Auf der Stelle trampeln und der Einfluss negativer Gedanken
Verfasst: Sa Mai 23, 2009 23:16
von zimtsternchen
Chrissi84 schrieb in ihrem schon viel sagenden Thread zum Thema "könnte heulen" :
i
ch wünschte nur, ich würde nicht immer nur auf der stelle trampeln...aber vielleicht ist selbst das ein erfolg?! immerhin gehts auch noch tiefer.
Klar immer gehts noch schlimmer
Mann was ist denn das für ne negative Einstellung?!
Wie soll sich denn so was zum Positiven wenden???
Ich hab in den letzten Tagen sehr viele der Beiträge in diesem Forum mitverfolgt und muss ehrlich sagen,
diese negative Grundhaltung, die sich durch sehr viele der hier geposteten Threads zieht, deprimiert mich jetzt zwar nicht merklich sondern macht mich eher wütend.
Ist es nicht generell unser Problem, das wir auf der Stelle herumtrampeln und nicht weiter kommen weil wir unsere Ziele gar nicht mehr klar definieren?!
Wir haben zwar irgend welche Wünsche, doch die sind so vage und ungenau, dass eine Realisierung von vornherein ja schon schier unmöglich scheint.
Anstatt uns mit unseren eigentlichen Wünschen, Sehnsüchten oder ganz allgemein auch Problemen konkret auseinander zu setzen blocken wir sie doch innerlich ab und ersticken sie in einem Kotz/Fress-Ritual, das uns vom eigentlichem Leben fern hält.
"Unsere Wünsche sind die Vorboten der Fähigkeiten, die in uns liegen.
Vorboten desjenigen, was wir zu leisten imstande sind."
Das sagt Goethe zu der Bedeutung unserer Wünsche.
"Die Vorboten der Fähigkeiten, die in uns liegen!"
Ich finde das einen total schönen Ansatz
Denkt mal drüber nach.
Alles Liebe Zimtsternchen
Re: Auf der Stelle trampeln und der Einfluss negativer Gedanken
Verfasst: So Mai 24, 2009 11:49
von Chrissi84
Hey Zimtsternchen
na gut, du darfst mich zitieren...
Das Forum ist mein ventil zum ablass von negativen Gedanken. Was nicht heißen soll, dass ich nicht kämpfen würde oder NUR und ausschließlich negativ bin.
Jedoch...zugegeben...ja ja jaa, ich bin ganz schrecklich in einer riesigen negativen gedankenspirale gefangen. Aber weißt du, ich identifiziere mich damit, ich schaffe es nicht zu sagen, "stop, dass ist krank, dass gehört nicht zu mir". Und ja, meine Ziele klar zu definieren würde mich komplett überfordern. ZUmindest alleine. Ich bin ziellos. Und Wunschlos wahrscheinlich auch. Mir fällt ehrlich gesagt auch kein Weg ein, so alleine plötzlich so einen Zugang zu den eigenen Wünschen und Sehnsüchten und Gefühlen zu finden, wenn man den noch nie hatte.
Aber ja, ich stimme dir zu, über die Ausseinandersetzung mit unseren Wünschen etc würden wir wahrscheinlich ein gutes Stück weiterkommen. Ich habe nur noch keinen Weg gefunden, wie das geht. Du?
Re: Auf der Stelle trampeln und der Einfluss negativer Gedanken
Verfasst: So Mai 24, 2009 22:02
von zimtsternchen
Ich selbst steh ja auch erst am Anfang
Jetzt versuch ich vordergründig mal wieder mich zu entdecken,
einen Zugang zu mir aufzubauen, MICH zu fragen was ich denn eigentlich will,
MIR wichtig ist unabhängig gesellschaftlicher Rollenbilder a la jung, erfolgreich, leistungsorientiert, schlank, usw.
Das ist zwar sehr zeitintensiv und aufreibend aber ich denke unausweichlich wenn man tatsächlich was ändern will,
es satt hat sich selbst und andere zu belügen.
