Von Edith am 19.01.2002

Hallo Zusammen,

ich habe meinem Freund irgendwann im letzten Jahr gestanden, daß ich seit vielen Jahren an Bulimie leide.
Er hat es anfangs recht toll aufgenommen und ich dachte, daß die "Lebensbeichte" eine echt klasse Entscheidung war. Allerdings hat er dann (ich weiß nicht ob aus Rücksicht oder Hilflosigkeit) das Problem einfach totgeschwiegen. Ich habe auch nicht mehr davon gesprochen und so war das Thema einfach nicht mehr existent. Er merkt aber, daß ich total unzufrieden mit mir bin und gibt mir ständig Tips zur gesunden Ernährung - als ob ich nicht schon alles in und auswendig wissen würde, was für mich gesund WÄRE.
Das Wort Bulimie hat er noch nie ausgesprochen und für ihn ist das Problem dann gelöst, wenn meine Zufriedenheit wieder hergestellt ist. Stimmt ja eigentlich auch, aber so einfach ist es halt nicht.
Bei uns war immer alles "perfekt". Die tolle Beziehung, beide Karriere, mein perfektes Elternhaus - meine Bulimie paßt da einfach nicht. Ich habe keinen Mut mehr mit ihm darüber zu sprechen - ich komme mir vor wie ein kleiner Wurm, wie ein Versager und fühle mich eben so. Vor ihm versuche ich einfach "normal" zu sein - und meine Freßattacken und das Kotzen habe ich jahrelang geheim halten können - und mache jetzt halt so weiter. Die Frustration wird immer schlimmer.

Allen Freunden und Partnern: ich ziehe meinen Hut vor Euch, daß Ihr den Mut habt, Euch mit den Problemen der Menschen, die Euch wichtig sind auseinander zu setzen und Ihrer Maskerade nicht glaubt.

Alles Liebe
Edith

bisherige Antworten:


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Betreff: Re: wie sag ich es bloß?
Von lisa am 19.01.2002

liebe edith!

es ist schon eine leistung, dass du es deinem freund damals von selbst gestanden hast. mein freund hat es herausgefunden und ich weiß, ich hätte es ihm nie freiwillig erzählt.
ich hab mir tatsächlich auch schon überlegt, von nun an wieder so zu tun, als wäre alles wieder in ordnung, als hätte ich offiziell alles im griff und meine schwäche einfach wieder geheim auszuleben...
dass das eine dumme überlegung ist, weiß ich. aber um ehrlich zu sein, denke ich immer noch darüber nach.
bei deinem freund ist vielleicht auch soetwas wie ein gewöhnungseffekt eingetreten. am anfang denkt jeder "bulimie! mein gott wie schlimm!", aber nach einiger zeit wird es für die anderen normaler. je mehr sie mit der sache zu tun haben, desto mehr verliert die sache auch an schrecken.

solange dir das so zu schaffen macht, solltest du mit einem freund vielleicht nicht über die bulimie direkt sondern über seinen umgang mit dir uns ihr sprechen.

auf jeden fallo drückt dein bericht alles andere als resignation aus, auch wenn es dir nicht so vorkommen mag. das ist in jedem fall gut!

liebe grüße!