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Ein bisschen Balast ablassen
Verfasst: Sa Okt 15, 2011 16:48
von zooeyglass
Ich komme gerade einfach nicht mehr klar, muss mir ein paar Worte vom Hals schaffen, tut mir Leid.
Ich weiß ja, dass alles gut ist, dass mein Leben total in Ordnung ist, wie es ist, ich weiß das ja, aber ich fühle es einfach nicht. Mein Kopf tut auf diese unterschwellige Weise weh, als würde er gleich platzen und meine Tränensäcke sind voller Tränen, die ich nicht einmal weinen kann. Ich zittere, innerlich und auch außen, weiß einfach nicht mehr, was machen. Ich fühle mich nicht einmal hässlich, sehe aber nur Menschen die hübscher sind, an die ich nie herankomme und frage mich dann, wie es so weit kommen konnte, dass ich mir das Äußere so wichtig geworden ist.
Morgens stehe ich immer pünktlich auf und mache, was ich machen muss, gehe zur Schule, lerne, mache mit, verhalte mich ganz normal aber ich weiß nicht, woher ich diese Kraft nehme, denn ich ertrage das alles kaum. Immerzu will ich weg und mich verkriechen, mich übergeben oder mich schneiden. Vielleicht auch alles zusammen. Ich möchte Hungern, endlich die paar Kilos los werden, aber schaffe es nicht. Wie ein wundes Bündel Fleisch fühle ich mich, auf den alles wie Salz in eine Wunde wirkt.
Re: Ein bisschen Balast ablassen
Verfasst: Sa Okt 15, 2011 17:57
von artartart
Hallo,
das klingt ja gar nicht gut... Ich wünsche dir viel Kraft, antworte jetzt mal und hoffe, dass es dir wenigstens ein bisschen hilft.
Zuerst mal: ich kenne diese Gedanken nur allzu gut. Wahrscheinlich möchtest du am liebsten immer so tun, als ob es dir gut ginge und machst ständig auf gut gelaunt. So geht es mir nämlich. Und da fiel mir gerade etwas ein: Meine Thera sagte mal "Wir müssen aber nicht immer gut gelaunt sein. Wir dürfen alle unsere Tagesverfassungen haben und diese auch zeigen." Ich weiß, dass man nicht von heute auf morgen seine Maske ablegen kann und sich am liebsten immer normal (wie du schreibst) verhalten möchte, aber es ist ja eigentlich auch normal, seine/ihre wirklichen Gefühle zu zeigen und sich nicht hinter dieser gut gelaunten Fassade zu verstecken.
Ich finde es aber trotzdem gut, dass du deine derzeitigen Gefühle benennen kannst und hoffe, dass es dir gut getan hat, dir das von der Seele zu schreiben. Bist du denn zur Zeit in Therapie? Wenn nein, hast du mal darüber nachgedacht, eine zu beginnen?
Die Gedanken ans Hungern sind mir auch nicht fremd, aber das ist keine Lösung deiner Probleme. Du tauschst sie ja eigentlich nur aus und besser geht es dir damit auch nicht. Sondern vermutlich noch schlechter.
Liebe Grüße,
artartart
Re: Ein bisschen Balast ablassen
Verfasst: Sa Okt 15, 2011 18:41
von zooeyglass
Danke für deine Antwort, das hilft. Und ja, es geht darum, möglichst normal zu sein. Man möchte ja auch nicht krank sein, sondern normal und deswegen habe ich bisher auch noch nicht den Entschluss fassen können, zum Therapeuten zu gehen. Ich habe Angst, dass Menschen es herausfinden und mich verurteilen, oder dass meine Probleme vielleicht gar nicht schwerwiegend genug dafür sind.
Re: Ein bisschen Balast ablassen
Verfasst: Sa Okt 15, 2011 19:26
von artartart
Also dass meine Probleme nicht schwerwiegend genug sind, dachte ich auch so lange. Es wird immer Leute geben, denen es schlechter geht und welche, denen es besser geht als dir. Und es ist ja auch schwierig, sich seine ES einzugestehen. Aber Fakt ist: dir geht es nicht gut. Und das merkst du ja auch selber. Ich kann dir nur empfehlen, eine Therapie zu starten. Natürlich ist es ein großer Schritt, aber vielleicht kannst du dich dazu überwinden. Und im Übrigen haben Therapeut_innen ja Schweigepflicht, also wird das auch nicht wirklich jemand erfahren, wenn du es nicht willst. Natürlich wirst du mit deiner Mutter/deinem Vater reden müssen und das ist schwierig, aber leider kann man so etwas nur schwer selber in den Griff kriegen, zumindest meiner Meinung nach. Vielleicht kannst du dich einer anderen Person (Schul-, Hausarzt/ärztin, Lehrer_in) anvertrauen und das dann mit denen gemeinsam mit deinen Eltern besprechen? Also natürlich erst, wenn du so weit bist.
