Uni und ES und alles zusammen

#1
nun, zuerst einmal:
ich weiß eigentlich gar nicht so recht, warum ich das hier alles schreibe. ich habe nur das Gefühl, wenn ich das nicht teile, wächst es mir zu Kopf.

Ich bin verzweifelt.
Im Oktober habe ich einen Studiengang angefangen, der mir alles abverlangt. Ich bin von morgens um 7 bis abends um 7 nur in der Uni und muss danach noch nacharbeiten.
Ich studiere Chemie. Und die Hälfte meiner Unizeit geht für Labor drauf. In den härtesten Zeiten habe ich erst abends um eins den Schreibtisch verlassen.
Nun war Klausurenzeit, ich habe gelernt wie ein Esel und bin durch alle Klausuren durchgefallen. Durch alle. Nicht mal mein Lieblingsfach habe ich bestanden. Zack - durch.
Mein Freund versucht mir zwar Mut zu machen "dann klappts in den Wiederholungsklausuren" aber ich bin mir nicht sicher, ob ich das alles kann. Noch einmal einen Monat jeden Tag stundenlang lernen. Ich fühle mich so ausgebrannt. Und eigentlich hatte ich mich so gefreut aufs studieren. Chemie war schon immer "mein" Fach, stets die besten Noten.
Und auf einmal sackt mir alles unter den Füßen zusammen.

Ich würde mich gerne neu orientieren. Was anderes machen. Aber ich habe eine Familie im Nacken, die aus Akademikern besteht und da ich im Moment eine Ausbildung anfokusiere, würde mich das wohl in Ungnade stürzen. Natürlich kann man da jetzt sagen: ist doch egal was andere sagen, solange du glücklich bist. aber meine Familie bedeutet mir so einiges.
Ich habe eigentlich auch nicht die Berechtigung mich neu zu orientieren. Ich habe vor Chemie zwei Semester was anderes studiert. als ich gewechselt habe, wurde mir gesagt: "das ist jetzt aber das letzte Mal, dabei bleibts!"
Ich will einfach nicht mehr.
Ich will einfach mal Erfolgserlebnisse haben. Klausuren ohne Ende bestehen. Ich will weiterkommen in meinem Studiengang. Ständig hab ich das Gefühl alle sind intelligenter und smarter.

Was meine ES angeht - die hat sich im Zuge des Studiums verschlechtert. Ich habe auch wieder mit Selbstverletzung angefangen, obwohl ich davor relativ lange clean war.
Jetzt will ich nicht mehr essen, wenn ich esse, muss es weg und wenn es nicht weg kann, muss meine Haut weg.

Ich weiß einfach nicht mehr was ich mit meinem beruflichen Leben machen soll.

Gehts sonst noch jemandem so :( ?
Oh, deine Zukunft ist so ungewiss,
Dein Leben voller Angst und Schiss, du fängst erst gar nichts an,
Denn es ist so gemütlich und sicher,
Auf deiner Insel voller Leid, jaja...

Re: Uni und ES und alles zusammen

#2
Colorama hat geschrieben:Jetzt will ich nicht mehr essen, wenn ich esse, muss es weg und wenn es nicht weg kann, muss meine Haut weg.
Diesen Satz kann ich nur zu gut nachvollziehen...

Bei mir ist es so, dass ich zwar überall durch bin auf der Uni, mir aber oft einfach alles zu viel wird vom Lernen her und dann das rundherum noch schlechter läuft als es schon tut...
Wenn du heute aufgibst,
Wirst du nie wissen,
Ob du es morgen geschafft hättest!

Re: Uni und ES und alles zusammen

#3
Hallo Colorama,

oh je, das klingt ja fürchterlich bei Dir! Ehrlich, Dein Arbeits- und Lernpensum wirkt auf mich jenseits von Gut und Böse. Das würde vermutlich selbst einem seelisch völlig stabilen Menschen zu schaffen machen. Dass sich unter so enormem Druck Deine Symptomatik verstärkt, finde ich absolut nachvollziehbar. Du musst wirklich auf Dich aufpassen und die Warnsignale Deines Körpers ernst nehmen!

