Mein Verhältnis zum Essen
Verfasst: So Jan 01, 2012 13:57
Hallo an alle und erstmal ein frohes neues Jahr!
In meinem Beitrag sind die Angaben einiger Nahrungsmittel und einige Zahlen, aber ich hoffe, dass es so halbwegs okay ist:
Ich habe in letzter Zeit häufiger über mein Verhältnis zum Essen nachgedacht und wollte die Gedanken und Erfahrungen einfach mal aufschreiben, vielleicht kann mir ja sogar jemand helfen...
Nunja, mein Verhältnis zum Essen: Ich liebe es, bin unersättlich. Aber das nicht erst, seit meine Essstörung vor 8 Jahren voll durchkam, sondern schon seit ich denken kann. Für mich gibt es NICHTS anderes, das schöner ist. Essen beruhigt mich, macht mich glücklich und zufrieden. Satt kann ich schlafen, allen Stress vergessen. Essen nimmt mir die Angst vor allem und jedem.
Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, spielt Essen eine wahnsinnig große Rolle. Fast alle Ereignisse sind mit Essen verbunden.
Wenn ich Geburtstag hatte, gab es Lieblingsessen und Süßkram. Und in der Schule habe ich Beutelchen mit Süßigkeiten verteilt.
Wenn es Zeugnisse gab, gingen wir immer in die Pommesbude.
Wenn es Samstag war, durften wir lange aufbleiben und es gab Chips und Fanta.
Wenn wir in den Freizeitpark gingen, haben wir fett belegte Butterbrötchen mitgenommen, die nachher richtig schön durchgeweicht waren.
Wenn Weihnachten war, hatten wir Schokokringel auf dem Teller und Mama hat Sahnepudding gemacht.
Wenn ich krank war, gab es sowieso alles was ich wollte zu essen. Yay!
Meist habe ich mich am meisten auf das Essen gefreut, das ich mit einem Ereignis verbunden habe. Z.B.: Juchu, wenn wir ins Freibad fahren, gibt es dort Currywurst und Softeis!
Auch sind die meisten Ereignisse in meiner Erinnerung ganz stark an das Essen gekoppelt. Als ich mit neun Jahren mit meiner Familie in den Bergen im Urlaub war, gab es dort eine Tropfsteinhöhle, die ich toll fand. Noch genauer erinnere ich mich aber, an den Kinderteller dort in einem Restaurant.
Wie wohl viele andere Kinder auch, bin ich früher mit jeder Mark, mit jeden fünfzig Pfennig, die ich bekommen habe, zum Tante-Emma-Laden und habe Weingummischnuller o.Ä. gekauft. Ich erinnere mich daran, dass ich mit 8 oder 9 Jahren mal allein zu Hause war, zum Bäcker um die Ecke gegangen bin und mir * süße Brötchen gekauft habe. Habe mir dann alle * Brötchen mit Käse belegt (!) und mich mit Tablett vor den Fernseher gesetzt. Dann kam meine Mutter nach Hause, hat den Berg Brötchen gesehen, mir ihn weggenommen und mich angemeckert. Ich Vielfraß.
Bis in meine Jugend gab es bestimmt nicht viele Tage, an denen ich mal nichts genascht habe. Meine Eltern sind aber auch kein Paradebeispiel für gesunde Ernährung. Klar gab es auch Obst und Gemüse, aber halt auch von allem anderen war immer reichlich da. Wir hatten immer schlaraffenlandmäßig viel ungesundes Zeug da, meine Mutter hat ständig Kuchen, Waffeln, teils mehrmals die Woche, gebacken und kochten tut sie vorwiegend "sehr reichhaltig". Bei uns sind alle normalgewichtig, aber meine Ma isst auch wie ein Spatz, dazu aber jeden Tag * Schokolade. Halt immer total wenig, aber viel von ungesundem und fettem Zeug.
Bis ich 15 war, war ich eigentlich immer an der Grenze zwischen NG und ÜG, habe aber kein vernünftiges Verhältnis zu meinem Körper entwickeln können. Manchmal hieß es seitens der Verwandten, ich sei ja „schon ein bisschen dicklich“ und sollte bloß aufpassen mit dem Gewicht und manchmal hieß es „NEEEIN, du bist doch nicht dick, nimm bloß nicht ab“. Oft hielt ich mich für hässlich, aber im Grunde glaubte ich nicht, zu dick zu sein und ich aß halt auch einfach gern. Also aß ich weiter.
Als ich irgendwann dann mehr Geld hatte, ging ich immer noch in den Supermarkt oder die Imbissbude, deckte mich mit leckeren Dingen ein und aß sie jeden Abend vor dem TV, einfach weil ich Lust darauf hatte, habe mir auch gar nichts dabei gedacht.
