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Nachruf

Verfasst: So Mär 30, 2003 16:57
von carla
N A C H R U F

an den Schneemann,
der mit Liebe für den kranken Vater gemacht,
in Zuneigung verschenkt
und in Frust und Gier und ohne Appetit
heuer von mir verschlungen wurde.
Drei Pfefferkörner für den Körper,
Puderzucker zum Kleben
und ein paar Schokoladenraspeln für das Gesicht,
ein Schokoladenring zum Stehen
und ein weiterer als Krempe
für den Hut, der ein Dominostein ist.
So bastelten sie liebevoll einen Schneemann
für den Vater, der im Krankenhaus liegt,
und verpackten ihn mit ein paar Tannenzweigen
in ein kleines Tütchen mit goldenen Sternen-
Alles Gute zum Nikolaustag,
geliebter Papa!
Ein lieber, netter Mann, den man wirklich lieben kann,
ein Schrank von einem Russen mit einer Stimme wie ein Bär,
mit seiner herzlichen und einnehmenden Art
schenkte er mir die beiden Männchen
für mich und meine Schwester,
und ich wollte meinen niemals essen
sondern immer ansehen,
weil er mit Liebe gemacht
und in Freundschaft geschenkt wurde,
die gleichermaßen ich von ihm bekomme habe.
Das Männchen lag auf meinem Teller,
hübsch und niedlich anzusehen,
bis mein mörderischer Fressdrall kam:
alles verschwand in meinem gierigen Schlund,
und,
wenn ich auch längst schon übersättigt war,
ich riss zu guter Letzt,
denn alles war mir egal,
gierig dieses Tütchen auf,
riss das arme Männchen auseinander,
fraß es ohne jeglichen Genuss,
verfluchte mich dabei dafür
und stummer Zeuge für den Mord
sind dieser Text
und das leere Tütchen neben meinem Bett.
Lieber Vater,
Liebe Kinder,
möget Ihr mir dies verzeihen,
es war nicht ich, die diesen Mord beging,
es war der mörderische Drall,
und ich versuch, den Mord zu rächen
und diesen Drall, das Untier
UMZUBRINGEN!