Abschalten, entspannen

#1
Ich komme oft nach Hause und will einfach nur "abschalten", mich entspannen. Und weil es zu Schulzeiten so war dass es Essen von Mama gab wenn ich bei der Tür reinkam versuche ich es damit. Und weil keiner da ist der mir die nötige Ansprache gewährt wird der Laptop aufgedreht und gesurft. Oder Zeitung gelesen...

Oder das Lernen, das Leben oder sonst was klappt nicht wunschtraummäßig...ich will einfach nur kurz Abstand davon...die Speisekammer ist weit genug weg...

Ich will abschalten und werde doch nur mehr und mehr gestresst, vom hin- und herlaufen zwischen Schreibtisch und Küche.

Wie schafft ihr es vom anstrengenden Tag runterzukommen, ohne Essen, Medien oder sonst was dafür zu m*ssb**ch*? Wie schafft ihr es euch Zeit zum Nachdenken, zum Gefühle hochkommen lassen etc zu nehmen?

Re: Abschalten, entspannen

#2
Mir geht es sehr ähnlich wie dir.
Was mir hilft ist spontan den Alltag zu gestalten, je nach dem, was ich gerade brauche. Manchmal zB spontan Mittags mit jemand zusammen zu Mittag zu essen - dadurch bekommt das Essen einen Rahmen und gleichzeitig kann man mit dem Anderen über seine Gedanken reden oder auch auf ganz andere Themen kommen und dadurch abschalten.
Wenn ich fühle, dass Gedanken/Gefühle hochkommen werden, wenn ich es zulasse, nehme ich mir wirklich die Zeit dafür. Ich lege mich zB schon früh ins Bett und dann kommts schon von alleine. Oder gehe spazieren oder schwimmen oder höre Musik, die mir gefällt.
Ich habe festgestellt, dass sich das Unterdrücken der Gedanken oder Gefühle sehr häufig aufs Essen auswirkt. Darum ist es einer meiner Ziele, diesen mehr Raum zu geben und gar nicht zu versuchen, mich abzulenken und abzuschalten. Ab einem bestimmten Punkt ist es auch wichtig, abschalten zu können, aber ich glaube, wenn der Punkt erreicht ist, würde es sich auch nicht aufs Essen auswirken.

Ich habe auch häufig das, dass ich nach Hause komme, sofort den Laptop einschalte und Serien schaue (auch noch welche, die ich schon in uns auswendig kenne und deshalb eigentlich langweilig sind) und nebenbei esse und dann mit Beidem nicht mehr aufhören kann - bis ich schließlich wieder los muss und irgendetwas Anderes dringend erledigen muss. Das finde ich immer sehr verschwendete Nachmittage, weil ich weder runtergekommen und entspannt bin, die Gedanken und Gefühle zu einem anderen Zeitpunkt sich durchzwingen und das mit dem Essen auch daneben ging. Ich kann das auch noch nicht immer ändern, aber ich habe festgestellt, dass ich erst richtig runterkommen kann, wenn ich die Gedanken und Gefühle zugelassen habe - sonst bin ich ständig nur dabei, sie verhindern zu wollen.

Re: Abschalten, entspannen

#3
Hallo Campanula rapunculus,

mir geht es oft ähnlich wie dir, es fällt mir sehr schwer abzuschalten (und je mehr Stress desto schwieriger natürlich).
Aber ich schreibe dir einfach mal, was mir bisher geholfen hat, velleicht kannst du ja etwas damit anfangen.

