Meine Eltern - die Enttäuschung wird grenzenlos sein!
Verfasst: Sa Jun 16, 2012 9:57
Ich werde beziehungsweise ich glaube, ich muss meinen Eltern nun endlich von meiner Krankheit erzählen.
Über Jahre hinweg habe ich es geschafft die Fassade der "perfekten" Tochter aufrechtzuerhalten, aber nun beginnt sie immer mehr in sich zusammenzufallen, meine Eltern sind schon jetzt von mir enttäuscht und wütend auf mich, weil ich im vergangenen Jahr nicht annähern die Leistung gebracht habe, die man von mir erwartet. - Was meine Eltern aber eben nicht wissen, ist dass ich dieses vergangene Jahr in erster Linie an die Bulimie verloren habe, dass ich ganze Tage und Wochen nur mit Fressen und Kotzen verbracht habe, dass ich phasenweise kaum aus dem Bett hochkam, dass mir jedes Gespräch mit ihnen, in dem ich gelogen habe um so zu tun als wäre alles in Ordnung mich innerlich noch mehr kaputt gemacht hat, dass ich phasenweise ernsthaft darüber nachgedacht hab ob das alles noch einen Sinn macht...
Ich will nicht mehr Lügen und ich will, dass sie endlich auch den schwachen Teil von mir sehen, der in letzter Zeit leider mein Leben bestimmt.
Zu meiner Vorgeschichte: Ich bin 26 Jahre alt und komme aus einer an sich intakten und glücklichen Familie. Und trotzdem war meine Kindheit mit elf Jahren vorbei als meine Mutter an Krebs erkrankt ist und mein Papa, der schon damals eine stark übersteigerte Vorstellung von meiner Kraft hatte, zu mir sagte, dass ich als das älteste Kind jetzt ganz stark sein müsste!
Und das war ich dann wohl auch. - Und nach einem Jahr hatte meine Mutter die Krankheit überstanden und ich blieb "stark". Mein kleiner Bruder reagierte mit schlechten Noten und einem Tick und, um ihn machte man sich Sorgen, während ich immer hervorragende Noten nach hause brachte, nicht wegging, eine Mustertochter war...
Mit vierzehn begann ich ein paar Monate zu hungern und nahm dadurch sehr viel ab, wobei ich auch davor eigentlich eine ganz normale schlanke Figur hatte (das ist mir zumindest im Nachhinein klar). Vielleicht wollte ich einfach, dass man mir auch von außen ansieht, dass ich irgendwie zerbrochen war? Nach einer gewissen Zeit, meinte Mutter, die mir zuerst noch Komplimente über meine Gewichtsabnahme gemacht hatte (man muss dazu sagen, dass sie ziemlich stark übergewichtig ist und eigentlich auch immer war), dass es nun genug sei und als "gute Tochter", die ich nun mal bin, hab ich wieder gegessen - teilweise schon zu diesem Zeitpunkt auch rückwärts...
Die nächsten Jahre hindurch ging mein Gewicht immer weiter nach oben weil ich all die Zeit über Fressanfälle hatte, die nur teilweise von Kotzen gefolgt wurden. Dazwischen gabs dann auch immer wieder mehr oder weniger erfolgreiche Diät bzw Hungerphasen. - Alles in allem blieb mein Verhältnis zu meinem Körper ein sehr gestörtes!
Mit achtzehn ging ich dann weg von zu hause um zu Studieren. Zuerst zwei Semester ein sogenanntes "Orchideenstudium", wie mein Vater es zu nennen pflegte, und dann Medizin, das was ich eigentlich immer vor hatte. - Ich war wieder "perfekt".
Schon in der Maturaklasse hatte ich angefangen wieder abzunehmen, was sich nach dem Umzug weiter verstärkte, auch wieder mit ziemlich Bulimischen Zügen. - Damals kam ich von leichtem ÜG wieder ins mittlere NG.
Die folgenden Jahre waren ein ewiges auf und ab - hatte eine Schwankungsbreite von *kg, immer so ums mittlere NG, mal hungerte ich und machte exzessiv Sport, dann hab ich wieder gekotzt und einige Zeit hatte ich sogar ein recht normales Essverhalten (die längste Kotzfreie Zeit hatte ich in den drei Jahren mit meinem Exfreund, mit dem ich auch die meiste Zeit zusammen gelebt hab) - aber immer waren die typischen Gedanken mein Begleiter. Hab meinen Körper immer mehr oder weniger gehasst und ständig waren auch die Gedanken an Essen, ans Abnehmen usw da...
Währenddessen hab ich aber auch Medizin studiert, höchst erfolgreich sogar! Hatte daneben auch immer zwischen einem und drei Jobs um mir was dazuzuverdienen und habe "funktioniert". Meine Eltern, insbesondere mein Papa, haben überall mit ihrer tollen, perfekten Tochter angeben können...