Liebe Grüße
Re: Ein bisschen Balast ablassen
Verfasst: Sa Okt 15, 2011 19:44
von zooeyglass
Vor einem halben Jahr ging es mir noch schlechter als gerade, aber weniger wegen der ES, sondern wegen Depressionen. Da habe ich auch mit meinen Eltern geredet, dass ich zu einem Therapeuten gehen möchte, aber sie meinten, dass man in der Jugend meistens schlimme Phasen hat und dass wieder vorbei geht und außerdem wäre ein Termin bei einem Therapeuten oder Psychologen so schwer zu bekommen, dass es mir vorerst sowieso nichts helfen würde. Das hört sich jetzt vielleicht schlimmer an, als es ist, sie meinen es ja nur gut, aber aufgrund dessen habe ich etwas Skrupel, solch ein Thema noch einmal aufkommen zu lassen.
Re: Ein bisschen Balast ablassen
Verfasst: Sa Okt 15, 2011 20:14
von Dreamdancer
lass es den Therapeuten selber entscheiden, der weiß schon, ob du eine Behandlung brauchst oder nicht. Schieb es nicht auf deine Eltern, die gar nicht ausreichend Bescheid wissen.
Ich kann übrigens nachvollziehen, wie du dich fühlst.
Re: Ein bisschen Balast ablassen
Verfasst: So Okt 16, 2011 18:49
von zooeyglass
Inzwischen ziehe ich es auch ernsthaft in Betracht, mal jemanden professionellen zu Rate zu ziehen, ich merke, wie das Verhältnis zu meinen Eltern zu bröckeln beginnt. Das klingt jetzt vielleicht blöd, aber ich habe keine Ahnung, wie ich das anstellen soll. Wo soll ich anrufen, was sagen, muss ich meine Eltern einweihen oder geht es erstmal ohne?
Für Antworten wäre ich wirklich sehr dankbar.
Re: Ein bisschen Balast ablassen
Verfasst: Mo Okt 17, 2011 13:58
von zooeyglass
Habe nun wieder einmal mit meinen Eltern geredet, dass ich mit einem Therapeuten sprechen möchte. Diesmal haben sie mich auch ernst genommen, obwohl ich nichts von der Bulimie erzählt habe.
Trotzdem ging es mir danach viel besser und auch heute bin ich optimistischer, was mir ehrlich gesagt etwas Angst macht, schließlich erscheint mir mein Problem dadurch weniger akut und wichtig.
Re: Ein bisschen Balast ablassen
Verfasst: Mo Okt 17, 2011 15:49
von steppenwoelfin
Hallo zooeyglass,
es ist verständlich, dass du dich jetzt erleichtert fühlst. Nur das Ansprechen, vor allem aber auch wenn man ernstgenommen wird, kann schon so manchen Ballast von einem nehmen. Ich kann dir nur sagen, bleib dran! Das gute Gefühl wird sonst wieder vergehen und es wäre schade wenn du deinen jetzigen Optimismus verpuffen lassen würdest.
Denn dein Problem ist akut und du brauchst Hilfe, weil du alleine nicht mehr weiterkommst.
Zur Therapeutensuche: Mithilfe von google, findest du schnell eine Auswahl von Therapeuten in deiner Nähe, oft auch mit Homepage, auf welcher man sich schon mal ein Bild machen kann. Zusätzlich kannst du auch zu einem Arzt deines Vertrauens gehen und dich gemeinsam mit ihm auf die Suche nach dem richtigen Therapeuten/die richtige Therapieform für dich machen.
Liebe Grüße
Re: Ein bisschen Balast ablassen
Verfasst: Mi Okt 19, 2011 21:18
von zooeyglass
Ich habe jetzt einen Termin, zwar erst in einem Monat, aber scheinbar beeinflusst mich der Gedanke, dass sich etwas tut so sehr, dass es mir im Moment so gut geht, wie schon lange nicht mehr. Ich bin lediglich ständig erschöpft und nur noch hin und wieder sehr niedergeschlagen, aber sonst eben so, dass sicherlich keine Therapie notwendig ist. Ob dann bald der Rückschlag umso heftiger wird, weiß ich nicht. Aber mir macht es tatsächlich auch Gedanken, dass vielleicht keiner mehr kommt. Und ich in einem Monat dann dort stehe und mir geht es gut. Dann habe ich meine Eltern für nichts in so eine doofe Situation gebracht und ihnen Sorgen gemacht. Oh man, ich fühle mich so doof.