Was ich schwierig (aber auch sehr hilfreich) finde ist, herauszufinden, was genau dich stresst.
Bei mir ist es zum Beispiel die Tatsache, dass ich ziemlich verpeilt bin, grne Sachen vergesse, mich in irgendwechen Tätigeiten verliere und dann oft zu spät komme, es vergesse, Sachen vorzubereiten...
Verpeiltheit ist ein Stressfaktor, den ich ziemlich klar identifizieren kann und seitdem ich bemerkt habe, dass ich da ein Probleme habe versuche ich, bewusst dagegen anzugehen.
Das bedeutet in meinem Fall immer einen Terminkalender mitzuschleppen und ihn auch zu benutzen, Termine, die mir per E-Mail geschickt werden sofort zu übertragen (genau wie Teefonnummern und andere wichtige Infos).
Ich bin noch immer schlechter organisiert als der Durchschnitt aber auf diese Weise kann ich mir zum Beispiel öfter unnötigen Stress ersparen der zum Beispiel durch sich überschneidende Termine entsteht.
Auch schreibe ich Adressen auf wenn ich nicht genau weiß, wo etwas stattfindet und fotografiere mir den Fahrplan oft auch aus dem Internet ab sodass ich nur einmal suchen muss und im Vorfeld genau weiß, wann ich losfahren muss.

Außerdem bin ich ein last-Minute-lerner, was in meinem Fall schlecht und stressig und oft auch wenig erfolgsversprechend ist.
Also behalte ich wichtige Prüfungen im Hinteropf und versuche mich lange im Vorfeld darauf vorzubereiten.
Das nimmt nicht den Prüfungsstress an sich aber es gibt mir deutlich mehr sicherheit zu wissen, dass ich so gut s eben geht vorbereitet bin.
Außerdem sitzen Infos, die man lange vorher lernt im Langzeitgeächtnis und sind viel sicherer abrufbar (auch unter Stress) als kurz vorher reingestopftes Kurzzeitwissen.

Was für mich auch wichtig ist, ist "nein" sagen (ich übe noch daran...)
Ich versuche herauszufinden was ich will und was ich nicht will, wie groß mein Toleranzspielraum ist und wo meine persönlichen Schmerzgrenzen liegen.
Und wenn jemand irgendetwas von mir will, womit ich aus irgendwelchen Gründen ein Problem habe, dann mache ich es nicht.
Das kann im Studium sein wenn ich selbst gerade so viel zu tun habe, dass ich keine apazitäten habe um anderen zu helen oder wenn ich mich schlichtweg ausgenutzt fühle.
Privat finde ich es schwieriger, versuche aber genau zu filtern, in wen ich wann wie vil investiere.
Das hört sich berechnend an, so ist es nicht gemeint.
Aber ich muss nicht stundenang Zeit mit jemandem verbringen, den ich anstrengend finde, ich muss keine Freundschaften führen, die mir nicht gut tun und/oder die keine Tiefe haben etc.

Was für mich auch sehr wichtig ist ist es, einen Ausgleich zu finden.
Und zwar auf körperlicher und auch auf mentaler Ebene.
Körperlich bedeutet das, dass ich regelmäßig zum Sport gehe, auch wenn ich manchmal eine Lust dazu habe oder die Zeit knapp ist.
Diese Disziplin zahlt sich für mich aus, da es mir wenn ich denn da bin meistens doch Spaß bringt und regelmäßige Bewegung in meinem Fall wunderbar dabei hilft, Stress abzubauen.
Was noch dazu kommt ist, dass ich versuche, mich gesund zu Ernähren.
Das bedeutet nicht, dass nicht mal süßigeiten und fastfood drin sind aber es muss in einem Rahmen bleiben, den der Körper verzeihen kann.
Wenn ich möglichst bunt, möglichst abwechslungsreich, möglichst gute Zutaten und immer lecker lecker esse, dann fällt der Stressfaktor des unwohlfühlens weil ich zu viel Dreck gegessen hat nahezu weg.

