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kranke Kontrolle vs. gesunde Kontrolle

Verfasst: So Jul 13, 2003 10:31
von Cassandra
Mal wieder einer der Beiträge von mir, für die mich viele wieder ganz doll ausschimpfen werden... :D

Und zwar möchte ich mal eines vorwegschießen:

Wir kennen alle dieses hilflose Gefühl, den überwältigenden Selbsthasst und den Gedanken, dass wir dieser Sucht halt verfallen sind und nichts gegen sie tun können.
Und hier möchte ich mal entgegenhalten: jeder, der diese Ausreden zulässt will nicht wirklich, sondern sagt das nur, um die Verwandten oder den Therapeuten zu beruhigen oder sich selbst das Gefühl zu geben, nicht ganz aufzugeben. Jeder, der sich so ergibt braucht seine Krankheit und gefällt sich in seinem Selbsthass. Ja, so ist das. Und gerade dass sollte euch erschrecken und motivieren etwas dagegen zu tun. Ihr seid nicht nur Opfer, ihr seid auch ganz viel Täter.

...:::(Jetzt dürft ihr mich hauen.):::...

...:::(Jetzt nicht mehr, ich muss weiterreden.):::...

Es geht beim gesund werden darum, wieder Kontrolle zu haben. Das ist aber etwas ganz befremdliches für unsereins, weil wir nur die kranke, bulimische Kontrolle kennen und uns daher aus Angst gegen jede Form von Kontrolle sträuben. Aber auch ein gesundes Leben läuft nicht ohne feste Regeln und Grenzen.
Viele denken, wenn man gesund wird, dann geht alles von alleine: das tut es nicht.
Der Mensch braucht sinnvolle Beschäftigung und feste Werte. Dazu gehören so banale Sachen wie morgens das Bett machen, den dreckigen Teler aus dem Zimmer mitzunehmen wenn man schon in die Küche geht oder regelmäßig die Zähne zu putzen. Aber auch Unternehmungen. der Job, die Schule, sich selbst weiterbilden, das gehört alles zu einem gesunden Leben.
Und dazu gehört, dass man einsieht, dass auch ein gesund essender Mensch Regeln hat. Wir müssen uns das vielleicht noch bewusst machen, aber auch ein gesunder Mensch hat Grenzen, die er nicht überschreitet. Die haben wir nicht mehr. Wir essen und essen und essen und danach kotzen wir. Und weil das viele essen für uns normal ist denken wir, das gesund essen regelloses aber maßvolles essen ist, das automatisch kommt. Aber das ist nicht so. Auch ein geistig vollkommen gesunder Mensch denkt sich : "Nich ein Eisbecher wär zu viel."
Es geht auch hier wieder darum, Kontrolle zu haben, aber gesunde. Regeln, die einem gut tun, die einen fit und aktiv halten und nicht krank machen udn kasteien.

Bulimiker haben keine Kontrolle mehr beziehungsweise eine kranke und alles was wir lernen müssen ist eine positive Kontrolle.

Über Gefühle...das heißt nicht, sich z.B.
Wut verbieten, sondern diese Wut anzunehmen und in vernünftige Bahnen zu leiten (Ist sie brechtigt, gegen wen geht sie, was genau stört mich, wie kann ich mich schützen/wehren, das Problem ansprechen?)

Über das Verhalten...man muss aktiv sein. Das heißt nicht auf jede Party rennen, sondern das heißt, sich über seine Bedürfnisse klar zu werden, den Geist zu füttern und ihn nicht verkümmern zu lassen.

Über Werte und Regeln....das heißt nicht verleugnen des eigenen ichs zugunsten übertriebener Schönheitsideale, sondern dem Leben eine Form zu geben, einen Tagesablauf, das heißt zu sich zu stehen und zu akzeptieren, dass gewisse Leute einen langweilig oder überdreht finden und scih mit denen zu umgeben, die einen verstehen.

