Wie ändere ich mein Verhalten? Habt ihr Tipps?

#1
Hallo ihr Lieben,

um gesund zu werden, reicht clean zu sein allein nicht aus. Das habe ich endlich verstanden. Mir gehts heute total beschiessen. Deswegen interpretiere ich dies als ein Zeichen. Ein Zeichen, dass ich aktiv werden muss, um endlich weiter zu kommen.

Bin zwar seit 5 Monaten clean, mein Verhalten hat sich aber nicht sehr viel geändert. Somit gehts mir momentan gar nicht gut. Habe leider keine Thera, die ich fragen kann oder die mir Tipps geben kann. Deswegen dachte ich vielleicht könnt ihr mir helfen. Vielleicht habt ihr Tipps oder könnt mir Anregungen geben?

Und zwar ist mein Problem- mein Verhalten. Wenn ich lernen muss oder was für die Arbeit machen muss und ich gar keine Lust habe, lenke ich mich ab, indem ich anfange zu Essen oder zu kochen. Wenn ich mich unter Druck setzte, wenn ich Stress habe, wenn mir nicht gut geht, dann esse ich. Ich finde dieses Verhalten nicht normal.

Ich habe ja nichts gegen normale Portionen. Aber ich esse dann viel und das schlimmste ist -ständig, dass mein Bauch weh tut. Dann bin ich depremiert. Und dann esse ich wieder. Zwar kotze ich nicht mehr, aber ständig zu essen, finde ich total falsch. Denn ich habe Angst, in eine andere ES reinzurutschen.. Habe zwar mittlerweile leichten NG(war davor leicht UG), und mir könnten ein paar kilos nicht schaden, doch wenn es so weiter geht sehe ich schwarz..mich belasten nicht so sehr kilos, wie mein Verhalten, denn das ist ein krankhaftes Verhalten.

Kennt das jemand? Wie kann man das ändern? Wie kann ich anders werden? Habt ihr Buchtipps dafür? oder eure eigene Erfahrung? Ich weiss einfach nicht an wem ich mich wenden kann und Tipps holen kann.


Wäre über Tipps und Erfahrungen sehr dankbar!

Lg
camuflage
"Es ist keine Schande, krank zu sein. Aber es ist eine Schande, nichts dagegen zu tun!" (c)

#3
Hallo ihr lieben Leute :D. Aire hat die ehrenvolle Aufgabe, folgende weise Worte von Virginia euch auszurichten. *freufreufreu* (Sie meinte zwar, ich kann es auch als mein Werk verkaufen, aber das nimmt mir ja doch keiner ab :lol: So here it goes:

Zitat:
Wie ändere ich mein Verhalten? Habt ihr Tipps?

okay, die fragen sind nicht wortwörtlich von dir, aber ich nehme sie trotzdem mal als anhaltspunkt
Zitat:
Wenn ich lernen muss oder was für die Arbeit machen muss und ich gar keine Lust habe, lenke ich mich ab, indem ich anfange zu Essen oder zu kochen.

das problem liegt ja nicht direkt beim essen, sondern bei der unlust, das zu tun, was du tun musst. genauso könnte man hier schreiben: wenn ich keine lust habe zu putzen, spiele ich immer playstation oder wenn ich hausaufgaben machen soll, räume ich lieber den schreibtisch stundenlang auf

die frage ist: wie sind die dinge, die du tun musst? also weniger verwirrend ausgedrückt: wie gehtst du an deine aufgaben heran? relativ planlos, sodass alles wie ein berg vor dir steht, oder machst du dir ein konzept wie z.b. heute muss ich 30 seiten schaffen und zwei kapitel zusammenfassen?
oft kann man sich nicht dazu durchringen, etwas anzufangen, weil es sich nicht klar umreißen lässt. und das nicht genaue wissen, wie man vorgehen soll und wie viel man abzuarbeiten hat, erzeugt eine gewissen scheu.
also es hilft auf jeden fall, sich zu sagen, dass man eine bestimmte menge arbeit erledigen will (wenn man nicht genau weiß, wie lange das dauern wird, ist es vielleicht auch besser, sich zu sagen "ich arbeite jetzt drei stunden", denn sonst sitzt man wömöglich um mitternacht noch und macht sich fertig, weil man das geplante pensum nicht geschafft hat).
und wenn es länger dauert als drei stunden, kann man sein essen schon mal vorplanen, indem man z.b. sagt, nach zweieinhalb stunden gibt es eine zwischenmahlzeit. das essen läuft nicht weg, man muss es nicht sofort essen, sondern es ist dann auch noch da und schmeckt wahrscheinlich besser, weil man zwischenzeitlich etwas geleistet hat.
Zitat:
Wenn ich mich unter Druck setzte, wenn ich Stress habe, wenn mir nicht gut geht, dann esse ich.

