Tiefe Depression, Zurückstossung: Brief an Mutter

#1
Ich stecke momentan gaaanz tief in einer Depression und schreibe daraus heraus hier meiner Mutter einen Brief:

Hallo Mama,

hoffentlich hattet ihr ein paar schöne Tage und ihr habt euch ein bisschen erholt.
Da ich dich nicht sprechen konnte, ich aber momentan innerlich zerfressen werde, schreibe ich dir nun diesen Brief.
Ich freue mich total für dich, ich freue mich, dass du raus kommst, dass du U. gefunden hast, die Welt siehst und glücklich bist! Ehrlich! Ich freue mich total.
Ich möchte dir einfach mal sagen, was in mir vorgeht, dir erzählen, was ich fühle und was mich bewegt.
Ich habe mich so sehr auf zu Hause gefreut. Die letzten Tage vom Semester habe ich immer daran gedacht, dass bald erstmal Pause ist und ich zu Hause ausruhen kann, wie schön das sein muss. Als ich in W. angekommen bin, habe ich festgestellt, dass es gar kein zu Hause mehr gibt, dass ich hier alleine bin. Meine Idealvorstellung ist meinem Kopf entsprungen und die Realität war um 180 Grad verdreht.
Ich fühle mich total alleine hier. Ich habe keinen festen Schlafplatz mehr, bin mehr überall geduldet, aber nicht wirklich willkommen. Es ist ein schreckliches Gefühl und ich sehe vom momentanen Schockzustand aus nicht, wieso ich jemals wieder nach W. kommen sollte. Jeder lebt hier sein Leben, aber mein Leben ist nicht hier.
Ich hatte so gehofft, dass du mich mal in G. besuchen kommst. Ich hätte dir gerne gezeigt, wie ich wohne, was mein Leben dort ist und wo ich die nächste Zeit verbringen werde. Ich weiß, du arbeitest sehr viel (natürlich bin ich dir zutiefst dankbar für deine finanzielle Unterstützung, durch die ich das studieren kann, was mich glücklich macht), aber es wäre doch an einem Tag machbar gewesen, vorbeizukommen- an einem einzigen Tag.
Vielleicht kannst du das nicht nachvollziehen, aber für mich war es ein komisches Gefühl, dass alle besucht werden, nur ich nicht. Ich fühle mich wie eine Aussätzige, jemand, der ohne wirkliche Bedeutung auf die Welt gekommen ist.
Jetzt bin ich nach Hause gekommen und ihr seid in den Urlaub gefahren. Es geht nicht darum, dass du in den Urlaub fährst, im Gegenteil, ich freue mich darüber, aber es ist ein trauriges Gefühl, dass ich komme und ihr fahrt. Ich weiß nicht, wie ich dir das erklären soll, weil du so –scheinbar gegensätzlich- anders bist als ich, aber es ist für mich eine Zurückweisung. Ich wollte immer dazu gehören, wollte auch „mit dabei sein“, kann es irgendwie nicht verstehen, dass ihr mich auch überhaupt nicht mit dabei haben wollt. Du meinst, ich solle nicht so empfindlich sein, aber ich habe nie einen Puffer aufbauen können, der mich derartige Sprüche hat wegstecken lassen. Ich bin doch keine Aussätzige, die in deiner Wohnung haust, um eine Übernachtungsstätte zu haben und dir Läuse, Ratten und Dreck einbringt. Wie würdest du dich fühlen an meiner Stelle? Könntest du das einfach so wegstecken bzw. einfach hinnehmen und schlucken? Ich bin da halt anders.
L.und ich hatten ausgemacht, dass wir im Sommer das erste mal zusammen fliegen, schade, dass dies über den Haufen geworfen worden ist.
So fremd wie die letzten Tage, war ich dir noch nie. Ich frage mich mein Leben lang, was ich gemacht habe, was falsch an mir ist, wieso ich es nicht wert bin, von dir geliebt zu werden. Es kommt immer wieder vor, dass Eltern nicht zu ihren Kindern passen und andersherum und das ist so schlimm und tut verdammt weh. Was habe ich gemacht? Was ist falsch an mir? Was hätte anders sein müssen? Wieso fühle ich mich bloß für alles schuldig und habe Mitleid wegen allem? Was ist denn bloß so schlecht an mir, dass man mich nicht lieben kann? Ich wünschte, ich wäre auch so erschaffen worden, dass man mich lieben kann, dass man mir eine Körperhülle gegeben hätte, die ansehnlich ist, bei der du dich nicht für mich schämen musst und mich mit Frankensteinfrauen auf Familienfotos von vor 100 Jahren zu vergleichen. Diese Fragen sind allesamt äußerst ungesund und ich schaffe es auch nicht mehr alleine, mit diesen Fragen klarzukommen. Mir fehlt ein fundamentales emotionales Grundgerüst.
Wenn du möchtest, könnte ich jemanden von seiner Schweigepflicht entbinden, der dir das alles klarer und aus einer anderen Perspektive erklären könnte. Es liegt an dir, wie viel es dir bedeutet.
Ich erwarte keine Antwort von dir, ich wollte nur, dass du mich ein bisschen besser verstehen kannst. Ich habe keine Ahnung, wie alles weitergehen wird.
Ich wünsche dir alles Gute, auch für U.!
Du bist ein toller Mensch, aber irgendwas ist zwischen uns, was nicht ist…..
Zuletzt geändert von Rockmylife am So Jan 04, 2009 19:34, insgesamt 2-mal geändert.
In jedem Augenblick unseres Lebens sind wir frei, auf die Zukunft hin zu handeln, die wir uns wünschen.
Heinz von Foerster