Hierzu hab ich mir mein persönliches Erfolgstagebuch angelegt, einerseits um endlich wieder mehr Struktur in mein Leben zu bekommen,
andererseits hoffe ich mit Hilfe dieses Buches leichter zu mir selbst zu finden (--> Tip aus einem Buch zur positiven Lebensgestaltung, nachdem die Sitzungen bei meinem Therapeuten...

).
Ganz zu Beginn hab ich mal meine positiven sowie negativen Eigenschaften aufgeschlüsselt,
um klarer erkennen zu können, an was ich noch arbeiten muss, eben in Hinblick meiner Ziele und Wünsche
(die stehn natürlich auch drin allerdings wird meine Liste täglich länger, weil ich ja erst mehr und mehr zu mir finde

)
Ich überleg mir jetzt immer schon am Vortag ein kleines Ziel, eine Aufgabe die ich am nächsten Tag erreichen will,
immer eine meiner Schwächen, die ich gedenke zu beseitigen im Hinterkopf, um eben dagegen effektiver vorgehen zu können.
Außerdem habe ich heute mit Autosuggestion begonnen und morgen möchte ich noch ein paar Atemübungen in mein Programm einbauen.
Ach ja,
jeder Tag verläuft ab heute unter einem ganz bestimmten Motto, einfach um für mich ganz wichtige Leitsätze besser zu verinnerlichen.
Und alles wird natürlich in meinem schlauen Büchlein vermerkt bzw. ja schon am Vortag eingetragen,
dann fällts mir leichter auch lästige Dinge durchzuziehen bzw. glaube ich auf diese Art und Weise reinen Kotz/Fress-Tagen präventiv schon nen Riegel vorgeschoben zu haben,
denn ich weiß ja schon sobald ich aufstehe, was ich heute alles machen werde und das gibt mir eine gewisse Sicherheit, die mich von der Kloschüssel fern halten soll.
Das war die Kurzfassung wie ichs jetzt mal versuch,
bin immer noch in ambulanter Therapie allerdings werd ich jetzt nur noch einmal die Woche dort hin gehen (zuvor zweimal die Woche).
Wie ist das mit euren Therapeuten geben die euch irgengwelche konkreten Tips die ihr umsetzten könntet? - ich frag meinen seit glaub 14 Sitzungen - leider erfolglos,
nicht mal Literaturempfehlungen hat er mir gegeben
Bin ernsthaft am überlegen den Thera zu wechseln
Liebe Grüße Zimtsternchen
Re: Auf der Stelle trampeln und der Einfluss negativer Gedanken
Verfasst: Mo Mai 25, 2009 8:55
von zimtsternchen
@ Therapeut:
Ja was macht der eigentlich...
Ich glaube sein Hauptverdienst ist, dass er mir durch seine "spezielle" Art vermittelt hat, dass ich eben mein Leben selbst in die Hand nehmen muss, ohne wenn und aber, ohne auf die Hilfe anderer zu warten.
Ich wusste zwar schon vorher, dass nur ich mir helfen kann,
allerdings nahm ich an, man bekommt im Rahmen einer Therapie Wege aufgezeigt, die einem bei der Selbsthilfe unterstützen.
Also zumindest bei meinem Therapeuten ist das definitiv nicht der Fall.
Ich bin mittlerweile schon froh, wenn
er sich überhaupt mal äußert!
Wie läuft dann so ne Sitzung bei mir ab:
Ich geh rein, Begrüßung und dann gibt er mir den Raum mich zu öffnen...
Sprich ich soll drauf los erzählen, was mir wichtig erscheint.
Das mach ich dann auch, hab mir ja meistens vorher schon Gedanken gemacht, was ich ansprechen möchte,
inklusive meiner eigenen Interpretation warum ich glaube, so zu reagiere bzw. mich in bestimmten Situationen so verhalte/verhielt.
Was mich dann ärgert ist, dass ich zehnmal nachfragen muss um mal eine halbwegse Antwort zu bekommen, und jetzt bitte nicht falsch verstehen!
Ich frag nicht solange nach bis ich die Antwort bekomme, die meine eigene Meinung bestätigt-nein gar nicht!.
Ich erwarte mir einfach eine Antwort, die auch zu mir und meinem Anliegen passt,
und nicht nur so ne pauschale, schwammige Aussage bzw. keine Tips die jeder selbst reflektierte Mensch ohnehin schon für sich ausprobiert hat.