Über den Selbsthass....gehört eigentlich zu Gefühle, aber gerade wir neigen dazu uns in vollem Mitleid richtig reinzuhängen, das muss man stoppen und sich fragen wie viel Wahrheit und wie viel Lüge darin ist.

Über das Essen...das heißt nicht, die Kalorienzufuhr auf unter 500 zu drosseln und jeden Eisbecher als Feind zu sehen. Das heißt drei hauptmahlzeiten und zwischendurch mal einen Joghurt, das heißt stopp sagen, wenn aus ein oder zwei Schokoriegeln fünf Packungen werden und man nicht mehr trinkt damit man nicht schwerer wird.

Über das Körperbild...sich einreden, dass man hübsch ist bringt nichts. Segelohren, Reiterhosen und Babyspeck im Gesicht lassen sich nicht wegreden, sie sind da. Aber man muss den extremen Vorwürfen, die einem die Bulimie deshalb macht die Stirn bieten und sich mit diesen Dingen auseinandersetzen. Ihr habt doch alle Freundinnen, die bestimmt auch Schönheitsfehler haben oder? Achtet ihr darauf, ist das ausschlaggebend für eure Zuneigung oder Bewunderung oder Ablehnung? Warum sollte das bei euch so sein? Sind die Schönheitsfehler des Körpers ein Grund eure Persönlichkeit zu verachten? Ihr merkt vielleicht dann, wie sehr die Bulimie übertreibt und könnt sie schön auslachen, beziehungsweise ihr schön die Fresse polieren, so viel Dummheit gehört bestraft.


Wir haben darüber Kontrolle, aber wir reden uns ein, sie nicht zu haben, zu Gunsten unserer Bulimie. Denn wenn wir uns Kontrolle eingestehen heißt das auch, dass wir uns unseren Problemen, Verletzungen, Einsamkeiten, Ängsten und Langeweilen stellen müssen und etwas gegen sie tun müssen. Das heißt sich selbst in den Arsch treten und sich selbst auffangen. Das heißt für sich da sein und das Leben selbt in die Hand nehmen.

Und jeder, der sagt, er kann es nicht, weil er süchtig ist, belügt sich selbst und will aus irgendwelchen Gründen nicht wirklich gesund werden. Aber gerade dann sollte er jetzt in diesem Moment erschreckt vor dem Spiegel stehen und sich fragen, wie man sich in seinem Selbstmitleid und Selbsthass so gefallen kann.

Man muss sich seine Lebensumstände selber schaffen und sich selbst für sich einsetzen. Wir Bulimiker tun das im Allgemeinen nicht, weil wir jegliche Form von gesunder Kontrolle mit kranker verwechseln.

Ich habe heute morgen gefrühstückt, ein Brötxchen mit Ei und Marmelade, dann hab ich mich ins Bad verzogen, frisiert, Gesicht gecremt, Zähne geputzt, mich angezogen, mein Bett gemacht, ein bisschen aufgeräumt, mir überlegt, was ich heute tue (die ägyptischen Dynastien lernen, skaten, heute abend mit Schwester aufs Schützenfest), mir ein paar gute Fernsehserien rausgesucht (damti ich nicht immer vor der Glotze hänge und zappe, weil das deprimiert und die Konzentration leidet) und beim Schokohunger zwei STücke abgebrochen und genossen und dann war gut.
Und das ist nichts, was mich krank macht oder mir die Luft zum atmen abschnürt. Ich hab meinem Tag eine Form gegeben. Sitze in einem sauberen, schönen, luftigen Zimmer, gucken nach drau0en, wo die Sonne scheint, die Blumen auf meiner Fensterbank sind schön gepflegt, ich hab keinen Hunger und langweile mich nicht.
Mir geht es gut. Ich habe kein Gefühl des Versagens und der Kontrolllosigkeit, weil mein Tag unter meiner Organisation liegt und nicht so vor sich hinschwabbert. Gleichzeitig bin ich aber auch nicht gezwungen, alles so zu machen, wie ich es mir vorgenommen habe. Es ist eben nur ein Gerüst, auf dem ich beliebig rumklettern kann, das aus Werten besteht, die mir persönlich gut tun.

