und bei der nächsten mahlzeit wieder...und wieder und das habe ich vor mit allen meinen FA-Lebensmitteln zu machen...sodass sie einfach diesen Reiz des Verbotenen verlieren und nicht mehr triggern. Weil es oft so ist, dass ich damit anfange und in einen FA münde, weil ich unterbewusst denke, jetzt ist es eh so weit...anstatt eine Banane mit Erdnussbutter direkt aus dem Glas gelöffelt einfach als normale Mahlzeit anzusehen und nicht als Auftakt zum üblichen Elend...

Versteht ihr, was ich meine und wie findet ihr die Idee? Hat jemand sowas schonmal ausprobiert?

Einen schönen Abend euch!!

Alles Liebe,

chispa
"If you hit a wrong note, then make it right by what you play afterwards."

-Joe Pass

Re: FA-Lebensmittel-"Desensibilisierung"?

#2
Hallo Chispa,
Wie läuft denn dein Versuch? Konntest du ein paar FA damit vermeiden? Ich selbst stelle mir das sehr schwierig vor, obwohl dein Ansatz sich einfach mal alles zu erlauben bestimmt nicht falsch ist. Ich hab allerdings immer stark getrennt zwischen den Dingen die ich gegessen und gekocht hab wenn mein Kopf gerade auf normale Ernährung gepolt war und denen, die ich bei den FA verschlungen hab.
Allerdings gab es ja auch einige überschneidungen. Ich hoffe ich darf das jetzt schreiben bzgl forenregeln
..Also Sachen wie Haferflocken wäre ich vorsichtig weil sie so schnell zum stopfen verleiten und ich hab bis heute noch etwas Probleme solche Lebensmittel in gesunde Portionen einzuteilen. Deshalb hab ich oft die Finger davon gelassen, sie überhaupt zu essen
Das ist aber nur meine persönliche Erfahrung, deshalb berichte doch mal wie es dir ergangen ist.
Liebe Grüße schnuddel
Let me take you down
'Cause I'm going to Strawberry Fields
Nothing is real
And nothing to get hung about

Re: FA-Lebensmittel-"Desensibilisierung"?

#3
Hallo Schnuddel!

Danke für deine Antwort!

Tatsächlich war die erste Woche extrem anstrengend...wie du sagst, ist es auch für mich bei bestimmten Lebensmitteln,
die schon so "FA-assoziiert" sind, auch schwer, sie in gesunden Mengen zu essen.

Aber ich habe mich wirklich versucht hinzusetzen, wenn ich Hunger hatte und gezielt und ohne Ablenkung genau das gegessen, bis ich genug hatte- das war gerade am Anfang trotzdem oft zuviel, aber kein FA, und da ich es mir trotzdem bei der nächsten Mahlzeit wieder erlaubt habe(es war so schwer! Die Kalorienzählmaschine zu ignorieren, die mir vorgerattert hat, wieviel zuviel ich jetzt gegessen habe, wie ich das wieder ausgleichen muss- sie zu ignorieren, mir die nächste Mahlzeit wieder so zu erlauben und nicht deswegen("jetzt ists egal" in den FA zu rutschen sondern auf meinen Bauch zu hören), habe ich es irgendwann echt geschafft, dass das Lebensmittel irgendwie...seinen Reiz verloren hat.

Also Beispiel Erdnussbutter- für mich immer ein totales "Angst-Lebensmittel", weil ich die einfach total gerne mag und am liebsten direkt aus dem Glas löffeln kann, aber natürlich hat die ja sooo viele Kalorien und weil die Welt ja schließlich untergehen wird, wenn ich ein paar Gramm mehr oder weniger wiege, hab ich sie mir die meiste Zeit komplett verboten- bis ich dann doch mal eine gekauft habe und die dann sofort ganz gegessen habe, dann war mir schlecht, ich hatte ein mieses Gewissen und es hieß niee wieder...und wieder von vorne. Ich glaube, diesen Kreislauf kennt jeder hier zur Genüge.