Nunja, irgendwann hörte ich auf zu wachsen, hatte meinen ersten Freund, kam deutlicher ins ÜG und dann erst, so mit 15, kam mir der Gedanke, dass ich mein Essverhalten so nicht auf ewig würde fortführen können, dass es ungesund und unnormal sei. Und dann nahm ich ab, ein Jahr später hatte ich Bulimie.
Heute kommt es mir so vor, als gäbe es nichts und als habe es auch nie etwas gegeben, das für mich schöner ist als Essen. Ich genieße viele Dinge wie Reisen, Sport, unter Leuten sein, Sex, ich bin in der Lage, Orgasmen zu erleben… Ich habe Alkohol getrunken, Drogen genommen, alles schön und gut, aber nichts befriedigt mich so sehr wie Essen.
Ich liebe es, viel Essen zu Hause zu haben, liebe es im Supermarkt zu sein. Wenn ich in fremden Städten oder Ländern bin und mich furchtbar einsam und verloren fühle, gehe ich in den Supermarkt, umgeben von den ganzen Lebensmitteln fühle ich mich sicher und wohl.
Die ganze Sache ist mir furchtbar peinlich, es kommt mir so lüstern oder pervers vor, kann ich gar nicht beschreiben. Wer möchte schon zugeben, dass ihn nichts mehr befriedigt als profanes Essen? Vor allem, da ich in dieser Hinsicht so maßlos und exzessiv bin, nicht in der Lage mich zu geißeln.
Ich frage mich, ob es anderen auch so geht und woher dieses Verhalten kommt. Ich habe es mir sicherlich über Jahre antrainiert, Essen als Lösungsstrategie für allerhand Probleme zu benutzen. Ich esse, wenn ich mich unsicher fühle, wenn ich Angst habe, wenn ich keine Energie mehr habe, wenn ich mich belohnen will, aus Langeweile usw.
Nur schockiert es mich, wie lange ich schon so handle, ja eigentlich schon immer. Und das macht mir Angst, denn ich weiß, wie tief diese Verhaltensweisen in meiner Persönlichkeit verankert sind. Ich habe Angst, dass ich keine anderen Strategien finde oder dass ich es nicht schaffe, andere Lösungen wirklich in mein Leben zu integrieren. Und vor allem habe ich Angst, vom Essen als Droge loszulassen. Allein die Aussicht auf einen FA zu haben, beruhigt mich.
Dabei bin ich mir sicher, dass ich auch das andere Leben neben dem Essen kennenlernen will. Ich weiß nur nicht, wie.
Vielleicht hat es ja jemand geschafft, dieses Textmonster zu lesen und mag dazu seine Gedanken äußern.
Grüße
Katzenpfote
In meinem Beitrag sind die Angaben einiger Nahrungsmittel und einige Zahlen, aber ich hoffe, dass es so halbwegs okay ist:
Ich habe in letzter Zeit häufiger über mein Verhältnis zum Essen nachgedacht und wollte die Gedanken und Erfahrungen einfach mal aufschreiben, vielleicht kann mir ja sogar jemand helfen...
Nunja, mein Verhältnis zum Essen: Ich liebe es, bin unersättlich. Aber das nicht erst, seit meine Essstörung vor 8 Jahren voll durchkam, sondern schon seit ich denken kann. Für mich gibt es NICHTS anderes, das schöner ist. Essen beruhigt mich, macht mich glücklich und zufrieden. Satt kann ich schlafen, allen Stress vergessen. Essen nimmt mir die Angst vor allem und jedem.
Wenn ich an meine Kindheit zurückdenke, spielt Essen eine wahnsinnig große Rolle. Fast alle Ereignisse sind mit Essen verbunden.
Wenn ich Geburtstag hatte, gab es Lieblingsessen und Süßkram. Und in der Schule habe ich Beutelchen mit Süßigkeiten verteilt.
Wenn es Zeugnisse gab, gingen wir immer in die Pommesbude.
Wenn es Samstag war, durften wir lange aufbleiben und es gab Chips und Fanta.
Wenn wir in den Freizeitpark gingen, haben wir fett belegte Butterbrötchen mitgenommen, die nachher richtig schön durchgeweicht waren.
Wenn Weihnachten war, hatten wir Schokokringel auf dem Teller und Mama hat Sahnepudding gemacht.
Wenn ich krank war, gab es sowieso alles was ich wollte zu essen. Yay!
Meist habe ich mich am meisten auf das Essen gefreut, das ich mit einem Ereignis verbunden habe. Z.B.: Juchu, wenn wir ins Freibad fahren, gibt es dort Currywurst und Softeis!
Auch sind die meisten Ereignisse in meiner Erinnerung ganz stark an das Essen gekoppelt. Als ich mit neun Jahren mit meiner Familie in den Bergen im Urlaub war, gab es dort eine Tropfsteinhöhle, die ich toll fand. Noch genauer erinnere ich mich aber, an den Kinderteller dort in einem Restaurant.