Verfasst: So Jul 13, 2003 11:19
von Pauline
Hallo cassandra, ich "haue" Dich nicht, sonder bin völlig Deiner Meinung, was Opfer und Täter betrifft. Das zu akzeptiern ist schwer, aber unvermeidbar, wenn ich mir ehrlich gegenüber sein. Diese Erkenntniss hat meine Krankheiteinstellung wesentlich verändert. Interessant war für mich herauszufinden, warum ich diesen weg gewählt habe. dabei hat jeder seine eigene Geschichte. Aber das mit der Täterschaft ist vielleicht Verallgemeinert die Tatsache, das ich mich nie zu Täter an anderen machen wollte und will. Mir dabei aber unerreichbare Maßstäbe gesetzt habe. Woher die kommen steht auf einem anderen Blatt. Die beziehungen zu meinen Mitmenschen sollten von einem absoluten harmoniebedürfniss geprägt sein. Ich wollte immer der "perfekte" Geselle sein, der mit allen auskommt und habe in meiner Naivität geglaubt, ich dürfte nie wiedersprechen, niemals nein sagen, nie für eigene Wünsche und Bedürfnisse eintreten, um nicht egoistisch zu sein u.s.w. das kennt Ihr bestimmt alle und Ihr wißt auch, das das einfach nicht möglich ist und sich dieses Verhalten gegen einen selbst wenden muß. Denn irgend ein Ventil muß entstehen für soviel Überforderung...

Wo ich Dir nicht zustimme ist Deine Aussage:

"Und jeder, der sagt, er kann es nicht, weil er süchtig ist, belügt sich selbst und will aus irgendwelchen Gründen nicht wirklich gesund werden. Aber gerade dann sollte er jetzt in diesem Moment erschreckt vor dem Spiegel stehen und sich fragen, wie man sich in seinem Selbstmitleid und Selbsthass so gefallen kann."

das ist in meinen Augen genausoeine Überforderung und gleichzeitig ein Schlag ins Gesicht, weil Du damit unterstellst, das ich ein Opfer meines schwachen Willens bin und mit Absicht krank geworden bin. das ist nicht so einfach, sorry...
Weil es eine Krankheit, eine Krankheit der Seele, die über viele Jahre gewachsen ist, bevor sie über das typische Symtom... ausbricht und uns quält funktioniert es eben nicht so einfach. Die Wunde muß erstmal gefunden werden, anschließend grundhaft beguckt, gereinigt und gesalbt, dann ruhiggestellt und alle heilungshinderlichen Umstände, soweit möglich beseitigt werden, bevor sie langsam aus der tiefe heilen kann. Du willst ein Pflaster draufkleben, das Pflaster des eiseren Willens, womöglich ohen sie überhaupt einem Arzt zu zeigen, ne, ne, das funktioniert nicht. Dann wären wir alle nicht hier.

Pauline
















Und jeder, der sagt, er kann es nicht, weil er süchtig ist, belügt sich selbst und will aus irgendwelchen Gründen nicht wirklich gesund werden. Aber gerade dann sollte er jetzt in diesem Moment erschreckt vor dem Spiegel stehen und sich fragen, wie man sich in seinem Selbstmitleid und Selbsthass so gefallen kann.

