die Bulimie als Lebensretter

#1
Meine Lieben,

ich war jetzt lange nicht mehr hier. Eigentlich wollte ich euch mal meine Geschichte aufschreiben, was das letzte Jahr so alles los war, aber gerade bin ich einfach zu erschöpft.... und doch so aufgedreht und total ratlos, hilflos.

Nur kurz: ich war drei Monate in einer Klinik, die Hochgratklinik in Oberstaufen, und es hat mir das Leben gerettet. Dort ging es aber weniger um meine Essstörung, sondern um meine Familie, meine Posttraumatische Belastungsstörung usw. Ich verstehe auch weshalb, und die Behandlung dort war definitiv sehr hilfreich. ich habe so viel gelernt und erkannt, und vor allem habe ich Liebe spüren dürfen und Geborgenheit!

Und Mut habe ich gefasst, denn nun bin ich endlich von Zuhause weg und wohne in einer WG. Extra wegen der ES bin ich in eine WG gezogen, und einen Therapeuten habe ich hier auch.
Eigentlich sollte ich wieder in die klinik, da mein Trauma aufgebrochen ist aber leider erst gegen Ende des Aufenthalts und die blöde Krankenkasse wollte natürlich nicht nochmal verlängern....

Jetzt bin ich hier, in Kempten in einer WG, und stecke an vielen Tagen wieder total in der ES drin. Naja im Verlgeich zu früher ist es viel besser, denn mehr als 1 mal täglich übergebe ich mich nicht. Aber das ist schon zu viel....

Mein Therapeut sagte mir, dass ich mit dem Essen und Erbrechen meine Gefühle total lahmlege. dass mir die Essstörung hilft, den Schmerz auszuhalten.
Ich verstehe das schon, ich hab das in der Klinik ja auch gelernt und schmerzhaft spüren dürfen. Aber was kann ich jetzt tun? Ich sitze hier und wenn ich mich ein paar Tage gar nicht übergeben habe kann ich nicht mehr aufhören zu weinen und zu schreien. Oder noch schlimmer: ich unterdrücke meine Gefühle wegen meinen Mitbewohnerinnen. Ich muss dann immer rennen, rennen, rennen. Ich bin so erschöpft und so müde, und körperlich so schlapp.... Aber ich kann nicht aufhören damit!

Leider hab ich vor ein paar Tagen wieder mit dem Essen und Erbrechen angefangen. Ich will das nicht mehr, aber anders halte ich mich und meine Situation nicht aus.

Könnt ihr mich irgendwie verstehen? ich weiß ich habe sehr wirr geschrieben.... Aber wisst ihr ungefähr was ich meine? Wann kann ich die Bulimie endlich ablegen? Ich weiß nicht mehr weiter.... ich will nicht wieder total in der Ess-Brech-Sucht versinken. Ich fühle mich so schäbig damit...

Mein ganzes Leben fühlt sich schrecklich an, ich fühle mich schrecklich an, ich wünschte mir täglich, ich wäre einfach nur tot... oder es hätte mich nie gegeben.
im Leben gibts Höhen und Tiefen.
Wie du dein Leben letzten Endes meisterst, ist allein Deine Wahl!

Re: die Bulimie als Lebensretter

#2
Könnt ihr mich irgendwie verstehen? ich weiß ich habe sehr wirr geschrieben.... Aber wisst ihr ungefähr was ich meine? Wann kann ich die Bulimie endlich ablegen? Ich weiß nicht mehr weiter.... ich will nicht wieder total in der Ess-Brech-Sucht versinken. Ich fühle mich so schäbig damit...

Ja, ich kann dich sehr gut verstehen!

Ein Patentrezept gibt es wohl nicht.
Ich kann dir nur schreiben was ich gemacht habe (bisher... denn ich bin jetzt zwar schon vergleichsweise lange "clean", habe aber trotzdem noch genug zu verarbeiten).

