#18
von Mallory Weiß
Mit einer Körperschemastörung nimmt man sich immer so wahr, wie man, oder ein "dunkler Teil" von einem sich sehen will, oder meint, sich sehen zu müssen. Der Effekt von Kleidung wird ohnehin überschätzt; wer, egal ob nach oben oder unten, stark vom Normgewicht abweicht, wird unabhängig davon immer auffallen, und immer extrem u.g. oder ü.g. aussehen. Meist ist es so, dass man es eher anmerkt, wenn jemand sich nicht wohlfühlt und etwas verstecken will. Die Wahrheit ist: Wir können unsere Krankheit nicht verstecken. Insofern kannst du anziehen was du willst; das einzige, was dir ein besseres Gefühl geben könnte wäre, deinen inneren Impulsen nicht nachzugeben, sondern das anzuziehen, wovon dir diese aus "Scham" abraten, zu lernen, Zwangsimpulsen nicht zu folgen, sie bewusst zu missachten. Sich dann anderem widmen, sich ablenken, auf anderes konzentrieren.
Es ist schwierig, und ein Kampf, aber machbar. Zumindest würdest du dich freier fühlen. Und genau das "wollte" die Krankheit ja zu Beginn: Frei sein, unabhängig zu sein, für sich selbst zu entscheiden anstatt inneren Trieben und Impulsen zu folgen. Schlecht fühlt man sich an dem Punkt, an dem man sieht, dass es zwar nun für Außenstehende eher danach aussehen könnte, man innerlich aber noch nie so wenig Kontrolle hatte wie jetzt. Irgendwann geht dann die Kraft aus und auch diese Fassade verschwindet; man ist ein Häufchen Elend, wird als kranker Versager abgestempelt. Obwohl, oder gerade weil, man sein "Ziel" erreicht hat. Das gar nicht am Anfang stand, nicht wirklich sondern eher Beiprodukt war, sich aber ab einem gewissen Punkt so stark in den Vordergrund stellte, dass es eine lawinenartige Eigendynamik entwickelte.
Wenn du sie schon nicht stoppen kannst, so stell dich wenigstens daneben. Beobachte sie, all die negativen Gefühle, all die Dränge dies und jenes zu tun oder nicht zu tun, die dann irgendwo im Tal ins Leere laufen.
Bei unserem "Kernproblem-Thema" ist das vielleicht kaum möglich; oder am schwersten. So trainiert man am besten erst einmal seine innere Stärke, indem man die anderen Lawinen überwindet. Und seien es scheinbar unbedeutende Dinge, wie eben Kleidung. Oder die Frage, wie man den Abend verbringt. Um wenigstens in einem Bereich wieder "freier" werden zu können. Was meinst du?