Verfasst: So Jul 13, 2003 11:59
von Cassandra
Pauline hat geschrieben: das ist in meinen Augen genausoeine Überforderung und gleichzeitig ein Schlag ins Gesicht, weil Du damit unterstellst, das ich ein Opfer meines schwachen Willens bin und mit Absicht krank geworden bin. das ist nicht so einfach, sorry...
Weil es eine Krankheit, eine Krankheit der Seele, die über viele Jahre gewachsen ist, bevor sie über das typische Symtom... ausbricht und uns quält funktioniert es eben nicht so einfach. Die Wunde muß erstmal gefunden werden, anschließend grundhaft beguckt, gereinigt und gesalbt, dann ruhiggestellt und alle heilungshinderlichen Umstände, soweit möglich beseitigt werden, bevor sie langsam aus der tiefe heilen kann. Du willst ein Pflaster draufkleben, das Pflaster des eiseren Willens, womöglich ohen sie überhaupt einem Arzt zu zeigen, ne, ne, das funktioniert nicht. Dann wären wir alle nicht hier.

Pauline
So meinte ich das nicht. Ich gestehe jedem zu, seine Probleme zu analysieren, zu besprechen und gegen sie anzugehen. Aber wer sich hinter einem "Ich bin süchtig und kann da halt nicht einfach so weg." versteckt, und das tun viele, dem gefällt seine Rolle als kranker, warum auch immer. Vielleicht weil er sich noch nicht genug damit beschäftigt hat, warum er krank ist und deshalb keine Perpektive sieht, wie er sich hlefen kann oder weil ihm die Aufmerksamkeit gefällt, die einem unweigerlich zu Teil wird, wenn man sich den richtigen Leuten offenbart und und und.
Jeder, der sagt: "Ich bin nunmal krank, ich kann dagegen nichts tun." hält an dieser Krankheit fest und geht eben nicht zum Arzt, sondern klebt den, mit deienn Worten nur anders, eisernen Willen der Hilflosigkeit als Pflaster drauf.

Ich sage nicht, dass jemand absichtlich krank wird. Aber ich sage, dass viele sich auch hinter ihrer Krankheit verstecken oder sich in ihrer Rolle gefallen, meistens unbewusst, und sich das nicht eingestehen wollen, denn dass sie sich so verhalten hat ja auch wieder einen Grund dem man sich dann stellen müsste.

Verfasst: So Jul 13, 2003 12:59
von Pauline
"Ich sage nicht, dass jemand absichtlich krank wird. Aber ich sage, dass viele sich auch hinter ihrer Krankheit verstecken oder sich in ihrer Rolle gefallen, meistens unbewusst, und sich das nicht eingestehen wollen, denn dass sie sich so verhalten hat ja auch wieder einen Grund dem man sich dann stellen müsste."
(Cassandra)

Ja Cassandra, genau das ist so ein Knackpunkt, dieser sogenannte "Krankheitsvorteil". da stimme ich Dir zu.
Jedoch ist das ein Punkt den man, um Ihn zuerkennen und zugeben kann, erst erreichen muß. das ist nicht einfach so ersichtlich und nach meiner Erfahrung am ehesten durch professionelle Therapieunterstützung möglich.
Die Erkenntniss, das nämlich während eines bestimmten Krankheitsverlausabschnitts diese Bulimie ein vorübergehender "Helfer" für mich war, der es mir ermöglichte zu bestehen, durchzuhalten, um zu überleben. Ich möchte sogar behaupten, mich beschützt hat im begrenzten Rahmen seiner Möglichkeiten, von mir ausgewählt wurde als Hilfsmittel und darum so hartnäckig an mir klebt, bzw. sich verselbstständigt hat, bevor der innere Reifungsprozeß den Grad erreichte, der es mir ermöglicht diese Krankheit nicht mehr zu wollen. Die Tragig an der Sache ist nun leider die, das es in diesem Stadium nicht mehr so einfach geht, die Bulimie wegzuschicken, sondern, wie bei jeder anderen Sucht, die sich verselbstständigt hat nur eine konsequente, ausdauernde Arbeit dazugehört.
Pauline

Verfasst: So Jul 13, 2003 13:48
von Cassandra
Es geht einfach darum: die Dinge in die Richtige Perspektive rücken. Kein dramatischer Selbsthass und keine übertriebene Eigenliebe (die viele in guten Phasen mal kurz haben um dann ganz tief zu fallen).
Dazu gehört Selbstkritik wie Selbstschutz und dazu gehört auch das essverhalten zu trainieren. Das Kotzen und Fressen geht nicht so weg, ihr seid viel zu sehr dran gewöhnt, ihr müsst das üben.