Vor zwei Jahren ging dann meine Beziehung in die Brüche, vermutlich auch weil ich nicht annähernd bereit war mich selber wirklich preiszugeben (er hat niemals von meiner ES erfahren) und ich hab danach wieder mal angefangen stark abzunehmen. Und aus dem Hungern entstanden natürlich FAs und seit eineinhalb Jahren bin ich so tief in der Bulimie wie nie zuvor.
Vor einem Jahr hab ich nun meine letzte Prüfung gemacht und trotzdem bin ich noch immer keine Ärztin, weil ichs nicht und nicht schaffe meine Diplomarbeit abzuschließen, stattdessen verbringe ich meine Tage mit der Bulimie...
Vor zwei Monaten war ich wirklich soweit, dass ich darüber nachdachte mit allem Schluss zu machen. Stattdessen hab ich es geschafft mich zwei Freundinnen anzuvertrauen, was mir wirklich schon mal eine enorme Last von den Schultern nahm! Außerdem war ich in der Zeit dann auch wieder in Wien für einen Nebenjob und hatte dementsprechend viel Ablenkung.
Habs dann zu Beginn auch geschafft für drei Wochen ohne Kotzen auszukommen, danach wars wieder ein auf und ab - momentan hab ich wieder Tag sechs.
Vorgestern hat mein Vater mich angerufen und mir gesagt, dass es so nicht weitergehe, dass sie mich nicht mehr verstehen könnten, dass sie sich fragen ob ich sie das letzte Jahr über ständig angelogen hätte (Ja hab ich!) und dass sie dringend mit mir reden wollten.
Also werd ich morgen oder übermorgen nach hause fahren und mit ihnen reden. Obwohl ich davor unglaubliche Angst habe! Ich rechne nicht mal annähernd damit, dass mein Vater mich versteht! Für ihn ist alles was mit Psyche zu tun hat ein Buch mit sieben Siegeln!
Hinzu kommt noch, dass ich in den letzten zwei Monaten, seit ich versuche nicht mehr zu Kotzen, viel zu wenig gegessen hab und dadurch extrem abgenommen habe und nur mehr ziemlich knapp im NG bin, dünner jedenfalls als in meinem gesamten bisherigen Erwachsenenleben. - Da meine Eltern mich in der Zeit nicht gesehen haben, werden sie also vermutlich ziemlich geschockt sein!
Für diejenigen, die bis hierher durchgehalten haben, was soll ich nun machen? Wie fange ich so ein Gespräch am besten an? Und hat von euch jemand Erfahrungen mit so einer Situation? Ich bin für jeden Ratschlag dankbar!!!
Es tut mir leid, dass ich hier so einen halben Roman geschrieben hab! Aber irgendwie musste das alles mal runter von meiner Seele...
LG, flora
Über Jahre hinweg habe ich es geschafft die Fassade der "perfekten" Tochter aufrechtzuerhalten, aber nun beginnt sie immer mehr in sich zusammenzufallen, meine Eltern sind schon jetzt von mir enttäuscht und wütend auf mich, weil ich im vergangenen Jahr nicht annähern die Leistung gebracht habe, die man von mir erwartet. - Was meine Eltern aber eben nicht wissen, ist dass ich dieses vergangene Jahr in erster Linie an die Bulimie verloren habe, dass ich ganze Tage und Wochen nur mit Fressen und Kotzen verbracht habe, dass ich phasenweise kaum aus dem Bett hochkam, dass mir jedes Gespräch mit ihnen, in dem ich gelogen habe um so zu tun als wäre alles in Ordnung mich innerlich noch mehr kaputt gemacht hat, dass ich phasenweise ernsthaft darüber nachgedacht hab ob das alles noch einen Sinn macht...
Ich will nicht mehr Lügen und ich will, dass sie endlich auch den schwachen Teil von mir sehen, der in letzter Zeit leider mein Leben bestimmt.
Zu meiner Vorgeschichte: Ich bin 26 Jahre alt und komme aus einer an sich intakten und glücklichen Familie. Und trotzdem war meine Kindheit mit elf Jahren vorbei als meine Mutter an Krebs erkrankt ist und mein Papa, der schon damals eine stark übersteigerte Vorstellung von meiner Kraft hatte, zu mir sagte, dass ich als das älteste Kind jetzt ganz stark sein müsste!
Und das war ich dann wohl auch. - Und nach einem Jahr hatte meine Mutter die Krankheit überstanden und ich blieb "stark". Mein kleiner Bruder reagierte mit schlechten Noten und einem Tick und, um ihn machte man sich Sorgen, während ich immer hervorragende Noten nach hause brachte, nicht wegging, eine Mustertochter war...
Mit vierzehn begann ich ein paar Monate zu hungern und nahm dadurch sehr viel ab, wobei ich auch davor eigentlich eine ganz normale schlanke Figur hatte (das ist mir zumindest im Nachhinein klar). Vielleicht wollte ich einfach, dass man mir auch von außen ansieht, dass ich irgendwie zerbrochen war? Nach einer gewissen Zeit, meinte Mutter, die mir zuerst noch Komplimente über meine Gewichtsabnahme gemacht hatte (man muss dazu sagen, dass sie ziemlich stark übergewichtig ist und eigentlich auch immer war), dass es nun genug sei und als "gute Tochter", die ich nun mal bin, hab ich wieder gegessen - teilweise schon zu diesem Zeitpunkt auch rückwärts...
