ich kann nicht mehr............
Verfasst: Di Apr 21, 2009 22:15
von KleinerTollpatsch
Re: ich kann nicht mehr............
Verfasst: Mi Apr 22, 2009 7:57
von aymone
Der einzige Weg ist, nach draußen zu gehen. Auch wenn es Deine Familie ist und Du vielleicht niemanden bloßstellen willst - schlag nicht ihn, ruf die Polizei, wenn soetwas wieder geschieht. Geh zum Jugendamt. Vielleicht kannst Du nur Dich retten und Deine Mutter zieht nicht mit, kann sich nicht von Deinem Vater lösen - aber das ist ihre Entscheidung!
Das was ich jetzt schreibe bitte ich Dich unvoreingenommen und vielleicht zweimal zu lesen, weil ich weiß, wie aggressiv und verständnislos es Dir sonst vorkommen wird. Aber im Grunde ist es aus vollster Empathie geschrieben. Aber ich konzentriere mich in meiner Antwort auf Dich; Du konzentrierst Dich auf Deine Mutter. Bedenk das bitte, beim Lesen.
Die meisten Menschen meinen immer, dass Gewalt einen irgendwie kranken oder kaputten Täter und ein wehrloses Opfer braucht. Bei familiärer Gewalt sieht das anders aus, auch wenn sich die Opfer dort als "unschuldig" wahrnehmen. Natürlich sind sie in rechtlichem Sinne unschuldig, man kann ihnen auch moralisch keinen Vorwurf machen; schuld bleibt der Täter.
Aber - und das ist für Dich wichtig - der Täter kommt den übrigen Familienmitgliedern immer als der Einzige vor, der das Spiel spielt. Deine Mutter führt aber eine Beziehung mit diesem Täter, ist nicht in der Lage so viel Selbstwertgefühl aufzubringen, sich zu lösen, spielt sein Spiel also mit. Deine Mutter hat auf ihre Weise - auch wenn sie für Dich ja vermutlich immer das Gute in Deinem Elternhaus war - genauso ihre psychischen Probleme wie Dein Vater, sonst würde sie gehen können. Wir leben in einem Land, das Opfer schützt. Aber die Opfer müssen sich melden. Deine Mutter wird vermutlich auch nicht erst durch Deinen Vater zerstört worden sein, sondern schon vorher die Anlage gehabt zu haben, sich minderwertiger als andere/als ihr Mann zu fühlen und sich den vermeintlich starken Partner an ihrer Seite gesucht haben. Vermutlich denkt sie sogar, sie habe es nicht besser verdient, er bestätigt ihr Gefühl, das Spiel geht weiter. Dein Vater dahingegen wird emotional genauso Defizite haben, hat vielleicht schon als Kind Gewalt erlebt und kann daher nur in gewalttätigen Kategorien denken, empfinden und reagieren. Bei familiärer Gewalt ist die Grenze zwischen Täter und Opfer oft verwischter, als man einfach nur an den Taten erkennt. Ich weiß nicht, wie es bei Dir zu Hause ist. Aber oftmals besteht zwischen beiden eine enge Symbiose, kann der Täter auch nicht ohne das Opfer und in aller Demütigung und Hilflosigkeit weiß das Opfer das auch und erpresst seinerseits den Täter emotional mit seiner Schuld. Es gibt da viele Schattierungen, das ist das perfide und das schwierige an familiärer Gewalt. Sie ist nicht ein Ereignis, das wie auf der Straße von außen kommt, sondern sie ist Teil von Beziehungen.
Damit ist Deine Mutter aber ein sozusagen aktives Opfer und ihre "Entscheidung", dieses Leben (weiter) zu führen, hat auch Dich zum Opfer gemacht und als Opfer erzogen. Und damit bist Du krank geworden, weil dieser Umstand Dich nicht nur Gewalt aussetzt, sondern Dir beigebracht hat, genauso zu denken, nämlich als wertloses Geschöpf, mit dem man das machen darf. Oder vielleicht weißt Du Dir später nicht mehr anders zu helfen und schlägst dann selbst irgendwann zu? Du empfindest jetzt schon kurz davor, wie Du schreibst.