Genauso müsst ihr, wenn ihr eure wahren Gefühle finden wollt eure Empfindungen gegenüber eurem Körper außer acht lassen.
Ich hab ja hier auch den Thread, was wäre, wenn ihr dick wärt. Kaum jemand konnte mir das beantworten, alle haben mir ihr Körperbild geschildert. Ich wollte wissen, wovor ihr dann Angst habt. Mit der Frage müsst ihr einsteigen, was ist in diesem Augenblick, oder allgemein so schlimm daran wäre , wenn ihr dicker wärt. Und wenn ihr die Antworten habt, dann behandelt die Themen ohne euren Körper.
Beispiel:

"Wenn ich dick wäre würde mein Freund mich sicherlich nicht mehr lieben."

"Hat er das gesagt?"

"Nein, aber das ist doch klar, das sieht man doch."

"Wo?"

"Na überall. Das ist einfach so."

"Nenn mir ein konkretes Beispiel."

"Thorsten hat Mia verlassen, als er mit ihr im Bett gewesen ist, weil sie ihm zu dick war."

"Wie lange waren die beiden zusammen?"

"Eine Woche."

"Und das vergleichst du dann mit einer Beziehung? Nenn mir ein Beispiel wo eine richtige Beziehung am Gewicht zerbrochen ist, aus deinem Umfeld."

"Geht nicht. Fällt mir jetzt niemand ein."

"Siehst du. Vertraust du deinem Freund? Glaubst du er ist immer da, egal was du tust?"

"Nein."

"Warum nicht? Hat er dich schon mal fallen lassen oder betrogen oder setzt dir Ultimaten?"

"Nein."

"Hat das schon mal jemand mit dir getan? Dich verlassen?"

"Mein Bruder."

"Wann?"

"Vor zehn Jahren. Wir waren unzertrennlich und plötzlich wollte er nichts mehr von mir wissen."

"Warst du damals dick?"

"Nein."

"Also kann Verlassen ja nach den ganzen Beispielen, die wir hatten nicht vom Körpergewicht abhängen. Hast du dir das vielleicht eingeredet."

"Kann sein."

"Wieso könntest du ausgerechnet auf die Idee gekommen sein, dass dein Körper daran schuld ist, wenn dich jemand verlässt?"

"Über mein Gewicht hab ich Kontrolle."

"Also kann man sagen, du wurdest verlassen, einfach so und es gab keinen grund. Aber du hast dich fürchterlich hilflos gefühlt und überdeckst dieses Gefühl der Hilflosigkeit mit der Kontrollmöglichkeit deines Gewichtes? Und daraus hat sich dann das Verständnis entwickelt, dass deine Beziehungen von deinem Gewicht abhängen?"

"Wahrscheinlich."

"Liebst du deinen Freund in erster Linie wegen seines Gewichts? Deine beste Freundin? Ist Frau XY wegen ihres Äußeren dein Vorbild?"

"Nein."

"Warum also sollten andere Menschen das aber bei dir als oberste Priorität setzen?"

"Ich weiß nicht."

"Eben, dafür gibt es keinen Grund. Das einzige was mit dir los ist, ist dass du verdammt verletzt bist und mit diesem Gefühl nicht richtig umgehen kannst. Du kompensierst es mit kotzen, weil du dein Essverhalten kontrollieren kannst, deine Gefühle nicht. Lern Kontrolle über deine Gefühle, nur dein Bruder hat dich verlassen und du kennst die Gründe nicht. Es ist idiotisch deshalb davon auszugehen, dass es 1. deine Schuld war und 2. alle anderen Menschen das auch so sehen. Versuch lieber ihn zu finden und ihm zu sagen, wie verletzt und verunsichert du bist und nimm diese Gefühle an. Und wenn du ihn nicht findest schreib ihm trotzdem Briefe, tu sie in einen Schuhkarton und warte, bis du ihm sie geben kannst. Du musst mit deiner Trauer arbeiten und sie nicht duch etwas anderes ersetzen."