Die nächsten Jahre hindurch ging mein Gewicht immer weiter nach oben weil ich all die Zeit über Fressanfälle hatte, die nur teilweise von Kotzen gefolgt wurden. Dazwischen gabs dann auch immer wieder mehr oder weniger erfolgreiche Diät bzw Hungerphasen. - Alles in allem blieb mein Verhältnis zu meinem Körper ein sehr gestörtes!
Mit achtzehn ging ich dann weg von zu hause um zu Studieren. Zuerst zwei Semester ein sogenanntes "Orchideenstudium", wie mein Vater es zu nennen pflegte, und dann Medizin, das was ich eigentlich immer vor hatte. - Ich war wieder "perfekt".
Schon in der Maturaklasse hatte ich angefangen wieder abzunehmen, was sich nach dem Umzug weiter verstärkte, auch wieder mit ziemlich Bulimischen Zügen. - Damals kam ich von leichtem ÜG wieder ins mittlere NG.
Die folgenden Jahre waren ein ewiges auf und ab - hatte eine Schwankungsbreite von *kg, immer so ums mittlere NG, mal hungerte ich und machte exzessiv Sport, dann hab ich wieder gekotzt und einige Zeit hatte ich sogar ein recht normales Essverhalten (die längste Kotzfreie Zeit hatte ich in den drei Jahren mit meinem Exfreund, mit dem ich auch die meiste Zeit zusammen gelebt hab) - aber immer waren die typischen Gedanken mein Begleiter. Hab meinen Körper immer mehr oder weniger gehasst und ständig waren auch die Gedanken an Essen, ans Abnehmen usw da...
Währenddessen hab ich aber auch Medizin studiert, höchst erfolgreich sogar! Hatte daneben auch immer zwischen einem und drei Jobs um mir was dazuzuverdienen und habe "funktioniert". Meine Eltern, insbesondere mein Papa, haben überall mit ihrer tollen, perfekten Tochter angeben können...
Vor zwei Jahren ging dann meine Beziehung in die Brüche, vermutlich auch weil ich nicht annähernd bereit war mich selber wirklich preiszugeben (er hat niemals von meiner ES erfahren) und ich hab danach wieder mal angefangen stark abzunehmen. Und aus dem Hungern entstanden natürlich FAs und seit eineinhalb Jahren bin ich so tief in der Bulimie wie nie zuvor.
Vor einem Jahr hab ich nun meine letzte Prüfung gemacht und trotzdem bin ich noch immer keine Ärztin, weil ichs nicht und nicht schaffe meine Diplomarbeit abzuschließen, stattdessen verbringe ich meine Tage mit der Bulimie...
Vor zwei Monaten war ich wirklich soweit, dass ich darüber nachdachte mit allem Schluss zu machen. Stattdessen hab ich es geschafft mich zwei Freundinnen anzuvertrauen, was mir wirklich schon mal eine enorme Last von den Schultern nahm! Außerdem war ich in der Zeit dann auch wieder in Wien für einen Nebenjob und hatte dementsprechend viel Ablenkung.
Habs dann zu Beginn auch geschafft für drei Wochen ohne Kotzen auszukommen, danach wars wieder ein auf und ab - momentan hab ich wieder Tag sechs.
Vorgestern hat mein Vater mich angerufen und mir gesagt, dass es so nicht weitergehe, dass sie mich nicht mehr verstehen könnten, dass sie sich fragen ob ich sie das letzte Jahr über ständig angelogen hätte (Ja hab ich!) und dass sie dringend mit mir reden wollten.
Also werd ich morgen oder übermorgen nach hause fahren und mit ihnen reden. Obwohl ich davor unglaubliche Angst habe! Ich rechne nicht mal annähernd damit, dass mein Vater mich versteht! Für ihn ist alles was mit Psyche zu tun hat ein Buch mit sieben Siegeln!
Hinzu kommt noch, dass ich in den letzten zwei Monaten, seit ich versuche nicht mehr zu Kotzen, viel zu wenig gegessen hab und dadurch extrem abgenommen habe und nur mehr ziemlich knapp im NG bin, dünner jedenfalls als in meinem gesamten bisherigen Erwachsenenleben. - Da meine Eltern mich in der Zeit nicht gesehen haben, werden sie also vermutlich ziemlich geschockt sein!
Für diejenigen, die bis hierher durchgehalten haben, was soll ich nun machen? Wie fange ich so ein Gespräch am besten an? Und hat von euch jemand Erfahrungen mit so einer Situation? Ich bin für jeden Ratschlag dankbar!!!
Es tut mir leid, dass ich hier so einen halben Roman geschrieben hab! Aber irgendwie musste das alles mal runter von meiner Seele...
LG, flora