Leere

#1
Von Stella Am 24.09.2000

vor etwa drei wochen habe ich das 31igste "plus" auf meinen kalender
gemalt; 31 tage ohne kotzen, 31 ohne freßanfälle, 31 tage ein fast "normales"
leben. ich meine, normal im klassischen sinne wird mein leben wohl nie
wieder werden. essen wird seine zentrale rolle niemals verlieren, egal,
wie es mit mir weitergeht. ein sehr zermürbender umstand.
ich habe es sowieso nicht geschafft, wieder nicht. seit drei wochen übergebe
ich mich wieder täglich. mein gesicht ist aufgedunsener denn je, die narben
auf meinen händen werden mit jedem mal tiefer und tiefer. ich sehe einfach
keinen weg mehr. mein körper ist mir so verhaßt, ich muß mich wirklich
dazu zwingen, mich von zeit zu zeit einzucremen, mir ekelt einfach zu sehr
vor mir selber, ich mag mich gar nicht mehr berühren.
irgendwie fühle ich mich leer, egal, wieviel ich in mich hineinstopfe, meine
seele habe ich doch schon vor langer, langer zeit die toilette
hinuntergespült...

gibt es denn einen weg aus dieser misere??? wird es jemals aufhören?

#2
Von Waltraud Am 28.09.2000

Hallo Stella, ich empfehle dir, diese 31 Tage als etwas Besonderes zu sehen. Denke, dass es sicher Betroffene gibt, die es keinen einzigen Tag schaffen. Warum ekelt dir von deinem Körper??? Dein Körper kann nichts dafür. Versuche deinen Geist und deinen Körper einmal miteinander zu kooperieren. Wie wäre es mit LIEBE. Beschäftige dich einmal mit diesem Thema. Zwing dich dazu, kann nur aus eigener Erfahrung sagen, dass du dann einen Schritt raus kommst, auch wenn´s nur ein kleiner ist

#3
Von Belnea Am 10.08.2000

Was wir wohl so alles die Toilette hinunterspülen, die Lebensmittel repräsentieren doch nur unsere Gefühle und Hoffnungen, unsere Träume, unser Leben.
Ich fühle mich so wie Du, keine Ahnung ob und wann das jemals aufhört. Werde ich mich überhaupt jemals lieben können oder zumindest mich so akzeptiern können wie ich nun mal bin?
Das Kotzen hilft, mich noch hässlicher zu machen, man kann sich danach doch herrlich hassen. Zum einen schau ich furchbar aus, zum anderen habe ich wieder einmal herrlich versagt.
Wenn ich mich aus dem innersten meiner Seele hassen möchte und immer wieder Taten setze, um mir zu beweisen, wie hassenswert ich bin, wie soll ich da anfangen, mich zu lieben. Meinen aufgeblähten, schmerzenden Bauch, mein aufgedunsenes Gesicht mit Hamsterbacken, die schon gar nicht mehr weggehen, mein fahler Gesichtsteint?
Was mach ich eigentlich mit mir?

#4
Von Stella Am 13.10.2000

das ist genau das, was ich mich seit jahren frage: werde ich mich jemals
selbst lieben können? ich müßte nicht einmal kotzen, mein haß auf
mich und meinen körper ist so groß, ich würde in jedem fall
furchtbar aussehen... und wie man doch so schön sagt: "die haut ist
der spiegel der seele" - meine haut ist eine warhaft arme haut - fahl,
trocken, jeden zweiten tag irgendein neuer ausschlag...
im moment bin ich an einem wirklich toten punkt... liebe ist ganz
bestimmt eine lösung, nur davon bin ich millionen lichtjahre entfernt!

#5
Von Tina Am 28.01.2001

Hallo Stella, Hallo Belnea,
ich hatte 20 Jahre lang Bulimie... dachte, das würde niemals aufhören... konnte mir nicht vorstellen, jemals ein Leben ohne Kotzen zu haben, jemals meinen Körper zu mögen oder gar zu lieben... ich war ein halbes Jahr in einer Klinik, zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Bin seit fast drei Jahren "symptomfrei", wie man so schön sagt, habe keine Fressanfälle mehr. Klar schwankt mein Gewicht immer noch hin und wieder, esse ich manchmal mehr als mir gut tut, aber ich verurteile mich nicht mehr dafür. Wie ich das geschafft habe?? Ich habe mich irgendwann mit meiner Bulimie "angefreundet", habe mir nach einem Fressanfall gesagt: okay, du hast wieder gefressen. Aber das bedeutet NICHT, dass du versagt hast, nicht, dass du nichts wert bist, nicht, dass du ein ekelhaftes Monster bist... das habe ich mir immer wieder und wieder gesagt. Die Abstände zwischen den Fressanfällen wurden imemr größer, bis ich gar nicht mehr kotzen musste. Heute liebe ich sogar meinen Körper, obwohl ich immer noch nicht richtig dünn bin (*), aber ich finde mich gut so wie ich bin. Ein herrliches Gefühl, von dem ich dachte, dass ich es niemals bekommen würde.
Was ich mit all dem sagen will?? Es gibt Hoffnung, es kann aufhören, gebt nicht auf, verurteilt euch nicht, wenn ihr wieder gefressen und gekotzt habt, morgen ist ein neuer Tag, ich habe es geschafft, das könnt ihr auch!
Viel Glück und Kraft für euer Leben wünsche ich euch, unbekannterweise.
Tina.