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Bulimie: Opfer oder Täter?

Verfasst: So Sep 25, 2011 21:26
von Maresa_01
Tja, ich bin wieder hier... nachdem ich mir lange Zeit nicht eingestehen wollte, dass ich nun doch wieder ein Bulimie-Problem habe.

Ich habe sehr viel quer durchs Forum gelesen die letzten Tage und es gibt etwas, was mir gar nicht gefällt und was vor drei Jahren meiner Meinung nach noch nicht so ausgeprägt war:
diese Opfermentalität.

Mir ist klar, dass ich mich mit dem, was ich jetzt schreiben werde, gewiss absolut unbeliebt machen werde - trotzdem muss es mal ausgesprochen werden:

Warum begreifen wir uns so häufig als Opfer der Bulimie? Verdammt, Sucht hin oder her, letzten Endes sind es doch wir selbst, die Essen in unglaublichen Massen in sich hineinstopfen, um es anschließend wieder zu erbrechen. Auch, wenn wir uns während einem FA wie ferngesteuert fühlen: wir sind es, die handeln, wir sind nicht (nur) Opfer der Sucht, wir sind auch (und vor allem) Täter.

Das schreibe ich nicht, um jemanden runter zu ziehen. Im Gegenteil. Es soll motivieren. Wir sind nicht Opfer, sondern Täter. Das heisst also, dass wir es sind, die daran arbeiten können, diese Taten zu unterlassen.

Es ist nicht einfach und faste jede/r hier würde wohl gerne - zack - einfach aufhören, von heute auf morgen und zu einer scheinbar vergessenen Essensnormalität zurück zu kehren.

Wer hat schon behauptet, dass es einfach wäre?

Aber zum Teufel, wir können doch eine Genesung nicht immer nur von anderen (Faktoren) abhängig machen!
A la "Wenn dieses und jenes sich ändert, wenn ich einen Freund habe, wenn ich einen neuen Job habe, wenn ich Gewicht x erreicht habe, höre ich auf". Es findet sich immer ein Grund für einen FA (Trauer, Wut, Frust, Einsamkeit, Stress, ...), ich selbst benutze auch genügend "passende Anlässe".

Ich finde es manchmal schrecklich, wenn über mangelndes Verständnis von Eltern / Partner oder Freunden geklagt wird. Ja Himmel, wie soll man das denn bitte auch verstehen, dass ein (physisch) gesunder Mensch so unlogisch handelt und Berge von Essen in sich hineinstopft, mit dem einzigen Ziel, es wieder rückwärts los zu werden. Es gibt nicht Widersinnigeres, abgesehen davon, dass so viele Menschen an Hunger sterben (vor wenigen Wochen noch sah man jeden Abend verhungerte somalische Kinder in den Abendnachrichten), so gibt es nichts Selbstzerstörerisches, als den Körper erst zu überfüttern und ihm dann alles sofort wieder wegzunehmen oder es auf qualvollen Wegen stundenlang zu versuchen. Essen bedeutet Leben!

Jemand, der nicht mit einer ES belastet ist, der kann sich nicht vorstellen, wie man so wider die Natur handeln kann, wie wir es tun.

Sicher, das ist keine Entschuldigung dafür, wenn "Normalos" sich einen verletzenden Daneben-Kommentar erlauben. Aber wir frustrierend muss es für den anderen sein, trotz herzerweichender Beteuerungen des Essgestörten, sich zu bessern und alles zu ändern, immer wieder auf Spuren der Sucht zu stoßen? Lebensmittellager, Verpackungsberge oder einen leeren Kühlschrank vorzufinden?

Irgendwann ist die Geduld verständlicherweise schon arg strapaziert oder gar zu Ende... Verständlich, dass der andere vielleicht irgendwann auch nicht mehr kann, dass er keine Lust / Kraft mehr hat, uns in diesen Momenten in den Arm zu nehmen sondern selbst frustriert und enttäuscht ist.

Wir können nicht immer nur Verständnis und Streicheleinheiten erwarten!
Mir gefallen die Beiträge, die vom Kampf gegen die Krankheit handeln. Denn sie implizieren den Willen, sich zu wehren, anstatt weiter vor sich hin zu leiden.