Als ich dann meine neue Strategie ausprobiert habe, habe ich mich drei Tage hauptsächlich von Erdnussbutter und ein paar anderen Sachen ernährt- ich hab mir mehrere Gläser gekauft und hab mich quasi herausgefordert, indem ich mir gesagt habe, "es ist genug da, du darfst es alles essen und wenn du willst, kaufen wir mehr davon, iss"- die einzige "Bedingung" für mich war, dass ich auf meinen Körper achte und einigermaßen Mahlzeiten einhalte. Jedes Mal, wenn ich Hunger bekommen habe, habe ich mich gefragt, aus was ich Lust habe und genau das gegessen. Und bei der nächsten wieder. Und das war genau die Erdnussbutter(und dann ein paar Tage andere Dinge). Bis ich sie wirklich und wahrhaftig nicht mehr wollte!
Ich bin jemand, der sich normalerweise echt gesund ernährt und ich mag Salat und Kartoffeln und so wirklich gerne, nur wenn das (Fr)essbedürfnis da ist und ich mir nur was "gesundes" "erlaube", nur um hinterher trotzdem noch die Chips/die Schokolade/die Erdnussbutter/etc etc, was auch immer, reinschiebe- dann gehts mir nur noch schlechter und es ist viel mehr ausgeartet, als wenn ich von vornherein genau das gegessen hätte, was ich heimlich wollte, und zwar bewusst und vernünftig und mit Genuss, statt mit eigentlich schon vollem Bauch, schlechtem Gewissen und in dieser Esstrance, in die man sich dann versetzt.
Es ist doch so, dass wir diese typischen, für uns negativen FA-Lebensmittel nur deshalb überhaupt haben, weil wir sie uns ständig verbieten, solange das vernünftige Kontroll-Ich das Steuer hat- und sobald das weg vom Fenster ist im Essanfall, stürzen wir uns auf diese Lebensmittel und essen viel zu viel davon, auch wenn sie schon gar nicht mehr schmecken, nur weil wir wissen, dass wir sie uns später wieder verbieten.

(Bahnbrechend neu sind diese Erkenntnisse nicht, schon klar :D Aber ich finde es ist immer noch was anderes, wenn man es für sich selbst wirklich BEGREIFT)

Natürlich ist mir sonnenklar, dass die FAs ihre Wurzel nicht im Essen haben.
Ich arbeite/habe sehr daran gearbeitet, die emotionalen Ursachen zu erforschen und sie zu beheben. Jede Tiefphase bringt mich weiter und ich hatte eine ganz, ganz miese noch bis vor anderthalb Wochen. Aber seitdem hat sich echt was getan.
Auch weil ich endlich mal mit meinem Körper arbeite statt gegen ihn und dazu gehört, dass ich Schritt für Schritt die Angst wegnehme, die auf bestimmtem Essen liegt, ihm in der Hinsicht gebe was er will und mich auf meine Psyche konzentriere.
Er dankt es mir mit einem zuverlässigen Hunger- und Appetitgefühl.

Gestern haben wir gegrillt und das erste Mal seit Jahren musste ich nicht mit mir kämpfen, dass ich mich nicht überesse(Feiern und Grillen und Geburtstage etc sind normalerweise essenstechnisch ein Gräuel für mich, weil ich nie genug kriegen kann), sondern war völlig zufrieden damit, einfach nur dazusitzen und mich zu unterhalten, während noch viele gegessen haben! Aber ich hatte genau das gegessen, was ich wollte, statt mich erst nur mit "safen" Sachen wie Salat vollzustopfen, um nur ja nicht zu viel anderes zu essen(und genau das trotzdem zu tun)-versteht mich nicht falsch-wie gesagt, ich liebe Salat etc- aber ich m*ssb**ch* dieses Essen viel zu oft als Ersatz für das was ich will, weil ich ständig nur mit dem Kopf gegessen habe bzw der riesigen Kalorientabelle darin, statt mit meinem Bauchgefühl-auf jeden Fall war es ein super Gefühl!

Ich will nicht behaupten, geheilt zu sein oder so- dazu gehört noch ein langer Weg, der mit Sicherheit auch mit Rückfällen gepflastert ist- aber ich hatte seit Jahren nicht mehr so ein tolles freies Verhältnis zu Essen wie gerade! Es ist einfach momentan nicht so wichtig! Ich konzentriere mich viel mehr auf andere Dinge, die mir echte Freude machen, OHNE es dabei zu vernachlässigen oder mich hungern zu lassen!

Also mein Ansatz war zumindest für mich, in meiner Phase, der allerrichtigste.

