Tiefe Depression, Zurückstossung: Brief an Mutter
Verfasst: Do Dez 25, 2008 0:52
Ich stecke momentan gaaanz tief in einer Depression und schreibe daraus heraus hier meiner Mutter einen Brief:
Hallo Mama,
hoffentlich hattet ihr ein paar schöne Tage und ihr habt euch ein bisschen erholt.
Da ich dich nicht sprechen konnte, ich aber momentan innerlich zerfressen werde, schreibe ich dir nun diesen Brief.
Ich freue mich total für dich, ich freue mich, dass du raus kommst, dass du U. gefunden hast, die Welt siehst und glücklich bist! Ehrlich! Ich freue mich total.
Ich möchte dir einfach mal sagen, was in mir vorgeht, dir erzählen, was ich fühle und was mich bewegt.
Ich habe mich so sehr auf zu Hause gefreut. Die letzten Tage vom Semester habe ich immer daran gedacht, dass bald erstmal Pause ist und ich zu Hause ausruhen kann, wie schön das sein muss. Als ich in W. angekommen bin, habe ich festgestellt, dass es gar kein zu Hause mehr gibt, dass ich hier alleine bin. Meine Idealvorstellung ist meinem Kopf entsprungen und die Realität war um 180 Grad verdreht.
Ich fühle mich total alleine hier. Ich habe keinen festen Schlafplatz mehr, bin mehr überall geduldet, aber nicht wirklich willkommen. Es ist ein schreckliches Gefühl und ich sehe vom momentanen Schockzustand aus nicht, wieso ich jemals wieder nach W. kommen sollte. Jeder lebt hier sein Leben, aber mein Leben ist nicht hier.
Ich hatte so gehofft, dass du mich mal in G. besuchen kommst. Ich hätte dir gerne gezeigt, wie ich wohne, was mein Leben dort ist und wo ich die nächste Zeit verbringen werde. Ich weiß, du arbeitest sehr viel (natürlich bin ich dir zutiefst dankbar für deine finanzielle Unterstützung, durch die ich das studieren kann, was mich glücklich macht), aber es wäre doch an einem Tag machbar gewesen, vorbeizukommen- an einem einzigen Tag.
Vielleicht kannst du das nicht nachvollziehen, aber für mich war es ein komisches Gefühl, dass alle besucht werden, nur ich nicht. Ich fühle mich wie eine Aussätzige, jemand, der ohne wirkliche Bedeutung auf die Welt gekommen ist.
Jetzt bin ich nach Hause gekommen und ihr seid in den Urlaub gefahren. Es geht nicht darum, dass du in den Urlaub fährst, im Gegenteil, ich freue mich darüber, aber es ist ein trauriges Gefühl, dass ich komme und ihr fahrt. Ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll, weil du so –scheinbar gegensätzlich- anders bist als ich, aber es ist für mich eine Zurückweisung. Ich wollte immer dazu gehören, wollte auch „mit dabei sein“, kann es irgendwie nicht verstehen, dass ihr mich auch überhaupt nicht mit dabei haben wollt. Du meinst, ich solle nicht so empfindlich sein, aber ich habe nie einen Puffer aufbauen können, der mich derartige Sprüche hat wegstecken lassen. Ich bin doch keine Aussätzige, die in deiner Wohnung haust, um eine Übernachtungsstätte zu haben und dir Läuse, Ratten und Dreck einbringt. Wie würdest du dich fühlen an meiner Stelle? Könntest du das einfach so wegstecken bzw. einfach hinnehmen und schlucken? Ich bin da halt anders.
L.und ich hatten ausgemacht, dass wir im Sommer das erste mal zusammen fliegen, schade, dass dies über den Haufen geworfen worden ist.
So fremd wie die letzten Tage, war ich dir noch nie. Ich frage mich mein Leben lang, was ich gemacht habe, was falsch an mir ist, wieso ich es nicht wert bin, von dir geliebt zu werden. Es kommt immer wieder vor, dass Eltern nicht zu ihren Kindern passen und andersherum und das ist so schlimm und tut verdammt weh. Was habe ich gemacht? Was ist falsch an mir? Was hätte anders sein müssen? Wieso fühle ich mich bloß für alles schuldig und habe Mitleid wegen allem? Was ist denn bloß so schlecht an mir, dass man mich nicht lieben kann? Ich wünschte, ich wäre auch so erschaffen worden, dass man mich lieben kann, dass man mir eine Körperhülle gegeben hätte, die ansehnlich ist, bei der du dich nicht für mich schämen musst und mich mit Frankensteinfrauen auf Familienfotos von vor 100 Jahren zu vergleichen. Diese Fragen sind allesamt äußerst ungesund und ich schaffe es auch nicht mehr alleine, mit diesen Fragen klarzukommen. Mir fehlt ein fundamentales emotionales Grundgerüst.
Wenn du möchtest, könnte ich jemanden von seiner Schweigepflicht entbinden, der dir das alles klarer und aus einer anderen Perspektive erklären könnte. Es liegt an dir, wie viel es dir bedeutet.
Ich erwarte keine Antwort von dir, ich wollte nur, dass du mich ein bisschen besser verstehen kannst. Ich habe keine Ahnung, wie alles weitergehen wird.