(und v.a. dann nicht, wenn ich ihm schon zuvor davon berichtet hab, meiner Feststellung im Eigenversuch, dass es bei mir so nicht funktioniert...)
Letztens hab ich ihn mal gefragt, ob es denn nicht möglich sei, dass er mir konkrete Fragen stellt, Ursachen orientiert, um so die Sache irgendwie zu beschleunigen
aber davon hält er auch nicht wirklich was.
Ach ja und vergangene Stunde hab ich meine Persönlichkeitsanteile dargestellt - via verschieden großer Holzpflöckchen.
Hab meinen Thera ja schon so manches mal kritisiert bzw. sag ich ihn halt wenn mich was stört, bin vielleicht manches mal auch etwas zynisch,
aber auf die Holzpflöckchen-Aktion hab ich mich bereitwillig eingelassen,
war auch offen und ehrlich...
und er fragt mich dann ob ich mit ihm spiele?!
Mir ist schon klar, dass ich keine Spontanheilung erwarten kann aber zumindest möcht ich mich nicht nach jeder Stunde fragen müssen:
Was hat das jetzt eigentlich gebracht?
Wäre es ratsam den Therapeuten zu wechseln oder bin ich tatsächlich zu ungeduldig, zu fordernd???
Liebe Grüße Zimtsternchen
Re: Auf der Stelle trampeln und der Einfluss negativer Gedanken
Verfasst: Mo Mai 25, 2009 12:15
von aire
Hallo Zimtsternchen,
ich finde nicht, dsas du zu fordernd bist. Meine Therapeutin macht ja, was du gerne hättest. Allerdings erzählt sie mir auich oft Sachen, die ich mir auch an fünf Fingern abzählen kann.
Was für eine (Aus)Bildung hat denn dein Therapeut? Ist er Analytiker, Verhaltenstherpeut, Familientherapeut, oder was auch immer? Danach richtet sich ja auch, was du erwarten kannst von ihm....
lg
aire
Re: Auf der Stelle trampeln und der Einfluss negativer Gedanken
Verfasst: Mo Mai 25, 2009 12:30
von zimtsternchen
hab ihn mal schnell gegoogelt:
Thematische Arbeitsschwerpunkte:
Angst - Panikattacken
Beziehung - Partnerschaft - Ehe
Borderline
Depression
Ess-Störungen
Kinder und Jugendliche (allgemein)
Körper
Persönlichkeits-Störungen
Selbsterfahrung
Arbeitsschwerpunkte: Klienten- / Personenzentrierter Ansatz
Zusatzbezeichnungen (gesetzlich anerkannt): Klientenzentrierte Psychotherapie
Studium der Psychologie und Pädagogik. Abschluss mit akad. Grad Mag.phil.
Pschotherapieausbildung.
Seit 1997 als Klientenzentrierter Psychotherapeut in freier Praxis tätig.
2004 - 2009 Weiterbildung in Transpersonaler Psychologie, Transpersonaler Psychotherapie und Atemarbeit bei Dr. Sylvester Walch. 2009 Abschluss der Weiterbildung.
seit 2007 Aufnahme in die Liste der Klientenzentrierten Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten der ÖGWG.
Hab ich mir da den falschen Therapeuten ausgesucht?
Was für ne Ausbildung sollte er denn haben?
Hab überhaupt keine Ahnung, mir wurde er von einer Beratungsstelle für Essgestörte empfohlen.
Liebe Grüße Zimtsternchen
Re: Auf der Stelle trampeln und der Einfluss negativer Gedanken
Verfasst: Mo Mai 25, 2009 12:48
von aire
Wir hatten bei den Paradigmen in der Sonderpädagogik den "Personenorientierten Ansatz". Dazu hat die Prof erzählt: christlich-philosophischer Ansatz. Geht von der Beziehung aus zwischen Kind und Pädagoge, betont den wert des Menschen unabhängig von seiner Leistung, ganzheitlicher Ansatz, Kind wird nicht über Symptom definiert. Geht davon aus, dass der mensch sich in Beziehungen entwickelt.. Beziehung und Begegnung steht im vordergrund. Huber "Der Mensch wird am Du zum ich." Selbstreflektion des Pädagogen wichtig. Kritikpunkt: soziale/Grupppenfaktoren fallen raus, weil die Beziheung zwischen Pädagogen und kins gesehen wird, heute aber noch gültiger ansatz.