Re: Tiefe Depression, Zurückstossung: Brief an Mutter

#2
Rockmylife: Sehr berührend und traurig, der Brief. Du musst dich sehr sehr einsam fühlen. Ja, es tut weh und vor allem es ist verdammt schwer, sich abzunabeln von der Familie. Ich kann das nämlich immer noch nicht ganz und da fällt es umso schwerer, wenn es anscheinen die Familie kann.
Es tut weh, das glaub ich dir, da ich das auch von mir kenne.
Deshalb wünsche ich dir einfach ganz viel Kraft und dass du dich selber als wertvoll sehen kannst.

Liebe Grüße

baba

Re: Tiefe Depression, Zurückstossung: Brief an Mutter

#3
Und Rockmylife? Wirst du ihr den Brief auch wirklich schicken? Wenn ja finde ich das super, aber ich kenne das von mir, dass ich solche Briefe - wenn ich sie überhaupt schreibe - nicht abschicke, weil ich zu feig bin! (Ich könnte den Brief - außer dem letzten Absatz - mit nur wenigen Änderungen übernehmen und "Schwester" aus "Mama" machen - sie war immer meine beste Freundin, mein Boy-friend, meine Therapeutin und meine Schwester auf einmal - und all diese 4 Leute in einer Person im Laufe eines Sommers so aprubt zu verlieren ist echt soooooo schwer! Und ich verstehe bis heute nicht, wie es soweit kommen konnte, dass sie jetzt nicht mehr da ist! :cry: :cry: :cry: Hab auch angesetzt um ihr Briefe zu schreiben, aber über einen Entwurf ist es nie hinausgegangen... :( ) Aber ich finde den Brief sehr gut geschrieben, er sagt klar was Sache ist ohne anzuklagen, er zeigt, dass du auch daran gedacht hast, dass es auch für sie eine schwierige Situation ist (wegen viel Arbeit, neuer Freund,....), aber dass es dir halt auch wichtig ist deine Position darzustellen! Wenn du's noch nicht gemacht hast: Lass ihn bitte unbedingt deiner Mutter zukommen, ich glaube, dass er dich in deiner Beziehung zu deiner Mutter wirklich weiterbringen kann!!!