Ich kann gut verstehen, dass es Dir aufgrund des familiären Hintergrunds schwer fällt, auf eine Ausbildung o.ä. auszuweichen. Mir ging es genau so, nachdem ich mein erstes Studium (das mich genau so geschafft hat wie Dich Dein jetziges; zusätzlich hatte ich einen stressigen Job und musste pendeln) abgebrochen hatte. Am liebsten hätte ich etwas vollkommen Fachfremdes gemacht, wäre Tierarzthelferin oder Tierpflegerin geworden. Für meine Eltern kam das jedoch nicht infrage und mein Vater hat so einige eindringliche Gespräche mit mir geführt, sodass ich dann schließlich doch wieder ein anderes Studium aufgenommen habe - allerdings an einer FH und mit dem Wissen, dass der Lern- und Arbeitsaufwand nicht sooo enorm sein würde wie beim ersten.

Dennoch würde ich Dir dazu raten, auf Dein Gefühl zu hören und das zur Not auch Deinen Eltern gegenüber durchzusetzen. Mal etwas überspitzt ausgedrückt: Was nützt Dir eine solides Studium, wenn Du tot bist? Und das, was Du momentan mit Deinem Körper machst, ist lebensgefährlich. Bist Du in Therapie? Wäre es eine Option, einen Klinikaufenthalt "zwischenzuschieben"?
Vielleicht könntest Du ja tatsächlich im Bereich Chemie bleiben, da es Dir im Grunde ja zu liegen scheint. Ich kenne mich da nicht so aus - mit würde da erstmal eine Ausbildung als Chemielaborantin einfallen, es gibt jedoch bestimmt noch einige weitere Optionen in diesem Feld. Damit würdest Du Dir ja auch die Möglichkeit offen lassen, nach der Ausbildung oder nach ein paar Jahren im Beruf vielleicht noch einmal ein Studium anzuschließen. Das könnte Deine Eltern vielleicht ein wenig beruhigen? ;)

Auf jeden Fall denke ich, je länger Du zögerst, desto schwieriger wird es, aus der Sache auszusteigen. Du hast jetzt erst ein Semester studiert, hast noch keine wichtigen Scheine bestanden und bist vermutlich noch jung (trotz der zwei Semester vorher). Du hast nichts zu verlieren - außer Deiner Gesundheit, wenn Du so weitermachst!

Ich wünsch Dir alles Gute.

Keiko
Zuletzt geändert von Keiko am Fr Feb 24, 2012 0:00, insgesamt 1-mal geändert.
"Denn wenn es eine Sünde gegen das Leben gibt,
so besteht sie vielleicht nicht so sehr darin, an ihm zu verzweifeln,
als darin, auf ein anderes Leben zu hoffen
und sich der unerbittlichen Größe dieses Lebens zu entziehen."

Albert Camus

Re: Uni und ES und alles zusammen

#5
Hallo Colorama,

ich kann das gut nachvollziehen, der Erfolgsdruck ist unendlich groß wenn man das Studium wechselt.
Aber manchmal muss man eben ein bisschen suchen und über ein paar Umwege gehen um zu finden was man wirklich machen will. :)

Du schreibst du würdest dich gern umorientieren? Willst du das weil du gemerkt hast das Studium ist nichts für dich, oder weil die Prüfungen gerade nicht gut laufen? Wie gefällt dir das Studium an sich, unabhängig von den Prüfungen?
Du hast unglaublich viel Zeit und Energie in das Fach gesteckt, und du hast sicher ebenso viel dazu gelernt.
Prüfungen sind teilweise nicht wirklich dazu geeignet wirklich etwas über dein Wissen auszusagen. Also weißt du schon sehr viel und der Lernaufwand für die Wiederholungsprüfungen wär vielleicht gar nicht so schlimm?
Aber dein Arbeitspensum ist einfach zu hoch, kein Mensch kann das auf Dauer durchhalten. Bist du auf einer FH oder einer Uni? Auf der Uni kannst du die Prüfungen vielleicht etwas aufteilen, damit sich deine Aufmerksamkeit nicht auf soviele verschiedene Gebiete aufteilen muss.

Also nur um dir Mut zu machen: in meinem ersten Semester hat auch wirklich NICHTS funktioniert.. im zweiten Semester klappte dann auf einmal alles. Ich wollte auch schon fast aufgeben damals und bin wirklich glücklich es nicht getan zu haben, weil ich wirklich leidenschaftlich dabei bin. (Was bei meinem ersten Studienfach nicht der Fall war, das war zwar interessant aber doch nicht ganz meins)

Aber wenn du wirklich gemerkt hast, es ist nichts für dich... dann such ruhig weiter. :) Ich weiß das mit der Familie und ihren Erwartungen ist schwierig. Aber du sollst doch glücklich werden mit dem was du machst, du wirst immerhin einen Großteil deines Lebens mit der Arbeit und deinem Beruf verbringen.