Wie wohl viele andere Kinder auch, bin ich früher mit jeder Mark, mit jeden fünfzig Pfennig, die ich bekommen habe, zum Tante-Emma-Laden und habe Weingummischnuller o.Ä. gekauft. Ich erinnere mich daran, dass ich mit 8 oder 9 Jahren mal allein zu Hause war, zum Bäcker um die Ecke gegangen bin und mir * süße Brötchen gekauft habe. Habe mir dann alle * Brötchen mit Käse belegt (!) und mich mit Tablett vor den Fernseher gesetzt. Dann kam meine Mutter nach Hause, hat den Berg Brötchen gesehen, mir ihn weggenommen und mich angemeckert. Ich Vielfraß.
Bis in meine Jugend gab es bestimmt nicht viele Tage, an denen ich mal nichts genascht habe. Meine Eltern sind aber auch kein Paradebeispiel für gesunde Ernährung. Klar gab es auch Obst und Gemüse, aber halt auch von allem anderen war immer reichlich da. Wir hatten immer schlaraffenlandmäßig viel ungesundes Zeug da, meine Mutter hat ständig Kuchen, Waffeln, teils mehrmals die Woche, gebacken und kochten tut sie vorwiegend "sehr reichhaltig". Bei uns sind alle normalgewichtig, aber meine Ma isst auch wie ein Spatz, dazu aber jeden Tag * Schokolade. Halt immer total wenig, aber viel von ungesundem und fettem Zeug.
Bis ich 15 war, war ich eigentlich immer an der Grenze zwischen NG und ÜG, habe aber kein vernünftiges Verhältnis zu meinem Körper entwickeln können. Manchmal hieß es seitens der Verwandten, ich sei ja „schon ein bisschen dicklich“ und sollte bloß aufpassen mit dem Gewicht und manchmal hieß es „NEEEIN, du bist doch nicht dick, nimm bloß nicht ab“. Oft hielt ich mich für hässlich, aber im Grunde glaubte ich nicht, zu dick zu sein und ich aß halt auch einfach gern. Also aß ich weiter.
Als ich irgendwann dann mehr Geld hatte, ging ich immer noch in den Supermarkt oder die Imbissbude, deckte mich mit leckeren Dingen ein und aß sie jeden Abend vor dem TV, einfach weil ich Lust darauf hatte, habe mir auch gar nichts dabei gedacht.
Nunja, irgendwann hörte ich auf zu wachsen, hatte meinen ersten Freund, kam deutlicher ins ÜG und dann erst, so mit 15, kam mir der Gedanke, dass ich mein Essverhalten so nicht auf ewig würde fortführen können, dass es ungesund und unnormal sei. Und dann nahm ich ab, ein Jahr später hatte ich Bulimie.
Heute kommt es mir so vor, als gäbe es nichts und als habe es auch nie etwas gegeben, das für mich schöner ist als Essen. Ich genieße viele Dinge wie Reisen, Sport, unter Leuten sein, Sex, ich bin in der Lage, Orgasmen zu erleben… Ich habe Alkohol getrunken, Drogen genommen, alles schön und gut, aber nichts befriedigt mich so sehr wie Essen.
Ich liebe es, viel Essen zu Hause zu haben, liebe es im Supermarkt zu sein. Wenn ich in fremden Städten oder Ländern bin und mich furchtbar einsam und verloren fühle, gehe ich in den Supermarkt, umgeben von den ganzen Lebensmitteln fühle ich mich sicher und wohl.
Die ganze Sache ist mir furchtbar peinlich, es kommt mir so lüstern oder pervers vor, kann ich gar nicht beschreiben. Wer möchte schon zugeben, dass ihn nichts mehr befriedigt als profanes Essen? Vor allem, da ich in dieser Hinsicht so maßlos und exzessiv bin, nicht in der Lage mich zu geißeln.
Ich frage mich, ob es anderen auch so geht und woher dieses Verhalten kommt. Ich habe es mir sicherlich über Jahre antrainiert, Essen als Lösungsstrategie für allerhand Probleme zu benutzen. Ich esse, wenn ich mich unsicher fühle, wenn ich Angst habe, wenn ich keine Energie mehr habe, wenn ich mich belohnen will, aus Langeweile usw.
Nur schockiert es mich, wie lange ich schon so handle, ja eigentlich schon immer. Und das macht mir Angst, denn ich weiß, wie tief diese Verhaltensweisen in meiner Persönlichkeit verankert sind. Ich habe Angst, dass ich keine anderen Strategien finde oder dass ich es nicht schaffe, andere Lösungen wirklich in mein Leben zu integrieren. Und vor allem habe ich Angst, vom Essen als Droge loszulassen. Allein die Aussicht auf einen FA zu haben, beruhigt mich.
Dabei bin ich mir sicher, dass ich auch das andere Leben neben dem Essen kennenlernen will. Ich weiß nur nicht, wie.
Vielleicht hat es ja jemand geschafft, dieses Textmonster zu lesen und mag dazu seine Gedanken äußern.
Grüße
Katzenpfote