Seit einer Woche habe ich noch so ungefähr ein viertel Glas Erdnussbutter stehen, dass ich theoretisch jederzeit essen darf- und wisst ihr was? Bisher hatte ich einfach keine Lust darauf.

Ich wünsche euch einen wunderschönen Samstag- ich muss jetzt dringend an den Schreibtisch, lernen :( :roll: und alles Liebe!

chispa
"If you hit a wrong note, then make it right by what you play afterwards."

-Joe Pass

Re: FA-Lebensmittel-"Desensibilisierung"?

#4
Hey Chispa!
Das ist genau was ich letzten Winter begonnen habe und ja, es wird langsam und sicher immer besser! Anfangs habe ich ein wenig zugenommen, war auch dann erst recht verzweifelt, aber habe durchgehalten vor allem REGELMÄSSIG (3-5 Mahlzeiten/Tag) und worauf mein Körper Lust hat zu essen. Jetzt bin ich am Ursprungsgewicht und halte dieses auch. Ja manchmal kommen FA´s vor und auch das Erbrechen ist nicht völlig eliminiert. Wenn viel Druck da ist, passierts. Aber es macht einen riesen Unterschied ob es wöchentlich oder monatlich passiert :)
Noch zu Gewicht/Figur: ich wiege das gleiche wie vorher, fühle mich aber 1000mal besser, weil nicht leer, vollgestopft, brennender Hals etc. :)
Zuletzt geändert von Campanula rapunculus am Mo Jul 10, 2017 7:56, insgesamt 1-mal geändert.

Re: FA-Lebensmittel-"Desensibilisierung"?

#7
Warum ist das nur so schwer: boa ja Chispa, manchmal ists schon verdammt schwer, sich so zu akzeptieren, wie man ist...vor allem wenn man grad einen EA hatte und sich super mies fühlt. Aber ich glaube eine Sache, die wir hier alle lernen müssen, ist dass unser Gewicht nicht unseren Wert als Mensch ausmacht. Wir sind noch so viel mehr als unser Körper. Und gleichzeitig ist er das Mittel uns auf dieser Welt zu bewegen, insofern müssen wir ihn soweit gut behandeln, dass wir gut mit ihm arbeiten können, d.h. was Gutes in der Welt bewirken.
Zumindest mir hilft diese Sichtweise sehr...selbst, wenn ich dick wäre, könnte ich z.B. meine Nachbarn morgens freundlich anlächeln, eine liebevolle Freundin oder Schwester oder Zuhörerin sein oder eine interessante Musikerin, gute Lehrerin, Biologin oder was auch immer.

Respekt übrigens fürs "ohne Ablenkung essen", das fällt mir noch extrem schwer...was mit etwas hilft, den Fokus aufs Essen zu lenken und auch nicht dauernd aufzustehen und etwas anderes zu machen, ist den Radio oder einfach Musik aufzudrehen (kein youtube/sonstiges mit Videos, nur akkustisch und ohne herumzappen, d.h. eine CD oder ich mag z.B. Ö1). Was sind deine Strategien "ohne Ablenkung" durchzuhalten?

Re: FA-Lebensmittel-"Desensibilisierung"?

#8
Campanula rapunculus hat geschrieben:Warum ist das nur so schwer: boa ja Chispa, manchmal ists schon verdammt schwer, sich so zu akzeptieren, wie man ist...vor allem wenn man grad einen EA hatte und sich super mies fühlt. Aber ich glaube eine Sache, die wir hier alle lernen müssen, ist dass unser Gewicht nicht unseren Wert als Mensch ausmacht. Wir sind noch so viel mehr als unser Körper. Und gleichzeitig ist er das Mittel uns auf dieser Welt zu bewegen, insofern müssen wir ihn soweit gut behandeln, dass wir gut mit ihm arbeiten können, d.h. was Gutes in der Welt bewirken.
Zumindest mir hilft diese Sichtweise sehr...selbst, wenn ich dick wäre, könnte ich z.B. meine Nachbarn morgens freundlich anlächeln, eine liebevolle Freundin oder Schwester oder Zuhörerin sein oder eine interessante Musikerin, gute Lehrerin, Biologin oder was auch immer.

