Gedanken der letzten Nacht
Verfasst: Sa Mär 28, 2009 15:15
Es ist wahrscheinlich ein Irrglaube anzunehmen, man würde wieder völlig gesund.
Ich kann die Bulimie nicht einfach so abschalten. Sie wird immer eine Rolle in meinem Leben spielen und jeder Tag wird ein gewisses Risiko in sich tragen, dass ich rückfällig werde.
Jeder Tag ein potentieller Fress-Kotz-Tag - für den Rest meines Lebens? Na das sind ja rosige Aussichten.
Vorallem weil ich mein Leben so eigentlich nicht geplant hatte und dennoch selber schuld bin, dass sich diese Krankheit bei mir eingeschlichen hat, die mich derzeit so vereinnahmt.
Eine heimliche Krankheit. Niemand weiß davon.
Ein einsamer Krankheitsweg und eine einsame Genesung.
Aber wird die "Heilung" dadurch weniger wertvoll? Ganz und gar nicht. Sie wird etwas sein, das ich nur für mich getan haben werde.
Niemand weiß welch schlimmen Weg ich gegangen bin, wie ich mich selbst gequält und verstümmelt habe - und dabei nie etwas davon nach außen gezeigt habe - aber ich weiß es!
Ich weiß es und werde es nie vergessen: diese stille Verzweiflung, dieser ständige Kampf, dieser innere Aufschrei und Protest und die vielen, vielen, unzählbaren Aufs und Abs.
Die Bulimie ist nun wahrlich keine "Prestige-Krankheit" - im Gegenteil.
Vieles wird verstanden. Die Bulimie nicht. Kein Wunder, es ist so ziemlich das letzte, ekeligste, perverseste und unbegreiflichste was ein ganz normaler Mensch sich tagtäglich antun kann. Dazu das Ganze heimlich.
Aber sie war nicht umsonst.
Sie hat mir andere Seiten von mir gezeigt, die ich noch nicht kannte: dass ich skrupellos und verlogen sein kann und auch gierig und aggressiv.
Aber eben auch wie sehr ich das Leben liebe! Und dass ich immer wieder, wirklich immer wieder aufgestanden bin und von vorne angefangen habe.
Außerdem hat sie mir gezeigt, dass ICH zähle, dass ich auch Bedürfnisse habe, die befriedigt werden müssen. Sie hat mir gezeigt, dass ich Grenzen setzen lernen muss und dass ich nicht mein ganzes Leben lang einem Ideal hinterherlaufen will, dass ich niemals erreichen werde. Die Menschen sind nun mal nicht perfekt und ich bin es auch nicht und brauche es auch nicht zu sein. Nie wieder!
Es war und ist die schwerste Zeit in meinem bisherigen Leben. Aber es geht bergauf, es wird langsam besser. Ich merke, dass das Fressen mich eigentlich langweilt und dass es spannend sein kann herauszufinden was man in schlechten Momenten *wirklich* braucht.
Wie gesagt: Ich kann sie nicht einfach abschalten, sie wird immer ein Teil von mir sein und das muss ich akzeptieren - ob ich will oder nicht. Aber ich kann versuchen von ihr zu lernen und das Beste aus der Situation zu machen und jeden Tag auf's Neue zu Gott beten, dass er mir hilft diesen Tag zu leben, ohne fressen oder kotzen zu müssen...
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Das hab ich gestern Nacht geschrieben und okay - es hört sich vielleicht ein bisschen dramatisch an. Vorallem der letzte Satz, ich bin eigentlich nämlich gar nicht gläubig.
Aber eins will ich doch sagen: ich habe schon so viel Zeit damit verbracht die Bulimie zu hassen, zu bekämpfen, wegzuwünschen und mich mit Händen und Füßen gegen sie zu wehren... aber hey... Vielleicht ist sie nicht das schlechteste, was uns passieren konnte?
Sie hat uns immerhin rechtzeitig gezeigt, dass in unserem Leben etwas daneben läuft und dass wir etwas ändern müssen. Sie zeigt uns, dass wir irgendwie auf den falschen Weg geraten sind und dass es an uns liegt, den richtigen zu finden.
Ist es nicht vielleicht besser auf diese - zugegeben extrem harte - Weise gezwungen zu werden über sein Leben nachzudenken - als dass man irgendwann mit 40 plötzlich dasteht und feststellt sein ganzes Leben verpfuscht zu haben? Immer nur für andere gelebt zu haben und nie richtig glücklich und zufrieden gewesen ist?
Die Bulimie nimmt uns vielleicht jegliche Kraft - aber sie gibt sie uns doppelt und dreifach zurück, davon bin ich überzeugt! Denn wenn wir das erstmal durchgestanden haben: Was kann uns dann noch im Leben Angst machen?
