Vielleicht eine Idee..oder ein Experiment

#1
Liebe Alle,

wer sich umgeschaut hat, weiß, dass ich als Nicht-Betroffene hier bin. Als Nicht-Angehörige. Daher kann es sein, dass meine Idee saublöd ist, aber ich will sie euch trotzdem mal kurz erklären:

Mir ist hier aufgefallen, dass nahezu alle aufhören möchten mit dem, was sie tun. Nämlich Essen wieder loszuwerden. Zurück ins Leben also. Viele sehen aber für sich keinen Weg hierzu.

Ich glaube, dass man hier mit ganz kleinen Schritten anfangen muss. Nicht "Ich will keine ES mehr haben", sondern vielleicht einfach nur Tag für Tag, Mahlzeit für Mahlzeit denken. Denn dann werden diese kleinen Ziele sicherlich viel mehr vor Augen bleiben und erreichbar sein. Und einen Erfolg darstellen, auch wenn es anfangs vllt. nicht klappt, oder nur einen Tag. Oder die gewünschte Reaktion bleibt aus. Nicht verzweifeln. Aufstehen. Noch einmal versuchen.
Viele hier sehen ihr Gewicht, die Speckröllchen, die Zahl auf der Waage als das Übel an, das es zu vermeiden gilt, um glücklich zu sein (hängt natürlich auch vom Auslöser der ES ab).

Aber dem ist so nicht!

Wie wäre es, wenn ihr ein Experiment startet, um zu schauen, ob eure bislang angenommene Vorstellung wirklich stimmt?

Nehmen wir mal an, ihr beschließt, nach dem Essen X alles drinzubehalten. Ihr bereitet euch das Essen schön zu, nur für euch selbst. Kein FA, sondern vllt. etwas nach Rezept gekocht, für die, die ansonsten die Mengen nicht einschätzen können.
Und ihr lasst es drin. Ihr unternehmt etwas, was euch gut gut. Was ihr gern macht. Um sich selbst aus der Situation wegzubewegen, die im Bad oder wo auch immer auf das Eintreten lauert.
Und mit vollem Bäuchlein trefft ihr euch mit Menschen, die euch lieben. Klar, viele macht allein schon der Gedanke ans mögliche Zunehmen fertig. Aber wenn ihr diese Situation aushaltet und euch danach mit euren Lieben umgebt (trotz Blähbauch, vermeintlicher Speckrolle, Gewicht etc), werdet ihr folgendes merken:

Sie haben euch noch immer lieb.

Denn - und das ist es, was ich euch eigentlich mit auf den Weg geben möchte- man mag Menschen oder man tut es nicht. Aber wenn man jemanden gern hat, ist es einem vollkommen wurscht, ob da ein paar Gramm *kg mehr auf der Waage stehen. Denn der Charakter, das Innere, das Liebenswerte bleibt immer gleich.. Der verständige Mensch liebt nicht "nach Gewicht". Kann man das als Betroffener verstehen?

Vielleicht ist das eine Überlegung wert. Vielleicht ist es aber auch nicht so einfach, wie ich es mir jetzt vorstelle.

Last mich an euren Gedanken hierzu teilhaben.

Es grüßt Zoa

Re: Vielleicht eine Idee..oder ein Experiment

#2
Zoa hat geschrieben:Aber wenn ihr diese Situation aushaltet und euch danach mit euren Lieben umgebt (trotz Blähbauch, vermeintlicher Speckrolle, Gewicht etc), werdet ihr folgendes merken:

Sie haben euch noch immer lieb.

du hast das erstaunlich gut erfasst ;) genau diese erkenntnis hat mir auch sehr geholfen, war vielleicht die wichtigste.

trotzdem kann man leider, wenn man vllt. jahrelang in der bulimie gesteckt hat, nicht von einem tag auf den andern diesen gesundungsprozess willentlich starten. teilweise überwiegen auch einfach die körperlichen mangelerscheinungen, die einen zwingen, wieder zu fressen - denn essen hat man verlernt. viele bulimiker/innen sind ständig im unterzucker, da sie in gegenwart anderer nicht mehr essen können und es dann abends, oder wann auch immer, in abgeschiedenheit, ausartet.

aber ich will nicht zu pessimistisch klingen: dein post ist wirklich eine sehr gute anleitung für alle, die wieder lernen möchten (bzw. müssen) essen und das sättigungsgefühl zuzulassen. da letzteres aber bei den meisten total durcheinander ist, muss jeder seinen weg finden, damit klarzukommen. ich zB habe anfangs lieber große portionen gegessen, weil ich angst hatte, bald wieder hunger zu bekommen und folglich einen FA. da habe ich lieber das völlegefühl in kauf genommen (zu dem zweck habe ich mit kcal-armer nahrung angefangen).

du hast recht, wenn man mahlzeit für mahlzeit plant, gibt das sicherheit, irgendwann routine, und nach enigen monaten vertraut man sich selbst wieder mehr, kann auch zwangloser und bisher "verbotene" lebensmittel essen. und in den unangenehmen momenten hilft nur durchhalten; denn stundenlange FAs mit anschließendem kotzen sind unendlich viel unangenehmer.
"Achte auf deine Gedanken, denn sie werden Worte. Achte auf deine Worte, denn sie werden Taten. Achte auf deine Taten, denn sie werden Gewohnheiten. Deine Gewohnheiten werden dein Charakter, dein Charakter wird dein Schicksal."

Re: Vielleicht eine Idee..oder ein Experiment

#3
hmm..ja da hast du vermutlich recht..