Und das mit dem "Ich habe keinen festen Schlafplatz mehr, bin mehr überall geduldet, aber nicht wirklich willkommen." kenne ich auch nur zu gut: Bevor meine Wohnung fertig war, trieb ich meine Freundinnen zum Wahnsinn, weil sie nie wussten, wo ich bin, wenn ich sagte, dass ich "zuhause" sei:
In meiner jetztigen Wohnung, die damals noch eine Baustelle war und absolut nicht bewohnungsfähig
In der Wohnung meiner Eltern, wo ich nicht mehr hin wollte
In der Wohnung meiner Schwester und ihres Freundes, wo mich die beiden nicht mehr haben wollte und wo mir meine so geliebte Schwester ins Gesicht sagte, dass sie froh sei, wenn ich dann ausgezogen wäre
... und im Endeffekt war keins der 3 Orte "zuhause"...

Wünsch dir viel Kraft und halbwegs schöne Ferien in W., soweit das möglich ist,
gglg, Hörnchen

Re: Tiefe Depression, Zurückstossung: Brief an Mutter

#4
Vielen Dank für eure Antworten!
Ja, ich habe den Brief am 29. in der Wohnung von meiner Mutter liegen gelassen. Einen Tag später rief sich mich auch an, aber ich bin nicht dran gegangen. Wahrscheinlich lag eins meiner langen dunklen Haare in ihrer Wohnung oder ich sie hat bemerkt, wo ihr Essen gelandet ist :cry: ! Ich habe keine Ahnung, was jetzt passiert zwischen uns. Ich finde es einfach unfair ein Kind in die Welt zu setzen und es vereinsamen zu lassen, weil es nicht derart perfekt ist, wie man selbst ist und wie man es von seiner Tochter erwartet!
@Hörnchen: warum schickst du ihn nicht ab? Ich glaube für dich wäre es auch so wichtig, deine Gedanken deiner Schwester zu vermitteln. Ich habe mich meiner Mutter gegenüber total zickig verhalten, weil sie nichts mit meiner Traurigkeit anfangen konnte. Vielleicht zeigst du deiner Schwester auch ein ganz anderes Bild von dir, wie du wirklich bist und sie weiss gar nicht, wie es in der aussieht. Ich würde an deiner Stelle auf alle Fälle fragen, wie es dazu gekommen ist, dass der Kontakt zu abrupt abgebrochen ist. Ich finde es immer recht leicht zu schreiben, aber eine Diskussion darüber zu führen, zu streiten, sich zu verbalisieren...mmh, das habe ich irgendwie nie gelernt.
Mein neues Jahr fing direkt über dem Klo an... Ich kann meine Gefühle und irgendeinen inneren Druck nicht anders "ausleben", als immer wieder auf das alte Mittel zurück zu fallen. Wieso bloss? Durch meine Thera weiss ich ja, wie das geht.... eigentlich......

Wünsche euch allen ein gutes, erfolgreiches, gesundes und schönes Jahr 2009

LG
Zuletzt geändert von Rockmylife am So Jan 04, 2009 19:34, insgesamt 1-mal geändert.
In jedem Augenblick unseres Lebens sind wir frei, auf die Zukunft hin zu handeln, die wir uns wünschen.
Heinz von Foerster

Re: Tiefe Depression, Zurückstossung: Brief an Mutter

#5
hallo!

ich habe den brief auch gerade gelesen - finde ihn (aus meiner perspektive) sehr gut gelungen, ehrlich und aussagekräftig. find ich gut dass du ihn geschrieben hast!

ich bin auch jemand, der leichter schreiben kann als dann tatsächlich schlagfertig zu diskutieren.

nun würde mich interessieren: was ist die reaktion, die du dir von deiner mutter erwünschst?! hättest du am liebsten, dass sie dir auch zurück schreibt oder welche andere form von reaktion würdest du gerne sehn? wenn sie dich noch einmal anruft, heb doch einfach ab und schau einmal, was auf dich zukommt. ich denke mir, du wirst da gar nicht viel argumentieren oder streiten müssen, denn dein brief war total klipp und klar.

glg nowaytoolong
fall down 7 times, stand up 8.

Re: Tiefe Depression, Zurückstossung: Brief an Mutter

#6
Hi Rockmylife!