Mit diesen aufmunternden worten wünsch ich euch einen schönen Samstag noch!
Ich kann die Bulimie nicht einfach so abschalten. Sie wird immer eine Rolle in meinem Leben spielen und jeder Tag wird ein gewisses Risiko in sich tragen, dass ich rückfällig werde.
Jeder Tag ein potentieller Fress-Kotz-Tag - für den Rest meines Lebens? Na das sind ja rosige Aussichten.
Vorallem weil ich mein Leben so eigentlich nicht geplant hatte und dennoch selber schuld bin, dass sich diese Krankheit bei mir eingeschlichen hat, die mich derzeit so vereinnahmt.
Eine heimliche Krankheit. Niemand weiß davon.
Ein einsamer Krankheitsweg und eine einsame Genesung.
Aber wird die "Heilung" dadurch weniger wertvoll? Ganz und gar nicht. Sie wird etwas sein, das ich nur für mich getan haben werde.
Niemand weiß welch schlimmen Weg ich gegangen bin, wie ich mich selbst gequält und verstümmelt habe - und dabei nie etwas davon nach außen gezeigt habe - aber ich weiß es!
Ich weiß es und werde es nie vergessen: diese stille Verzweiflung, dieser ständige Kampf, dieser innere Aufschrei und Protest und die vielen, vielen, unzählbaren Aufs und Abs.
Die Bulimie ist nun wahrlich keine "Prestige-Krankheit" - im Gegenteil.
Vieles wird verstanden. Die Bulimie nicht. Kein Wunder, es ist so ziemlich das letzte, ekeligste, perverseste und unbegreiflichste was ein ganz normaler Mensch sich tagtäglich antun kann. Dazu das Ganze heimlich.
Aber sie war nicht umsonst.
Sie hat mir andere Seiten von mir gezeigt, die ich noch nicht kannte: dass ich skrupellos und verlogen sein kann und auch gierig und aggressiv.
Aber eben auch wie sehr ich das Leben liebe! Und dass ich immer wieder, wirklich immer wieder aufgestanden bin und von vorne angefangen habe.
Außerdem hat sie mir gezeigt, dass ICH zähle, dass ich auch Bedürfnisse habe, die befriedigt werden müssen. Sie hat mir gezeigt, dass ich Grenzen setzen lernen muss und dass ich nicht mein ganzes Leben lang einem Ideal hinterherlaufen will, dass ich niemals erreichen werde. Die Menschen sind nun mal nicht perfekt und ich bin es auch nicht und brauche es auch nicht zu sein. Nie wieder!
Es war und ist die schwerste Zeit in meinem bisherigen Leben. Aber es geht bergauf, es wird langsam besser. Ich merke, dass das Fressen mich eigentlich langweilt und dass es spannend sein kann herauszufinden was man in schlechten Momenten *wirklich* braucht.
Wie gesagt: Ich kann sie nicht einfach abschalten, sie wird immer ein Teil von mir sein und das muss ich akzeptieren - ob ich will oder nicht. Aber ich kann versuchen von ihr zu lernen und das Beste aus der Situation zu machen und jeden Tag auf's Neue zu Gott beten, dass er mir hilft diesen Tag zu leben, ohne fressen oder kotzen zu müssen...
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Das hab ich gestern Nacht geschrieben und okay - es hört sich vielleicht ein bisschen dramatisch an. Vorallem der letzte Satz, ich bin eigentlich nämlich gar nicht gläubig.

Aber eins will ich doch sagen: ich habe schon so viel Zeit damit verbracht die Bulimie zu hassen, zu bekämpfen, wegzuwünschen und mich mit Händen und Füßen gegen sie zu wehren... aber hey... Vielleicht ist sie nicht das schlechteste, was uns passieren konnte?
Sie hat uns immerhin rechtzeitig gezeigt, dass in unserem Leben etwas daneben läuft und dass wir etwas ändern müssen. Sie zeigt uns, dass wir irgendwie auf den falschen Weg geraten sind und dass es an uns liegt, den richtigen zu finden.
Ist es nicht vielleicht besser auf diese - zugegeben extrem harte - Weise gezwungen zu werden über sein Leben nachzudenken - als dass man irgendwann mit 40 plötzlich dasteht und feststellt sein ganzes Leben verpfuscht zu haben? Immer nur für andere gelebt zu haben und nie richtig glücklich und zufrieden gewesen ist?
Die Bulimie nimmt uns vielleicht jegliche Kraft - aber sie gibt sie uns doppelt und dreifach zurück, davon bin ich überzeugt! Denn wenn wir das erstmal durchgestanden haben: Was kann uns dann noch im Leben Angst machen?

Mit diesen aufmunternden worten wünsch ich euch einen schönen Samstag noch!