So muss das laufen, seid euch selbst eure Therapeutin anstatt wieder ein Kotz-Fress-Drama zu inszenieren, das nicht notwendig ist. Fragt euch was los ist und wieso und was ihr dagegen tun könnt und dann tut das.

Verfasst: So Jul 13, 2003 14:13
von Pauline
Du hast völlig recht man darf sich nicht mehr alles durchgehen lassen, man muß an sich, seinen Gewohnheiten, seinen Erwartungen und seinen
Einstellungen hart arbeiten. Sich quasi neu definieren über seine Entscheidungen und Taten, nicht über die Bulimie. Das ist mir völlig klar, aber ich weiß auch, man darf sich nicht verdammen, für das was man getan hat, was man tun mußte... Ich versuche mir zu verzeihen, weil ich die Vergangenheit nicht rückgängig machen kann, das Leid, was ich mir und Anderen zugefügt habe kann ich nicht ungeschehen machen. Ich habe aber die Chance in der Gegenwart durch Veränderung es Anders zu machen und aus den Erfahrungen zu lernen, um es hoffentlich besser zu machen. Aber das alles ist ein Prozeß, der sich langsam entwickelt und gerade die Chance dieser Krankheit ist. Du kannst anderen nicht Deine Lösungen überstülpen, sie zu was drängen, wozu sie innerlich noch gar nicht reif sind. jeder muß selbst drauf kommen, wer er ist, was er braucht, was er will, wozu er lebt mit viel Behutsamkeit und Liebe zu sich selbst ist das wohl nur möglich. den Zeitpunkt merkt man schon und davor durchläuft man halt diese vielen schmerzhaften Phasen dieser Erkrankung. Ich glaube man kann niemanden davor bewahren, wenn ein bestimmter Punkt erreicht ist, man kann nur eigene Erfahrungen anbieten, mehr ist wohl nicht drin... Pauline

Verfasst: So Jul 13, 2003 14:39
von Cassandra
Ich biete meine Erfahrungen ab. Ich wäre früher gesund geworden, wenn mir jemand all diese Dinge nicht erst nach meinem letzten Rückfall sondern gleich zu Beginn an den Kopf geschmissen hätte. Denn das hat jemand, den ich auch noch dazu richtig verabscheue. Das mein "IM Kopf bin ich ja eigentlich schon gesund, aber ich bin halt an das Verhalten gewöhnt, das ist nur eine Sucht." eine faule Ausrede ist und dass ich verdammt krank bin. Und danach hab ich es eingesehen, einfach aus meiner Wut über die Person. Ich hasse diese Person immer noch, aber dadurch, dass mir jemand so dermaßen beschissen auf die Füße getreten ist hab ich angefangen was zu tun, weil ich plötzlich springen musste.
Und jetzt bin ich clean, entwickle immer mehr Selbstvertrauen und spüre mich, auch all das negative in mir. Ich keine meine Verletzungen endlich verarzten, weil ich sie endlich kenne und vernünftig wahrnehme. Ich freue mich wieder auf Dinge und habe wieder Zukunft. Und deshalb schreibe ich all das hier auf, in der Hoffnung, dass irgendwer, der gerade wieder ein Selbsthassdrama inszeniert ordentlich vor den Kopf gestoßen wird.

