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ich bin eine Mutter

Verfasst: Do Jun 13, 2002 19:01
von db_admin
Von Brigitte Am 03.07.2001

Ich möchte mich hier einmal als betroffende Mutter zu Wort melden, deren Tochter mit knapp 13 Jahren eingestand, daß sie an Bulimie leidet.
Wißt ihr eigentlich, was ihr Euren Mitmenschen, die Euch aus ganzem Herzen lieben,antut? Weiß nur einer von Euch, was es heißt, jemandem zuschauen zu müssen, wie er sich selbst zerstört und diesen Menschen zu lieben?
Ich weiß, daß ihr krank seid, aber trägt es nicht zur Selbstheilung ein wenig bei, wenn man seinen Egoismus ein wenig hintanhält und an die andren denkt, die Tag und Nacht daran denken, wie sie Euch helfen könnte und dabei selbst fast draufgehen?
Bis vor einer Woche war ich glücklich - momentan bin ich das Wrack einer Mutter, die ihre Tochter nicht mehr verstehen kann und auch zornig, weil sie so grenzenlos egoistisch agiert. Kann mich von Euch jemand verstehen??
Es wäre nett, eine ehrliche Antwort zu bekommen, denn offensichtlich verändert diese Krankheit auch den Realitätssinn so stark, daß man nur mehr aus Lügen (sich selbst gegenüber) besteht.
Denkt an uns Mütter und Eure Väter - wir lieben Euch!!!!

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bisherige Antworten:

Betreff: Re: ich bin eine Mutter
Von Tsetse Am 03.07.2001


Hallo Brigitte!

Gleich vorneweg - ich mache Dir keinerlei Vorwurf,
Deine Reaktion als Mutter ist nur zu verständlich.
Die Worte decken sich fast wörtlich mit der Reaktion meiner Mam damals, egoistisch, lieben, an
tun, denkt doch mal an... und brachten gar nichts.
Nach außen wurde ich bockig und wütend, innen war ich verstört und die Schuldgefühle wuchsen und wuchsen... Die Folge: Ich bereute, überhaupt was gesagt zu haben, tat alles(!), was in meinen Kräften stand, um es zu verheimlichen und sprach nie wieder mit meiner Mutter über (größere) Probleme. Ich empfand es als "ewig gleichen Text",
als "jammerhafte Litanei". Unser Verhältnis wurde sehr schlecht, und als Folge fraß und kotze ich noch mehr.

Leider ohne Patentrezept
Greets
Tsetse


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Betreff: Re: ich bin eine Mutter
Von Julesvernes Am 03.07.2001


Hi,

ich glaub es is nicht schlecht wenn auch Mütter mal hier ihre Meinung kundtun...
Brigitte,ich versteh dich sehr gut - genauso wie ich meine Mum verstehe - aber weißt du , 1MAl in diesem Scheiß-Teufelskreis gefangen ,kommt man soo
schwer wieder hinaus.

Ich erwarte mir deshalb von meiner Mum überhaupt nciht daß sie mich VERSTEHT - sie soll es nur in manchen Situationen VERSUCHEN:
wie soll ich von jemandem erwarten mich zu verstehen wenn ich mich selber nciht verstehe???

das Verhältnis zw. mir und meiner Mum hat sich zusehens verschlechtert - "wir" sind aber jetzt auf dem Wege der besserung (zwar nicht was mein Verhalten betrifft - aber was unsere beziehung betrifft)
und DAS ist glaub ich ganz wichtig(für mich zumindesten)
weißt du für meine Mum kommt neben meiner Eßstörung jetzt noch die, (für sie absolut neu entdeckte und grausame)Erkenntnis hinzu daß ich SV-lerin bin - d.h. geht es mir schlecht oder ist der innere Druck einfach zu groß,scheu ich absolut nicht davor das Messer anzulegen.

ich glaube diese ganzen Krankheiten sind stille Leiden,..zusammengesetzt aus schlechten Erfahrungen und Erinnerungen,Gefühlen und gedanken....
in einer gewissen Art ein Selbsthaß,alles Leid gegen sich zu richten,nach außen hin stark spielen und innerlich weinen...

s fällt mir schwer dir mehr zu schreiben,es gäbe da noch so viel,was anderen vielleicht "unsere" Situatin bzw. verhalten besser verständlich machen könnte....ich weiß nur nich WO ich anfangen sollte...

vielleicht bei einem email Kontakt?
Lg Jule


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Betreff: Re: ich bin eine Mutter
Von Sanne Am 03.07.2001


Hey,

genau das was du jetzt hier schreibst, hält mich seit 11 Jahren davon ab meiner Mutter etwas von meiner Kotzerei zu erzählen.