ganz klar, es gibt nur eine antwort: das verhalten umlernen und alternative bewältigungsstrategien finden. die sind bei jedem unterschiedlich, ich kann nur meine eigenen beispiele anführen. vielleicht funktionert für dich aber auch ganz was anderes.
wenn ich mich unter druck setze, sage ich mir laut und deutlich vor, dass nichts so heiß gegessen wie gekocht wird, dass ich die dinge in meinem tempo erledigen werde und dass das in ordnung ist. es wird nix schlimmes passieren, auch wenn ich einen tag länger brauche. das nimmt mir den druck.
wenn ich stress habe, dann mache ich mich an meine aufgaben, sortiere dabei aber das aus, was noch etwas zeit hat und erledige das dringendste zuerst. und ich schaffe mir ruhe-inseln, z.b. eine stunde am abend, auf die ich mich freuen kann und die mir allein gehört, egal ob ich alles geschafft habe oder nicht. das finde ich sehr wichtig.
wenn es mir nicht gut geht, versuche ich die ursache dafür zu finden. aber: wenn es nicht die vorher erwähnten sind und ich auch nicht darauf komme nach ein bisschen nachdenken, lenke ich mich lieber mit etwas ab, was mir spaß macht. singen, malen, stricken, eine freundin anrufen, auf ebay mitbieten usw. ich wälze nicht mehr (wie früher) drei stunden meine gedanken durch, um unbedingt DIE ursache zu finden. ich will, dass es mir JETZT besser geht. punkt. nicht immer bringt es einen weiter, dinge auszugraben und zu analysieren.
Zitat:
Aber ich esse dann viel und das schlimmste ist -ständig, dass mein Bauch weh tut. Dann bin ich depremiert.

das hört sich für mich nach selbstbestrafendem verhalten an. kann es sein, dass das ein teufelskreis ist? du verachtest dich für das unkontrollierte essen und bestrafst dich dafür, indem du dann wirklich ins extreme gehst und viel zu viel isst?
oder ist dein magen nach den FAs früher einfach noch so groß, dass du die sättigung erst sehr spät merkst? wie viel trinkst du zum essen? isst du schnell?
Zitat:
Habe leider keine Thera, die ich fragen kann oder die mir Tipps geben kann.

ich habe eine, und ihre ratschläge in bezug auf essen sind folgende. was ganz wichtig ist: NUR essen, nicht nebenher arbeiten, lesen usw. ich konnte das auch lange nicht, vor allem war ich (während der MS) beim lernen viel produktiver, wenn ich dabei gegessen habe. deshalb habe ich mich lange dagegen gesträubt. aber es stimmt wirklich, man isst langsamer, bewusster und ist schneller satt ohne ablenkung.
naschst du eigentlich viel beim kochen? das soll man sich auch abgewöhnen. dann gibt es noch diesen klassischen tipp, dass man nach jedem bissen das besteck weglegen soll. ich hab das gestern abend mal extrem ausprobiert, indem ich nach jedem (!) bissen eine reihe von meinem schal gestrickt habe, und siehe da: ich war nach dem halben teller satt!
Zitat:
Habt ihr Buchtipps dafür?

Christopher Fairburn gibt in seinem Buch "Essattacken stoppen" eine gute Anleitung, wie die Mahlzeiten gestaltet sein sollen (fünf am Tag), und was man bei seelischem Hunger und Ausrutschern tun soll. Wenn man sich in solch schwierigen Zeiten an diesen Plan hält, fährt man recht gut und der Drang, außer der Reihe zu essen, wird leichter abgebremst. Man soll am Vorabend aufschreiben, zu welchen Zeiten man essen will (was, ist nicht so wichtig, nur nicht gerade Spatzenportionen) und das gibt ein recht gutes Gerüst finde ich.