Verfasst: So Jul 13, 2003 14:51
von Pauline
Liebe cassandra, das ist ja auch völlig okay und ich möchte Dir ehrlichen Herzens meine Hochachtung und meine Anerkennung für Deine Erfolge, Deinen Mut und Deine Offenheit aussprechen. Mein Gott, das klingt so förmlich, sollte eigentlich nur heißen, das ich mich für Dich freue und Dir wünsche, das es weiter so gut läuft. Ich spüre aber auch hinter all dem Positiven eine harte Verbissenheit, die zwar einerseits unbedingt erforderlich ist, aber bei zu viel Dich überfordern kann. davor woolte ich warnen und Dir einfach noch sagen, sei liebevoll und behutsam mit Dir. Du bist kein Krieger, sondern ein Mädchen, bestimmt mit vielZartheit und Sanftmut, den Du leider versteckst und vielleicht als Schwäche empfindest. Ich wünsche Dir, das Du Ihn wahrnehmen und pflegen lernst und lebst.

Viele Grüße Pauline

Verfasst: So Jul 13, 2003 17:16
von Cassandra
Nein, nein, diese zarte Seite ist da. Um die kümmere ich mich auch, aber meistens bin ich halt damit beschäftigt, meiner Bulimie eins reinzuwürgen (ich bin so schrecklich nachtragend *g* was meinst du was die Arme gerade mitmacht :twisted: *g*).
Zum Beispiel vorhin beim Bügeln, ich wollte meine Tunika heute abend anziehen wenn ich mit meiner großen Schwester aufs Schützenfest gehe, aber unser Bügeleisen hat getropgt und gedreckt, jetzt ist sie wieder in der Wäsche :cry: , und da hab ich auch drüber nachgedacht, dass ich dann ja da ihrem ganzen Freundeskreis begegne, der wie sie ja schon erwachsen ist, größtenteils verheiratet und mit Kindern und das ist so eine ganz andere Welt. Ist nicht böse gemeint, aber die meisten da haben nicht Abi und nie studiert und ich bin halt ganz in diesen geistigen Dingen drin, beschäftige mich nur noch mit Hieroglyphen und Pharaonen und Wikingerkulturen usw. und hab gemerkt, dass ich ein bisschen Angst vor Ablehnung hab. Aber da hab ich mir dann auch gesagt, dass das unbegründet ist, weil das alles ganz umkomplizierte Menschen sind, die sicherlich kein Problem damit haben, da jemanden gegenüber zu haben, der so was ganz anderes macht als sie. Das ist mir nämlich oft passiert im Leben, dass niemand meine Begeisterung für solche Dinge verstanden hat. Und ich spüre auch jetzt noch Angst davor, abgelehnt zu werden, aber ich kümmer mich darum, überleg mir schon mal, wie ich problematische Sitautionen meistern kann und stärk mir den Rücken.

Dieses rigorose, was ich zum Beispiel oben geschrieben habe gilt ja auch für die heißen Phasen, wo man sich vollkommen fertig macht, aber ich glaube ich habe auch genug betont, dass man sich auch selbst schützen soll.

Trotzdem danke für den Hinweis, aber noch lass ich mir Luft zum atmen und lass mich die meiste Zeit wohlwollend vor mich hinwurschteln. Ich betrachte mich die meiste Zeit als mein kleines Ich, also als ich noch ein kleines Mädchen war, nur dass es jetzt halt erwachsen ist, aber es halt quasi langer Krankheit wieder leben darf, und counsel mich, d.h. ich tröste mich, wenn ich zu deprimiert werde, ich find mich süß, wenn ich gerade wieder mal total verpeilt mit den Gedanken sonstwo bin usw., sehe zu, dass ich meinen Tagesablauf vernünftig gestalte und nicht vor Langeweile sonstwas anstelle...

Mein Gott, das hört sich jetzt total schizophren an.... :roll: ...aber es ist halt so, dass ich mich wieder sehe, wie ich eigentlich war und bin und das die meiste Zeit mit liebevollen Augen und weniger mit Argusuagen, die hole ich nur raus, wenn die Bulimie mir zu nahe kommt.

Ich fühl mich wirklich wie jemand der lange krank war und nciht dabei war und bau mir jetzt mein neues Leben auf.