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Nicht mehr weinen können

Verfasst: Sa Jul 19, 2008 14:20
von Naturelle
Kennt das jemand von euch? Ich kann seit über einem halben Jahr bis auf 2 Ausnahmen nicht mehr weinen.
Selbst wenn ich so am Boden bin, dass nix mehr geht und ich so eine düstere Stimmung hab, dass ich nur noch sterben möcht, es kommt keine Träne (bis auf 2 Ausnahmesituationen).
Mir kommts fast so vor, als ob das in den Ansätzen unbewusst gestoppt wird - kann sowas sein?
Manchmal wärs echt befreiend. Stattdessen hab ich wieder oft zur Bulimie gegriffen.

Die letzten Monate gings mir verdammt schlecht, das Pädagogikstudium haut mich dermaßen um, weil ich immer wieder vor Augen hab, wie ich als Kind misshandelt und m*ssb**ch* wurde. Es nimmt alles eine andere Dimension an. Als Kind wusste ich auch, dass niemand das Recht hat mich zu Prügeln oder mich anzufassen, aber da konnte ich es besser verharmlosen.
Zum ersten Mal erkenne ich Parallelen, wie ich zu dem was ich bin werden konnte, erkenne die Hilflosigkeit... Misshandelt, m*ssb**ch* und weggeworfen. Jetzt teh ich im Leben mit meinen 24 Jahren, hab kaum noch Interessen und kann selten noch lachen :? Oh Mist....

Ja, das Problem mit dem Weinen... Kennt das jemand? Kann man das wieder lösen?

LG Naturelle

Verfasst: Sa Jul 19, 2008 14:25
von Windhündin
Ich versteh dich... auch wenn ich nicht missb* oder misshandelt wurde...
Ich habe auch als kind zuviel gesehen...
Wobei ich seit meiner Krankheit noch emotionaler bin!
Ich war immer nah am Wasser gebaut, aber durfte das hier bei meinem vater bloß nicht zeigen....
Ich weine oft drauf los, wegen anderer Leutes Schicksalsschlägen, Filmen, einfach alles berührt mich und tut mir leid, und oft auch ohne Grund oder eher weil ich mich allein und verzweifelt fühle....
Ich weiß nich ob man weinen lernen kann, ich denke nach dingen die du erlebt hast musst du fühlen lernen, liebe fühlen! fühl dich gedrückt*

Verfasst: Sa Jul 19, 2008 14:40
von all~about~eve
Liebe Naturelle, ich verstehe dich sehr gut!

Mir ist erst vor relativ kurzer Zeit aufgefallen, dass ich lange Zeit nicht richtig geweint habe. Plötzlich sind mir einige Tränenausbrüche aus früherer Zeit eingefallen und ich habe mich daran erinnert, wie verzweifelt ich manchmal geheult habe. Nicht, dass ich mein Leben damals so supertoll im Griff gehabt hätte (sonst wär das Weinen wohl nicht nötig gewesen), aber hey - immerhin war ich nicht bulimisch!!!
Dieser Zusammenhang war einer von vielen kleinen Puzzlesteinen, die ich in letzter Zeit zusammengesetzt habe. Ich hab heut schon in einem anderen Beitrag einen ganz wichtigen Satz geschrieben, den ich irgendwo (vielleicht eh hier im Forum!?) aufgeschnappt habe:

WEINEN STATT (FR)ESSEN

Ganz oft vorsagen, sich oft daran erinnern, nicht entmutigen lassen wenn es nicht immer klappt und Geduld mit sich selber haben - sich auch bei Rückschlägen sagen: "Eigentlich weiß ich ja, wie's wirklich geht, nämlich weinen statt essen" ... Gehirnwäsche mit sich selbst betreiben, sozusagen. Klappt nicht von heute auf morgen, aber steter Tropfen höhlt den Stein, wirst sehen!!

Verfasst: Sa Jul 19, 2008 15:13
von unframed
Naturelle,genau das ist es leider!Mit der Bulimie kotzt du dich taub...du verdrängst die traurigkeit!
Bei mir ist es so,dass wenn ich quasi auf entzug bin,werde ich unfassbar traurig...

Verfasst: Sa Jul 19, 2008 17:58
von aire
Liebe Naturelle,

komisch, gerade heute morgen habe ich über dasselbe Thema nachgedacht. :shock: Ich weine auch fast nie. Wenn ich in den letzten wei Jahren "geweint" habe, dann war das ein Mal kurz feuchte Augen und fertig. Außerdem weine ich nie wenn ich traurig bin, sondern eher aus Verzweiflung, wenn überhaupt...

Mir geht das auch so - wenn ich "clean" bin, fühle ich anders. Meistens macht es mich aber weniger weinerlich als eher nervös, ruhelos und agressiv.

lg

aire

Verfasst: So Jul 20, 2008 16:03
von Naturelle
Guten Abend,
Windhündin hat geschrieben: Ich habe auch als kind zuviel gesehen...
Zuviel gesehn? Magst du mal mehr dazu schreiben?

