Re: Die ES als Identität

#17
Dein Beitrag ist toll. Du sprichst mir aus der Seele.

Die Essstörung bestimmt unser Leben. Sie hält uns fest, sie hält uns gefangen. Kann sein, dass wir sie manchmal eine Zeit lang im Griff haben, aber sie lauert in uns, sie ist imer da. Ich glaube, wir müssen lernen, das zu akzeptieren, dass die Essstörung ein Teil unseres Lebens und unserer Identität ist. Wir können sie nicht losweren. Wir müssen sie akzeptieren, so wie wir auch andere Seiten an uns, die uns nicht gefallen, akzeptieren müssen. Aber es ist furchtbar schwierig. Es ist ein täglicher Kampf.

Ich glaube nicht, dasss wir uns selbst zu wichtig nehmen. Wir sind wichtig. Du bist wichtig. Du hast dich selbst und du kannst dir und deinen Gefühlen vertrauen. Auch wenn andere das nicht verstehen oder nachvollziehen können. Das hat keine Bedeutung.

Das Essen, das Nicht-Essen oder auch die Fressattacken.... all das bestimmt unser Leben. Das ist Scheiße (entschuldigt bitte den Ausdruck). Aber es ist nun einmal so. Seien wir doch ehrlich.
Auch wenn wir in Therapie sind, auch wenn wir daran arbeiten, so richtig in den Griff bekommen wir es doch nicht.
Momentan geht es mir nicht so gut.
Aber wir dürfen uns nicht hassen für unsere Krankheit. Wir tun etwas dagegen und das ist positiiv, darauf können wir stolz sein. Viele erkennen es noch nicht und sind noch nicht so weit.
Ich versuche, mir immer wieder selbst einzureden, wie weit ich schon gekommen bin, aber es ist oft sehr schwer.

Wenn ich mir erlaube, mehr zu essen, dann genieße ich eigentlich das Essen. Es tut mir gut. Es schmeckt mir. Ich fühle mich wohl dabei. Danach aber fühle ich mich oft nicht mehr wohl. Ich habe das Gefühl, dass ich zu viel gegessen habe und ich hasse mich danach dafür. Auch wenn es meistens nicht wirklich zu viel war. Hin und wieder nehme ich nach Fresanfällen Abführmittel und dann hasse ich mich noch mehr. Es ist einfach schrecklich. Entschuldigt bitte, dass ich jetzt so rüberkomme. Ich wollte eigentlich nur auf den Beitrag antworten, aber es ist jetzt einfach meine momentane Stimmung aus mir rausgebrochen. Vielleicht sollte ich den Beitrag löschen, aber ich schicke ihn einfach mal ab.

Danke fürs Zuhören bzw. Lesen.

Liebe Grüße

Carpediem
Zuletzt geändert von carpediem am Sa Jul 25, 2009 15:06, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Die ES als Identität

#18
Hallo carpediem,

aber genau das ist doch das komische:
warum fühlen wir uns so schlecht, wenn wir uns etwas Gutes tun?
Essen ist schön, sinnlich, gesund und lebenswichtig... warum haben wir verlernt, das zu geniessen?

Dabei konnten wir es alle mal... jede/r hatte eine Zeit, in der sie (er) ohne schlechtes Gewissen (oder höchstens mit einem klitzekleinen) Schokolade oder Gummibärchen oder einfach mal über den Hunher hinaus essen konnte.
Oder als Kind, als Kalorien noch nicht existierten... wie gut schmeckte da die Tasse heisse Schokolade!

Habe ein *kg zugenommen und natürlich ist es nicht ganz leicht, mich so zu akzeptieren. Ist aber auch nicht dramatisch und tut gut zu merken, dass sich um mich herum nichts ändert:
Die Leute nehmen mich als die selbe Person wahr... auch wenn diese Person sich ein bisschen weniger hübsch findet.

Trotzdem würde ich die Zeit gerne zurück drehen und all die auf der Toilette oder vor dem Kühlschrank zwischen leeren Tüten verbrachte Zeit mit Leben füllen...

Stellt Euch vor, morgen käme die Diagnose Krebs: noch 6 Monate zu leben.
Um wie viel sinnloser würde der Kampf gegen sich selbst auf einmal erscheinen!

Besser am Leben und einen Bauch oder?
If you are going through hell, keep going.