ich danke dir sehr für deine Antwort. Ich kann immer nur auf der Arbeit schreiben, denn zu Hause habe ich noch weniger Kraft und Mut dazu, mich mit meiner B* auseinander zu setzen. Daher schreibe ich jetzt erst. Wie gern würde ich aber zu Hause in mich gehen und überlegen, was will ich eigentlich von meinem Leben? Was kann ich? Wo will ich hin? Aber so eine gedankliche und dann auch schriftliche Übung wage ich nicht, aus Angst in Tränen ausbrechen zu müssen oder warum auch immer…Kennst du das vielleicht? Man klagt darüber, dass man sich leer fühlt, seine eigenen Werte nicht kennt, seine Bedürfnisse ebenso wenig, aber dennoch, obwohl man Methoden kennt, wie man sich kennenlernen könnte, nicht ausführt?!
Ich kann nur sagen, ich kann überhaupt nicht mehr. Jeden Morgen habe ich Gedanken, die ich keinem gönne, die es mir so schwer machen, zur Arbeit zu gehen. Ich könnte heulen, jetzt auch… Früher konnte ich es nie, weinen, meine ich. Ich kann nicht mehr lächeln! Was soll das? Und bei allem habe ich ein sehr schlechtes Gewissen, denn in der Abteilung, wo ich jetzt bin, habe ich keine speziellen Aufgaben und habe das Gefühl, ich sitze hier nur herum und die denken sich: Warum tut sie nichts? Warum fragt sie nicht nach Aufgaben?
Jetzt bin ich gerade mit einer Kollegin hier in einem Raum, die vor einem Jahr die Ausbildung abgeschlossen hat und sie redet kein Wort mit mir. Ich habe schon versucht, ein Gespräch in Gang zu bringen, aber sie reagiert nicht und ist abweisend. Ok, muss ich mit zurecht kommen…Auch das belastet, denn ich sitze hier, kann kaum noch und muss dann noch das Gefühl aushalten, dass jemand mich nicht mag und denkt: „Die macht ja gar nichts hier. Bei mir war das aber anders!“ Gut, ihre Gedanken kenne ich nicht, aber ich kann es mir vorstellen, auch wenn ich es nicht prüfen kann. Wie du siehst: Akzeptanz von meiner Seite aus zu mir ist doch voll da.

Momentan ist es besonders schlimm, was die Menschen um mich herum betrifft. Ich kann es niemandem Recht machen, in meinem Sinne. Dabei baut doch darauf mein Selbstbewusstsein auf! Nicht dass man hier nicht ein klein wenig Ironie finden könnte… Hast du dich eigentlich von deinen Eltern losgelöst? Du bist schon etwas älter als ich, hast 2 Kinder. Von daher nehme ich an, du hast es. Ich nicht und das macht mich fertig. Jedes Wort lege ich auf die Goldwaage und zudem wird mir mehr und mehr bewusst, wie unzulänglich ich eigentlich als Tochter/ Freundin bin. Ich möchte aber so gar nicht fühlen und denken, denn es sollte mir egal sein. Ich weiß auch, dass es richtig so wäre, aber es geht noch nicht. Eigentlich bin ich eine eigenständige Person, die so langsam aber sicher Verantwortung für ihr Leben tragen und ihre eigenen Werte entwickeln sollte. Aber diese Abkapselung hat nicht funktioniert. Gestern habe ich darüber mit meinem Freund gesprochen. Quasi ein kleines Interview geführt. Er hat sich entwickelt und sich losgelöst. Hat kein schlechtes Gewissen, wenn er mal etwas anders sieht und macht, als es die Eltern für am besten halten…
Du hast mir in deinem letzten Beitrag einige Komplimente gemacht, die mich fragen lassen, wo du das siehst oder sehen möchtest. Klar sie tun mir unendlich gut, aber es sind immer nur die Menschen, die mit mir schreiben und mich nicht persönlich kennen, die mir so etwas sagen…Mein Freund, meine Eltern kämen im Leben nicht darauf zu sagen, ich sei stark oder wäre schon weit im Denken. Ich denke das im Übrigen von mir selber auch. Immerhin etwas Positives!
Ich kann das Kompliment übrigens auch an dich zurückgeben, ich finde, dass eine gewisse Weisheit aus dir spricht, die man nur haben kann, wenn man
schlimmes durchlaufen hat und so mehr zu sich selbst gefunden hat. Ebenso strahlst du eine gewisse Ruhe und vor allem Akzeptanz auf mich aus. Klasse!
Nein, es hilft nicht weiter, wenn alle Bescheid wissen. Ich fühle mich von gewissen Leuten doch sehr beobachtet und von einigen auch nicht ernst genommen, allen voran von meinen Eltern.
Mit meinem Freund bin ich jetzt 4 Jahre zusammen, also schon sehr lange und er war auch der erste, der von der Krankheit erfuhr. Er wusste damals noch nicht, was es heißt, wie auch? War also ziemlich blauäugig und ich weiß auch nicht, ob er bei mir geblieben wäre, hätte er das Ausmaß damals schon erkannt.
Mittwoch habe ich endlich den langersehnten Termin bei meiner Hausärztin. Ich habe nur Angst, von ihr nicht ernst genommen zu werden und sie mir sagt, AD sind nicht nötig. Ich will sie aber mal ausprobieren und auch vorsichtig damit umgehen, also Amira, nicht auch noch Sorge von dir!

Wir können gerne per pn oder E-Mail schreiben.
Bis bald mal und ganz lieben Gruß an dich. Schreibe mir ruhig per pn, damit ich mehr von dir erfahre.
Schlafquala
P.S.: Wo kommst du eigentlich her?