Und was ich dir raten kann (auch wenn es erst mal absurd klingt) ist: Kämpf nicht dagegen an!
Ich meine nicht, dass du dich Hemmungslos vor dem Kühlschrank und im Bad austoben sollst.
Aber hinter so eine Fressattacke steckt immer so ein Art Botschaft, die dir deine Seele mitteilen möchte.
Was ich am Anfang, als ich versucht habe, aus diesem Sumpf herauszukommen getan habe war, mich immer, wenn es angefangen hat, mich zu überrollen und ich gedacht habe, ich würde kaputt gehen wenn ich nicht SOFORT anfange mich vollzustopfen, mich hinzusetzten und mich ganz einfach überrollen lassen.
Und dabei versucht, noch halbwegs mit dem Verstand über Wasser zu bleiben.
Mir immer gesagt, du DARFST es, du darfst fressen und kotzen so viel du willst.
Aber du MUSST das nicht.
Du darfst auch hier sitzenbleiben und dir selbst und deinem Unterbewusstsein zuhören und versuchen zu verstehen was dein eigentliches Problem ist, was dich immer wieder in die Küche und ins Bad treibt.
Und wenn du dann doch beschließt dich in eine FA zu stürzen ist das auch ok.
Aber du darfst dann auch wieder aufhören, du musst das nicht betreiben bis am nächsten morgen der Wecker klingelt.
So ungefähr.
Innerlich mit mir selbst gesprochen wie mit einem kranken Pferd.
Ich weiß nicht ob das für jeden etwas ist.
Aber hier lese ich immer so oft etwas von dagegen ankämpfen und ich finde, es ist zumindest einen Versuch wert, sich die Power, die hinter dieser Sucht steht zunutze zu machen anstatt gegen einen Gegner zu kämpfen, den man in vielen Fällen (noch) nicht kennt und der möglicherweise stärker ist als man selbst.
Mit dem Strom schwimmen bzw. ihn umleiten und in gesündere bahnen lenken anstatt darin zu ertrinken.

Und versuch nicht so streng mit dir selbst zu sein.
Du scheinst viel Mist erlebt zu haben und so etwas hakt man nicht von heute auf morgen ab.
Vergiss nicht, dass die Bulimie nur ein Symptom ist und nicht den eigentliches Problem.
Es ist mutig von dir, aktiv etwas zu unternehmen aber gib dir auch die Zeit, die du brauchst.
"You," he said, "are a terribly real thing in a terribly false world, and that, I believe, is why you are in so much pain."

Re: die Bulimie als Lebensretter

#3
Ich danke Dir so sehr für deine Antwort. Ich weiß so gut was du meinst, und nein es klingt (für mich) überhaupt nicht absurd. Ein wichtiger Mensch in meinem Leben sagte mir auch mal: so blöd es klingt, aber kämpfe nicht dagegen an sondern nehm es hin, akzeptiere es...

Was ich toll fand was du geschrieben hast war auch der Satz: Du darfst fressen und kotzen, aber du musst das nicht. Sei nicht so hart zu dir selbst.

Deine Worte haben mir wirklich viel geholfen, deine Antwort werde ich mir jetzt öfters durchlesen. Um mich daran zu erinnern, dass die Symptome doch nur Symptome sind. Denn oft vergesse ich das und verurteile mich so sehr.

Nochmals tausend Dank.

Mich würde interessieren, wie es DIR inzwischen geht? Du sagtest du bist schon eine Zeit lang "clean". Darf ich dich fragen wie lange? Oder vor allem: WIE? Machst du Therapie?

viele liebe Grüße,
Mona
im Leben gibts Höhen und Tiefen.
Wie du dein Leben letzten Endes meisterst, ist allein Deine Wahl!

Re: die Bulimie als Lebensretter

#4
:cry: So weit bin ich momentan auch. Ich laufe vor dem Schmerz davon. Es ist schrecklich, nicht auf die Waage zu dürfen. Entsetzlich. Ich hab das Gefühl, total die Kontrolle zu verlieren.Ich will das ganze nicht mehr. Was versteht ih unter Essanfall? Wieviel muss ich da runterwürgen?
Und: Wenn ich frühere Freunde sehe, laufe ich vor ihnen davon. Es sit einfach schrecklich.Ich hab Angst mit denen zu reden, Angst, dass sie merken, wie ich mich verändert hab. Ich bin nicht mehr so lustig wie früher, die lustige Fortgehfrundin. Dadurch sind alle meine alten Freunde gegangen. Und weil ich mich vor Jahren von meinem Ex getrennt habe.Es ist einfach nur Scheiße. Das Alleinsein is nicht leicht...

Re: die Bulimie als Lebensretter

#5
Liebe Eva,

ich kann dich so gut verstehen, wirklich. Ich denke mir oft das gleiche, wenn ich mir Filme oder Dokus über Essstörung ansehe (vor allem eben über Bulimie). Dann sitze ich hier und würde am liebsten heulen....

Aber dann denke ich mir: NEIN ich will leben! Ich bin nicht gefangen in dieser Sucht, NEIN NEIN NEIN! Und ich will wieder zu Freunden gehen, wieder Spaß haben, zumindest dem Leben eine Chance geben.

Ich weiß das hört sich so einfach an, das ist es nicht... aber es ist machbar und es ist vorallem der ERSTE SCHRITT! Sich zu entscheiden: ich will kein Opfer mehr sein und ich bin nicht machtlos.

Das denke ich mir jeden Tag, und es hilft mir auch.
im Leben gibts Höhen und Tiefen.
Wie du dein Leben letzten Endes meisterst, ist allein Deine Wahl!