Deswegen dachte ich, wenn man nach Rezept für eine Person etwas zubereitet, geht zumindest das Rezept davon aus, dass man davon satt werden sollte. Auch wenn sich das Gefühl beim Esser vllt. zunächst gar nicht einstellt. So als Orientierungshilfe dachte ich.

Ich gehe absolut nicht davon aus, dass meine Idee des Rätsels lösung ist. Denn die hätte ja jeder einzelne Betroffene auch selbst schon längst haben können und folglich keine ES mehr. Und auch dass das Gewicht beileibe nicht bei allen der Auslöser war, habe ich hier gelesen. Häufig stecken da ganz andere Dinge dahinter, die ich mir gar nicht auszumalen vermag.. :cry:

...es sollte lediglich eine Idee sein und zum Nachdenken anregen. Und vielleicht hilft es ein ganzkleinesbisschen jemandem, seinen eigenen Weg "nach Hause ins Leben zurück" entwickeln zu können..

In dieser Hoffnung

Zoa

Re: Vielleicht eine Idee..oder ein Experiment

#4
Zoa hat geschrieben:Ich glaube, dass man hier mit ganz kleinen Schritten anfangen muss. Nicht "Ich will keine ES mehr haben", sondern vielleicht einfach nur Tag für Tag, Mahlzeit für Mahlzeit denken. Denn dann werden diese kleinen Ziele sicherlich viel mehr vor Augen bleiben und erreichbar sein. Und einen Erfolg darstellen, auch wenn es anfangs vllt. nicht klappt, oder nur einen Tag. Oder die gewünschte Reaktion bleibt aus. Nicht verzweifeln. Aufstehen. Noch einmal versuchen.
ich würde gerne das aus deinem ersten beitrag hervorheben!

kleine schritte. man wacht nicht auf und die bulimie ist von jetzt auf gleich weg. ein bißchen selbstdisziplin und etwas "iss doch mal normal" reichen eben nicht aus. ich lese und sehe immer wieder (und kenne es so auch von früher), daß sich die leute mit "ich muss aufhören zu kotzen" selbst enorm unter druck setzen und schier verzweifeln, wenn es nicht funktioniert. ich habe dann angefangen, so wie zoa schreibt, von mahlzeit zu mahlzeit, von tag zu tag zu kommen. und wenn es mittags nicht klappte, ich aber normal zu abend essen konnte, dann habe ich das ganz klar (!) auf der haben-seite verbucht.

außerdem habe ich aufgehört tage zu zählen. ich hatte dann jeden tag tag 1 und es hat geklappt oder nicht. denn rückfälle verleiten uns häufig zu denken, man habe versagt und alle cleanen tage bis dato seien quasi vernichtet. ist doch doof. sich selbst loben für das, was man schon erreicht hat und weiter machen. man hat jeden tag eine neue chance! jeder!

ich selbst fand es am anfang ganz schwierig mit dem sättigungsgefühl klar zu kommen. ich hatte auch probleme damit nach plan zu essen. ich habe gegessen, wenn ich hunger hatte und wollte. eher mehrere, dafür kleinere mahlzeiten. ich denke, daß muss jeder für sich selbst herausfinden, wie es am besten läuft.

ich finde es aber generell eine gute idee einfach mal zu versuchen, das volle gefühl auszuhalten. ich weiß noch, wie schwer mir das fiel, als ich damals 2009 der bulimie endgültig den kampf angesagt hatte. aber ich weiß auch noch genau, wie superstolz ich war, wenn ich es geschafft hatte. dieses tolle gefühl überwiegt alles bei weitem!!!!

habt einen schönen sonntag

hanne

Re: Vielleicht eine Idee..oder ein Experiment

#6
Ich kann hanne da nur zustimmen. Man setzt sich viel zu sehr unter Druck, wenn man es auf die radikale Art versucht. Zumindest hatte das bei mir nur einen kurzfristigen Erfolg...war nach immerhin 11 langen Jahren mal 4 Monate clean, bis ein Rückfall kam und ich von heut auf morgen wieder voll drin war und kein Abend mehr ohne klappte :evil: Aber dennoch kann ich für mich positiv verbuchen, dass ich seit 1,5 Jahren nun schon nicht mehr auf der Arbeit gek* hab :oops: mir ist das im Nachhinein mega peinlich und hoffentlich hat das niemand bemerkt :shock: :roll: Und nun versuche ich den letzten Schritt zu wagen: es endgültig sein zu lassen. Bin seit 3 Wochen clean, hab auch schon mal beabsichtigt doppelte Portion zum Mittag verdrückt, um zu sehen, was "passiert" und ob ich es aushalten kann. Und ja, ich habs überlebt :lol: Je mehr Tage man ohne schafft, desto besser kommt man mit dem Völlegefühl zurecht. Ist bei mir jedenfalls so. Ach ja, und zugenommen hab ich seitdem nur minimal, obwohl ich nicht einmal auf Kalorien geachtet habe. Da hab ich GsD diesen Zwang schon länger abgelegt. Mein Problem, an dem ich jetzt arbeiten muss, ist das Essen an sich wieder zu erlernen, größere Portionen auszuhalten und das Gefühl des "Satt seins" als Positives wahrzunehmen. Aber das wird noch einige Zeit dauern, bis ich diesen Zustand als "normal" empfinde. Ich bin zumindest stolz auf mich, dass ich es überhaupt nach so langer Zeit geschafft habe, da zu sein, wo ich jetzt stehe :D Und um mir meinen Erfolg auch immer vor Augen zu führen, habe ich mir einen kleinen Kalender organisiert, wo ich an jedem geschafften Tag ein Kreuzchen setze. Mich motiviert das jedenfalls ungemein :D

LG, Sternchen