Ich will ihr nicht weh tun, will sie nicht verletzen und ihr schlaflose Nächte bereiten.
Ich will sie nicht hilflos stehen lassen und ich will nicht, daß sie denkt sie hätte etwas falsch gemacht.
Also setze ich mein Sonnenscheingesicht auf und lasse sie in dem Glauben, daß alles gut ist.

Findest du das besser?!?! Wäre es dir lieber sie würde es weiterhin vor dir verheimlichen???

Alleine schafft sie das nie, glaub mir das. Deine Vorwürfe bringen ihr gar nichts. Sie bewirken wohl ehr das Gegenteil.

Ich denke du solltest sie nicht mit guten Ratschlägen, Vorwürfen oder Weisheiten zumüllen, sondern einfach ein bischen versuchen ihre Situation zu verstehen!

Laß sie es bitte niemals bereuen, daß sie sich dir anvertraut hat. Du wirst wohl nie verstehen, was in ihr vorgeht. Aber bitte versuch es wenigstens.

Ich bin Stolz auf deine Tochter. So ein Schritt kostet eine Menge Mut


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Betreff: Und ich bin eine Tochter
Von Nini Am 04.07.2001


weißt du wie das ist sich selbst das anzutun, weißt du wie das ist täglich ein schlechtes gewissen zu haben, weil man diese vorwürfe genau kennt, kennst du den täglichen kampf den deine tochter kämpft? hast du dich jemals mit dieser krankheit wirklich ernsthaft auseinander gesetzt? ich verstehe deine gefühle schon, es ist auch gut wenn du sie hier kund tust. sie machen mich nur teilweise wütend, weil jeder hier diese reaktionen kennt. wenn wir so egoistisch wären wie du sagst, dann würden wir uns nicht selbst verletzen. bulimikerinnen sind nämlich nicht egoistisch sondern wissen nicht mit gefühlen umzugehen. sie fressen im wahrsten sinne des wortes alles in sich rein. ich hab selbst 6 jahre lang gekämpft... meine eltern wußten nichts, ich hab sie nie damit belastet ich hab mich selbst zerstört und bin jetzt dabei mich selbst wieder aufzurichten... es ist nur wahnsinnig langwierig und schwer wieder nach oben zu kommen und kann oft jahre dauern. meistens verlieren die angehörigen dabei die nerven und das hilft nicht wirklich weiter. wenn du deiner tochter helfen willst, dann mach ihr keine vorwürfe und lass sätze wie weißt du eigentlich wie weh mir das tut... das reißt sie nur noch mehr hinein.

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Betreff: Re: ich bin eine Mutter
Von Anna Am 06.07.2001


Hallo Brigitte!

Ich verstehe Deinen Standpunkt und bitte glaube mir, jede von uns macht sich Gedanken darüber, was sie ihren Mitmenschen antut.

Aber Brigitte, wie kannst Du sagen, daß Du bis zum Outing Deiner Tochter glücklich und unbeschwert warst? Bist Du Deiner Tochter so fern, daß Du nicht schon vorher gemerkt hast, daß da was nicht stimmen kann, daß es ihr vielleicht nicht gut geht, daß sie gerade Höllenqualen durchleidet?

Noch etwas zum Realitätssinn, ich gebe zu, daß wir alle nicht in der Lage sind, uns richtig einzuschätzen, aber glaube mir Brigitte, wir stehen mit beiden Beinen im Leben. Wir sehen Dinge, die sonst keiner wahrnimmt. Wir sehen die Realität so wie sie ist, wir vermögen es, hinter die Fassaden der Menschen zu sehen, erkennen das Schauspiel namens Leben.

Es tut mir leid, daß Deine Tochter Bulimie hat, ich weiß, was es heißt, Bulimikerin zu sein. Ich weiß, was es heißt, nicht verstanden zu werden, nicht ernst genommen zu werden.

Vielleicht schafft Du es, die Krankheit positiv zu nutzen, denn ganz offensichtlich stimmt in Deiner Familie etwas nicht. Es gäbe jetzt die Chance, daran zu arbeiten, es gäbe die Chance, eine richtig glückliche Familie zu werden.

Bitte glaub mir Brigitte, ich schiebe Dir keinesfalls die Schuld zu, im Gegenteil, ich möchte Dir eröffnen, wieviel Macht Du hast, daß Du etwas unternehmen und ändern kannst. Es ist wie gesagt nicht nur die "Sache" Deiner Tochter.