Genau das ist es, was ich will: weiter kämpfen, auch, wenn ich gerade eine große Niederlage gegen die Bulimie, die ich besiegt glaubte, erlitten habe.

Die Wahrheit tut weh, aber weder das Leben noch die Bulimie sind schließlich ein Ponyhof.
Und es gibt keinen Grund aufzugeben, dafür 1000 gute Gründe, weiterzukämpfen!!

Re: Bulimie: Opfer oder Täter?

Verfasst: So Sep 25, 2011 21:42
von Sancy
Maresa_01 hat geschrieben: Die Wahrheit tut weh, aber weder das Leben noch die Bulimie sind schließlich ein Ponyhof.
Und es gibt keinen Grund aufzugeben, dafür 1000 gute Gründe, weiterzukämpfen!!
Eigentlich hätte ich deinen ganzen Beitrag zitieren können.

Mein Leben ist toll, aber trotzdem tu ich mir das immer wieder an. Niemand anderes zwingt mich dazu. DAs ist doch beruhigend zu wissen. Wenn ich bereit bin kann ich das lassen.
Klar braucht es Therapie um die Gründe der ES aufzuspüren, aber es braucht auch die Gewissheit nicht von einer "schlimmen Kraft" gesteuert zu werden.

Wenn die Zeit kommt, können wir das alle schaffen. Jeder auf seine Weise.

Re: Bulimie: Opfer oder Täter?

Verfasst: Mo Sep 26, 2011 0:23
von Lari
Ich glaube gar nicht, dass dein Beitrag so schockierend ist. Dass es den meisten hier bewusst ist, dass sie selbst ausschlaggebend dafür sind, das Problem anzugehen ist meiner Empfindung nach schon so.

Dennoch darf man natürlich nicht ausklammern, dass es immer gewisse Gründe gab, die einen dazu trieben, mit den eigenen Gefühlen klarzukommen und diese auszuhalten. Dann kann die Bulimie ein Mittel sein. Sei es s*x**ll* m*ssbr**ch, Hänseleien wegen der Figur oder was auch immer. Da greift die Opferrolle dann mit rein.

> Aber das sind eben zwei verschiedene Sachen, genau.

Re: Bulimie: Opfer oder Täter?

Verfasst: Mo Sep 26, 2011 6:54
von Napoleona
ich muss dir bzgl. deines Textes ein riesen-Kompliment aussprechen!

du schreibst genau DAS, was ich mir denke... und das auch nicht auf eine provozierende Art und Weise... du leuchtest BEIDE Seiten aus und das gefällt mir..

ich habe seit langem Bulimie und daran dafür trage ICH alleine die Verantwortung.. mir ist im Leben nichts widerfahren, bei dem Bulimie der einzige Ausweg gewesen wäre.. kein m*ssbr**ch, etc. ich habe eine tolle Familie... das einzige Problem der Bulimie sehe ich in mir selbst..

meine Eltern haben wohl mal mitbekommen, dass ich mich nach dem Essen übergebe und ich manchmal viel esse.. aber ich denke, dass sie denken, dass mittlerweile alles in Ordnung ist... warum sollte ich ihnen einen Vorwurf daraus machen?? ich spiele jedem doch die heile Welt vor.. und ich glaube, ich bin perfekt in meiner Rolle.. es hat mir oft so weh getan, wenn ich gemerkt habe, dass es meinen Eltern wegen mir nicht gut geht und sie sich Sorgen machen... ich liebe meine Eltern abgöttisch..
es kamen hin und wieder auch Kommentare, wie: "musst du denn so spät noch was essen?"... natürlich sind das Sachen, die mich in dem Moment aufregen und ich mir bevormundet vorkomme.. aber ganz ehrlich.. ich glaube, ich würde es bei meinem Kind nicht anders machen.. da ich selbst Betroffen bin, würde ich mit meinem Kind vielleicht Hilfe suchen..aber ganz ehrlich: ich hätte die Hilfe in meinem Trotz nicht angenommen.. dafür ist die Bulimie noch zu sehr Teil von mir..

und meine Eltern ist in einer Generation aufgewachsen, wo Bulimie eine Modeerscheinung ist.. natürlich sind WIR aufgeklärt und wissen, dass es tiefere Gründe haben kann.. aber warum sollten Außenstehende das auf Anhieb wissen? ..