#4
Hallo ihr Lieben,

ich möchte mich erstmal ganz herzlich bei dir aire und bei dir Virginia für so eine ausführliche Antwort bedanken.



Zitat:
die frage ist: wie sind die dinge, die du tun musst? also weniger verwirrend ausgedrückt: wie gehtst du an deine aufgaben heran? relativ planlos, sodass alles wie ein berg vor dir steht, oder machst du dir ein konzept wie z.b. heute muss ich 30 seiten schaffen und zwei kapitel zusammenfassen?

-An meine Aufgaben gehe ich meistenens planlos ran. D.h. ich nehme mir fürs WE sehr viele Sachen vor (gedanklich) und wenn das WE da ist, versche ich die Aufgaben von morgens auf Mittags zu veschieben. Dann kommt immer was dazwischen und ich veschiebe dann auf Abends.. und ABends bin ich müde und dann denke ich , ich gehe früher schlafen, um dann morgens durchzustarten.. und am Sonntag fängt alles von vorne an. Dan ärgere ich mich doppelt so viel. Weill ich dann nicht das WE genossen habe und auch nichts gemacht habe. :(
Letze Woche habe ich mir dann nur eine Aufgabe vorgenommen, weil das wircklich wichtig war. Und was ist?? ich habe soo lange gezögert, bis dann zu spät war.. und dann musste ich dies am Montag Abend machen. :evil:

-Aber ich versuche jetzt mir schriftlich einen Plan zu erstellen. Ich bin da aber ehrlich gesagt sehr skeptisch. Das Problem bei mir ist, dass ich im Kopf sehr chaotisch bin und so auch im Leben.. Ich habe keine klaren Strukturen. Und drücke mich auch nicht klar aus. Ich weiss gar nicht, ob ich früher auch so war.. aber befürchte, dass mein Gehirn total am Ende ist.. Kann man das irgendwie feststellen?


Zitat:
ganz klar, es gibt nur eine antwort: das verhalten umlernen und alternative bewältigungsstrategien finden. die sind bei jedem unterschiedlich, ich kann nur meine eigenen beispiele anführen. vielleicht funktionert für dich aber auch ganz was anderes.
wenn ich mich unter druck setze, sage ich mir laut und deutlich vor, dass nichts so heiß gegessen wie gekocht wird, dass ich die dinge in meinem tempo erledigen werde und dass das in ordnung ist. es wird nix schlimmes passieren, auch wenn ich einen tag länger brauche. das nimmt mir den druck.


Ja, ich brauche halt immer länger... Und das belastet mich sehr. Wenn ich auf der Arbeit irgendwas nicht hinkriege, werde ich agressiv, bekomme heulkrampf, habe dann auch Fressdruck , mache mich schlecht ("DU dumme Sau", "Du kannst ja nichts!" usw.)..das macht mich voll fertig...und dann möchte ich mich manchmal umbringen.. total krank..


Zitat:
das hört sich für mich nach selbstbestrafendem verhalten an. kann es sein, dass das ein teufelskreis ist? du verachtest dich für das unkontrollierte essen und bestrafst dich dafür, indem du dann wirklich ins extreme gehst und viel zu viel isst?

Hmm.. das habe ich mir auch überlegt.. es könnte sein..aber genau kann ich nicht sagen.. ich will mich ja nicht bestrafen eigentlich.. vielleicht mache ich das und zwar unterbewusst? ich weiss es nicht

Zitat:
oder ist dein magen nach den FAs früher einfach noch so groß, dass du die sättigung erst sehr spät merkst? wie viel trinkst du zum essen? isst du schnell?