Anna
Ich bin eine, die sich gewünscht hätte, ernst genommen zu werden.


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Betreff: Re: ich bin eine Mutter
Von tamy Am 08.07.2001


hallo Brigitte!!
Ich kann dich hscon verstehen einerseits obwohl ich auch krank bin und ich magersucht bulime habe .... aber man kann eben nicht anders es ist ein Drang du kannst nicht aufhören du musst es tun und du willst ja keinen weh tun es geht nur nicht da rauszukommen ich verstehe zb sehr gut das Mütter sich sorgen machen denn wenn ich mir bloss denke oh gott wenn das meine tochter mal bekommt oh nein ich würde mich fertig machen ud selber habe ich aber diese scheiss krankheit und komme nicht raus verstehst du wie ich das meine??? ich will meiner mum dad keine sorgen machen ichw ill das ja nicht aber ich kann nicht anders weil ich da nicht mehr rauskomme und es tut auch weh ande zu sehen wie sie leiden weil sie sich solche sorgen machen nur weil diese scheiss krankheit unser LEBEn zerstört und man nicht aufhören kann man kann nicht raus es hält dich so fest das du keine wahl hast andre sorgen zu machen weill es nicht geht und weil du Angst hast fett zu werden.... ich würd mich freuen auf eine Antwort viele liebe grüsse tamara


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Betreff: Re: ich bin eine Mutter
Von Bernadette Am 16.07.2001


hi ihr!!

ich dachte mir, ich muss meinen senf da auch mal dazugeben, weil das kanns einfach nicht sein, dass sich meine mutter hinstellt und sagt, sie kann mir nicht beim essen zuschauen, ich werde immer weniger (1,65m *kg) ich bin sooo blass, ich bin so dürr, sie sperrt jetzt alles essen weg das im kühlschrank ist. sie meint, sie muss alles in die speis einsperren, jeder bekommt einen schlüssel, nur ich nicht. sowas hatten wir alles schon.

sie fragt mich, ob ich das, was ich esse (wenn sie es mitbekommt) wieder ins klo spucke!

das find ich peinlich und vorallem beleidigend.

sie weiß wie sehr ich mich damit herumschlage, und sie weiß auch den grund dafür:

erfahrungen, die nicht aufgearbeitet wurden.

manchmal drängte sie mich, ihr zu erzählen, was los ist, wenn sie merkte, mir geht es scheiße.

doch genau dann war es an der falschen zeit, mich zu fragen. meine mom fragt immer zur falschen zeit.

also bitte, um himmels willen, lass deine tochter in ruhe, wenn du merkst, es geht ihr scheiße, wenn du merkst, sie kämpft.

denn wenn du ihr noch auf die zehen steigst, und sie unnötig nervst, dann verschließt sie sich, und es tut ihr im endeffekt alles nur noch mehr weh als vorher.

wenn sie reden will, dann kommt sie sicher.

ich kenn das von mir: ich habs seit fast 3 jahren, und ich merke, dass die bulimie mein ganzes leben bestimmt.

aber ich weiß selber nicht weiter.

nur eines weiß ich: dass ich keinen von diesen psycho-futzis brauch.

bitte fass dieses statement jetzt nicht als unreif und unverantwortungslos auf, oder als schwachsinn, aber so ist meine erfahrung.

meine mama hat es mir immer nur schwerer gemacht.

sicher sollst du deiner tochter helfen, aber richtig. geh es ruhig an, und flipp nicht aus, so wie meine mom. und mach das alles nicht ihr zum vorwurf, weil das kann gar nichts.

ich hoffe, du verstehst, was ich meine?!?

biiittttee verstehe wenigstens ein bisschen

danke,

mfg bernadette


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Betreff: An Bernadette!
Von Nini Am 17.07.2001


Liebe Bernadette!
ich glaube nicht, daß man bulimie ohne psychotherapie heilen kann... ich habe seit 6 jahren bulimie und ich hab mich nach 6 verlorenen jahren endlich dazu entschieden eine therapie zu machen. meine verwandten und bekannten haben es erst mitbekommen als ich schon ein paar monate in behandlung war... das wichtigste ist, daß man es selbst will. sobald man dazu gedrängt wird, ist eine therapie absolut unsinnig und nutzlos... leider kommt man da erst drauf wenn man ganz am boden ist... kein leichter weg sich da wieder rauszukämpfen... alles liebe
nini