Mir tut es auch oftmals weh zu lesen, wie einige im Thread "Was man sich wegen der Bulimie anhören durfte" posten, was die Eltern gesagt haben und daraufhin von anderen bissige Antworten bzgl. der Eltern kommen...(die gerechtfertigten Bemerkungen bzgl. "böswilliger" Antworten seitens der Eltern natürlich ausgenommen)..
OFTMALS ist es wirklich die Sorge um das eigene Kind, die solche Kommentare auslöst..

in meinem Fall bin ICH für meine Bulimie verantwortlich.. ich gebe niemandem die Schuld daran.. wenn ich meine Familie bitten würde, mich zu unterstützen.. ich weiß, dass sie keinen Moment zögern würden.. aber ich WILL selbst keine Hilfe.. ich muss mir leider eingestehen, dass die Bulimie für mich eine Schwäche darstellt (auf mich bezogen) .. und ich will nicht, dass jemand diese Schwäche sieht... ich mache das irgendwie mit mir selbst aus..

Re: Bulimie: Opfer oder Täter?

Verfasst: Mo Sep 26, 2011 9:44
von Piggi
Das ist ja das Schreckliche,dass man selber dafür verantwortlich ist :?

Auch wenn ich eine Vergh. habe, heißt das noch lange nicht, dass die Bu*** andere Verursacht haben. Ich bin Täter(in vielerlei Hinsicht-denk-). Ich trage die alleinige Verantwortung dafür, nur liebe Leute, auch wenn man die Täterschaft weiß, wie bitte schafft man es , damit aufzuhören????? Ich will diese SCheiße einfach nicht mehr und doch kann ich nicht anders und das macht mich noch mehr zornig auf mich selber. Vor allem, es ist so verschieden. Mal ist es eben DRuckabbau, dann wohl die Gier, dann wieder das GEfühl im Bauch, es muss raus usw.. Wie kommt man nur dagegen an???

piggi

Re: Bulimie: Opfer oder Täter?

Verfasst: Mo Sep 26, 2011 10:51
von Life-Berlin
Also ich habe den lieben Gott nicht darum gebittet, krank zu werden :cry:
Andere sind nicht schuld. Ich glaube wir sind einfach nicht resilient... sonst würden wir doch auf eine andere Art usere "Probleme" meistern... ODER?

Re: Bulimie: Opfer oder Täter?

