#50
von Schlafquala
Ich habe heute morgen, nachdem ich mich wieder so fertig gemacht habe, nicht genug zu leisten, für mich wichtige Erkenntnisse bekommen, indem ich laut gesprochen habe (!) und es flossen Tränen…man, aber danach habe ich mich befreiter gefühlt, die Last, die sich die letzten Tage aufgebaut hatte, ist nicht ganz weg, aber leichter zu tragen. Und es ist ein großer Schritt! Damit ich das nicht vergesse, schreibe ich es hier mal auf:
Mein Leitsatz!
Sei immer besser als du noch gestern warst, werde immer besser!
Und das nach diesen tollen Fortschritten!!! Ich war mal wieder nicht genug. Nein, ich darf gar keine Fas mehr haben, ich muss ausgewogener essen, mehr essen..ach ja und natürlich zunehmen und besser werden, immer weiter. Dass ich jetzt nach 4 Wochen IMMER NOCH jeden Tag mich an meinen FA klammere, ist falsch und nicht gut genug als Fortschritt (nach 8 Jahren täglich 2 und mehr FAs und sonst nichts essen) Wie lächerlich! Ich kann und bin soooo stolz, das überhaupt alles geschafft zu haben. Und ich will dieses Gefühl nicht verlieren, denn das bringt mich voran und tut mir gut. Ich bin wer, eine tolle Frau - ob mit oder ohne Bulimie und Fas!
So. Punkt 1!
Dann habe ich mich gefragt (wie schon so oft), warum, woher kommt das? Ist es wirklich, dass ich nur Angst habe, nicht mehr geliebt zu werden und mich wertlos zu fühlen, wenn ich nichts leiste?
Nein!
Ich war auch schon immer auf dem Trichter, dass es mit meiner Mutter zusammenhängt, dass ich wohl Angst habe, ihr nicht zu gefallen oder was auch immer, aber heute habe ich durch dieses laute Sprechen (und einiger Arbeit davor…es ist halt ein Prozess!) herausgefunden, und so Kleinigkeiten sind wichtig für mich. Es muss sich richtig innerlich anfühlen. Wer das hier liest, kennt das vielleicht: Es geht tiefer ins Gefühl, es fühlt sich richtig an, wenn es die richtigen Worte sind, den Kern, zumindest etwas mehr den Kern des Wahren trifft! Und so war es heute: Nicht mehr nur diese plumpe: Ich werde nur geliebt, wenn ich Leistung bringe und muss anderen gefallen, um nicht am Ende ganz alleine zu sein.
Ich weiß ja auch schon viel über Loslösung usw., aber nie hatte ich so etwas wie jetzt seit ich ‚besser‘ / gesünder werde, dass ich so wenig meine Mutter sehen wollte, eine richtige Abneigung habe und Wut empfinde. Ich liebe sie sehr, ja, aber Wut muss mal raus und ich spüre
Ich bin mitten im Ablösungsprozess!
(Gerade, wo ich das hier aufschreibe, löst sich auch mein schlechtes Gewissen wegen des Essens heute morgen, da es sich zu viel anfühlt, ich eigentlich nicht so den Hunger hatte. Na und? Ist gut für meinen Körper!)
Meine Mutter, das habe ich in den letzten Wochen immer mehr beobachtet und auch von Außenstehenden mitbekommen, ist eine angstgestörte Person. Sie ist weitaus kränker als ich es bin. Komisch, dass ich, die sich doch so mit psychosomatischen Krankheiten beschäftigt, das nicht vorher gemerkt hat. Ich verurteile sie überhaupt nicht. Nur mir hilft es, dass ich ihre Aussagen nicht mehr als bare Münze nehme und denen Glauben schenke, da sie fast immer extrem übertreibt (Ich werde auf der Straße landen, sie muss mich IMMER versorgen; sagt sie zum Beispiel sehr häufig). Und ich kann und darf meine eigene Meinung über mich bilden.
Mit diesem angepassten Verhalten, diesem ich muss immer besser werden, besser essen, im Studium gute Leistung bringen, ihr Zuversicht geben, dass ich es schaffe, nicht mehr weinen bzw. danach ihr klar machen, dass es mir wieder gut geht etc. pp. Ist nur, weil ich IHR die Sicherheit geben will, damit sie sich keine Sorgen (oftmals eben unbegründete) mehr um mich machen muss und sie sich von mir lösen kann. Das kann ich aber nicht! Ich versuche es, seit ich klein bin.
‚Mama darf sich keine Sorgen machen.Ich muss ihr die Sicherheit geben, dass ich glücklich bin, dass sie eine gute Mutter ist.‘
Und innerlich wehre ich mich dagegen, gegen ihren Druck, ihre Angst, ihr ‚Mich-Einnehmen‘, festhalten und mir keine Verantwortung geben…dieses klammern und ewige Kontrollieren!!! Mit der Essstörung grenze ich mich ab, mein Innerstes wehrt sich, gesund zu werden, um ihr noch irgendwas entgegen zu setzen und ihr damit zu sagen: Lass mich los. So hältst du mich nicht! Ich will mich nicht um dich kümmern, dir nicht deine Ängste nehmen.
Und ich kann es auch nicht! Ich kann perfekt sein, was in ihren Augen bedeutet:
- Gesundes Gewicht
- Gesundes Gesicht ohne Ränder
- Immer am Lächeln und wenn ich mal weine, ihr die Sicherheit geben, ich komme sehr gut zurecht
- Ihr immer wieder sagen, dass ich sie lieb habe
- Immer wieder sagen, dass ich keine andere Mutter will
- Immer wieder sagen, es geht mir wirklich gut
- Immer wieder Zuversicht geben, dass ich einen guten Job machen werde
- Immer wieder sagen, dass mein Therapeut toll ist und mir hilft
- Immer wieder beweisen, glücklich zu sein!
- Usw.
Ich bin einfach sauer und wütend, gleichzeitig traurig!
Ich will ihr Vertrauen in mich!
Ich will, dass sie mich akzeptiert, vollkommen mit der Bulimie, dem Gewicht, meinen Problemen.
Ich will, dass sie sich nur Sorgen im gewissen Rahmen macht.
Warum nicht? Warum ist sie so?
Ich versteh es jetzt immer mehr. Voller Angst, Selbstzweifel als Mutter etc. nach ihrer Kindheit kein Wunder!
Ich will nicht, dass sie an mir zerbricht, aber ich muss eigentlich in erster Linie auf mich achten, sonst zerbreche ich an ihren Ängsten, ihrem Druck, ihrem Klammern…
Musste mal raus…alles viel momentan!
Lg an die, die das lesen!
Schlafquala
Verstehen kann man das Leben rückwärts, leben muß man es aber vorwärts.