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Die eigenen Gefühle, und nahe Personen

Verfasst: Mi Okt 08, 2014 1:04
von Pola
Hallo,

Es ist wahrscheinlich ein Thema, dass schon besprochen wurde, aber ich schreibe, weil es mir sehr schwer fällt, die Bulimie und die Anfälle zurück zu drängen.
Ich muss ein bisschen ausholen: Ich benutze seit meiner Kindheit ua. Essen, um Gefühle zu manipulieren, bzw Gefühle wie Traurigkeit, Schuldgefühle, Langeweile, Angst nicht zu spüren. Es gab traumatische Ereignisse in der Kindheit und starke Verlassenheitsgefühle, und Minderwertigkeitsgefühle und Selbsthass dann vor allem in der Pubertät.
Habe teilweise viel gesoffen mit Freundinnen und mich dann mit 16 17 in eine Magersucht "zurückgezogen" Ich glaube es hatte viel mit der Beziehung zu meiner Mutter zu tun, aber auch nicht nur. Irgendwann hat sie gemerkt, dass es nicht Aggressivität Ihr gegenüber war, sondern dass ich ernsthaft krank war, und sie hatte mit riesiger Angst und später Selbstvorwürfen reagiert. Mein Gewicht war in dem Bereich, in dem ich fast ins Krankenhaus gekommen wäre, aber ich habe das nicht so empfunden. An dem Tag habe ich begonnen, zu essen. Ich habe das aber als Reaktion auf die Gefühle meiner Mutter getan, und nicht eigentlich weil ich es wollte. Irgendwie schon, aber es war mir so unangenehm, dass ich nun offensichtlich krank war, und damit auffalle. Auf einmal nicht mehr das aggressive Kind bin, in eine Rolle, in die ich mich zurückgezogen hatte, sondern ein "Opfer". Mir war das sehr unangenehm, aber Ich hatte mir in Wirklichkeit nicht eingestanden, dass es eigentlich nicht so einfach ist, einfach so auf Kommando wieder zu zu nehmen, und habe mir auch meine Angst nicht eingestanden. hatte das ausgeblendet und sehr viel gegessen. Sehr unsensibel zu mir selbst. Habe damals keine Therapie gemacht. Es ist so eigenartig, und auch bestürzend, weil ich merke, dass ich zu meinen eigenen Gefühlen so wenig Bezug habe, sobald ein mir naher mensch starke Gefühle ausdrückt, v.a. Angst oder Wut. Dass ich dann Dinge tue für Sie oder Ihn, und mich selber nicht mehr spüre oder die Orientierung verliere oder starke Schuld verspüre. Das sich diese Kombi aber mit Essen beruhigen lässt, hat mich wohl später, mit 20 nach der Trennung mit meinem ersten richtigen Freund und einem abrupten Abbruch zu mehreren Bezugspersonen ins Binge Eating und ein halbes Jahr darauf in die Bulimie getrieben.
Ich mache Therapie und bin schon sehr weit gekommen auch. Habe stabiles Essverhalten, esse regelmäßig viel und gerne. Aber es macht mich auch sehr verzweifelt weil es in mir so fest verankert ist, eigene Gefühle zu überspielen, überhören, sie unter zu ordnen, sie mir nicht einzugestehen. Ich bin eine sehr sensible Person, aber überspiele das gern und will hart sein. Will eine gute Freundin sein, die stark und unterstützend für die Freundinnen ist. Es sind wohl auch verlustängste dabei, dass ich oft meine Gefühle nicht artikulieren kann, aber es fällt mit so leicht, dies einfach zu umgehen... Ich habe zwei eher labile nahstehende Freundinnen, die sehr mit sich beschäftigt sind, und wenn es mir nicht gut geht, und sie mir schreiben, es geht Ihnen nicht gut, bekomme ich im Moment immer Angst, und lüge oft, schreibe ein sms, ich habe keine Zeit etc weil ich merke, es reißt mich zu sehr mit. Ich kann mich sehr schwer abgrenzen, spiegle zt oft.Ich fühle mich schlecht deshalb. Ist es vielleicht eine Frage des Selbstbewusstseins, und Eingestehens all der Ängste, dieses Wegblenden von eigenen Gefühlen zu überwinden, und eine starke Beziehung zu den eigenen Gefühlen aufzubauen?

Re: Die eigenen Gefühle, und nahe Personen

Verfasst: Do Okt 09, 2014 17:03
von Louve
Hey Pola!