Hmm.. ich leider seit 11 Jahren unter B.. und bin seit 5 Monaten clean.. , vielleicht könnte es sein, dass mein Magen sich in diesen 11 Jahren ausgedenht ist.. das ist sogar höchstwahrscheinlich.. aber was macht man denn jetzt? Ich merke auch nicht so Recht, dass ich satt bin.. Manchmal wenn mir mein Bauch schmerzt, weil ich so viel gegessen habe, Habe ich immer noch Lust zu essen, obwohl gaaar nichts mehr reinpasst.. Ich trinke eher weniger.. Versuche etwas mehr zu trinken.. doch es ist nicht so einfach..in letzter zeit, habe ich wieder angefangen schnell zu essen. ich denke nicht darüber nach.. ich esse halt schnell auf und das was.. und danach habe ich eigendwie "keine befriedigung"

Zitat:
ich habe eine, und ihre ratschläge in bezug auf essen sind folgende. was ganz wichtig ist: NUR essen, nicht nebenher arbeiten, lesen usw. ich konnte das auch lange nicht, vor allem war ich (während der MS) beim lernen viel produktiver, wenn ich dabei gegessen habe. deshalb habe ich mich lange dagegen gesträubt. aber es stimmt wirklich, man isst langsamer, bewusster und ist schneller satt ohne ablenkung.

Also, früher als ich gek** habe, habe ich sogar gerne gelernt.. weil ich mich dann urückziehen konnte. und das sah immer so aus: Ich ass und habe gelesen.. also die ganze zeit ass ich.. dann "schnell" k** und wieder das gleiche.. ich verbinde auch lernen mit dem essen..

Zitat:
naschst du eigentlich viel beim kochen? das soll man sich auch abgewöhnen. dann gibt es noch diesen klassischen tipp, dass man nach jedem bissen das besteck weglegen soll. ich hab das gestern abend mal extrem ausprobiert, indem ich nach jedem (!) bissen eine reihe von meinem schal gestrickt habe, und siehe da: ich war nach dem halben teller satt!

Das ist ein guter Tipp, danke.. Ich werde das mal ausprobieren..!

Zitat:
Christopher Fairburn gibt in seinem Buch "Essattacken stoppen" eine gute Anleitung, wie die Mahlzeiten gestaltet sein sollen (fünf am Tag), und was man bei seelischem Hunger und Ausrutschern tun soll.

Danke für den Tipp.. werde das Buch dann als nächstes lesen..


liebe grüße
camuflage
"Es ist keine Schande, krank zu sein. Aber es ist eine Schande, nichts dagegen zu tun!" (c)

#5
aire hat geschrieben:Hallo ihr lieben Leute :D. Aire hat die ehrenvolle Aufgabe, folgende weise Worte von Virginia euch auszurichten. *freufreufreu* (Sie meinte zwar, ich kann es auch als mein Werk verkaufen, aber das nimmt mir ja doch keiner ab :lol: So here it goes:
Ich finde, dass Virginia Recht hat (wie eigentlich immer), aber ich hätte es dir auch abgekauft, meine Liebe! Nur, das mit dem Nicht Groß- und Kleinschreiben, das hätte ich erkannt. An den Formulierungen.

Alles Liebe, Colourful
If defeat is for quitters, then the victory remains in the try.

#6
Hallo ihr Lieben,

also mir ging es ähnlich und naja um von der einen Sucht abzulenken, in dem Fall Essen oder halt alles was mit essen zu tun hat, habe ich mir einfach eine andere erfunden.
Klingt vielleicht ein bisschen doof aber in meinem Falle habe ich angefangen zu Lesen, ich bin nun geradezu süchtig nach Zeitschriften und Büchern. Also wenn man sich gerade irgendwie ablenken will, dann hilft es vielleicht ma was zu lesen, mir zumindest hat das sehr geholfen. ( man kann ja auch Kreuzwörträtsel machen oder malen oder was weiß ich).
:)

#7
lesen ist sicher eine schöne beschäftigung - aber das ist ablenkung und hilft nicht wirklich, das verhalten zu ändern.

wirklich nen trick kann ich dir auch nicht verraten; aber es ist mal ein anfang, wenn es dir bewusst isst, weshalb du jetzt in dem moment isst. und vielleicht hilfts dir ja, wenn du das aufschreibst und dir überlegst, was du statt dem essen WIRKLICH brauchst.
wenn dein freund dich warten lässt und du aus langeweile isst - SAG was. hab keine angst, zu lästig zu sein - schließlich will er ja auch, dass du gesund wirst, also muss er damit leben. fertig ;)

was mir gestern z.b. geholfen hat, war zuerst so richtig die meinung sagen, und dann das gute alte auf-den-polster-einschlagen. bin mir dabei teilweise selbst blöd vorgekommen, aber es hat geholfen - nachher gings mir besser.

wie gehts dir denn zur zeit?