Hey Schlafi,
finde mich in deinen Worten und dem Link durchaus wieder

Den Link kenne ich auch, hab den vor Jahren mal gefunden und da schon gedacht, dass ich mich endlich mal mehr verstanden fühle, in dem wie ich so bin.
Ich folgte bis vor ein paar Jahren auch noch der Anschauung, dass es wohl falsch, krank, schädlich usw ist, dass ich so extrem fühle. Das wird einem ja von aussen so eingetrichtert; es scheint ein gewisses Mittelmaß des Gefühlserlebens in der Gesellschaft genormt und anerkannt zu sein und alle anderen Formen werden hartnäckig ausgegrenzt (da ist man automatisch schon wieder als kranker oder "extremer" Mensch eingestuft).
Diese niedrige Toleranz für Andersartigkeit in der Welt müssten wir ja langsam alle gewohnt sein und dennoch hängt man sich immer wieder daran auf, zwangsläufig, denn dadurch wird im sozialen Kontext Einem das eigene Leben eben einfach schwerer gemacht.
Wir leben nun mal in dieser sehr verfahrenen Gesellschaft, die weder Offenheit, noch Eigenheit des Menschen zulässt und vor allem äußerst starrsinnig gegen jede Gefühlsregung vorgeht.
Unsere Welt ist eine Rationale, es wird immer auf den "gesunden Menschverstand" plädiert, der in dem Zusammenhang stellvertretend wohl für ein faktenbezogenes Denken stehen soll.
Kategorisch ausgeschlossen aus der Bedeutung des Wortes "Vernunft" ist in der deutschen Auffassung dementsprechend die Gefühlskomponente. Meistens wird "gefühlsbetont handeln" und "vernunftorientiert handeln" doch sogar als Gegenteile benutzt.
Wir sind alle entfremdet vom ureigenen Empfinden, wir werden von Anfang an zur Abstraktion erzogen.
Wenn meine Auffassungen nun im Ganzen ziemlich abwertend klingen, dann liegt das daran, dass ich mittlerweile nicht mehr mich als falsch / krank / komisch empfinde, sondern eindeutig die Gesellschaft.
Früher habe ich Briefe / Texte geschrieben, in denen ich mich für mein extremes Empfinden quasi bei der Umwelt entschuldigt habe und mich versucht zu rechtfertigen, weshalb ich so bin. Wenn ich das heute lese, kommt mir sprichwörtlich das Kotzen, weil sich darin dieses unfassbare Schuldbewusstsein widerspiegelt, das ich empfunden habe, nur weil ich so bin, wie ich eben bin.
Das würde ich heute so nie wieder tun, ich habe mich davon zum Glück völlig abgrenzen können: Dem äußeren Erwartungsdruck der Konformität (das Leben macht es einem leider trotzdem schwer).
Wenn du mit etwas anstrengenderer Sprache gut zurecht kommst, empfehle ich dir die Bücher von
Arno Gruen! Insbesondere "Der Verrat am Selbst" und "Der Verlust des Mitgefühls". Ich habe dadurch unglaublich viel Hilfestellung bekommen können, meine "ich bin schuld"-Perspektive endlich mal ändern zu können und die Welt aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten. Das war vielleicht Balsam für die Seele!
Deshalb möchte ich nur immer wieder betonen: Lass dich nicht verunsichern! Die Menschheit ist mittlerweile ( oder schon immer?) einfach ver-rückt im wörtlichen Sinne, denn sie hat sich vollkommen von ihrer Ursprünglichkeit & Lebendigkeit abgespalten.
Auch dein Gefühl im anderen Thread mit dem innerlichen Schmerz, kann ich ziemlich gut nachempfinden, ich habe auch oft überwältigende Anfälle von Gefühlsausbrüchen. Mittlerweile denke ich (und das kann sich auch wieder ändern, denn das Denken hört ja nie auf und lernt immer neu dazu), dass das vielleicht viel mit meiner Unfähigkeit zu tun hat, mich auch nur mal auf mich selber zu beziehen und in mir selbst zu ruhen. Ich lebe (noch) in/mit einer ganz krassen Verlassenheitsangst.
Alles Gute,
wispy