Respekt übrigens fürs "ohne Ablenkung essen", das fällt mir noch extrem schwer...was mit etwas hilft, den Fokus aufs Essen zu lenken und auch nicht dauernd aufzustehen und etwas anderes zu machen, ist den Radio oder einfach Musik aufzudrehen (kein youtube/sonstiges mit Videos, nur akkustisch und ohne herumzappen, d.h. eine CD oder ich mag z.B. Ö1). Was sind deine Strategien "ohne Ablenkung" durchzuhalten?
Liebe Campanula rapunculus(so ein cooler name :D)

Du hast ja so recht!! und was ich mir auch manchmal denke: "The prettiest thing you can wear is a smile!", der Spruch hängt bei meiner Tante rum und er ist ja so wahr!
Solange wir diese Krankheit haben, können wir noch so dünn sein, schöner als ein wirklich fröhlicher glücklicher Mensch mit vielleicht ein *kg mehr, aber dafür einer tollen Ausstrahlung sind wir trotzdem nicht!

Jaa, das ohne Ablenkung essen.... Also mir hilft es, dass ich mich wirklich fürs Essen versuche in der Küche aufzuhalten und mich dort hinzusetzen anstatt es mit ins Zimmer zu nehmen...und dass ich versuche, mich soweit wertzuschätzen, dass ich Dinge auf Teller anrichte etc statt vorm Kühlschrank "nur mal eben eine Käsescheibe" aus der Packung zu essen...wenn ich den Käse will, okay, aber dann auf einem Teller am Küchentisch! Und wenn ich dann noch mehr will(meistens ist das "nur ein bisschen" ja eh nur eine Ausrede und man nimmt sich mehr, aber weil man es nur so zwischendurch im stehen isst, zählt es ja nicht ;) )
Den Kompromiss mit Musik bzw mit einem Hörbuch, obwohl das schon grenzwertig ist, mache ich auch oft, Hauptsache kein Film/Video/lesen. Und oft ist es so, dass ich mich mit dem Hörbuch hinsetze zum Essen und es dann zwischendurch ausmache um mich besser aufs Essen zu konzentrieren.
Es hilft mir sehr, wenn ich mir ausmale, wie besch*** ich mich wieder fühle, wenn ich mich vollgefuttert habe(ich will auch endgültig vom Erbrechen wegkommen, deswegen ist das primär keine Option mehr) und mich daran erinnere, dass ich ja nachher wieder was essen darf, wenn ich Hunger habe.

Und ich weiß, dass die FAs für mich oft Realitätsflucht bedeuten, wenn ich keine Lust habe zu lernen, aufzuräumen, etc... Wenn ich jetzt merke, dass ich das Bedürfnis danach habe(bin gerade in der Prüfungsphase, deswegen kommt das öfter vor :D Aber gerade deswegen kann ich mir auch die Verfassung in der ich nach FAs bin, gar nicht leisten!), dann versuche ich nicht mich trotzdem zu zwingen, sondern erlaube mir dann halt eine bestimmte Zeit, in der ich einen Film gucke, schlafe, rausgehe oder so weil ich mir das so lieber ist, als dass ich mir die Pause irgendwann wieder gewaltsam mit Essensmissbrauch erzwinge. Ich sag mir dann halt, okay, du musst jetzt nicht weiterlernen wenn du gerade sooo unmotiviert bist(gerade nach einer Mahlzeit ist das oft so und deswegen hatte ich immer viele FAs nach einer "normalen" Mahlzeit- weil ich wohl die Pause ausdehnen wollte), dann guck halt eine Folge, aber ohne Essen, du bist satt!
Entkopplung von Essen und Emotionen und so... ;)
Sehr oft klappt es inzwischen und es ist ein sehr, sehr gutes Gefühl! Auch weil mir diese extremen Stimmungsschwankungen, die ich durch die Bulimie immer hatte, zum größten Teil erspart bleiben, und ich merke erst jetzt wie anstrengend die wirklich sind!!!

Ich hoffe, es geht so positiv weiter!!!!:)

Dir bzw euch allen auch noch viel Erfolg und Liebe! <3

Und jetzt ist Schluss mit der Aufschieberei und ich fange an zu lernen, übermorgen ist Anatomieprüfung :| :lol:

chispa
"If you hit a wrong note, then make it right by what you play afterwards."

-Joe Pass
cron