Weiß nicht, ob dsa dazu passt...?
Re: Auf der Stelle trampeln und der Einfluss negativer Gedanken
Verfasst: Mo Mai 25, 2009 13:05
von aire
Das musst du wissen. Wenn du das Gefühl hsat, er geht nicht auf dich ein, schweigt nur und bezieht sich auch auf mehrfache Nachfrage nie auf dein Anliegen, dann würde ich dsa mal generell ansprechen. Und wenn sich da nichts ändert und eine plausible, zufridenstellende Erklärung für sein Verhalten ausbleibt, dann würde ich gehen.
Meine macht Verhaltenstherapie und hypnotherapeutische Intervention, oder wie das hieß....
Re: Auf der Stelle trampeln und der Einfluss negativer Gedanken
Verfasst: Di Jun 02, 2009 20:48
von aire
Hallo Zimtsternchen,
wir hatten heute spontan einen Vortrag über Allgemeine Psychologie. Genauer: Eine Darstellung über die Psychologischen Ausrichtungen. Es gibt fünf Ausrichtungen.
1) Der biologistische Ansatz
Die Nähe zur Biologie ist recht leicht erklärt. Die Sinnesfunktionen (wie Sehen, Riechen, Schmecken) bestimmen, wie wir etwas wahrnehmen, was wiederum unser Erleben und Verhalten beeinflusst. Psychologie ist die Wissenschaft vom Verhalten und Erleben des Menschen. Die Biologen behaupten, Verhalten sei genetisch bedingt. Bei der Partnerwahl behaupten sie z.B., dass die Frauen weiterhin nach maskulin ausschauenden Kerlen suchen und die Männer weiterhin nach dem gebärfreudigen Becken. „Wenn man sich die Kontaktanzeigen in den Zeitungen durchliest, könnte man meinen, das stimmt“, meinte die Dozentin. „Alle Frauen beschreiben sich als gut aussehend, gute Figur, häuslich…“ Oder bei den Aggressionen würden die Biologen argumentieren, dass die Jungs aggressiver sind als die Mädels, weil die mehr Testosteron haben und das macht sie aggressiv.
2) Die zweite ist die Psychodynamische Perspektive. Sie wird oft als die einzige hingestellt. Der bekannteste Vertreter ist Sigmund Freud. Begriffe wie „Ödipuskomplex“, „anale Phase“ und so weiter sind stark im Allgemeinwissen verankert. Durch eine spektakuläre Theorie und brilliantes Autorentm. Es ist einfach eine griffige Theorie. Sie sagt aus: Verhalten wird angetrieben durch starke innere Kräfte, die Triebe. Dies gibt es auch bei den Tieren. Die Zugvögel schauen ja nicht in den Kalender und stellen fest „Oh, September, so spät schon, wir müssen starten!“ Sondern das macht der Instinkt. Instinkte und biologische Triebe (nach Nahrungsaufnahme, Fortpflanzungstriebe) und soziale Erfordernisse bestimmen den Menschen. „Wenn Sie jetzt gleich Hunger kriegen aufs Mittagessen gehen Sie auch nicht ins Restaurant und nehmen sich möglichst viel mit ohne es zu zahlen.“ Aus den widerstrebenden Trieben entstehen Konflikte. Eltern/Kultr/Gesellschaft verbieten alles Mögliche. „Das fängt schon im Sandkasten an. Da nimmt ein Kind dem anderen den schönen blauen Eimer weg. Dann fängt das andere Kind an zu heulen. Dann kommt die Mutter und sagt ‚Das geht doch nicht, das kannst du nicht machen, das ist doch nicht deiner! Das ist verboten!’ Es wird also vom Kind gelernt, die Waage zu halten zwischen den Bedürfnissen und dem, was ich denken, tun, sagen darf usw.