Finde es super, dass du in der Therapie schon so weit gekommen bist und auch ein stabiles Essverhalten erlangt hast!
Ich weiß ehrlich gesagt nicht so recht, was ich dir momentan schreiben soll, aber ich wollte dir einfach sagen, dass man es sehrwohl lernen kann, einen besseren Zugang zu seinen Gefühlen zu finden und diese auch auszudrücken. Indem man es immer wieder übt und übt und übt.
Ich bin vom "Ich rede gar nicht über meine Gefühle und meine Probleme" gerutscht ins "Ich rede nur noch über meine Gefühle und meine Probleme" und habe es dann geschafft ein gesundes Mittelmaß zu finden.
Also es geht!
Und was deine Freundinnen betrifft....ich versteh, dass es dir schwer fällt dich abzugrenzen. Aber wissen die beiden denn, dass du auch Probleme hast? Denn sonst stell ich mir die Freundschaft sehr einseitig vor, wenn sie mit ihren Problemen zu dir kommen, aber du nicht zu ihnen kommen kannst,....
Ich bin mittlerweile drauf gekommen, dass es mir nicht gut tut, NUR mit labilen Menschen zusammen zu sein (war ich eine Zeit lang quasi nur).
Aber eine meiner besten Freundinnen ist selber phasenweise sehr labil und vor allem haben wir teilweise eine sehr ähnliche Geschichte (haben beide eine Borderlinestörung und Probleme mit Suchtverhalten wenn auch mit verschiedenen Süchten - können uns aber auch beide extrem für Sachen begeistern und mit dieser Begeisterung anstecken). Am Anfang haben wir dadurch bissi gekämpft phasenweise wenn es einen von uns schlecht ging. Weil wir uns teilweise gegenseitig mitgerissen haben. Bis sie dann einmal auf die Akut gekommen ist und mir nicht einmal Bescheid gegeben hat. Ich hab es erst Wochen später mitbekommen. Weil ich zu der Zeit auch keine Kraft hatte ihr zu schreiben weil ich wusste es geht ihr nicht gut und dann hatte ich wieder das ur schlechte Gewissen wie ich es mitbekommen hab.
Nach dem Vorfall haben wir beschlossen wir müssen darüber reden. Wie wir das regeln können, dass wir eine gute Freundschaft führen können, wo wir uns eine Stütze sein können, ohne uns aber gegenseitig runterzuziehen.
Wir haben jetzt folgende Abmachung:
Wir dürfen uns jederzeit beim anderen melden. Egal ob es uns gut geht oder sauschlecht. Aber wir haben auch jederzeit das Recht zu sagen "Momentan ist die Beziehung nicht gut für mich weil du mich an meine eigene Geschichte erinnerst/mich zu sehr belastet/ ich selber zu viele Probleme gerade hab/...." und sich dann entweder selber zurückzuziehen weil man seine Ruhe haben will (sie ist zB jemand der wenn es ihr länger schlecht geht enorm viel Ruhe haben will) oder wenn eben die Geschichte des anderen zu viel wird zu sagen "Stopp ich kann das jetzt nicht hören." Etc.
Wir müssen uns da einfach aufeinander verlassen können, dass wirklich jeder auf seine eigenen Grenzen hört und diese den anderen mitteilt.
Das einzige was wir aber auch uns versprochen haben: Wir verschwinden nicht einfach komplett: Also wenn der andere schreibt wie es einem geht oder so reagieren wir. Und wenn es nur ein kurzes "Ich lebe aber will nicht reden" ist. Oder einfach ein "Muh"
Völlig egal. Hauptsache man weiß der andere is noch da.
Natürlich ist so eine Beziehung nicht immer einfach. Momentan kämpfe ich auch wieder bissi. Weil es uns jetzt länger beiden gut ging und wir uns ständig getroffen haben. Und wie es mir davor schlecht ging hat sie sich auch öfters mit mir getroffen. Und jetzt geht es ihr sauschlecht und sie will aber weder drüber reden noch sich treffen.
Aber ich weiß einfach, dadurch dass wir darüber offen geredet haben, dass es nicht an unserer Freundschaft an sich liegt. Und dass ich ihr die Zeit geben muss und sie weiß, dass ich, wenn sie dann wieder bereit ist mehr Kontakt zu haben, genauso noch da sein werde (bzw. bin ich dann in der steiermark auf praktikum aber ich komm ja wieder^^) für sie und sie immer noch zu meinen besten Freundinnen zählen wird.
Könntest du dir vorstellen mit deinen 2 Freundinnen auch irgendwie so ein offenes Gespräch zu führen? Wo ihr wirklich darüber redet, wie ihr damit umgehen könnt, wenn ihr euch gegenseitig belastet?
Damit du nicht mehr Ausreden erfinden musst und dann ein schlechtes Gewissen hast?

Lg

Re: Die eigenen Gefühle, und nahe Personen

Verfasst: Do Okt 09, 2014 23:45
von Pola
Liebe Louve,
wow, danke für deine lange und genaue Antwort... Deine Worte treffen für mich vieles sehr genau.
Schreibe Dir bald zurück,
Pola