völlig durchdrehen?

#1
Ich weiß nicht, wie ich das beschreiben soll, aber ich hab grad das Gefühl, ich drehe völlig durch. Angefangen hat's mit Schlafstörungen, Träume, die mich plagen. Habe das Gefühl, meine teilweise beschissene Kindheit noch einmal zu durchleben im Traum. All die Situationen mit meiner Mutter. Wie sie versucht hat, mir mit acht Jahren Dinge einzureden, dass ich schlecht & egoistisch und böse bin. Dass meine Freunde mich nicht mögen, dass ich mich auf niemanden verlassen kann (deshalb hab ich heute noch Verlustängste, hab immer Angst, dass sie Recht hat und mich meine Freunde einfach so im Stich lassen, obwohl ich eigentlich weiß, dass sie das nicht tun würden) Dass mein Vater ein Arschloch ist. Ich wache dann meist um vier Uhr auf und kann nicht mehr pennen, bin aber völlig fertig und aggressiv wegen meiner Ma.

Gestern war ich mit ein paar Freunden & Bekannten, die ich aus der Klinik kenne unterwegs. Habe ua. eine Klinik-Freundin wiedergetroffen, mit der ich während meiner Stationären sehr eng war, wo ich danach aber den Kontakt verloren habe. Ich habe sie fast nicht wiedererkannt. Sie hat angefangen zu rauchen, zu saufen und zu kiffen. Jedenfalls haben wir uns an einen versteckten Platz gesetzt und ein Joint nach dem anderen hat die Runde gemacht. Hab auch ein paar Mal kräftig dran gezogen. Ich rauch sonst nicht, mag den Geruch nicht. Nur gestern war mir alles so egal. Ich hab Angst, wie meine Klinikfreundin zu werden.

Ich bin so fertig. Mir ist seit zwei Wochen einfach alles nur gleich. Es ist nicht so, dass ich Suizidgedanken habe oder so (hatte ich früher oft). Ich würde es niemals tun, alleine schon, weil ich meinen Freunden das nicht antun will. Trotzdem will ich auf dieser beschissenen Welt und in dieser Familie nicht mehr leben, und jetzt, da ich nun mal da bin, ertrage ich es einfach, gleichgültig. Ich treffe mich mit Freunden, unternehme etwas, und trotzdem fühle ich nichts, ich tu's einfach, obwohl es mir eigentlich egal ist. Fühle mich sogar wohl bei meinen "Klapsen-Kumpels", die sind alle so fertig mit der Welt, und ich werd grad iwie auch so. Mit dem Erbrechen hält es sich grad noch so in Grenzen, aber nach drei Monaten, in denen ich meinen Körper akzeptierten gelernt habe, habe ich das erste Mal wieder Selbsthass-Anfälle wegen dem Gewicht (bin zwischen NG und ÜG) Ich habe wieder angefangen, viel zu ritzen und nehme Tabletten, die mich betäuben und so fertig machen, dass ich keine Kraft habe, über den Scheiß nachzudenken. Fühl mich schon wieder so reif für die Klapse, ich sehne mich nach der Klinik, in der ich mich aufgehoben gefühlt habe. Sitze nachts wenn ich nicht schlafen kann vor dem PC und sehe auf Facebook und Youtube lustige Videos, lache dabei wie irre, obwohl mir nicht danach ist und fange plötzlich an, zu heulen. Irre beschreibt wohl am Besten, wie ich mich fühle, absolut irre. Ich glaub, ich dreh durch.

Kennt jemand von euch den Zustand? Was kann man dagegen machen (ich fühle mich so verdammt machtlos!!!) Was das Ritzen angeht, habe ich das Gefühl, die Kontrolle völlig verloren zu haben. Aber ich bin bereit, es nochmal zu probieren. (Gott, noch ein Mal, wie oft denn noch, bis es endlich besser wird???) Life must go on.


lG Heartbeat
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Und das Leben schlägt zurück.
Doch manchmal schlägt's daneben,
Denn manchmal haben wir Glück!

Re: völlig durchdrehen?

#2
Hey, ich weiß nicht ob ich auf alle deine Fragen Antworten finde oder dir helfen kann. Dein Beitrag war sehr umfangreich.

Aber zu einem möchte ich etwas zu deiner inneren Aggressivität sagen, da ich diese Phase vor kurzem auch hinter mir habe. Erinnerungen an früher, Kindheit, absoluter Hass und Wut auf die Mutter.
Meine Therapeutin hat das mit mir alles durchgesprochen und sie hat mir den Rat gegeben, das man das ganz klar trennen muss. Heute und Jetzt. Du musst dir aber auch die Erlaubnis geben wütend zu sein., du darfst wütend sein. Aber nicht vergessen, dass man im jetzt lebt.
Die Vergangenheit kannst du logischerweise nicht mehr ändern... Leider... Daher musst du daran ansetzen und diese aufarbeiten. Dass das gerade in deinen Träumen passiert ist nichts untypisches. Bist du denn in ambulanter Therapie?