Find ich super, dass du ihn "abgeschickt" hast! :) Hm, was mich etwas stutzig macht:
Rockmylife hat geschrieben:Wahrscheinlich lag eins meiner langen dunklen Haare in ihrer Wohnung oder ich sie hat bemerkt, wo ihr Essen gelandet ist !
Was lässt dich das glauben? Könnte es nicht auch sein, dass die Aussage deines Briefes sehr wohl bei ihr angekommen ist und sie mit dir darüber sprechen will? Oder schließt du das aus Erfahrung aus? (fänd ich traurig... :( )

Hm, das mit meiner Schwester ist so ne Sache, ich weiß aus bestimmten Gründen, dass sie nicht reden / Briefe lesen möchte... Und das "Warum" weiß ich auch, lässt sich leider nur nicht ändern... :cry:

gglg, Hörnchen
Zuletzt geändert von kleines Ich-bin-ich am Sa Jan 03, 2009 23:33, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Tiefe Depression, Zurückstossung: Brief an Mutter

#7
nowaytoolong hat geschrieben: Was lässt dich das glauben? Könnte es nicht auch sein, dass die Aussage deines Briefes sehr wohl bei ihr angekommen ist und sie mit dir darüber sprechen will? Oder schließt du das aus Erfahrung aus? (fänd ich traurig... :( )
Hallo Hörnchen,

ja, ich schliesse aus, dass sie mit mir darüber reden, schreiben, sachlich argumentieren wird. Ich hab ihr oft gesagt, dass es mir schlecht geht, hab ihr erzählt, dass meine Freundin gestorben ist (als Bsp.), dass es mir nicht gutgeht, hab ihr von meinen Plänen erzählt, bin ins Ausland gezogen, studiere... Ich denke, sie weiss noch nicht mal was ich studiere. Sie antwortet mir auf nix, sie behandelt mich wie Luft. Es ist unbeschreiblich, aber ich bin für sie nicht vorhanden. Sie wird sich durch meinen Brief in ihrer Urlaubserholung gestört fühlen und mir sagen, dass ich undankbar bin, da ich doch alles hatte, was ich wollte (finanziell), "ich hab dir alles ermöglicht und jetzt das".

Rockmylife hat geschrieben:nun würde mich interessieren: was ist die reaktion, die du dir von deiner mutter erwünschst?! hättest du am liebsten, dass sie dir auch zurück schreibt oder welche andere form von reaktion würdest du gerne sehn?
Hey nowaytoolong:

ich erwarte keine Antwort von ihr, absolut nicht. Ich habe nur gehofft, dass sie einmal im Leben darüber nachdenkt, wer sie wirklich ist und was sie gemacht hat und was eben nicht. Kinder werde von den Eltern geprägt oder eben schon oft früh ruiniert. Ich will nur, dass sie weiss, dass sie nach aussen hin zwar bestimmt auf alle Menschen einen tollen Eindruck macht, sie es immer toll geschafft hat, mich als dumm, hässlich, desinteressiert und als das Schwarze Schaf darstellen, aber dass sie für mich keine Mutter war. Man kann es sich nicht vorstellen, denn, wenn jemand dabei war, hat sich sich zumindest immer noch etwas Mühe gegeben.

LG an euch und danke für die Antworten
In jedem Augenblick unseres Lebens sind wir frei, auf die Zukunft hin zu handeln, die wir uns wünschen.
Heinz von Foerster

Re: Tiefe Depression, Zurückstossung: Brief an Mutter

#8
Hörnchen hat geschrieben:Hi Rockmylife!

Find ich super, dass du ihn "abgeschickt" hast! :) Hm, was mich etwas stutzig macht:
Rockmylife hat geschrieben:Wahrscheinlich lag eins meiner langen dunklen Haare in ihrer Wohnung oder ich sie hat bemerkt, wo ihr Essen gelandet ist !
Was lässt dich das glauben? Könnte es nicht auch sein, dass die Aussage deines Briefes sehr wohl bei ihr angekommen ist und sie mit dir darüber sprechen will? Oder schließt du das aus Erfahrung aus? (fänd ich traurig... :( )