Seelisch heißt für mich, in Phasen in denen ich wirlklich Stress habe, möglichst wenig Trash zu konsumieren.
Für mich fällt darunter das komplette Internet, dümmliche Zeitschriften, die sowieso nur Wortmüll produzieren und solche Sachen.
Und, auch wenn das jetzt böse klingt, auch bestimmte Leute.
Facebook und WhtsApp Unterhaltungen haben bei mir sowieso STresspotential da andauernd das Handy klingelt (oder blinkt, das reicht schon für mich), wenn diese Unterhaltungen dann aber einfach nur geführt werden ohne dass ein (für mich erennbarer) SInn dahinter steckt, dann ist das in dem Moment für mich überflüssig.
Wenn so etwas überhand nimmt gebe ich den betreffenden Personen bescheid dass ich viel Stress habe und im Moment nicht gut erreichbar bin.
Was ich stattdessen tue ist zum Beispiel lesen, meine Blumen hätscheln, Meine eigene Schönheit pflegen, wenn ich Lust dazu habe Musik machen (aber nicht üben sondern nur zum Spaß oder ein Bild malen (wobei ich es bei den letzten Beiden Punkten sehr, sehr wichtig finde keinen Leistungsdruc aufzubauen sonst macht es keinen Sinn).

Ein weiterer Punkt, der für mich wichtig ist, ist es mich an meine eigenen Vorhaben zu halten.
Das hakt bei mir leider auch immernoch oft genug.
Aber wenn man sich etwas vornimmt, ganz egal was es ist und es dann auch durchzieht, dann ist das ein Erfolgserlebnis und das tut gut.
Macht man es dagegen nicht fühlt man sich oft schlecht und unzufrieden und vielleicht neigt man dazu, seine Erwartungen an sich selbst noch höher zu schrauben um sein "versagen" auszugleichen.
Also, realistische Ziele setzen und sich selbst nicht enttäuschen sondern auch das beste geben um sie zu erreichen.

Was ich im Moment ganz neu lerne überschneidet sich ein bisschen mit dem letzten Punkt, finde ich aber trotzdem auch sehr wichtig.
Vielleicht könnte man es Prioritäten setzten nennen.
Das bedeutet, wenn ich im Bett liege und ein Buch lese, dann liege ich im Bett und lese ein Buch.
Auch wenn es faul und auf den ersten Blick zu nichts nütze ist, so ist es doch für mich wichtig weil ich dabei herunterfahren kann.
Und das hat dann Priorität, das bedeutet, ich gucke NICHT aufs Handy (ausschalten hilft manchmal, genau wie Internetverbindung kappen) und ich versuche vor allem auch, es auszublenden, dass da eigentlich gerade jemand etwas von mir wollen könnte.
In solchen bewusst freigeschaufelten Momenten habe ICH Prorität und nicht jemand anderes, ganz egal ob er sich nur über das Wetter beschweren will oder eine Weltbewegend wichtige Sache von mir will (in beiden Fällen weiß ich ja nichts davon weil ich nicht aufs Handy gucke).

Eine Kleinigkeit noch, die mir gerade einfällt: Aufräumen!
Chaos stresst, auch wenn das meistens Unterbewusst abläuft.
"You," he said, "are a terribly real thing in a terribly false world, and that, I believe, is why you are in so much pain."

Re: Abschalten, entspannen

#4
Hm, also abschalten hat bei mir nichts damit zu tun, dass ich Gefühle oder Gedanken hochkommen lasse oder denken will oder sowas. (Wenn ich mal was überlegen muss, dann unterwegs im Zug oder bevor ich schlafen gehe).Abschalten ist ja genau das Gegenteil davon! Ich höre Musik, spiele mein Onlinespiel dosiert, manchmal reicht auch einfach ein Blick aus dem Fenster oder das spüren der Sonne durch das Fenster. Aber auch so etwas wie Kaffee trinken, ganz gemütlich, gehört dazu. Wenn mir unterwegs nach Kaffee ist, trinke ich den manchmal nicht, weil ich es zu teuer finde (Kaffee togo) und weil ich mich dann freue, ihn daheim gemütlich zu trinken.
Da ich dringend zwischendurch diese Momente brauche, und ich so extrem wenig Zeit habe, bleibt dafür aber leider der Haushalt immer wieder mehr oder weniger auf der Strecke. DAs ist sehr ärgerlich, aber hätte ich diese Momente nicht, dann würde ich gleich zusammenklappen oder überfordert sein von allem.
Tine