Was du, denke ich, momentan dringend brauchst, ist Ausgleich. Und diesen bitte nicht in Alkohol , Party und Drogen suchen. Power dich anders aus. Was würde dir Spaß machen? Sport? gemeinnützige Arbeit? ein anderes Projekt? vielleicht sogar ein privates Projket a la ich dekoriere meine Wohnung um, räume Möbel um , oder Großputz? Wohnung entrümpeln etc?

Re: völlig durchdrehen?

#3
Hallo du :)

Danke für die Antwort. Mir geht es wieder etwas besser. Die Aggressivität hat etwas nachgelassen. Klar, es bringt nichts, sich über die Vergangenheit aufzuregen, aber bei mir ist das Problem, dass ich noch eine Weile zu Hause wohnen muss, wo sich seit 10 Jahren kaum etwas geändert hat und Dinge, die in der Vergangeheit passierten, sich wiederholen. (in etwa einem Jahr bin ich volljährig und darf theoretisch abhauen)

Ja, ich bin in ambulanter Therapie, sogar in Doppel-Thera (Gesprächs- und Mototherapie). Meine Gesprächs-Therapeutin ist nur fünf Wochen im Urlaub und meine Motopädin gerade erst vom Urlaub zurückgekommen, hatte halt 4 Wo keine Therapie.

Mir hat in den letzten 3 schrecklichen Wochen geholfen, mich abzulenken. Hab Klavier gespielt und endlos lange gepuzzelt. Jetzt liegt mein ganzes Zimmer voller vollständig gepuzzelter Teile, ingesamt habe ich über 5000 Puzzelteile zusammengesetzt^^ Und war viel mir Freunden unterwegs.

lG Heartbeat
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Re: völlig durchdrehen?

#4
Ich kann dich gut verstehen, mir geht es im moment gleich.
Ich tu alles um mich selbst zu vergessen, nur zum meine gefühle zuverdrängen.
Ich trinke alkohol nehme drogen, kotze ...
und es wird immer schlimmer.
Gestern ist mir etwas absolut beschissenes passiert, ich bin voll betrunken zur arbeit, ich wurde dann rausgeschmissn, nach dem raus schmiss bin ich noch ein paar joint rauchen.
Ich war voll bekifft und betrunken, heute morgen bin ich bei einem typen aufgewacht wo ich nicht kenne!!!!

Ich weiss nicht was mit mit los ist, ich bin eigentlich nicht so ein Mensch.
Ich wurde von meinen Eltern gut erzogen, und hatte nie probleme zuhause, ich wurde immer verwöhnt und bekam immer alles was ich wollte.

Meine eltern haben beide einen guten Beruf und erfolg, doch ich bekomme
mein Leben nicht auf die reihe.

Ich ende wahrscheinlich noch im irrenhaus.

Ich bekomme ja nicht mal eine normale ausbildung auf die reihe ohne gekündigt zuwerden, selbst für das bin ich zu dumm. !!!

Ich hoffe ich kann dich damit ein wenig aufbauen, es gibt viele leute, denen es gleich geht :)

Re: völlig durchdrehen?

#5
Hey bigmonster,

erst mal: Ich kann dich verstehen. Ich hatte (bzw hab heute auch wieder) das Gefühl, echt durchzudrehen und die Kontrolle völlig zu verlieren. So richtig irre, klinikreif.

Ich denke, das hat nichts mit "zu dumm sein zu etwas" zu tun, da steckt was anderes dahinter. Kein Mensch fängt einfach so an zu kotzen oder wird Alkoholiker, süchtig etc. Da steckt was anderes dahinter. Vielleicht fühlst du dich deinen Eltern nicht "gewachsen"? Bzw. nicht gut genug? Weil du denkst, dass sie ein tolles Leben führen und du da nicht mithalten kannst (Also das war jetzt meine Idee, kann natürlich auch was anderes sein, ich kenne dich ja nicht)

Also bei mir liegen die Probleme auch in der Familie, wobei ich ein anderes Problem mit meiner Familie hatte. Ich weiß nicht genau, wie ich es beschreiben soll, aber es fühlt sich an, als wäre etwas in mir zerbrochen. Und ich habe all die Jahre versucht, den Schmerz durch k*, ritzen und andere Dinge zu verdrängen und zu unterdrücken. Und jetzt, wo ich gegen die Essstörung ankämpfe, kam er wieder an die Oberfläche und er lähmt mich, lässt mich nicht mehr schlafen und treibt mich in den Wahnsinn und ans Ende meiner (körperlichen, durch Schlafmangel und psychischen) Kräfte und ich frag mich, ob & wann das wieder aufhört. Eigentlich hatte ich die letzten Tage das Gefühl, es geht wieder besser, aber heute war wieder voll der Absturz. Hab's trotzdem durchgehalten, aber bin am Ende.

lG Heartbeat
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Re: völlig durchdrehen?