Hm, das mit meiner Schwester ist so ne Sache, ich weiß aus bestimmten Gründen, dass sie nicht reden / Briefe lesen möchte... Und das "Warum" weiß ich auch, lässt sich leider nur nicht ändern... :cry:

gglg, Hörnchen
Liebes Hörnchen,
ich wollte dir noch auf deinen Thread antworten, aber du hast ihn komplett überarbeitet :( , wieso? Ich habe leider nicht mehr alle Details im Kopf :oops: ....
GlG
In jedem Augenblick unseres Lebens sind wir frei, auf die Zukunft hin zu handeln, die wir uns wünschen.
Heinz von Foerster

Re: Tiefe Depression, Zurückstossung: Brief an Mutter

#10
Rockmylife hat geschrieben:Liebes Hörnchen,
ich wollte dir noch auf deinen Thread antworten, aber du hast ihn komplett überarbeitet , wieso? Ich habe leider nicht mehr alle Details im Kopf ....
GlG
Oh, du hast ihn vorher schon gelesen! :oops:

Hm, warum ich ihn überarbeitet hab? Weiß auch nicht so genau, hatte wohl ein bisschen Angst vor Antworten wie "WAS? Du hast deine Schwester im Stich gelassen als sie dich am meisten gebraucht hätte?" - wären zwar vermutlich eh nicht gekommen, aber ich mach mir selbst sooooooo große Vorwürfe wegen damals, dass ich nicht mehr wirklich weiß wie das andere sehen könnten... :oops: :roll: Mein Thera hat damals, als ich ihm davon erzählt hab, versucht mir zu erklären, dass es ganz wichtig ist, dass ich verstehe, dass es nicht meine Schuld ist, dass es ihr so schlecht gegangen ist, damit ich es irgendwann auch fühlen kann - aber irgendwie klappt noch nicht mal das verstehen so richtig. :cry: Sie hat zuhause geheult und gefressen - und wo war ich? Nein nicht an ihrer Seite, wo ich verdammt nochmal sein hätte müssen, nein, ich war im Lernsaal bei meinen Büchern, die auch sehr gut ohne mich existieren hätten können. Dass sie sich dann an ihren Freund klammert, wenn der ihr die Möglichkeit gibt der ES zu entfliehen ist ja nur verständlich - und das sie dann nicht mehr mit mir reden will - oder zumindestens nicht mehr mehr als smalltalk - ist ja auch klar (auch wenn sie beteuert, dass sie mir wegen damals kein bisschen böse ist)

Aber ich hab den alten Text noch, werd ihn halt noch mal reinstellen:
Hörnchen hat geschrieben:
Rockmylife hat geschrieben:warum schickst du ihn nicht ab?
Hm, weil ich weiß, dass sie es nicht will. Hab am Anfang, als unsere "Beziehung" in die Brüche gegangen ist sehr viel geheult und als ich es vor Sehnsucht nicht mehr ausgehalten hab, habe ich sie einmal voll verheult angerufen und ihr gesagt wie sehr ich sie vermisse und brauche - aber alles was sie gesagt hat war "Naja, Hörnchen..." (halt mit Realnamen) und dann hat sie mehr oder weniger geschwiegen bis wir aufgelegt haben. Ihre Situation lässt momentan einfach nicht mehr zu... :cry:
Rockmylife hat geschrieben:Ich würde an deiner Stelle auf alle Fälle fragen, wie es dazu gekommen ist, dass der Kontakt zu abrupt abgebrochen ist.
Das weiß ich schon: Meine Schwester hatte auch eine ES (Magersucht?) und ist dann durch einen Idioten von Ex-Freund ganz massiv ins Binge-Eating gerutscht. Und ich :evil: war nicht für sie da, weil das das erste Unijahr war und ich nix anderes im Kopf hatte als lernen. Dabei hätte sie mich soooo gebraucht! Hab zwar versucht so viel wie möglich für sie da zu sein, aber es hat nicht gereicht - meine Schwester hätte wichtiger sein müssen als die blöde Uni!! :cry: :cry: :cry: Als das Unijahr 1 vorbei war hat sie mir dann gesagt, dass sie einen neuen Freund hat - ein gemeinsamer Freund von uns, der sie in der Beziehung jetzt sehr stark dominiert und scheinbar eine all zu große Nähe zu mir nicht zulässt. Der Freund gibt ihr jetzt den Halt, den ich ihr nicht gegeben habe - halt durch auch sehr viel Dominanz, aber dadurch hat sie ihren Weg aus der ES gefunden. ...das wäre eigentlich MEINE Aufgabe gewesen (auch wenn mein Thera da anderer Ansicht ist - und rational weiß ich ja auch was er damit meint - aber vom Gefühl her: irgendwie waren wir halt immer füreinander da, bis ich damals versagt habe *schluchz*)