Die Instanzen: Das ‚Es’ beeinhaltet Bedürfnisse aller Art. Zum Beispiel, Eimer zu klauen. Das ‚Über-Ich’ sind die Eltern, die verinnerlichten Normen der Gesellschaft. Zum Beispiel mldet sich das ökologische Gewissen, wenn wir Batterien in den Hausmüll schmeißen und sagt ‚Das war jetzt aber nicht korrekt’. Dann denkt man sich ‚Ach, na ja, in Spanien gibt’s keine Mülltrennung. Und es wird auf der Mülldeponie ja doch alles zusammen gekippt.’ Hört man ja manchmal davon. Und das ist dann das ‚Ich’, was das sagt, das Realitätsprinzip, das zwischen den anderen beiden Instanzen vermittelt. Manchmal wird das ‚Ich’ von den anderen Instanzen regelrecht zerrieben. Zum Beispiel (Extrembeispiel) bei Pädophilie oder bei Geschwisterliebe oder Menschenfresser. Auf der einen Seite gibt es da die starken Triebe. Auf der anderen Seite starke gesellschaftliche Tabus. Das ‚Ich’ kann das nicht ausgleichen, es entstehen (nach Freud) Neurosen, Psychosen, Ängste, Persönlichkeitsstörungen, Sucht.
Kommen wir zur Therapie: Freud würde Aggressionen als Verschiebung eines kindlichen Konfliktes betrachten. Zum Beispiel hat an mal als Mädchen einen Jungen geschlagen und alle waren entsetzt und haben gesagt ‚Das kannst du doch nicht machen, du bist doch ein Mädchen, ein Mädchen macht das nicht.’ Dann hat man das verboten bekommen. Und als erwachsene Frau kommt es dann zu einem abwertenden Verhalten dem (männlichen) Chef gegenüber, der ihr verboten hat, im Rock zur Arbeit zu kommen. Und das führt zu Aggressionen. Phobie ist eine Verschiebung von Trenunngsangst (laut Psychoanalyse)
Bei der Therapie gibt es noch Abarten von Alfred Adler und C.G. Jung. Die Therapie geht so vor, dass geredet wird. Den Löwenanteil dabei bestreitet der Patient. Der Analytiker schreibt auf und deutet. Zwei Mal pro Woche Kontakt. Es ist keine Kurzzeittherapie, sondern etwas, wofür man einen längeren Atem braucht, das bringt das Konzept schon mit sich. Diese Therapieform/das Modell ist in Österreich entstanden.
3. Die dritte Form ist der Behaviorismus. „Ich hab hier ein Bild von Skinner. Weil der so eine schöne Frisur hat. Wie ein Kauz. Und es war auch ein komischer Kauz.“ Die Bahavioristen sagen: Uns interessiert nur das Verhalten, nicht das Erleben. Das Erleben ist nur Spekulation. Denken ist irrelevant. Zum Beispiel bei einem Waschzwang. Da würde der Behaviorist sagen ‚Die arme Frau. Die wäscht sich 500 Mal am Tag die Hände. Das stört sie, das stört ihre Umgebung. Da müssen wir was gegen machen.’ Das Verhalten korrigieren. Die Ursache ist egal. Dasselbe gilt für Phobien. ‚Was glaubt ihr, ist der Behaviorismus vor oder nach Freuds Theorie entstanden?“ Jemand meinte ‚Davor’. ‚Nein. Der Behaviorismus ist eine Gegenreaktion auf die Psychoanalyse, der es nur um das innere Erleben geht. Die Psychoanalyse ist sehr erfolgreich nach USA exportiert worden. In Manhatten gibt es die höchste Dichte von Psychoanalytikern. Um 1920 entstand also der Behaviorismus, um die Analytiker ein bisschen zurück zu drängen. Beobachten und messen spielte eine große Rolle. Es wurden viele Experimente mit Tieren gemacht. Bei Aggressionen würden also die Behavioristen sagen, wir müssen den Umweltauslöser finden, den so genannten Verstärker und schauen, was sind die Konsequenzen dafür. Zum Beispiel ein Kind sieht, dass Gewalt funktioniert. Es hat auf dem Spielplatz den Platz auf der Schaukel bekommen, indem es ein anderes Kind von der Schakel geschubst hat. Und zu Hause hat der Vater, der gerade Zeitung las, gesagt‚ gut gemacht, Kind. Jeder muss schauen, wo er bleibt. Du kommst mal durch.’
