Angst, alleine zu sein.

#1
Hallo ihr Lieben,

eigentlich läuft es grade gut, wenn denn das Wörtchen eigentlich nicht wäre..
Ich bin seit über 1 Monat k*frei, aber an sonsten ist völliges Chaos..

Ich bin fast 1 Jahr mit meinem Freund (ich 23, er 25 J.)zusammen, der auch alles von und über mich weiß. Wir hatten gute, und schlechte Zeiten.
Es gab oft Momente, in denen ich nachdachte, ob er wirklich die Kriterien meines "Traummannes" erfüllt. Und bitte versteht mich nicht falsch.. ich meine es eher so, dass er viele Eigenschaften hat oder oft ein Verhalten zeigt, das ich mir eher nicht von meinem Freund wünsche.. für mich gibt er sich nur selten Mühe oder zeigt mir wirklich,dass ich die wichtigste Person in seinem Leben bin.
Nicht selten habe ich wirklich nachgedacht, ob es das Wahre ist und habe seine Bedürfnisse immer vor meinen gestellt.
Vor Tagen gab es einen heftigen Streit und ich habe natürlich wieder nachgelassen und plötzlich sei er sich nicht mehr sicher, ob er es überhaupt noch will, weil er merkt, dass ich Eigenschaften an ihm kritisiere, die er nicht ändern könne. "Er sei nunmal so", hieß es dann. Es wurde zwar geklärt, und trotzdem lässt er mich wieder "im Regen stehen".
Ich habe diese ANgst, alleine zu sein. Vielleicht kennt das jemand von euch, aber nach gescheiterten Beziehungen hatte ich immer wieder den Gedanken, wie ich schnellstmöglichst einen neuen Freund finde, oder ob ich überhaupt noch jemanden finde und mich will ja eh keiner..
Und auch jetzt bin ich in so einem Loch.. ich kann es nicht verstehen, nachdem was war, dass er mir gesagt hat, er wisse nicht ob er es noch wollte, kurze Zeit später hieß es dann aber, wir schaffen es, dass er mir so wenig zeigt, dass er es ernst meint und eigentlich merke ich auch, dass es mir damit nicht gut geht, aber loslassen kann ich nicht...
Ich kann nie mit mir alleine sein, wüsste gar nicht, was ich mit mir anfangen sollte und wie ich damit umgehen soll..
Vielleicht habt ihr einen Rat für mich..

Viele liebe Grüße

Re: Angst, alleine zu sein.

#2
Hallo liebe Weissknautsch,

das, was du schreibst, klingt sehr traurig und es tut mir sehr leid, dass es dir dadurch so schlecht geht.
Ich kenn dein Problem irgendwie sehr gut - vor Allem dieses "mit sich selbst nichts anfangen können". Ich glaub, was ja auch mit der Bulimie total stark zusammen hängt, das Hauptproblem ist einfach, dass wir uns selbst noch nicht die Zuneigung geben können, die wir brauchen, weil wir uns einfach nicht recht mögen.

Woran ich arbeit, um das Problem zu beheben, ist halt das Selbstwertgefühl. Das ist jetzt sicher nix neues, und meine Tipps dazu sind vl auch nicht wahnsinnig "neu", aber ich kann dir gern sagen, wie ich das ganze eben versuche.

Ich versuch, mich irgendwie so zu sehen, wie ich eine echt gute Freundin seh.
Also ich versuch,
1.) die positiven Seiten zu sehen(das ist vl gar nicht leicht. hab mich dazu mal wirklich hinsetzen und lange nachdenken müssen und eine Liste geschrieben)
2.) es nicht als Schwäche anzusehen, wenn ich negative Gefühle hab. (also bei einer Freundin würd ich's zB überhaupt nicht schlimm finden, wenn sie vor mir weint oder so - nur eben bei mir normalerweise)

Zusätzlich versuch ich ganz stark, auch mal was gegen den Widerstand von anderen zu machen, was mir total schwer fällt, eben WEIL ich so von der Zuneigung anderer abhäng. Ich hab aber gemerkt, dass ich, wenn ich's dann echt Mal schaff, auch wirklich stolz auf mich bin - was ja auch eine Art von zuneigung für mich selbst ist.

Also kurz und knapp - ich versuch grad, zu lernen, mich selbst mehr zu mögen, damit ich mir nicht immer gleich jemanden suchen muss, der mich dann mag.

Ich umarm dich und wünsch dir viel Kraft!
..::this too shall pass::..

Re: Angst, alleine zu sein.

#3
Ach das mit dem Alleinesein kann ich auch nicht...es ist genau die Sache mit dem Selbstwert. Man ist nie gerne alleine mit einem Menschen, den man nicht mag. Aber vielleicht können wir uns dabei unterstützen, stückchenweise ein bisschen mehr Akzeptanz für uns selbst zu entwickeln.