Naja, tut irgendwie verdammt weh, aber sie in die Zwickmühle zu bringen wäre unfair...
Entschuldige bitte, dass ich hier so rumheule, aber das ist ein Thema mit dem ich - obwohl der "Bruch" schon 2,5 Jahre her ist - so überhaupt nicht zurecht komme... :cry:

So aber jetzt genug von mir, es ist ja schließlich DEIN Thread, ich sollte ihn nicht so vollspammen. Hab deine Antwort gelesen und finds total traurig, dass es tatsächlich so ist, dass du eine positive Reaktion deiner Mutter ausschließen kannst - weiß nicht wirklich was ich da jetzt sagen kann, schick dir aber mal eine ganz feste Umarmung, wenn du magst... Aber ich finds auf jeden Fall super, dass du dich getraut hast und ihr diesen Brief übermittelt hast - RESPEKT! :)

gglg, Hörnchen

Re: Tiefe Depression, Zurückstossung: Brief an Mutter

#11
nowaytoolong hat geschrieben:wann siehst du sie denn wieder bzw. wann hörst du wieder von ihr? hab nicht so mitverfolgt wo sie gerade ist und wo du bist, aber ich denk du bist etwas weiter weg oder?

find ich echt gut, dass ihr geschrieben hast, das entlastet dich ein bisschen!!!!!!! dass man sowas einmal loswerden kann is ganz ganz wichtig!!

lg nwtl
Hey,
meine Mama sehe ich erstmal nicht wieder. Ich studiere im Ausland, gehört habe ich heute was von ihr: ich hatte einen Brief von ihr im Hausflur liegen. Es hat mich so geschockt "zu Hause" über Weihnachten ,dass ich es mir erstmal nicht mehr vorstellen kann, dorthin zu fahren.


Dabei hätte sie mich soooo gebraucht! Hab zwar versucht so viel wie möglich für sie da zu sein, aber es hat nicht gereicht - meine Schwester hätte wichtiger sein müssen als die blöde Uni!! :cry: :cry: :cry: Als das Unijahr 1 vorbei war hat sie mir dann gesagt, dass sie einen neuen Freund hat - ein gemeinsamer Freund von uns, der sie in der Beziehung jetzt sehr stark dominiert und scheinbar eine all zu große Nähe zu mir nicht zulässt. Der Freund gibt ihr jetzt den Halt, den ich ihr nicht gegeben habe - halt durch auch sehr viel Dominanz, aber dadurch hat sie ihren Weg aus der ES gefunden. ...das wäre eigentlich MEINE Aufgabe gewesen (auch wenn mein Thera da anderer Ansicht ist - und rational weiß ich ja auch was er damit meint - aber vom Gefühl her: irgendwie waren wir halt immer füreinander da, bis ich damals versagt habe *schluchz*)

