hallo, ihr lieben
also ich kenne dieses problem noch von damals. bei mir gab es ehrlich gesagt kaum "phasen", in denen ich nicht erbrochen habe. angefangen, clean zu werden, habe ich erst in der klinik. da habe ich es tatsächlich geschafft, vom ersten tag an das essen drin zu behalten - aber eben auch nur schritt für schritt, das heisst, ich habe zu beginn extrem wenig gegessen. dazu muss ich sagen, dass die bulimie bei mir vor klinikbeginn eh schon am übergang in die magersucht gewesen war und mein magen normale portionen von einem auf dem anderen tag nicht sofort gepackt hätte. ich hab damals allerdings nicht auf essen verzichtet, um ja nicht zuzunehmen, sondern versucht, so viel, wie es mir möglich ist, zu mir zu nehmen, um wieder gesund zu werden. ich weiss, das ist ein und dieselbe tatsache, doch unter zwei anderen sichtweisen, die mir doch nicht ganz unbedeutend erscheinen.
für mich war es damals ok, eine weile nur kleine portionen zu mir zu nehmen, weil das für mich der einzige weg zurück zu einem gesunden essverhalten war. hätte ich gleich am ersten tag alles gegessen,was sich auf dem tablett befand, bin ich mir sicher, dass es ziemlich bald wieder im klo gelandet wäre - einfach, weil ich noch kein gefühl für normale portionen hatte und mein magen diese auch nicht mehr gewohnt war.
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es war für mich deshalb ok, weil ich mit mir selbst ein abkommen geschlossen hatte: ich wollte jeden tag ein bisschen mehr essen. stetig nach oben gehen, hin zum gesundwerden. da ich auch mit eiserner disziplin und entschlossenheit an diesem abkommen festgehalten habe und irgendwann wieder - ganz nach meinem eigenen rhythmus und körpergefühl - normale portionen essen konnte, denke ich, dass dieser zustand in ordnung war.
ich finde, ihr seid zum einen etwas zu streng mit euch, zum anderen wiederum zu locker.
ihr verteufelt diese "phasen" gleich als zeiten, in denen ihr ja keineswegs gesund seid, sondern euch einfach auf die andere seite, die seite der magersucht begeben habt. wenn ihr bewusst weniger esst, aus angst, zuzunehmen, ist diese strenge vielleicht auch angebracht. insbesondere, wenn dies ein dauerzustand bleiben soll. wenn ihr aber aus unsicherheit euch nach und nach wieder herantasten müsst und erst kleine schritte schafft, aber nie aus den augen verliert, wo ihr eigentlich hin wollt und dass ihr noch längst nicht angekommen seid, dann ist es doch schon einmal ein erster schritt, nicht mehr zu erbrechen. hier dürft ihr euch allerdings nicht ausruhen, sondern euch gleich das nächste ziel setzen: wieder normal essen lernen. und wenn ihr das alleine nicht mehr schafft, was mehr als verständlich ist, dann holt euch hilfe.
und dann möchte ich noch auf eines eingehen:
ihr sprecht immer von "phasen" in denen ihr clean seid. das ist schonmal viel und es zeigt, dass ihr einen kampfgeist besitzt. das zeigt, dass ihr euch auf dem weg in die richtige richtung befindet.
auf der anderen seite solltet ihr aber arg aufpassen, dass ihr euch nicht von einer phase zur nächsten schleppt. es ist ein trugschluss, irgendwann schon einmal damit aufhören zu können. wenn ihr schon merkt, dass es "phasen" gibt, braucht ihr dringend hilfe. vielleicht lehne ich mich zu weit aus dem fenster, aber meiner meinung nach beginnt das gesund sein erst dann, wenn man aus den vielen kleinen phasen einen langen zeitraum bastelt, ohne unterbrechungen, der es einem erlaubt, man selbst zu sein, ohne zweifel, ohne gewissensbisse, ohne unsicherheit. DAS bezeichne ich als clean -sein . und ich möchte euch einfach abschließend fragen:
warum gebt ihr euch mit diesen phasen zufrieden? erst wenn es kein wenn und aber mehr gibt, wenn es keinerlei akzeptanz solcher phasen(und damit auch der schlechten) mehr gibt, sondern ihr der krankheit mit all eurer kraft den kampf ansagt, erst dann solltet ihr euch zufrieden geben. das seid ihr einfach wert.
lg, eure jen