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Entgültigen Abschied nehmen

Verfasst: Sa Jan 28, 2012 10:16
von Katzenpfote
Hallo an alle,

wahrscheinlich gab's so ein Thema schon häufiger, aber ich möchte es mir gern nochmal von der Seele schreiben und nach euren Erfahrungen und Strategien fragen.

Wenn ich an meinen Krankheitsverlauf zurückdenke gibt es unterschiedlichste Phasen. Manchmal war ich esstechnisch völlig gestört, manchmal monatelang symptomfrei. Ich bin seit Jahren der Überzeugung, dass ich normal essen möchte, die ES hinter mir lassen.
Dennoch habe ich mental wohl nie Abschied genommen, sondern mich immer an's Essen geklammert. Selbst, als ich vor einigen Jahren drei Monate in der Klinik war, habe ich innerlich immer gewusst, dass ich wohl irgendwann Rückfälle haben würde. Irgendwie habe ich mich sogar darauf gefreut.
Ich habe immer gehofft und hoffe noch immer, dass sich die ES langsam aus meinem Leben herausschleicht, wenn irgendwann "alles" besser ist. Wenn ich mir meinem Leben klar komme. Dass ich nur lange genug warten müsste.
In meinem Hinterkopf war immer die Essstörung als Lösungsmechanismus, als Stütze, wenn alles zu schwer werden würde. Und so bin ich nach langen guten Monaten immer zurückgefallen.

Ich weiß ja, das Rückfälle keine Katastrophe sind, sondern Zwischenfälle auf dem Weg gesund zu werden. Aber ich möchte mich auch nicht auf Rückfälle "freuen".

Ganz rational will ich die ES ja mit alles Kraft loswerden, aber ich habe das diffuse Gefühl, dass sich tief in mir der Schalter noch nicht umgelegt hat. Und ich weiß nicht, wie ich das machen soll/kann. Endlich entgültigen Abschied von der Essstörung nehmen.

Es ist in vielerlei Hinsicht so, dass ich an meine tieferliegenden Gefühle nicht herankomme, habe das Gefühl mir "ausgeliefert" zu sein.

Kann das jemand verstehen?

Re: Entgültigen Abschied nehmen

Verfasst: Sa Jan 28, 2012 10:33
von nudel
Hallo Katzenpfote,
ich finde deinen Beitrag klasse und ich glaube genau darum geht es. Die ES hinter sich zu lassen und auch wirklich Abschied zu nehmen. Nimm mir dieses Beispiel bitte nicht übel, aber ich glaube dass die ES wirklich so eine Art Freundin ist und vielleicht ist es Zeit, sie zu "beerdigen". Sie war in einsamen Stunden bei Dir, hat dir geholfen fünfe grade sein zu lassen. Aber jetzt ist eine Art Trennung angesagt. Vielleicht wie ein ehemaliger Liebhaber, mit dem man noch mal in der Kiste landet und sich hinter her fragt, hei was habe ich da eigentlich gemacht.
Aber ich glaube es wird einfach seltener und verändert sich und irgendwann wirst du vielleicht noch mal daran denken und sagen achja so war das, damals aber hei ich gehe heute einfach einen andern Weg.
LGnudel

Re: Entgültigen Abschied nehmen

Verfasst: Sa Jan 28, 2012 18:46
von aurora
Hey Katzenpfote!

Ja ich kann das sehr gut verstehen. Ich hab auch sehr lange cleane Zeiten, in denen mir die ES eigentlich nicht abgehen würde, und trotzdem ist sie "immer ein bisschen da". Nicht, dass ich in dem Zeitpunkt brauchen würde, aber es ist mir wichtig, dass sie da ist..
Ich hab die ES auch sehr früh bekommen und lange Zeit konnte ich mich nur durch ES definieren, ich wusste gar nicht wer ich war ohne.. Das ist zum Glück schon lange weg.

Nudel, genau dein Beispiel hat mir meine Therapeutin damalas auch gesagt, dass sie eben eine Freundin ist/war, die man loslassen und gehen lassen muss. Und ich denke, gerade dieser Abschied ist echt schwer, denn wer lasst gerne eine Freundin gehen?

Alles Liebe