Ich wünsche dir alles Gute!
Schreib mal wie es weitergeht bei dir. :)
Mowjie

Re: Uni und ES und alles zusammen

#6
Hey colorama!
Ich kann das sehr gut nachvollziehen, ich studiere auch Chemie und das Studenpensum ist in etwa so wie bei dir. Es gibt Wochen und Monate da tut man fast nichts anderes als lernen, Uni, Labor,...
Bei mir gehts zumindestens vom Erfolg her.

Fühlst du dich denn von deinen Eltern sehr unter Druck gesetzt? Meine Eltern waren früher auch so, sehr leistungsorientiert und waren mit nur wenig von mir zufrieden, ich bin mit 17 in einer Klinik gelandet und ja langsam ging es dann auch. Heute wollen sie das beste für mich, wollen, dass ich mich nicht so für mein Studium verausgabe, aber ja dieser Druck bleibt halt und ich mach es auch gerne eigentlich..

Hast du mit deinen Eltern schon mal geredet? Es bringt dir ja auch nichts ein Studium abzuschließen, wenn dir das dann gar keinen Spaß macht.
Vl wäre wirklich ein Klinikaufenthalt das richtige. Da bist du den Druck mal los und kannst dich auf DICH konzentrieren, hast nicht "deine Eltern im Nacken" und kannst dir auch ein bisschen klar werden was du willst?

Ich wünsche dir alles gute!

Re: Uni und ES und alles zusammen

#7
ich bin total schockiert, denn mir steht das Medizinstudium bevor, und genau das was du beschreibst, ist meine Größte Angst.

Aber mal ehrlich, auch wenn dir deine Familie wichtig ist, du musst entscheiden, was wichtig für dich ist.

Wenn dir das Studium so am Herzen liegt, dann musst du versuchen zu ergründen woran es lag, dass du ALLE??? Klausuren verhauen hast?
Vielleicht kannst du dich, wenn dir deine Familie so am Herzen liegt, dieser öffnen und vielleicht können sie dich irgendwie unterstützen?
Vielleicht würden sie auch ein Studiumabbruch empfehlen/ zustimmen.

LG

Re: Uni und ES und alles zusammen

#8
Hallo zusammen!

Ich hab mal mit meinen Eltern geredet und sie waren komischerweise vom Ausbildungsgedanken super begeistert. Man ist mir da ein Stein vom Herzen gefallen!
Sie waren ebenfalls der Meinung, dass es wohl nichts nützt, sich durch ein Studium zu quälen nur damit am Ende ein Uniabschluss steht.
Das tat gut!
Natürlich fanden sie es schade, dass es nicht so läuft wie ich das eigentlich vor hatte. aber jeder muss seinen Weg selbst suchen.

Das hat mich alles sehr ermutigt. Ich bin beruhigt und suche nun eine Ausbildungsstelle.

Trotzdem erschließt sich mir nicht, warum ich alle Klausuren verhauen habe, obwohl ich viel gelernt hatte. nun ja!


Ich möchte euch ganz dolle danken für euren Zuspruch. Mir hat das sehr geholfen zu realisieren, dass ICH mit dem beruf zufrieden sein muss. Sonst niemand.
Danke!


wie geht ihr denn mit Leistungsdruck um? gerade die Bachelor-Leute haben ja schon das Problem damit oder?
Oh, deine Zukunft ist so ungewiss,
Dein Leben voller Angst und Schiss, du fängst erst gar nichts an,
Denn es ist so gemütlich und sicher,
Auf deiner Insel voller Leid, jaja...

Re: Uni und ES und alles zusammen

#9
Hey, ich kann das verstehen mit dem übertriebenen Arbeitspensum.
Als ich angefangen habe Medizin zu studieren ist, war mir auch erstmal alles viel zu viel....