Die Therapierichtung wäre die Verhaltenstherapie ursprünglich. Bei Depressionen würde man also die Leute verstärken, wenn sie statt um elf Uhr um neun Uhr aufstehen und ihr Bett machen. ‚Das ist natürlich nur ein Anfang. Bei Menschen geht das nicht so einfach. Das reicht nicht. In der modernen Therapie werden auch die Gedanken betrachtet. Zum Beispiel ‚Warum soll ich um neun Uhr aufstehen, ist doch eh alles so sinnlos, mein Leben.’ Oder bei einer Haarbürstenphobie. Wenn wir einen Mensch haben, der sagt, mir geht’s eigentlich gut, ich hab nur eine Haarbürstenphobie – nicht lachen, das gibt es wirklich, und das ist nicht schön, das schränkt mich total ein, ich kann in kein Geschäft gehen, weil da könnte ja eine Haarbürste liegen.’ Dann ist es oft so, dass eine Verhaltenstherapie, das reine Abtrainieren dieser Angst reicht und dann ist gut.
Ein Verstärker ist etwas, das die Auftretenswahrscheinlichkeit von Verhalten erhöht. Zum Beispiel: Warum gehe ich hier zur Arbeit? Genau, weil ich ein Mal im Monat Geld auf mein Konto kriege. Gratifikation nennt man das. Essen ist auch eine Form von Lob. Sollte man bei Menschen aber nicht einsetzen. Das gibt dann übergewichtige Kinder. Und Geld ist nur beschränkt sinnvoll. Es gibt ja Eltern, die geben Geld für alles, auch fürs Rasen mähen, Müll runter bringen Zimmer aufräumen usw. All die Arbeiten, die Kinder nicht so gerne machen. Irgendwann hat das Kind sich dann alles gekauft, was es gerne hätte. Dann denkt es sich ‚Wozu soll ich noch mein Zimmer aufräumen, ich hab doch schon alles?’ Da wird diese Verstärkungsmethode ad absurdum geführt. Es gibt Studien, die sagen, ab 2.000 Euro im Monat zieht Geld als Verstärker nicht mehr wirklich, wird inflationär. Die Konsequenz ist die Hoffnung, dass das Kind sich in Zukunft bemüht, in Mathematik immer eine eins zu schreiben, wenn man das positiv verstärkt. Verhaltenstherapeuten gehen mit ihren Patienten auch schon mal auf den Kölner Dom bei Höhenangst.
4. Die Humanistische Perspektive. Einer der Begründer ist Carl Rogers. Er sieht den Menschen als aktives, gutes Geschöpf, das nach Wachstum und Entwicklung seines Potentials strebt. Mit dieser Definition habt ihr vermutlich weniger Probleme als mit den anderen, oder? Carl Rogers war Theologiestudent in den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts. Er hatte den ersten und den zweiten Weltkrieg als Erfahrung. Der Ansatz ist ein christlicher, geht aber darüber hinaus und ist auch z.T. problematisch. Das positive daran ist aber, dass er den Menschen nicht defizitorientiert sieht. Sondern sagt: Der Mensch kann im Prinzip das auch selbstständig machen, dieses Streben nach Entfaltung seines Potentials. Er weiß auch, was gut für ihn ist. Da es kein Defizitansatz ist, ist auch zunächst mal keine Therapie nötig. ‚Das ist nicht so leicht, dieses Menschenbild aufrecht zu erhalten, wenn man 20 Jahre in der Drogenberatung gearbeitet hat. Es geht um die Konzentration auf subjektive Erfahrungen, nicht äußere Umstände. Beispiel Aggression: Die Humanisten würden sagen, da wurde Entwicklungspotential gebremst. Dadurch entstehen Aggressionen. Gegen sich selbst oder gegen andere.
