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Bin so schockiert und traurig!

Verfasst: Mo Jan 28, 2013 23:40
von Simone220186
Hallo, liebe Leute!

Ich bin seit 4,5 Jahren Bulimikerin und war bis letzten Sommer für 2,5 Jahre in Therapie, aber hab diese dann aus eigenem Antrieb heraus abgebrochen, da sich längere Zeit nichts mehr gebessert hat, es finanziell nicht mehr tragbar für mich war und ich die Bulimie nicht ganz aufgeben wollte/konnte aus Angst wieder zuzunehmen, da ich mich doch durch diese von extrem übergewichtig zu "nur" stark übergewichtig reduziert habe.

Am Freitag hatte ich dann wieder einmal eine FA (die ich mehrmals pro Woche habe....also eigentlich nicht ungewöhnlich), aber dieser war erstens besonders schlimm und zweitens total eigenartig. Nach dem Kotzen fühle ich mich meistens total erschöpft (allerdings angenehm erschöpft) und finde dadurch meine innere Ruhe und kann dann gut schlafen.....dieses Mal aber wurde ich extrem traurig und hab losgeheult....konnte ca. eine halbe STunde lang nicht mehr aufhören zu Weinen.

Der Grund war der, dass ich total schockiert über mich selbst war.....mir war nie bewusst wie sehr ich der Bulimie gegenüber machtlos war....ich hätte nie gedacht, dass ich Dinge (also essen und kotzen) so zwanghaft durchführen muss und null Einfluss darauf nehmen kann, ob ich es will oder nicht. Mir wurde in diesem Moment bewusst, wie sehr mich die Bulimie bestimmt und einnimmt. Mein Gedanke war nur mehr:"Verdammt, ich will das nicht mehr tun.....ich will nicht mehr kotzen......es tut so sehr weh, es ist eklig, es ist so anstrengend, aber warum kann ich nicht aufhören?"

Außerdem bemerkte ich, wie sehr mir Essen Angst macht.......ich will nur ein einziges Mal in meinem Leben das Essen wieder genießen können....ich möchte mir nicht schon im Vorhinein überlegen müssen, was ich wann und wo esse, ob ich danach kotzen kann, ob ich an diesem oder jenem Tag noch einmal was essen darf, wieviel kcal das oder das hat, ob lieber normal oder light Lebensmittel. Ich bin es leid so zu sein wie ich bin. Und es macht mir Angst/Panik, dass ich dieses Verhalten nie wieder ablegen kann. Dabei wäre ich schon froh, wenn ich es nur einmal erleben dürfte.

Ich habe aber auch Angst, dass ich zunehme, sobald ich die Bulimie aufgebe, panische Angst davor. Ich weiß, dass ich wenn ich nicht mehr kotze oder Abführmittel nehme mein ganzes weiteres Leben Diät halten muss und ich auf Dinge verzichten muss, die ich mir jetzt ab und an mal genehmigen kann, weil ich weiß, sie kommen ja wieder raus.....aber ohne diese Gegenmechanismen????

Außerdem wurde mir in der letzten Woche bewusst, dass die Bulimie nie ein Ende finden wird, da ich zwar immer Grenzen hab (bis dahin, dann bin ich zufrieden), aber dann noch weiter abnehmen muss um dieses Zielgewicht nicht wieder rasch zu überschreiten und wenn das gut geht komme ich immer näher an ein Gewicht, dass ich auch gerne noch unterschreiten würde, weil es ja nicht mehr weit weg liegt und dann sobald ich das erreicht hab, beginnt es immer wieder von vorne.

Ich will mich auch irgendwann mal gern haben, mich gut finden, mich selbstbewusst erleben.......nämlich genau an dem, meinem mangelnden Selbstbewusstsein, scheitern viele soziale KOntakte.

Verdammt nochmal, es geht mir so schlecht, ich will die Bulimie los werden, ich will nicht mehr kotzen, ich will essen wie jeder normale Mensch und es ohne Schuldgefühle genießen können. :-(

Seit 4 Tagen renn ich nun schon totral deprimiert in der Gegend herum und weiß nicht wie ich mich slbst aufbauen kann. ICH HABE SOLCHE ANGST VOR MIR; VORM ESSEN UND VORM KOTZEN!!! Ich habe sogar so große Angst vor dem Essen, dass ich mir, selbst wenn ich mit Freunden zum Essen verabredet bin, mir im Vorhinein überlege, was ich essen soll und darf, da Speisekarten mir die Luft zum Atmen nehmen......Ich beneide alle um mich herum, die das essen, worauf sie Lust haben und das ganz selbstverständlich finden, wenn sie ihren Gelüsten nachgeben.