Was ich gemacht habe war:
erstmal ein Urlaubssemester genommen, neue Kraft gesammelt. Da bei uns das Studienjahr eingeführt wurde (heißt bestimmte Kurse sind immer nur in einem Semester möglich), musste ich automatisch ein Jahr länger machen und hatte weniger Kurse als die anderen in einem Semester (das ist jetzt ein bisschen kompliziert zu erklären wie genau, weils kein Bachelor/Master ist)).
Aber soweit ich weiß, kannst du dir auch beim Bach/Master aussuchen wie viel du in einem Semester machst.
Warum wählst du nicht einfach weniger Kurse und machst dann einfach bissschen länger.
Im Endeffekt kommt es auf die ein zwei Jahre nicht an. Das interessiert später keinen Mensch. ABer bei dir kommt es sehr wohl darauf an, wie viel (weniger) du pro Semester lernen musst.

Was mir noch einfällt, meine Cousine hat auch immer versucht alles was geht in einem Semester zu machen mit dem Ergebniss, dass sie immer durch die Hälfte durchgefallen ist und im Endeffekt so 3 Jahre länger amchen musste >> ist also aufs gleiche hinausgekommen, wie wenn sie von vornherein weniger Kurse genommen hätte :roll:
Und dann wäre auch nicht der ganze Frust beim Durchfallen dazugekommen....

Hast du darüber schonmal nachgedacht?!

Re: Uni und ES und alles zusammen

#11
ich studiere bio und ich hab auch tage an denen ich von morgens um halb 9 bis abends halb 9 im labor bin und vom lernen ganz zu schweigen, zum glück hab ich eine echt mega schnelle auffassungsgabe und schaffe es doch noch immer glänzend abzuschneiden... aber schon der stress alleine, auch ohne durchzufallen macht mir ziemlich zu schaffen...

das mit deinen eltern kann ich total nachvollziehen und weiß auch nicht was ich dir raten soll :( in meiner familie hat niemand studiert und mein vater finanziert mich und die sind alle so stolz auf mich... ich wollte eigentlich auch schon aufhören, weil man als biologe eine echt schlechte zukunft hat aber das kann ich denen gar nicht antun :( vielleicht solltest du mit denen mal genauso offen reden wie hier :/ einfach sagen dass du alles gibst und seelisch total kaputt gehst und es einfach keine früchte trägt und du so auch nicht weiter kommst und nie glücklich werden kannst :( ich hoffe du kriegst das alles irgendwie auf die reihe :( ich drück dir ganz doll die daumen, egal wofür du dich entscheiden solltest :(



achja und zum einfach weniger wählen, das geht beim bachelor leider nicht... deswegen wird das ganze system auch so bemängelt :(
Zuletzt geändert von gänse12 am Mo Feb 27, 2012 16:49, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Uni und ES und alles zusammen

#12
gänse12 hat geschrieben:
achja und zum einfach weniger wählen, das geht beim bachelor leider nicht... deswegen wird das ganze system auch so bemängelt :(
?!?! Also ich kenne genug Leute, die das machen ...


Die machen die Kurse, dann halt im nächsten Semester, natürlich geht GAR nicht machen nicht. Man braucht dann halt länger.
Zuletzt geändert von Starlight57 am Mo Feb 27, 2012 17:04, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Uni und ES und alles zusammen

#14
das geht bei meinem Studiengang gar nicht so einfach.
Ich hab bis auf ein Fach nur Pflichtmodule, da die ja alle aufeinander aufbauen und auch das Labor eine Vorlesungsgrundlage braucht. ich kann nicht einfach strecken, das gibt im Labor dann ziemlich Probleme.
Zudem gehts beim Bachelor ja auch um Noten. Hätte ich ein Staatsexamen..ganz ehrlich, ich glaube, da wäre es einfacher. hauptsache Bestanden.
Aber bei uns ist es so, dass man einen Bachelor von 2,5 braucht um einen Master zu machen. Das setzt zusätzlich unter Druck.
Ich merke auch sehr, dass in unserem Studiengang recht viele Leute an der Grenze sind. Es kann ja wohl nicht sein, dass bei uns fast dreiviertel aller Leute durch die Klausuren fallen. So blöd können wir ja alle nicht sein...Aber wenn man keinen Freiraum mehr hat und nichts strecken kann, wirds echt rar :(
Oh, deine Zukunft ist so ungewiss,
Dein Leben voller Angst und Schiss, du fängst erst gar nichts an,
Denn es ist so gemütlich und sicher,
Auf deiner Insel voller Leid, jaja...