Ich wünsche dir alles Gute, auch für U.!
Du bist ein toller Mensch, aber irgendwas ist zwischen uns, was nicht ist…..
Hallo Mama,
hoffentlich hattet ihr ein paar schöne Tage und ihr habt euch ein bisschen erholt.
Da ich dich nicht sprechen konnte, ich aber momentan innerlich zerfressen werde, schreibe ich dir nun diesen Brief.
Ich freue mich total für dich, ich freue mich, dass du raus kommst, dass du U. gefunden hast, die Welt siehst und glücklich bist! Ehrlich! Ich freue mich total.
Ich möchte dir einfach mal sagen, was in mir vorgeht, dir erzählen, was ich fühle und was mich bewegt.
Ich habe mich so sehr auf zu Hause gefreut. Die letzten Tage vom Semester habe ich immer daran gedacht, dass bald erstmal Pause ist und ich zu Hause ausruhen kann, wie schön das sein muss. Als ich in W. angekommen bin, habe ich festgestellt, dass es gar kein zu Hause mehr gibt, dass ich hier alleine bin. Meine Idealvorstellung ist meinem Kopf entsprungen und die Realität war um 180 Grad verdreht.
Ich fühle mich total alleine hier. Ich habe keinen festen Schlafplatz mehr, bin mehr überall geduldet, aber nicht wirklich willkommen. Es ist ein schreckliches Gefühl und ich sehe vom momentanen Schockzustand aus nicht, wieso ich jemals wieder nach W. kommen sollte. Jeder lebt hier sein Leben, aber mein Leben ist nicht hier.
Ich hatte so gehofft, dass du mich mal in G. besuchen kommst. Ich hätte dir gerne gezeigt, wie ich wohne, was mein Leben dort ist und wo ich die nächste Zeit verbringen werde. Ich weiß, du arbeitest sehr viel (natürlich bin ich dir zutiefst dankbar für deine finanzielle Unterstützung, durch die ich das studieren kann, was mich glücklich macht), aber es wäre doch an einem Tag machbar gewesen, vorbeizukommen- an einem einzigen Tag.
Vielleicht kannst du das nicht nachvollziehen, aber für mich war es ein komisches Gefühl, dass alle besucht werden, nur ich nicht. Ich fühle mich wie eine Aussätzige, jemand, der ohne wirkliche Bedeutung auf die Welt gekommen ist.
Jetzt bin ich nach Hause gekommen und ihr seid in den Urlaub gefahren. Es geht nicht darum, dass du in den Urlaub fährst, im Gegenteil, ich freue mich darüber, aber es ist ein trauriges Gefühl, dass ich komme und ihr fahrt. Ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll, weil du so –scheinbar gegensätzlich- anders bist als ich, aber es ist für mich eine Zurückweisung. Ich wollte immer dazu gehören, wollte auch „mit dabei sein“, kann es irgendwie nicht verstehen, dass ihr mich auch überhaupt nicht mit dabei haben wollt. Du meinst, ich solle nicht so empfindlich sein, aber ich habe nie einen Puffer aufbauen können, der mich derartige Sprüche hat wegstecken lassen. Ich bin doch keine Aussätzige, die in deiner Wohnung haust, um eine Übernachtungsstätte zu haben und dir Läuse, Ratten und Dreck einbringt. Wie würdest du dich fühlen an meiner Stelle? Könntest du das einfach so wegstecken bzw. einfach hinnehmen und schlucken? Ich bin da halt anders.
L.und ich hatten ausgemacht, dass wir im Sommer das erste mal zusammen fliegen, schade, dass dies über den Haufen geworfen worden ist.
So fremd wie die letzten Tage, war ich dir noch nie. Ich frage mich mein Leben lang, was ich gemacht habe, was falsch an mir ist, wieso ich es nicht wert bin, von dir geliebt zu werden. Es kommt immer wieder vor, dass Eltern nicht zu ihren Kindern passen und andersherum und das ist so schlimm und tut verdammt weh. Was habe ich gemacht? Was ist falsch an mir? Was hätte anders sein müssen? Wieso fühle ich mich bloß für alles schuldig und habe Mitleid wegen allem? Was ist denn bloß so schlecht an mir, dass man mich nicht lieben kann? Ich wünschte, ich wäre auch so erschaffen worden, dass man mich lieben kann, dass man mir eine Körperhülle gegeben hätte, die ansehnlich ist, bei der du dich nicht für mich schämen musst und mich mit Frankensteinfrauen auf Familienfotos von vor 100 Jahren zu vergleichen. Diese Fragen sind allesamt äußerst ungesund und ich schaffe es auch nicht mehr alleine, mit diesen Fragen klarzukommen. Mir fehlt ein fundamentales emotionales Grundgerüst.
Wenn du möchtest, könnte ich jemanden von seiner Schweigepflicht entbinden, der dir das alles klarer und aus einer anderen Perspektive erklären könnte. Es liegt an dir, wie viel es dir bedeutet.
Ich erwarte keine Antwort von dir, ich wollte nur, dass du mich ein bisschen besser verstehen kannst. Ich habe keine Ahnung, wie alles weitergehen wird.
Ich wünsche dir alles Gute, auch für U.!
Du bist ein toller Mensch, aber irgendwas ist zwischen uns, was nicht ist…..