Verfasst: Mo Sep 26, 2011 21:57
von Maresa_01
Mir tut es auch oftmals weh zu lesen, wie einige im Thread "Was man sich wegen der Bulimie anhören durfte" posten, was die Eltern gesagt haben und daraufhin von anderen bissige Antworten bzgl. der Eltern kommen...(die gerechtfertigten Bemerkungen bzgl. "böswilliger" Antworten seitens der Eltern natürlich ausgenommen)..
OFTMALS ist es wirklich die Sorge um das eigene Kind, die solche Kommentare auslöst..
Napoleona, genau DAS habe ich gemeint... Komischerweise ist man auf die anderen böse, anstatt sich an der eigenen Nase zu packen. Ich fühle mich z.B. selbst auch immer angegriffen, wenn ein FA von mir aufgedeckt wird und bin total sauer auf die andere Person.
Früher war das meine Mutter, heute ist es mein Mann. Der reagiert mittlerweile allerdings dermaßen cool... Keine Vorwürfe, keine Wutausbrüche, was einen ja automatisch in die Defensive treibt und dazu bringt, sich eben als Opfer der "Aggression" des anderen zu fühlen, der ja scheinbar kein Verständnis für einen hat. Mein Mann sagt mir aber schon sehr klar, dass ich mit meinem gestörten Verhalten auf lange Sicht ganz schön viel kaputt machen würde. Und er hat Recht! Wenn ich mich nicht bald in den Griff bekomme, zerstöre ich meine neue, kleine Familie!
in meinem Fall bin ICH für meine Bulimie verantwortlich.. ich gebe niemandem die Schuld daran..
Das finde ich sehr gut. Allerdings endest Du doch sehr traurig:
wenn ich meine Familie bitten würde, mich zu unterstützen.. ich weiß, dass sie keinen Moment zögern würden.. aber ich WILL selbst keine Hilfe.. ich muss mir leider eingestehen, dass die Bulimie für mich eine Schwäche darstellt (auf mich bezogen) .. und ich will nicht, dass jemand diese Schwäche sieht... ich mache das irgendwie mit mir selbst aus..
Meinst Du, Du wirst das wirklich ganz alleine schaffen? Was spricht den gegen professionelle Hilfe? Ein Therapeut soll / kann Dir die Arbeit nicht abnehmen, aber er kann Dich unterstützen. Ich selbst bin für meinen Fall auch eher ein Freund von Verhaltenstherapie denn von einer Analyse meiner Kindheit, obwohl dort schon ein bisschen der Hund begraben liegt. Kein m*ssbr**ch oder ähnliches aber eine schwierige Konstellation in der Familie verbunden mit dem Tod meines Vaters. Das mag meine ES vielleicht erklären, entschuldigen tut sie das meiner Meinung nach nicht. Verdammt, andere haben viel Schlimmeres erlebt und werden nicht essgestört!Noch dazu bin ich lange aus der damaligen Situation heraus, wohne weit weg und habe wie gesagt eine eigene Familie gegründet.

Aber zurück zu Dir: warum willst Du Dich nicht unterstützen lassen?

Re: Bulimie: Opfer oder Täter?

Verfasst: Mo Sep 26, 2011 22:19
von lientje
hm ... ich bin da 70% deiner Meinung und zu 30 % eben nicht. Ich meine sicher sind wir allein schuld das wir fressen wie blöd und dann kotzen oder sonst irgendwas dagegen machen.
Aber all das hat ja irgendwie seine Ursachen. Ich denk mal der größte Teil hier macht das ja nicht weil es nur um das reine Abnehmen geht , sondern es steckt ja immer eine Geschichte dahinter. m*ssbr**ch / Misshandlungen - in all seinen Formen, fehlende Liebe , psychische Krankheiten / andere Arten von Krankheiten/ Verhaltensweisen(die den Kinder schaden) der Eltern, die man vllt nicht fassbar wahrnimmt, dafür aber immer fühlt, im unterbewussten ... . Diese Liste könnte ich jetzt noch endlos weiterführen , reicht aber erstmal als Beispiel, denke ich mal. Eben all diese Faktoren beeinflussen einen ja in seiner Entwicklung und eben auch wie man mit bestimmten / diesen Situationen umgeht. Jeder sucht sich seine eigene Zuflucht, Bewältigungsstrategie um das zu verarbeiten was man erlebt hat. Der eine nimmt Drogen, greift zu Alkohol, wird Aggressiv, andere wiederum verdrängen- mit meist anschließend noch weitgreifenden Folgen oder/ und entwickelt eben irgendeine andere Art von Störung ... hier bei den meisten (ich eingeschlossen ) eben eine Essstörung.
Ich denke einfach das man insofern Täter ist, das man zwar (besonders jetzt auf die Bulimie bezogen) diese mechanische Steuerung seines Körpers übernimmt, aber irgendwann einfach keine Gewalt mehr über die Gedanken und erlernten Verhaltensmuster der Bulimie hat. Man kann auch nicht mit Gewalt damit aufhören (die meisten, das behaupte ich jetzt einfach mal, können das nicht) auch wenn man das noch sehr möchte, den irgendwann gibt es einfach dinge in einem die sich Abspalten und immer gegen den anderen Teil des 'Selbst' kämpfen. So empfinde ich das jedenfalls. Und natürlich sind / waren wir opfer , denn was jeder / jeden von uns (je nach individueller Biografie) geschehen ist hat uns ja zu dem gemacht was wir jetzt sind und uns eben so entscheiden lassen das wir diese Art von Störung als Lösungsansatz unserer Probleme nutzen. Naja und es ist ja bekannt das man erstmal eine Reise in die Vergangenheit machen muss um heraus zu finden zu können, was eigtl. der wahre Grund für dieses Verhalten ist, denn wie schon erwähnt ... der Mensch verdrängt ja gerne. Aber ja zu einem großen Teil hast du natürlich recht, WIR haben uns dazu entschieden, das so zu lösen.