@ Hörnchen:
Oh, das tut mir echt leid! Eins möchte ich an erster Stelle sagen: natürlich trifft dich keine Schuld! Das darfst du nicht denken! Und versagt hast du bestimmt nicht.
Hat deine Schwester irgendwen damals an sich ran gelassen ausser ihrem Exfreund und ihren aktuellen Freund? Mich wundert es, weil es sich so anhört, dass sie sich ein bisschen von den Männern dominieren lässt und sich ein Stück weit aufgibt, wenn sie mit jemanden zusammen ist. Was hat denn ihr Freund mit Dominanz und "für sie da sein" bewirkt, dass sich aus ihrer ES heraus gefunden hat? Wieso meinst du, dass ihr Freund keinen Kontakt zu dir zulässt? Und was ist mit dem Ex- Freund? Ist er ein Feeder ("durch ihn rutschte sie ins binge-eating") ?
Warum schickst du ihr denn dennoch nicht noch einen Brief? Ich würde es an deiner Stelle tun. Es ist so wichtig, dass der andere weiss, wie man fühlt und denkt und wenn es im Gespräch nicht besprochen werden kann, dann ist ein Brief das Hilfreichste. Überleg es dir doch nochmal :) . Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihn nicht lesen möchte. Wie ist denn der Kontakt abgebrochen? Hattet ihr zeitlich nicht mehr so oft gesprochen wegen deines Studiums oder hat sie sich eher abgekapselt (abkapseln lassen)?
Rein interessehalber: Wie war das? Warst du zuerst essgestört und dann sie oder anders herum? Habt ihr je darüber gesprochen?
Was studierst du?
Danke für die Umarmung, ich schicke dir auch eine :) !

Ganz liebe Grüße
In jedem Augenblick unseres Lebens sind wir frei, auf die Zukunft hin zu handeln, die wir uns wünschen.
Heinz von Foerster

Re: Tiefe Depression, Zurückstossung: Brief an Mutter

#12
Hi Rocky! :wink:
Rockmylife hat geschrieben:gehört habe ich heute was von ihr: ich hatte einen Brief von ihr im Hausflur liegen.
Uuuuund? Was ist denn drin gestanden? Wünsch dir, dass es was Zufriedenstellendes war, auch wenn ich nach deinem Satz "Es hat mich so geschockt "zu Hause" über Weihnachten ,dass ich es mir erstmal nicht mehr vorstellen kann, dorthin zu fahren." eher das Gegenteil befürchte... :?