Läuferin,ich arbeite an einem ähnlichen Ansatz wie du. Ich versuche, 1x/Tag irgendwas zu tun, was genau das Gegenteil von dem ist, was ich sonst tue. Eine Art Experiment einzugehen.
läuferin hat geschrieben:Ich hab aber gemerkt, dass ich, wenn ich's dann echt Mal schaff, auch wirklich stolz auf mich bin - was ja auch eine Art von zuneigung für mich selbst ist.
Stimmt wirklich, es ist so wichtig zu experimentieren und dann stolz zu sein, wenn man einen anderen Weg eingeschlagen hat. Und wenn es nur winzige Kleinigkeiten sind. Gestern früh zB bin ich nicht lieblos und schlecht gelaunt zur Arbeit gegangen. Ich habe probiert, bewusst einen Milchkaffee zu trinken und meine Lieblings-CD zu hören. Heute habe ich meinen FA nur aber "immerhin!" hinausgezögert durch einen Besuch in der Salzgrotte in der Nähe. Kleinigkeiten aber soo wichtig'! Auch wenn es eine gefühlte Ewigkeit dauert, nicht aufgeben!

Re: Angst, alleine zu sein.

#4
Liebe Sarah,

du hast einfach VOLL recht und es ist einfach wirklich ein Prozess. Und egal, wie klein die Schritte sind und egal, wie lange das ganze dauert - jeder Tag, an dem man sich was neues getraut hat oder einfach mal gegen die alten Muster gearbeitet hat ist so viel wert und man fühlt sich einfach besser :)

Ich wäre absolut für gegenseitiges Unterstützen - eh klar, zum Schluss muss das Selbstwertgefühl aus uns kommen, aber einander zu helfen, vor Allem wenn man ohnehin die gleichen Probleme hat, klingt spitze :)

Ich glaub ja (kann eine super-blöde Theorie sein, aber ich glaub halt dran ;) ), dass Leute mit Bulimie eigentlich wirklich alle besonders sensible und dadurch auch liebenswerte Menschen sind. Immerhin schadet man sich quasi lieber selbst, als irgendjemanden anderem. Das ist natürlich nichts "Tolles" - aber ich halte Menschen, die Rücksicht auf andere nehmen schon einmal für wertvoll. Dass man das dann auch wirklich auf sich selbst umlegt ist eben die Challenge an der ganzen Sache.. aber step by step :)

Ganz viele liebe Grüße
..::this too shall pass::..

Re: Angst, alleine zu sein.

#5
"Ich glaub ja (kann eine super-blöde Theorie sein, aber ich glaub halt dran ;) ), dass Leute mit Bulimie eigentlich wirklich alle besonders sensible und dadurch auch liebenswerte Menschen sind. Immerhin schadet man sich quasi lieber selbst, als irgendjemanden anderem. Das ist natürlich nichts "Tolles" - aber ich halte Menschen, die Rücksicht auf andere nehmen schon einmal für wertvoll. Dass man das dann auch wirklich auf sich selbst umlegt ist eben die Challenge an der ganzen Sache.. aber step by step :)"

Darauf würde ich gerne mal eingehen. Wahrscheinlich hast du oft das Gefühl, anderen nicht zu genügen, jedem etwas recht machen zu wollen. Lass einfach mal mehr und mehr von dem Gedanken los, dass dein Leben nicht von anderen abhängig ist.
Rücksicht nehmen ist etwas wundervolles, genau so wichtig ist es aber auch, dass du für dich selbst Grenzen setzt. Nur damit du nicht alleine bist, brauchst du nicht Sachen zu akzeptieren, die nicht mit deinen inneren Einstellungen übereinstimmen.
Das ist schwierig umzusetzen, aber eigentlich wirst du dadurch von Menschen ernster genommen. Sie sehen dich nicht mehr als Bedürftige an. Mit Bedürftigen kann man spielen, vor allem mit ihren Gefühlen. Ich glaube nicht, dass du das dein ganzes Leben lang willst.

Re: Angst, alleine zu sein.

#6
Mit allem, was ihr schreibt, habt ihr ziemlich recht .. das gute Selbstwertgefühl.
manchmal dachte ich auch schon daran, wie man wen anders überhaupt lieben kann, wenn man sich selbst nicht liebt..traurig, aber dennoch wahr.
Ich finde es gut, wenn man ändern will, dass man sich mehr wert ist, aber ich weiß auch nicht genau, wie ich das Problem angehen soll, dann fühl ich mich wie in einer anderen kleinen Welt.