Kennt ihr das? Habt ihr Ideen, wie ich mit meiner Angst umgehen soll und dem Gefühl des Ausgeliefertseins gegenüber meiner FAs und dem Kotzen? Ich bin einfach nur so frustriert und schockiert. Ich mag das nicht mehr!!

Hab noch am Freitag mit einer guten Freundin geredet, dass ich gerne wieder eine Therapie machen möchte, aber sie müsste erstens ambulant sein und sollte nichts kosten, da ich momentan etwas knapp bei Kasse bin. Sie hat mich auf die Einrichtung "So what" in Wien gebracht, kennt die jemand? Wie gehts dort zu? Kosten?

Aber auch die Therapie macht mir Angst......was ist, wenn ich wieder versage und diese abbreche, den Mut zu kämpfen verliere oder letztendlich (und das wär das schlimmste) wieder zunehme? Das würd ich auf jeden Fall nicht nochmal schaffen! :-(

Ich könnt schon wieder nur heulen, weil ich nicht weiß, was ich mit mir und der Bulimie machen soll.......

Vielleicht könnt ihr mir ja ein wenig weiterhelfen, ich bin nämlich echt am Ende meiner Kräfte. :-(

Lg Simone

Re: Bin so schockiert und traurig!

Verfasst: Di Jan 29, 2013 0:20
von joliana
ich möchte dir sagen, dass ich deine erkenntnisse super finde. ja, du bist schockiert, traurig und hast angst - aber du hast auch ganz wichtige erkenntnisse für dich gewonnen, die ich schon vor längere zeit hatte: dass es nicht aufhören wird, wenn du ein gewisses gewicht erreicht wird. dass du eigentlich das leben genießen und nicht dauernd an das abnehmen und das fressen und kotzen denken willst. dass du, kurz gesagt, die bulimie nicht mehr willst... das ist ein wirklich wichtiger schritt zum gesundwerden.

und dann möchte ich dich noch dazu beglückwünschen, dass du wieder an eine therapie denkst. ich habe leider keine erfahrung in dieser richtung, deswegen kann ich dir hier keine tipps geben, aber es werden sich bestimmt noch leute melden, die da mehr wissen. du kannst die bulimie besiegen und du kannst wieder ein glückliches leben führen, ohne dass deine gedanken dauernd um "das eine" kreisen. und ich glaube wirklich, dass du einen gedanklichen durchbruch hattest und es mit dieser einstellung wirklich schaffen kannst...

Re: Bin so schockiert und traurig!

Verfasst: Di Jan 29, 2013 0:31
von Simone220186
Danke Joliana für deine Antwort.....wie war es, als du die Erkenntnis hattest? Bist du jetzt völlig "clean" oder musst du tagtäglich kämpfen? Wie hast du es geschafft (nehme von deiner Nachricht an, dass du es geschafft hast,raus zu kommen) und wie lange schaffst du es schon? Hattest du Angst von der Bulimie weg zu gehen?

Sorry für die vielen Fragen, aber sie brennen mir auf der Seele!

Re: Bin so schockiert und traurig!

Verfasst: Di Jan 29, 2013 0:34
von joliana
nein, gesund bin ich nicht. meine FAs haben sich deutlich reduziert und abnehmen will ich sowieso nicht mehr... und ich kämpfe. aber trotzdem habe ich noch kein gesundes verhältnis zum essen, benutze es zur verdrängung statt als nahrung, und denke generell viel zu viel über das thema essen nach. seitdem ich diese erkenntnis hatte, dass es ewig so weitergehen wird und ich das nicht will, geht es mir viel besser - nicht nur, dass die symptome der sucht zurückgegangen sind, ich fühle mich auch einfach befreit von den selbstauferlegten zwängen. aber leider wird man davon nicht automatisch gesund. da würde eine therapie auf jeden fall weiterhelfen...

Re: Bin so schockiert und traurig!

Verfasst: Di Jan 29, 2013 0:43
von Simone220186
Auch wenn mich das ganze jetzt sehr deprimiert (obwohl mir sehr bewusst ist, das man die B nicht von heut auf morgen los wird) bin ich dir dankbar für deine Ehrlichkeit. Aber es gibt mir auch die Sicherheit nicht zu versagen, wenn es nicht geich voll klappt.....oder ich hoffe es zumindest, dass ich es auch akzeptieren kann, wenn ich der Sucht doch mal wieder nachgebe, aber mich dennoch vielleicht wieder aufrappeln kann um weiter zu kämpfen anstelle aufzuhören.

Wünsche dir, dass es weiterhin besser wird und du dich bald als "clean" bezeichnen kannst.