Ad meiner Schwester:
Rockmylife hat geschrieben:Wieso meinst du, dass ihr Freund keinen Kontakt zu dir zulässt?
Naja, da gab's einige Situationen, die das vermuten lasse, die eindeutigste war wohl, als ich sie einmal gefragt hab, ob wir uns mal wieder treffen könnten, weil wir schon so lange nicht mehr zu zweit unter Schwestern unterhalten haben und scherzend zum daneben sitzenden Freund gesagt hab: "Wenn ich sie dir mal entführen darf...?" Der hat mich ernst angeschaut und ganz ernst gesagt, dass das nicht gehe, weil er sie in der letzten Woche auch nicht so oft gesehen hätte. Wir haben uns dann nicht getroffen... :evil: Naja - und dann merk ich halt immer wenn wir telefonieren, wenn er im Zimmer ist, dann antwortet sie nämlich nur noch einsilbig - normalerweise redet sie schon in ganzen Sätzen...
Rockmylife hat geschrieben:Wie war das? Warst du zuerst essgestört und dann sie oder anders herum? Habt ihr je darüber gesprochen?
Was studierst du?
Meine Schwester hat vor 5 Jahren begonnen abzunehmen und weil wir immer alles gleich gemacht haben, hab ich auch damit begonnen, am Anfang war das bei uns beiden noch ganz gesund aber irgendwann sind wir dann beide "abgerutscht" - Wir waren uns bewusst, dass die jeweils andere eine ES hat, bei uns selbst hatten wir aber nicht soooo wirklich eine Krankheitseinsicht - meine Schwester war "erfolgreicher" beim Fasten, sie war BMI-mäßig schon im Magersuchtsbereich, ich war nur knapp drüber... Dann hatte sie 2 Freunde - der zweite, ja der war der "Feeder", aber nicht für die ES an sich, sondern fürs Binge-eating, dass sie total fertig gemacht hat - war wirklich sehr extrem - und das war eben gleichzeitig mit meinem ersten Studienjahr, das in diesem Studiengang (Medizin) das Aussiebjahr war (nur ~10% sind weitergekommen), was aber keine Ausrede dafür ist, dass ich ** nicht für sie da war... :evil:
Rockmylife hat geschrieben:Hat deine Schwester irgendwen damals an sich ran gelassen ausser ihrem Exfreund und ihren aktuellen Freund? Mich wundert es, weil es sich so anhört, dass sie sich ein bisschen von den Männern dominieren lässt und sich ein Stück weit aufgibt, wenn sie mit jemanden zusammen ist.
Ja - mich! Wir waren - bis sie ihren jetztigen Freund gefunden hat - eine Person, wo die eine war, war die andere auch, wir haben uns immer ohne Worte verstanden und wir hatten absolut keine Geheimnisse voreinander, das erste, was sie mir nicht erzählt hat, war der erste Kuss mit ihrem jetztigen Freund. Naja und sie hatte auch immer viele Freundinnen und war sehr offen - die sehen sie aber jetzt auch nur noch alle heiligen Zeiten und auch nur dann, wenn sich diese Freundinnen SEHR ins Zeug legen...
Und: Ja, sie gibt definitif ein Stück von sich auf für ihren Freund...
Rockmylife hat geschrieben:Was hat denn ihr Freund mit Dominanz und "für sie da sein" bewirkt, dass sich aus ihrer ES heraus gefunden hat?
Naja, er ist halt ein "Gourmet", ich habe keine Ahnung, wie sie's geschafft hat, aber sie ist innerhalb kürzester Zeit für ihn auch zu einem geworden... Wie? Ich weiß es echt nicht, aber ich fürchte, wenn diese Beziehung mal zu Ende ist, wird sie vermutlich genau dort weitermachen, wo sie essensmäßig aufgehört hat - und das macht mir Angst! Auch, wenn mir diese Beziehung weh tut: Ich wünsche ihr, dass sie noch lang anhält, denn es geht ihr jetzt sicher besser, als es ihr mit dem Binge-eating gegangen ist... :|
Rockmylife hat geschrieben:Hattet ihr zeitlich nicht mehr so oft gesprochen wegen deines Studiums oder hat sie sich eher abgekapselt (abkapseln lassen)?
Während des ersten Jahres Studium haben wir das erste mal sehr wenig Zeit miteinander verbracht, weil ich viel auswärts gelernt hab, aber die Zeit, die wir miteinander verbracht haben war wie immer - am Ende des Jahres hat sie mir dann eben von Ihrem Freund erzählt, mir aber da gesagt, dass sie sich schon soooo darauf freut, wieder mehr Zeit mit mir zu verbringen und wir haben beschlossen zu dritt auszuziehen. War aber ziemlich bald klar, dass ich und ihr Freund Probleme miteinander haben und dann kam der Punkt, dass ich ausziehen sollte. Ich habe meine Schwester gefragt, ob sie froh sei, dass ich wegziehe, Antwort: Ja. Das hat SEHR weh getan... :cry:

Und seit dem Sommer damals kapselt sie sich aktiv ab - von mir, von meinen Eltern, von Ihren Freundinnen...
Rockmylife hat geschrieben:Warum schickst du ihr denn dennoch nicht noch einen Brief? Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie ihn nicht lesen möchte.
Doch. Leider. Ich bin mir sicher, dass sie mir dann einerseits helfen wollen würde, aber andererseits ihre Beziehung nicht gefährden möchte. Es würde sie innerlich zerreißen und total fertig machen. Das werd ich ihr nicht antun, das hat sie nicht verdient...

Aber BITTE: Denk jetzt nicht schlecht über meine Schwester: Sie ist echt ein herzensguter Mensch, wirklich, sie hat immer soooo viel für mich und alle anderen gemacht und jetzt ist sie halt in einer schwierigen Situation, die aber wohl trotzdem die bestmögliche für sie ist! Ich möchte sie absolut nicht anschwärzen oder so und ich verstehe auch warum sie das tut, was sie tut, nur tut's mir halt weh. Aber irgendwann musste es halt sowei sein, dass wir auseinandergehen... :cry:

So, das war jetzt sehr lang, das wolltest du sicher nicht - Sorry! Aber Danke fürs Durchlesen und für die Anteilnahme, das tut gut! DANKE!

Ich wünsch dir, dass sich in der Sache mit deiner Mutter bald doch noch alles zum Guten wendet (oder zumindest zum Besseren) und 'tschuldigung nochmal, dass ich dich jetzt so vollgelabert hab,
gglg, Hörnchen