Was haltet Ihr davon?

#1
Von Tiggy Am 05.03.2001

Hallo an alle!
Ich hab da mal eine Frage. Ich habe neulich das Buch "Spiegelblicke" von Maria Hede gelesen. Da steht ein Nachwort drin, in dem dieser Abschnitt vorkommt:

"... Die Heilungsaussichten scheinen bei eß- und brechsüchtigen Patienten besser zu sein als bei Magersüchtigen. Magersüchtige haben im allgemeinen einen sehr festen Willen, der ihnen erst ermöglicht, den Hunger zu ertragen. Sie wollen hungern und werden in diesem Vorsatz nicht schwach. DIE BULIMIKER HINGEGEN SIND WILLENSSCHWACH, und möglicherweise rettet gerade diese Willensschwäche manchen von ihnen das Leben."

Mich würde Eure Meinung dazu interessieren.

Bye,
Tiggy

#2
Von andreas Am 05.03.2001

ich denke, willensschwäche führt dazu, daß man zu schlechten "gewohnheiten" leicht ein suchtartiges verhältnis entwickelt. und eine sucht (zähl ich bulimie eher als magersucht dazu) ist ohne feste willenskraft kaum zu überwinden.
war nur so ein gedanke, hat nichts damit zu tun, ob bulimikerInnen tatsächlich üblicherweise willensschwach sind.
bin gespannt auf antworten...

#3
Von Anna Am 05.03.2001

Hallo Tiggy!

Weißt Du, was mein erste Reaktion auf dieses Zitat ist? - Ich fühle mich irgendwie beleidigt, beleidigt in meiner Ehre als Bulimikerin?!

Aber im Endeffekt steckt doch ein bißchen Wahrheit drinnen. Magersüchtige haben die Stärke zu hungern, sie werden nicht schwach, im Sinne eines Eßanfalls. Man kann jetzt natürlich darüber diskutieren, was "gesünder" ist, ständiges Erbrechen oder Fasten.
Weiters ist auch zu beachten, daß ein wesentlicher Teil der Sterbefälle bei Eßgestörten durch Selbstmord erfolgt, was ja nicht direkt aus den physischen Folgen der Eßstörung resultiert.
Auch denke ich, daß dieses Zitat nicht auf Misch- oder Übergangsformen von Bulimie und Magersucht Rücksicht nimmt (bulimische Anorexie, Bulimiarexie).

Aber wie gesagt, auf die klassischen Fälle hin umgelegt, mag es zutreffen, auch wenn es mir nicht gefällt "willensschwach" zu sein.

Anna

#4
Von Anja Am 06.03.2001

Denke ist schon was dran. Magersüchtige sind ja in Kampfstellung bei allem was sie verändern möchte. Sie sehen ihre Stärke in dem, das sie sich widersetzten zu essen und etc. Sie sehen jede Änderung als persönlichen Angriff. Ein Therapeut hat es da schwer ranzukommen.
Eine Bulimikerin zeigt durch ihr Eßgewohnheit das sie sich nicht kennt. Nicht weiß was ihr gut tut, aber auf der Suche ist es zu finden. Also empfänglich ist für Guttuendes. Sie sieht ihre Schwäche und verteidigt sie nicht. Ist daher enorm offen durch ihre Unsicherheit und bereit das zu bekämpfen....denke ich.

#5
Von TINE Am 06.03.2001

Ich habe das auch schon gelesen, es hat nich auch erst betroffen, dann habe ich aber gedacht: DAS IST DOCH DIE CHANCE!
Und nichts ist schlimmer als der Konkurrenzkampf zwischen Magersüchtigen und Bulimikern. Sind wir nicht alle krank? Sollten wir nicht versuchen, das zu ändern, anstatt uns um unsere EHRE(???) Gedanken zu machen?

#6
Von conny Am 07.03.2001

die aussage kann wohl nur jemand machen der nicht selbst davon betroffen ist, aber es ist gewiß auch auslegungssache. jedenfalls ist eine bulimikerin mindestens genauso willensstark als eine magersüchtige, nur weiß jene ihre stärke nicht unbedingt so nach außen zu richten wie sie es sich wünschen würde. ich denke bei uns bleibt halt einfach noch "was hängen" deshalb kann der körper solche exzesse länger ertragen und für die umwelt ist es nicht so offensichtlich, doch das macht und gewiß nicht willensschwächer. ich hab auch schon einige bücher darüber gewälzt, dem inhalt zufolge wurde solch eine aussage immer dementiert. wir drücken uns zwar unterschiedlich aus, doch eines haben wir gemeinsam: essen ist der mittelpunkt und alles dreht sich darum, selbst die kleinsten alltäglichen dinge....ich kann ja nur für mich selbst sprechen, mir zumindest geht es so. wir wollen uns dem essen verweigern und schlank werden/bleiben, doch nur weil wir Freßattacken haben, macht uns dies bestimmt nicht schwächer, dies ist einfach ein anderer ausdruck für einen zustand. ob jemand bulimisch oder magersüchtig wird ist bestimmt kein zufall, als ob man die wahl hätte. also willensschwäche unterscheidet uns bestimmt nicht darin.
liebe grüße an alle...klingt zwar krass aber es tut gut zu wissen nicht alleine mit der krankheit zu sein!
conny

#7
Von Tiggy Am 08.03.2001

Hallo!
Danke für Eure Antworten. Mich hat das Nachwort erstmal wütend gemacht, und ich wollte kucken, wie Ihr das seht.
Ich finde nicht, dass Bulimiker(innen) willensschwach sind, und es ist eine Unverschämtheit, es in diesem Buch so darzustellen, als wären wir das.
Zumal jeder seine ES anders erlebt. Ich würde von keiner Phase meines Lebens behaupten, dass ich willensschwach war. Andererseits kenne ich welche, die seit sie clean sind, genau dieses behaupten...
Also danke nochmal!
Tiggy