Die Therapie ist hier auch die Geprächstherapie, Personenzentrierte Therapie, man spricht dabei, macht keine praktischen Übungen. Es ist außerdem nondirektiv, das heißt, der Therapeut gibt keine Ratschläge. ‚Was sagt der Therapeut dann?’ fragte die Dozentin. Ein Student antwortete „’Mmh’, ‚mmhmh’. ‚Ja.’ ‚Genau’.“ ‚Ja, jetzt muss man aber schauen, dass das nicht zur Persiflage wird. Aktives Zuhörern erfordert mehr als alle zwei Sätze ‚mm’ zu sagen. Es erfordert unendliche Geduld, wenn der Patient einem zum fünften Mal dasselbe erzählt, nicht einfach hinzugehen und zu sagen ‚So, jetzt pass mal auf Mädel, du mahcst das jetzt so und so’. Der Patient muss Selbsterkenntnis haben. Der Therapeut fragt nach, spiegelt, was er verstanden hat und regt so die Selbstreflexion des Patienten an. Er fragt z.B. auch nach einem Perspektivenwechsel ‚Wie würde Ihre Frau Ihr Problem beschreiben?’ Das bezahlt die Kasse auch. ‚Es ist eine schlimme Hypothek, mit einem Gesprächstherapeuten befreundet zu sein’, meinte die Dozentin. Die kommen manchmal aus dem beruflichen nicht raus, und sagen immer noch ‚mhmh’, wenn man sich eigentlich mal ganz normal über die Wochenendplanung unterhalten will. ‚Egal, in welcher Therapierichtung man steckt, man sollte aufpassen, das man nicht in allen Freunden die defizitären Klienten sieht. Das ist wohl der Grund, warum innerhalb des Bereichs so häufig gewechselt wird. Auf die Frage, ob ‚einfach nur Zuhören’ nicht etwas sei, was auch Freunde leisten könnten, meinte die Frau Professor ‚Nein, da geht nicht. Zu Freunden hat man eine andere Beziehung, die kennen einen schon und die erwarten eine Gegenleistung. Das tut ein Therapeut ja nicht.’
Das Problematische an dem Ansatz ist: Als humanistischer Therapeut müssten Sie allen Leuten so vorurteilsfrei begegnen. Auch dem Amokläufer aus Winnenden, wenn er noch leben würde und zu Ihnen in Therapie käme. Der wäre dann auch einer mit Potential. Für Therapeuten ist es allgemein schwer, sich eine Frische zu bewahren, Leute nicht gleich in eine Schublade zu stecken nach langjähriger Berufserfahrung. Das gilt für alle Leute im sozialen Bereich: Kein Zyniker werden, der alles weiß und den nichts mehr erschrecken kann. Aber auch keine zweite Mutter Theresa.
5. ist die Kognitive Perspektive. Beschäftigt sich mit dem menschlichen Denken und allen wissensbasierten Prozessen. Das klassische Beispiel ist hier Prüfungsangst. Zwei Leute stehen vor der Diplomprüfung. Der eine denkt ‚Oh nein, ich hab immer Pech. Bestimmt kommt eine Frage dran, die ich nicht kenne. Und ich bin schon drei Semester über der Regelstudienzeit.’ Und der andere denkt sich ‚Komm, andere schaffen das doch auch. Oder fallen durch, aber die leben auch alle noch.’ Lachen ‚Zumindest die meisten’. Noch mehr Lachen.
Ein anderes Beispiel ist, wenn ein sozialer Hinweisreiz falsch verstanden wird. Ich schaue jemanden an – irgendwohin muss ich ja sehen, ne? Und der sagt „Was guckst du?“
Die kognitive Therapie beschäftigt sich entsprechend damit, gedankliche Prozesse aufzuspüren, zu analysieren und zu verändern. Zum Beispiel bei Prüfungsangst die Kognitionen aufspüren. Oder bei Depressionen. Wobei das bei leichten Depressionen geht. Bei schweren Depressionen braucht man erst eine medikamentöse Therapie.