Ich war eigentlich auch immer verdammt nah am Wasser gebaut, bis Anfang des Jahres. Irgendwann war alles zuviel und seit da hab ich so ein Wurschtigkeitsgefühl. Manchmal ganz praktisch, weil ich mich weniger stresse, aber irgendwie seltsam, ungewohnt und auch unangenehm, da mich auch schöne Dinge nicht mehr wirklich berühren. Alltag interessiert mich kaum noch, Erfolge interessieren mich kaum noch, nur noch Vergangenheit, Trauma, Misshandlung, MB und was aus mir geworden ist.... Gerade ist meine Wachmaschine verreckt und es lässt mich ziemlich kalt. Dann arbeit ich halt mehr. Irgendwie ist alles immer wieder so sinnleer auf der einen Seite, immer wieder das Gefühl nichts und niemand kann mir noch was bedeuten. Und auf der anderen kann ich langsam endlich anfangen unbekümmerter zu leben, Spaß zu haben, den ich früher nicht hatte. Es kippt sehr intensiv zwischen diesen beiden Seiten, zu ca. 90% befinde ich mich im traurigen und negativen Bereich, aber ich denke es ist eben ein Teil dieses Heilungsprozesses.... Na ja... Nur weinen würd ich gern noch können.

@unframed und all~about~eve:
Ja, mir kommts auch so vor... taub gekotzt. Traurigkeit ist zwar da, aber es dringt nicht nach Außen. Also man merkts mir sehr an, aber es kommt nicht aus mir raus, diese Traurigkeit. Ich fühl mich voll von ihr, vollgestopft, krz vorm Platzen und sie soll endlich raus. Raus mit dem Schmerz, der Trauer und der Wut. Ich hab zuviel von der Thematik in mich reingefressen die letzte Zeit. Kurz vorm Implodieren und ich warte auf den großen Knall, endlich mal zu explodieren. Na ja, damit beschreibe ich ja, was ich mit der Bulimie tue: Was rein und den ganzen scheiß wieder raus, endlich raus!
Innerlich hab ich irgendwie auch das Gefühl vieeeeeeel mehr unter Spannung zu stehn, als es nach außen dringen könnte. Einfach nur weinen, schreien, den Gefühlen freien Lauf lassen... Geht aber nicht :-( Nach außen fühl ich mich so ruhig, tot... schwer zu beschreiben.
aire hat geschrieben:Mir geht das auch so - wenn ich "clean" bin, fühle ich anders. Meistens macht es mich aber weniger weinerlich als eher nervös, ruhelos und agressiv.
Ja, das kenn ich auch mitm clean sein... nervös, ruhelos aggressiv. Bei mir ists die letzte Zeit auch noch: Unruhe, weglaufen wollen, nicht können, ich kann nicht vor mir weglaufen, wohin denn noch? Keine Rettung mehr, nichts geht mehr,... Aufgerieben sein, Lustlosigkeit... Einfach schwer zu sagen.

Irgendwie verdammt viel Sprachlosigkeit darüber, was meine Eltern mit mir angestellt haben. Der neue Blickwinkel eben obwohl ich die ganze Prügel und die vielen Grenzüberschreitungen, die Spötteleien, das Eingesperrtsein, etc. nie vergessen hatte. Aber ichs sehs anders und sehe was es mit mir gemacht hat und fühle mich irgendwie wie erdrückt davon.

Na ja :-(

Alles wofür es sich noch zu leben lohnt ist essen... und das geht nicht, weil ich nicht mehr kotzen will ;-) Also muss ich schön brav normal essen und mich meinem Körper ergeben, denn er bestimmt was gut für ihn ist und welches Gewicht er möchte... Oh Mann... Und versuchen mich hochzuziehn wo ich nur kann und positive Blickwinkel und Strategien entwickeln um mir selbst zu helfen.
Ich mag nur immer wieder nicht mehr.

... ne traurige Naturelle

Verfasst: So Jul 20, 2008 16:21
von Naturelle
Zum Thema Liebe fühlen:

Ich glaube Liebe fühle ich schon lange nicht mehr. Ich hab schon Probleme damit Positves für Freunde und Familie zu empfinden obwohl ichs irgendwie schon unbewusst tue.

Mir fehlt es halt Zärtlichkeit und Geborgenheit mit jemandem teilen zu können. Berührungen und Umarmungen sind für mich meistens nur nette Gesten bei denen mein Empfinden sich auf taub stellt. Fühle ich mal mehr habe ich sofort Angst es zuzulassen, da gerade das mr fehlt und ich Angst hab es nie wieder fühlen zu können danach oder "süchtig" danach zu werden, es mehr zu brauchen und immer wieder zu wollen. Dann lieber gar nicht, was auch keine Lösung ist :( Aber Liebe.... Was ist Liebe? Das Akzeptieren und positve Annehmen mit allen Sonnen- und Schattenseiten?