Deine Mutter ist vielleicht schon zu lange und zu tief da drin, um sich rauszuholen. Du aber nicht. Und deshalb musst Du notfalls alleine gehen. Du kannst versuchen, sie davon zu überzeugen, dass ihr Schlimmes angetan wird, dass sie besseres verdient hat. Du kannst auch allein Deinen Vater mit allem Recht anzeigen und solltest das auch tun. Aber Deine Chancen, sie mitzunehmen sind sehr gering. Sie muss selbst in sich den Schritt machen, zu sagen, das was hier passiert ist nicht richtig und sich dagegen auflehnen. Ansonsten "flüchtet" sie vielleicht eine Zeit lang zu Dir oder zu einer Freundin, aber wird nie die innere Stärke haben, ganz loszukommen oder sich nicht wieder einen solchen Mann zu suchen.
Für Dich ist es wichtig, zu begreifen, dass familiäre Gewalt ein System ist, an dem alle ihren Anteil haben. Das klingt jetzt wie eine Schuldzuweisung, ist es aber nicht in dem Sinne; ich meine das wertneutral und habe es deshalb bisher auch ggf. in Anführungszeichen gesetzt. Aber gegenüber einem Fremden würde es leichter fallen, Anzeige zu erstatten, sich zu wehren. In der Familie ist es allerdings irgendwie "normal", "richtig", weil man es so gelernt hat. Warum sonst würde man sich schämen, es auszusprechen? Weil man selbst der minderwertige Teil ist und aus dieser Position, dieser Überzeugung, diesem Gefühl raus muss. Das kannst Du aber unter Umständen nur allein schaffen. Du kannst Deiner Mutter eine andere Sichtweise aufzeigen, sie bei Schritten unterstützen (Poliezi, Frauenhaus, Auszug, je nachdem, was es braucht, um Deinen Vater loszuwerden und Euch vor seiner Gewalt zu schützen), aber am Ende musst Du bereit sein, allein zu gehen, um für Dich etwas besseres zu finden und Dich aus diesem System zu lösen und es nicht in Deinen eigenen Beziehungen später als Opfer oder Täter zu wiederholen.
Nochmal: ich schreibe mit der Perspektive auf Dich und Deine Zukunft. Du scheinst in erster Linie Deine Mutter schützen zu wollen. Ich will nicht sagen, dass sie selbst schuld ist und es eben nicht besser verdient hat. Aber ich will sagen, dass familiäre Gewalt ein gegenseitiges Beziehungssystem ist. Zumindest hier bei uns, wo jeder frei über seinen Partner entscheiden darf. Der Weg raus ist, sich das klar zu machen und sich diesem System zu entziehen. Und das soll Dich auch gleich auf die Schwierigkeiten vorbereiten, die Du bei dem Versuch vermutlich mit Deiner Mutter bekommen wirst oder selbst einmal in Deinen Beziehungen entwickeln könntest.
Vor allem hast Du gelernt, Opfer zu sein. Und das macht Dich krank und wird Dich immer verfolgen. Mach Dir klar, warum das entstanden ist, nur so kannst Du rauskommen.
Re: ich kann nicht mehr............
Verfasst: Mi Apr 22, 2009 13:25
von KleinerTollpatsch
hallo aymone
danke das du dir die zeit genommen hast so einen langen text zu schreiben. du hast recht meine mutter hat psychische probleme, sie leidet an schizophrenie und seit sie letztes jahr 4 monate in der geschlossenen war hat sich hier zuhause noch mehr alles verschlimmert. ich habe das gefühl mein vater nutzt es noch aus meine mutter absichtlich klein zuhalten...mit meiner mutter zu reden habe ich versucht aber das einzige was sie meint ist es wäre garnicht so schlimm und eine scheidung etc. wäre die größte schande für sie....ich bin momentan mitten im abitur, eine prüfung habe ich hinter mir und einen ausbildungsplatz sicher,darum habeich beschlossen sobald ich die ausbildung beginnen kann auszuziehen....leider... ohne meine mutter...

Re: ich kann nicht mehr............
Verfasst: Mi Apr 22, 2009 15:36
von mimi
drück dich mal ganz fest ( wenn ich dir nicht zu nahe trete)...wünsch dir alles glück der welt und das du DEINEN weg meistern wirst...mimi
Re: ich kann nicht mehr............
Verfasst: Mi Apr 22, 2009 16:54
von CoCoRiCo
OH Nein...
Ich drücke dich auch mal ganz fest, auch wenn ich grad nicht in der LAge bin, was produktives zu schreiben.. tut mir leid
--> PN
Re: ich kann nicht mehr............
Verfasst: Mi Apr 22, 2009 23:44
von KleinerTollpatsch
vielen lieben dank mimi und CoCoRiCo!...