Das waren soweit die Reinkulturformen. Die Realität ist, wenn man ins Telefonbuch schaut und die Psychologischen Psychotherapeuten nimmt. (Das sind die mit einer Kassenzulassung.) Und dann ruft man einen an, der einen sympathisch klingenden Namen hat. Oder man ruft den an, der am nächsten wohnt. Oder nein, den, der im entferntesten Stadtteil wohnt, damit man nicht gesehen wird, wie man ein Mal wöchentlich zu dem in die Praxis geht. Die Kasse bezahlt drei probatorische Sitzungen. Und dann schaut man nach Sympathie und wie der Therapeut arbeiten will. Was bietet er an für eine Erklärung für mein Problem? Was will er mit mir machen? Der Therapeut schaut auch, ob er sich vorstellen kann, mit dem Patienten zu arbeiten. Und dann stellt er einen Antrag bei der Kasse. Nur 12% der Therapeuten praktizieren heute noch nach ausschließlich einer Methode, die meisten kombinieren verschiedene Elemente aus den verschiedenen Richtungen. Auch wenn sie es nicht so explizit sagen. ‚Wobei, wenn Sie einen Therapeuten anrufen, dann werden Sie auch für ein Erstgespräch eine Wartezeit von einem halben Jahr haben mindestens. Daran sieht man z.B. dass es eine Unterversorgung gibt. Auch wenn die Kassenärztliche Vereinigung sagt, dass es nicht so ist. Wenn Sie’s nicht mehr aushalten, weil Sie sich sonst etwas antunt, dann müssen Sie in eine Psychiatrie gehen. Ist hier so. Na ja, probieren Sie’s mal in Mecklemburg Vorpommern, da ist es glaub ich besser. Noch schlimmer ist es bei den Kinder- und Jugendtherapeuten. Da ist die Wartezeit ein dreiviertel Jahr und länger. Und für Kinder ist das ja noch länger. Also wenn Sie ein Kind haben, dann machen Sie schon mal einen Termin beim Kinder- und Jugendpsychotherapeuten aus, bis sie dran kommen, hat ihr Kind dann auch ein Problem.’
Literaturgrundlage: Der Zimbaro, Ph. & R. Gerrig (2008). Psychologie. 18. Auflage. München: Pearson
Re: Auf der Stelle trampeln und der Einfluss negativer Gedanken
Verfasst: Di Jun 02, 2009 21:06
von zimtsternchen
Hallo aire,
vielen, vielen Dank!!!!
Da hast du dir ja echt Mühe gegeben, die ganze Tippselei.
Nachdem ich das gelesen hab ist mir echt so einiges klar.
Die Beschreibung der Personenzentrierten Therapie trifft haargenau auf meinen Thera,
ach hätt ich das nur schon gelesen bevor ich ihn mir ausgesucht habe
Aber jedenfalls weiß ich jetzt wenigstens, dass er eh alles nach Drehbuch macht,
sprich ich werd mich in Zukunft mit meinen kritischen Äußerungen ihm gegenüber zurückhalten müssen.
Meine letzte Stunde war furchtbar, ich hab fast die ganze Zeit dafür verwendet ihn Dinge an den Kopf zu werfen die mich an ihm stören...
Hab mich danach eh furchtbar geschämt
- na dann kann ich mich morgen ja gleich mal bei ihm entschuldigen...
Also nochmal Danke, Danke, Dankeee!!!!
Re: Auf der Stelle trampeln und der Einfluss negativer Gedanken
Verfasst: Di Jun 02, 2009 21:49
von aire
Dankeschön, war keine Mühe. Tippselei ist mien Hobby. Als ich das gehört habe, dachte ich, ich schreibe es dir. Und wo ich gerade dabei war, dachte ich, ich schreibe den Rest gleich auch dazu. dann wissen gleich alle, die hier hin klicken, was eigentlich Psychologie ist. Und für mich ist es eine gute Wiederholung.
Blueberry wäre stolz auf mich. (Oder auch nicht.) Und du weißt, warum dein Therapeut so ist, wie er ist.

Tut mir leid, dass es nicht gut läuft, aber ich denke, das beruht halt auf dem Missverständnis, was daruaf beruht, dass er dich nie gescheit über seinen Ansatz aufgeklärt hat. Insofern hat er mindestens auch einen guten Frund, sich mal zu entschuldigen!!
Nicht den Kopf hängen lassen.
lg
aire