Re: Bin so schockiert und traurig!

Verfasst: Di Jan 29, 2013 5:42
von Christie
Ich glaube, dass eines deiner Hauptprobleme, wie bei einem Großteil von uns bulimikerinnen an der fehlenden Körperakzeptanz liegt.
Solange du abnehmen willst, solange du Essen als deinen Feind ansieht, der dir nur Böses und Speck auf deinen hüften will, solange wirst du nicht aufhören können zu Kotzen.
Das sage ich dir nicht nur aus eigener Erfahrung, sondern auch aus dem Wissen, dass ich in der Klinik und jahrelanger Therapie gelernt habe.
Dazu kommen deine Probleme. Wofür ist deine Bulimie da? Wofür benutzt du sie? Welche Gefühle kanalisierst du damit?

Es gibt keine 'Tips' gegen Fressanfälle, das treibt mich regelmäßig zur Weißglut, wenn jemand sowas schreibt. Du scheinst dir jedoch bewusst zu sein, dass das so einfach nicht ist. Fressanfälle zu bekämpfen und zu einem gesunden Verhältnis zum Essen zu gelangen ist ein jahrelanger Prozess und verdammt harte Arbeit.
Bist du bereit, diese Arbeit zu tun?
Bist du bereit, dich blind fallen zu lassen, die Bulimie loszulassen, ohne zu wissen was kommt?
Ohne zu wissen, ob du dann erst mal *kg ab- oder zunimmst und vielleicht erstmal permanenten Heulkrämpfen ausgeliefert bist?

Überleg dir, wie viel du bereit bist, zu geben, um dich von der Sucht zu befreien.

Ehrlich gesagt denk ich mir bei dir auch, dass, nach so langer Dauer der Sucht, nach so langer Therapie und immer noch so vielen fas und verfahrenen Gedanken eine ambulante Therapie nicht mehr sonderlich viel bringen wird. Aber ist nur meine persönliche Meinung.

Re: Bin so schockiert und traurig!

Verfasst: Di Jan 29, 2013 22:15
von Simone220186
Danke Christie für dein Statement dazu......ja, es mir sehr wohl bewusst, dass ich mich selbst nicht akzeptiere und Essen gleich Feind ist und mir ist sehr wohl bewusst, dass ich die B nur los werden kann, wenn ich diese beiden punkte ändern muss.

Ich habe mich in den letzten tagen viel damit beschäftigt und hab viel über mich nachgedacht......ich bin zu dem Entschluss gekommen, dass vermutlich die erste Thera nicht geklappt habe, weil ich einfach nur aufhören wollte zu kotzen......habe mich heut bei "So what" für ein Beratungs-/Erstgespräch angemeldet und will dieses Mal nicht vorangig das Kotzen bekämpfen sondern an der Akzeptanz meines Körpers und des Essens......Mein Ziel ist es Essen zu können ohne dabei Angst und Panik zu erleben.

Ich bin prinzipiell bereit sehr viel zu geben um die B. sekundär weg zu bringen, aber eine stationäre Therapie kommt für mich momentan nicht in Frage, da ich heuer viel zu viel um die Ohren habe.....unter anderem eine Fortbildung die ein Jahr dauert und gesetzlich verpflichtend ist um meinen Job weiterhin ausüben zu können, den ich sehr gerne mache......Und ich bin überzeugt, dass es mir nur schlechter gehen würde, wenn ich diesen aufgebe.

Re: Bin so schockiert und traurig!

Verfasst: Di Jan 29, 2013 22:17
von joliana
genau dieses problem haben viele bulimiker... sie wollen einfach nur, dass das kotzen und die fressanfälle aufhören - die "störenden" symptome eben. aber zum gesundwerden gehört so viel mehr! immerhin hast du das jetzt erkannt und kannst es angehen...

Re: Bin so schockiert und traurig!

Verfasst: Di Jan 29, 2013 22:22
von Simone220186
Danke Joliana!

Ich glaube momentan auch, dass ich es schaffen werde.....es ist mir am Freitag einfach so plötzlich eingeschossen..........und es ist mir trotzdem bewusst, dass es ein sehr laaaaaaannnnnnngggggggeeeeerrrrrrr Weg werden wird.

Re: Bin so schockiert und traurig!

Verfasst: Mi Jan 30, 2013 8:20
von Christie
Das mit so what finde ich einen guten Schritt, ich hab schon viel Gutes darüber gehört.
Ich wünsche dir ganz viel Erfolg und Kraft!

Re: Bin so schockiert und traurig!

Verfasst: Mi Jan 30, 2013 8:58
von Simone220186
Danke....vor allem die kraft kann ich gut gebrauchen!:-)