Mir ist auch klar geworden, dass mein freund viele Eigenschaften hat, die genau das Gegenteil sind von dem, was ich mir eigentlich wünsche und das muss ja eine Ursache haben. Mein Therapeut sagt mir immer und immer wieder, dass es okay ist, wie ich bin, ich bin gut, mit allen Ecken und kannten und dass jedes verhalten eine Ursache hat und für irgendwas gut ist oder gut gewesen sein muss. Er legt mehr wert darauf, dass man die Ursachen erkennt, als das verhalten krampfhaft zu ändern, weil dann gelingt es meistens nicht, wenn man total verbissen darauf ist.
Irgendwie habe ich immer das Bedürfnis danach, mir die Liebe, die ich mir wohl selbst nicht geben kann, von wem anders zu holen.

Nur leider ist es bei meinem Freund hin und wieder liebe, dennoch aber auch lasse ich oft Dinge über mir ergehen, die mich einfach nur runterziehen..

Re: Angst, alleine zu sein.

#7
Blueberry1995 hat geschrieben:
Darauf würde ich gerne mal eingehen. Wahrscheinlich hast du oft das Gefühl, anderen nicht zu genügen, jedem etwas recht machen zu wollen. Lass einfach mal mehr und mehr von dem Gedanken los, dass dein Leben nicht von anderen abhängig ist.
Rücksicht nehmen ist etwas wundervolles, genau so wichtig ist es aber auch, dass du für dich selbst Grenzen setzt. Nur damit du nicht alleine bist, brauchst du nicht Sachen zu akzeptieren, die nicht mit deinen inneren Einstellungen übereinstimmen.
Das ist schwierig umzusetzen, aber eigentlich wirst du dadurch von Menschen ernster genommen. Sie sehen dich nicht mehr als Bedürftige an. Mit Bedürftigen kann man spielen, vor allem mit ihren Gefühlen. Ich glaube nicht, dass du das dein ganzes Leben lang willst.
Ja, du hast komplett recht. Ich wei auch, dass das etwas ist, an dem ich eben WIRKLICH arbeiten muss. Darf ich ganz blöd fragen, ob's bi dir klappt bzw. wie du das angehst? Für mich ist es fast, wie's war mit dem Rauchen aufzuhören. Zuerst zwing ich mich voll und es klappt, aber fühlt sich nicht natürlich an, und dann, wenn ich einen schlechten Tag hab, hab ich das Gefühl, es ist mir einfach zu anstrengend gegen Widerstand meinen Willen durchzusetzen :/
..::this too shall pass::..

Re: Angst, alleine zu sein.

#8
läuferin hat geschrieben:
Blueberry1995 hat geschrieben: Für mich ist es fast, wie's war mit dem Rauchen aufzuhören. Zuerst zwing ich mich voll und es klappt, aber fühlt sich nicht natürlich an, und dann, wenn ich einen schlechten Tag hab, hab ich das Gefühl, es ist mir einfach zu anstrengend gegen Widerstand meinen Willen durchzusetzen :/
Mir geht es komplett gleich aber mir kam da trotzdem der Gedanke, dass das ständige Essen und Erbrechen, das Verheimlichen und das Runterschlucken, der innere Ärger deswegen, nicht so anstrengend sein soll wie der Versuch, Sachen auszusprechen und zu riskieren, auf Widerstand zu stoßen. Für gesunde Menschen muss es komplett umgekehrt sein.
Mir klappt es auch noch recht selten aber öfters, seitdem ich angefangen habe, mir Rückhalt bei Menschen zu suchen bei denen ich weiß, dass sie immer hinter mir stehen werden. Ich hoffe, dass du auch so jemanden in deiner Familie hast. Da kommt dann ein "Ja, sprich es an wenn es dich stört, das ist ganz wichtig und es wird nichts Schlimmes passieren" oder "Ja geh zum Yoga, das wird dir gut tun" oder "Blödsinn, die Leute schauen nicht, das bildest du dir ein." Und danach dann ein "ich bin stolz auf dich" oder "das war mutig". Ok, momentan brauche ich noch diese Unterstützung und Motivation aber ich hoffe sehr, dass irgendwann die Bulimie anstrengender wird als einfach zu leben und sich auf die Dinge zu konzentrieren, die einem Kraft geben und nicht Energie nehmen.

Re: Angst, alleine zu sein.