Ich muss auch sagen, dass ich das an sich nicht mal schlimm finde, das die Familie / Bekannte / Freunde ... wer auch immer nicht verstehen warum wir das machen ABER ich kann mir gut vorstellen, wenn man sich endlich mal traut, sich jemanden zu offenbaren und ( so wie es z.B. bei mir war) man dann auch von genau dieser Person/ diesen Personen zugesichert bekommt, das man von diesen eben Hilfe bekommt und sagen sie wollen sich damit auseindersetzten ... wollen es verstehen ... und dann eben rein garnichts passiert, ist man eben enttäuscht. Dann fragt man sich doch sicher auch... WARUM habe ich das der Person überhaupt erzählt ?? Ich weiß jetzt ja nicht wie das bei dir ist / war , ob du es jmd. (im engeren Kreis) erzählt hast, ob dir Hilfe von den Personen angeboten wurde oder nicht, aber es ist doch auch für einen NOCH eine zusätzliche Belastung das man es jmd. erzählt hat und dann auch noch einen der garnichts tut, nichts hinterfragt, vllt auch noch Witze darüber macht oder einfach sagt , na dann geh doch einfach nicht kotzen... dass macht die ganze Sache ja auch nciht unbedingt leichter. Natürlich ist das für außenstehende schwer begreifbar aber dann sollte man sich dann eben als AUßENSTEHENDER auch mal mit dummen Kommentaren zurückhalten , oder ? Ich meine ich verstehe was du sagen willst aber vllt sind wir doch einfach nicht unbedingt überwiegend Täter sondern (auch wenn nur zu geringen Teilen was die Bulimie angeht) eben doch zu gleicher %-Zahl Opfer (eben durch die Vorgeschichte).

Aber naja ... man kann das eh drehen und wenden wie man will, das Beste wäre es ja wirklich, man könne mit den Fingern schnippen und ZACK ... weg ist die B. ... aber das geht ja nicht ... da hilft dann halt nur an sich zu arbeiten.

Ich hoffe man kann verstehen was ich meine :lol: .... was ich schreibe ist manchaml verwirrend, das weiß ich :oops: ...

LG Lientje

Re: Bulimie: Opfer oder Täter?

Verfasst: Di Sep 27, 2011 8:19
von Anka43
Das komische ist, dass ich mir an guten, symptomfreien Tag nicht vorstellen kann, warum ich an anderen Tagen so ein unglaubliche chaotisches Essverhalten habe... Da spüre ich kein Verlangen, ab und an Hunger und alles ist normal. Aber nur einen Tag später kann alles ganz anders sein, ich merke schon morgens, dass der Tag in die Grütze geht. Ich frag mich, woher DAS kommt.

Wir sind Täter und Opfer. Genauso ist es. Aber die Verantwortung zu übernehmen und nicht in den Rausch zu gelangen, aus dem ich noch keinen Rückweg gefunden habe, ist so schwer. Aber letztlich hängt es an uns selbst. Entweder wir brechen aus aus dem Kreislauf - oder eben nicht. Kein anderer wird uns das abnehmen können. Das ist fatal und oft frustrierend, weil es mich an schlechten Tagen hoffungslos macht. Aber klar - aufgeben gilt nicht.

LG Anka

Re: Bulimie: Opfer oder Täter?

Verfasst: Di Sep 27, 2011 15:26
von Kittycat82
Ich finde es ziemlich schwer bei diesem Thema genau zu unterscheiden.

