#15
von Schokolinse
Das ist auch grad mein Thema - alleine in eine eigene Wohnung ziehen: ja oder nein?!
Ich hab in den letzten Jahren so ziemlich alles Wohnformen ausprobiert und weiß, dass es überall Vor- und Nachteile gibt. Sowohl, was die Bulimie an sich betrifft als auch in anderen Lebensbereichen und alltäglichen Situationen.
Während meines Studiums habe ich in drei verschiedenen WGs gewohnt. Die Bulimie ist dadurch nicht weniger und auch nicht mehr geworden - nur anders. Wie schon beschrieben, findet man immer einen Weg, dieser elenden Sucht nachgeben und nachgehen zu können. Ich hab es meinen WG-Jahren immer geschafft, dass die Mitbewohner nix gemerkt haben. Aber leicht war das für mich nicht. Das dauernde schlechte Gewissen und die Angst entdeckt zu werden, die Sorge darüber, was die vielleicht über den Inhalt meines Kühlschrankfachs denken könnten, meine Rückgezogenheit ab und zu usw. Außerdem hatte ich auch immer Angst, dass ich erwischt werde - beim Futtern oder beim Kotzen. Und sonst war auch nicht viel mit gemeinsamen Koch-Ess-Abenden, weil ich Panik davor hatte. Auch DVD gucken oder so, war meist mit Essen oder Chips und co. verbunden, so dass ich mich da eh rausgezogen habe. Das war eher, was die anderen gestört hat und nicht die Bulimie an sich.
Danach habe ich einige Zeit alleine gewohnt, was für mich erstmal eine unglaubliche Erleichterung war, weil ich nichts mehr verstecken, verheimlichen oder nachkaufen musste. Ich hab richtig gespürt, wie ganz viel Stress, Anspannung und Last von mir abgefallen ist. Natürlich hatte ich da dann auch "freie Bahn" was die Bulimie angeht, aber dadurch, dass sie mir quasi immer und zu jeder Zeit möglich war, verlor das ganze so ziemlich an Macht. Ich wusste, ich könnte immer und ständig essen und brechen, wenn ich wollte und "musste" nicht warten, bis alle weg waren oder Angst haben, sie könnten früher oder so wiederkommen. Das war ganz viel Stress, den ich somit nicht mehr hatte.
Das Wissen und die Sicherheit darüber, dass ich jder Zeit tun und lassen konnte, was ich wollte, sorge dafür, dass weniger Fressdruck hatte und meine Tage wieder nach Lust und Laune verplanen konnte und nicht nach den Uni- oder Freizeitplänen meiner Mitbewohner.
Mir hat das alleine wohnen sehr gut getan und die Bulimie stand viel mehr im Hintergrund als zu meinen WG-Zeiten.
Auch sonst war ich eigentlich wenig alleine, weil ich viel mit Freunden gemacht habe und diese auch da waren, wenn ich nicht allein daheim hocken wollte/konnte.
Aktuell wohne ich noch mit meinem Freund zusammen, was irgendwie son Zwischending zwischen alleine wohnen und WG ist. Verstecken aber doch auch mehr Freiheiten als in ner WG.
Dennoch habe ich jetzt eine super schöne Wohnung in Aussicht, die ich auch sehr gerne nehmen möchte. Angst davor habe ich trotz meiner guten Erfahrungen trotzdem. Vor allem, was das Geld angeht. Weil ne eigene Wohnung ja auch mehr kostet und die sch** Bulimie eben auch viel Geld "frisst". Aber das könnte ja auch ein Ansporn sein, der Bulimie weniger Raum zu geben. Ich möchte so gerne in diese Wohnung ziehen, stell mir schon vor, wie ich sie einrichten werde, und wer weiß, vielleicht schaff ich dort ja auch den Ausstieg?!
Mein Freund möchte nicht umziehen, aber er hat schon überlegt, vielleicht irgendwann nachzukommen. Sind drei Zimmer.
Soviel zu meinen Erfahrungen - die man, glaube ich, einfach selbst sammeln muss, weil jeder anders ist und jedem andere Dinge gut tun bzw. nicht gut tun.
LG
Schoko