#9
"Ja, du hast komplett recht. Ich wei auch, dass das etwas ist, an dem ich eben WIRKLICH arbeiten muss. Darf ich ganz blöd fragen, ob's bi dir klappt bzw. wie du das angehst? Für mich ist es fast, wie's war mit dem Rauchen aufzuhören. Zuerst zwing ich mich voll und es klappt, aber fühlt sich nicht natürlich an, und dann, wenn ich einen schlechten Tag hab, hab ich das Gefühl, es ist mir einfach zu anstrengend gegen Widerstand meinen Willen durchzusetzen :/"

Am Anfang hatte ich nie das Gefühl, dass es mir besser geht, wenn ich meinen Willen mal durchsetze oder anderen Grenzen aufzeige. Ganz schwierig war es damals von einem Mann wegzukommen, der meine Grenzen immer versuchte zu überschreiten oder meine Prinzipien nicht ernst genommen hat. Tatsächlich wollte ich einfach mal Nähe, eine Beziehung haben usw. Hat er voll ausgenutzt. Ich hatte Angst, so wie du, für immer alleine zu sein. Zwar habe ich dann immer meine sensible Seite gezeigt, war öfters beleidigt und traurig, hab ihm das auch gezeigt, aber irgendwie ist er immer wieder angekrochen gekommen, obwohl ich genau wusste, dass er mir nicht gut tut und mich nicht versteht, hab ich es zugelassen. Das zog sich über fast drei Jahre hin, mal Kontakt, mal über Monate nicht. Wir waren nie zusammen, da ich nun einen Schlusstrich gezogen habe. Die ersten paar Tage waren furchtbar, aber jeder Tag wird besser. Das will ich dir damit auch sagen. Am Anfang wirst du dich immer komisch fühlen, irgendwie schuldig, wenn du mal das machst, was dir gefällt, was dir gut tun wird. Mit der Zeit wurde mir dann klar, warum er so mit mir gespielt hat oder bei dir: warum du in verschiedenen Momenten nicht so reagieren konntest, wie du eigentlich solltest/wolltest.
Wichtig sind glaub ich Momente für dich, die du dir nimmst, wenn du über etwas zu viel nachdenkst oder einfach über etwas nachdenken willst, wenn eine Entscheidung zu treffen ist. Vielleicht hilft es dir ja spazieren zu gehen, einfach mal in den Wald gehen oder dich irgendwo draußen hinsetzen, wo es dir gefällt. Da kommt man sooooo viel zu sich näher, dass einem immer mehr klar wird: Es gibt ja auch noch mich! Es gibt ja auch noch so viele andere Dinge, dich ich für MICH ALLEINE machen kann...:)

Re: Angst, alleine zu sein.

#10
Danke, ich werd mir das wirklich zu Herzen nehmen. Du hast nämlich wirklich komplett recht und ich glaub auch, dass der Schlüssel zu allem ist, dass man eben auf sich selbst Rücksicht nimmt. Das mit dem Spazieren gehen ist wirklich eine gute Idee. Danke :)
..::this too shall pass::..

Re: Angst, alleine zu sein.

#11
Ich habe in den letzten Tagen ziemlich viel im Internet rumgesucht, wie man "lernen" kann, mit sich alleine zu sein, sein eigenes Selbstbewusstsein stärken.
Das ist nämlich mein Problem:
* nicht alleine sein wolllen
* nicht alleine beschäftigen wollen
* andere Bedürfnisse über meine eigenen stellen
und und und.

Ich glaube, wir sitzen da alle in einem Boot und es ist an sich eine Sache, an der man arbeiten kann.
Mein Therapeut sagt mir immer wieder, er steigt da nicht mit ein, wenn ich mich verändern will, weil er der Ansicht ist, dass man damit eh gegen eine Wand fährt. Er ist viel eher dafür, dass man sich zu seiner eigenen Person bewusst wird und sich akzeptiert und Eigenschaften integriert.
Dann habe ich eine Internetseite gefunden, die ich ziemlich gut finde (dubistgenug.de). Der gute Mann hat viele Artikel geschrieben, wie man seine Bewusstheit stärken kann und irgendwie habe ich mich in seinen Beiträgen so extrem wiedererkannt.
Vielleicht bringt euch die Seite ja auch etwas.

Re: Angst, alleine zu sein.

#12
weissknautsch hat geschrieben: Dann habe ich eine Internetseite gefunden, die ich ziemlich gut finde (dubistgenug.de). Der gute Mann hat viele Artikel geschrieben, wie man seine Bewusstheit stärken kann und irgendwie habe ich mich in seinen Beiträgen so extrem wiedererkannt.
Vielleicht bringt euch die Seite ja auch etwas.
Das ist voll lieb, vielen Dank.

Ich habe mich auch schon durchs Internet geforstet auf der Suche nach so einer Seite - mir hilft soetwas auch wirklich und ich schreib mir die (für mich) wichtigsten Sachen dann auch immer nochmal raus.

http://www.psychotipps.com/Psychotipps.html --> die hier hab ich gefunden und sie hat mir bis jetzt auch gut geholfen.
..::this too shall pass::..