Natürlich steht es außer Frage, dass wir uns selbst Leid mit der ES zufügen, nur die Gründe dafür, sind ja nun doch häufig nicht gerade selbst gewählt. Ich glaube, das Thema s*x**ll* m*ssbr**ch/ Mobbing/anderweitige Traumata etc. wurde schon angeschnitten, oder?

Ich glaube auch, dass man unterscheiden muss, in welchem Stadium der Bulimie man sich befindet. Als ich vor 10 Jahren vor dem Anfang meiner Kotzerei-Karriere stand, wusste ich wirklich überhaupt nicht, was mit mir los ist. Ich habe mich zwar überall über die Ursachen und Gründe für die Bulimie informiert, aber da ich damals auch schon unter einer Trauma-Amnesie litt, konnte ich die Puzzleteile nicht zusammensetzen.

Heute ist das anders und an manchen Tagen habe ich es genossen, mir Schmerzen zuzufügen und war willentlich mein eigener Täter, weil ich mich so verachtet habe. Dann gab es aber auch wieder Tage, wo der Fress-und Kotzdruck aus dem Nichts zu kommen schien und ich trotz langem Grübelns nicht herausfinden konnte, was der Trigger war.

Wir sind wohl wirklich beides. Obwohl ich meine Opferidentität so langsam wirklich gerne mal los wäre, denn sie versaut mein Leben. Aber ich geh' es mit der nächsten Therapie an!

Ich glaube, wir können es alle schaffen, weder Opfer noch Täter, sondern aufrichtig Liebender unserer Persönlichkeit zu werden!

Kitty

Re: Bulimie: Opfer oder Täter?

Verfasst: Di Sep 27, 2011 16:06
von Maresa_01
Um mal einem Missverständnis vorzubeugen:

Ich wollte nie s*x**ll* m*ssbr**ch noch die schlimmen Schicksale so mancher verharmlosen.

Klar gibt es für jede Bulimie Gründe, bei jedem liegen sie woanders. Dennoch sehe ich es eher so, dass man z.B. ein Opfer von Gewalt sein kann, jedoch kein Opfer der Bulimie. Die Bulimie ist das (trügerische) Ventil, das man sich sucht, um das Erlebte zu ertragen.

Lientje, was Du geschrieben hast, fand ich in vielen Punkten sehr zutreffend. Am Besten hat mir diese Stelle gefallen:
Ich denke einfach das man insofern Täter ist, das man zwar (besonders jetzt auf die Bulimie bezogen) diese mechanische Steuerung seines Körpers übernimmt, aber irgendwann einfach keine Gewalt mehr über die Gedanken und erlernten Verhaltensmuster der Bulimie hat. Man kann auch nicht mit Gewalt damit aufhören (die meisten, das behaupte ich jetzt einfach mal, können das nicht) auch wenn man das noch sehr möchte, den irgendwann gibt es einfach dinge in einem die sich Abspalten und immer gegen den anderen Teil des 'Selbst' kämpfen. So empfinde ich das jedenfalls.
Und natürlich sind / waren wir opfer , denn was jeder / jeden von uns (je nach individueller Biografie) geschehen ist hat uns ja zu dem gemacht was wir jetzt sind und uns eben so entscheiden lassen das wir diese Art von Störung als Lösungsansatz unserer Probleme nutzen. Naja und es ist ja bekannt das man erstmal eine Reise in die Vergangenheit machen muss um heraus zu finden zu können, was eigtl. der wahre Grund für dieses Verhalten ist, denn wie schon erwähnt ... der Mensch verdrängt ja gerne. Aber ja zu einem großen Teil hast du natürlich recht, WIR haben uns dazu entschieden, das so zu lösen.
Ausser der Schluss - denn eine ES kann man ja wohl kaum als Lösung bezeichnen oder?

Ach ja, und das mit dem "ZACK" und aufhören klappt leider tatsächlich nicht, egal, ob man sich mehr als Opfer oder Täter sieht.... :cry:

Dennoch will ich mich lieber als aktiver Kämpferin denn als passiv Leidende sehen, Vergangenheit hin oder her....