#6
Also bei mir liegt es z.B. auch an der Familie. Also größtenteils ... Der erfolgsdruck unter dem ich einfach stehe. Es kommt nicht von meinen Eltern, (glaube ich zumindest ) sondern von mir aus. Ich brauche einfach den Erfolg, weil ich denke, dass ich sonst nicht gut genug bin. Also eigentlich doch das selbe ... Und meine Eltern sagen immer " ohne das Abitur wird man heute nichtsmehr". Und meine cousinen machen auch bald ihr Abitur ... Und ich weiß einfach nicht wohin ich mich sonst flüchten soll.

Gestern habe ich mir auch gedacht, dass ich reif für die klapse bin. Aber das ist eigentlich nicht so. Denn es sind die Ventile, welche wir benutzen um mit dem was wir erlebt haben, oder erleben klar zu kommen. Und Alkohol und Drogen sind auch nur Ventil in die man sich flüchtet.

Ich weiß ja nicht wie es bei dir genau ist, ob es der erfolgsdruck ist, unter dem du stehst, warum du das machst. Aber sowas ist unter anderem ein Auslöser. Und ich würde dir wirklich empfehlen zum arzt zu gehen. Das wäre wirklich besser. auch wenn ich das selber nicht gerne höre. Es ist einfach so. Und irgendwann werde auch ich mich fügen, und bereit fühlen diesen Schritt zu wagen.

LG
Leb jeden Tag als wäre es dein letzter!
Veni Vidi Vici! Ich kam, ich sah, ich SIEGTE!

Re: völlig durchdrehen?

#7
Hey Knuffeline (genialer Nickname!)

Ja, Erfolgsdruck spielte in den letzten Wochen vor den Ferien eine große Rolle, da ich es auf meiner Schule nicht mehr länger ausgehalten habe und beschlossen habe, die Schule zu wechseln, wofür ich aber einen Notendurchschnitt von 2,5 brauchte. Ich kam direkt aus der Klinik, wo ich 4 Monate den gesamten Schulstoff der 10. Klasse Gymnasium verpasst habe und kein Lehrer hat Rücksicht genommen, sie haben mich gnadenlos alles aufholen lassen und die meisten auch knallhart bewertet. Vier Tage nach meiner Entlassung habe ich bereits eine Englischarbeit mitgeschrieben, in 4 Tagen habe ich 2 Monate Stoff aufgeholt. :roll: Wie ich diese Schule gehasst habe!

Ich finde es voll schlimm, zu lesen, dass noch andere so früh angefangen haben, sich ihr Leben mit einer Essstörung zu verbauen. Sei nicht so streng zu dir. (ich weiß, das ist jetzt einfach gesagt) Der Mensch muss sich auch Pausen gönnen, wenn er nicht irgendwann ein Burnout haben will (also wahrscheinlich nicht in unserem Alter) :)

Wünsch dir alles Gute!

Heartbeat
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Doch manchmal schlägt's daneben,
Denn manchmal haben wir Glück!

Re: völlig durchdrehen?

#8
ich kenn das auch nur zu gut von mir. ich finde, ihr habt vollkommen recht. wir suchen uns durch unsere krankheit eine möglichkeit, mit dem leben klar zu kommen.
das ist auch der grund, wieso ich das gefühl habe, aus der ganzen sch* einfach nicht rauszukommen, so sehr ich auch weiß, dass es selbstzerstörerisch ist, was ich mache.
und das macht mich erst recht wieder fertig, weil ich ganz genau weiß, dass ich mich selbst zugrunderichte :oops: :cry:
ich wünsche euch viel kraft zum kämpfen!
lg

Re: völlig durchdrehen?

#9
meine thera spricht auch davon, dass die B für mich mein Ventil ist, das ich mir ausgesucht habe um mit dem leben umzugehen.. und es stimmt wirklich, als ich angefangen habe zu reden, wenn mich etwas stört oder auszusprechen wie es mir geht, nicht zu allem nett zu lächeln, dann ist es auch eine spur leichter geworden mit der B.... nicht mehr ganz so heftig!
ich glaube man kann nicht einfach mit der B aufhören, nur weil ich jetzt besonders standhaft bin und einen eisernen willen habe... man muss vor allem auf sein leben schauen und die umstände ändern, die einen immer wieder in die B treiben... tja, ich denk mir auch gerade, wo anfangen und wo aufhören?? ;)
ach, warum muss es des so schwierig sein... :shock: :|

ich bin auch noch nicht so lange hier im forum, aber es tut gut sich mal mit jemandem auszutauschen der weiß wie ich mich fühle :)
also Danke an alle!