Hallo liebe Leidgenossen,

ich bin neu hier (stelle mich vlt. auch etwas ausführlicher im Vorstellungsforum vor ), 20 Jahre alt und habe einen "bunten" Krankheitsmix aus mittelschw. Depressionen, Essstörungen (z.Z. v.a. Bulimie, war aber auch schon Anorexie und Binge Eating), Borderline, komplexer PTBS und einer Panikstörung.

Die Krankheiten beeinflussen sich gegenseitig, das "Hauptproblem" ist die starke PTBS, weshalb ich einen extremen, kaum kontrollierbaren Selbsthass habe.. Und nun zum eigentlichem Thema:

Ich habe Probleme mit dem Essen, bereits seit 12 Jahren, es fing schon mit 8 Jahren an. Es folgte jahrelanges Überessen, dann Bulimiephasen, Hungerphasen, wieder Überessen, starke Adipositas, Abhungern ins Untergewicht, wieder zunehmen in die Adipositas, wieder abnehmen... Was die Essstörungen angeht, habe ich so ziemlich alles mitgemacht.
Die aktuelle Bulimie äußert sich jedoch nicht mehr so wie früher, also Fressanfälle und dann erbrechen. Fressanfälle habe ich schon lange Zeit nicht mehr. Mhm, wie beschreibe ich es am Besten, dass man es versteht?
Ich esse seit einigen Monaten nur noch eine Mahlzeit am Tag (abends, normale - etwas größere Portion, fettarm, viel Gemüse (bin aus tierrechtlichen Gründen Veganerin). Abnehmen tue ich damit trotzdem nicht, mein Stoffwechsel ist komplett auf Sparflamme, bin immer noch im Adipositasbereich. Zudem eine sehr starke Schilddrüsenunterfunktion, die aber im Moment nicht eingestellt werden kann, da ich durch die L-Thyroxin-Gabe nicht mehr schlafen kann (mein Stoffwechsel läuft auch bei geringen Dosen sofort auf Hochtouren) und seit dem Absetzen eines Neuroepileptikas und eines Beruhigungsmittels ich sowieso massive Schlafprobleme habe. Das muss sich erst wieder einpendeln, dann gehts mit dem L-Thyroxin weiter.
Aber darauf wollte ich gar nicht hinaus... Wie gesagt, ich nehme nur eine Mahlzeit am Tag zu mir, weil ich mir mehr "nicht erlauben" kann. Dabei ist das Gewicht da nicht im Vordergrund, sondern der extreme Selbsthass. Falls ich tagsüber doch etwas esse, breche ich es aus, weil ich es "nicht verdiene".
Nunja, leider treibt mich der Selbsthass auch dazu, nüchtern zu erbrechen, um mir zu schaden. Schmerzen im Rachen/Speiseröhre zu haben, alles geschwollen, Magenschmerzen zu haben... Ich weiß, es ist krank, es ist aber Teil meiner Krankheit. Ihr könnt euch sicher vorstellen, wie die Magensäure vom nüchternen Magen ätzt...
Nun meine Frage... kennt das jemand? Dass ihr euch Essen nicht erlauben könnt, weil ihr euch hasst/es nicht verdient habt etc.?


Nur um einige hier zu beruhigen... Ich war wegen den anderen Störungsbildern 4x in der geschlossenen Psychiatrie, 11 Wochen auf der Depressionsstation und eine stationäre Traumatherapie angefangen, die ich jedoch nach einer woche verlassen musste, weil ich nicht stabil genug war (ich habe mich selbstverletzt).
Da der stationäre Weg eher nichts für mich ist, habe ich nun seit über einem Jahr (parallel zu den Aufenthalten) eine Verhaltenstherapie in einer Beratungsstelle, die mir so da Know-How vermittelt, wie ich mit der Symptomatik klarkomme. Eine Trauma-/Essstörungstherapie mache ich seit Mai bei einer super Therapeutin, wo ich mich pudelwohl fühle und schon einiges an Fortschritten bzw. Umdenken da ist.
Der große Brocken, an den wir uns noch nicht rangewagt haben, ist eben der Selbsthass, der überall und an jeder Ecke auftaucht und geschätzte 85% der Symptome verursacht...

So, wurde nun ein wenig länger... vlt. mag jemand was dazuschreiben, wenn ihr euch da so ein wenig identifizieren könnt...

Ich wünsche euch noch einen tollen Tag und ein sonniges Wochenende

Hallo Muschelchen,

mann, da hast Du ja einiges zu (er)tragen...und das schon seit Du 8 Jahre alt bist, Du hast mein tiefstes Mitgefühl.
Ich habe noch nie nüchtern erbrochen, es sei denn ich hatte Magen-Darm-Grippe, aber das ist ja was ganz anderes. Als Selbsbestrafung stelle ich mir das allerdings sehr effektiv vor; Galle brechen ist ja so ziemlich das Widerlichste überhaupt.
Mit Selbsthaß habe ich allerdings - wie so viele hier - auf jeden Fall Erfahrung, wenn auch vielleicht nicht so ausgeprägte wie Du.
Ich bin allerdings etwas verwundert, dass nach so vielen stationären Aufenthalten noch niemand mit Dir an dieser (offenbar sehr dominanten) Problematik gearbeitet hat. Wolltest Du das schlichtweg nicht, bzw. warst noch nicht bereit dazu? Wenn dieser Selbsthaß, wie Du schreibst, 85% aller Symptome verursacht, ist das doch eigentlich Nummer 1 auf der Liste zu bearbeitender wunder Punkte.
Hast Du denn zumindest eine vage Ahnung warum Du Dich selbst so sehr ablehnst, dass Du Dir nicht mal die Nahrungsaufnahme gönnen kannst?

Liebe Grüße,
Bela

Hallo Bela und danke für deine Antwort

heute hatte ich seit langen einen geplanten Fressanfall, weil ich gerade wegen meinem kranken Vogel sehr instabil bin - wobei es neutral gesehen kein FA war, höchstens eine normale Mahlzeit... Die ich nichtmal vernünftig ausbrechen konnte, habe eine Stunde gekämpft...Ah man. Zum Glück sind die Fressanfälle wirklich die absolute Ausnahme und meistens einfach nur purer Hunger, keine Gier oder so...


Aber nun zu deiner Antwort Bela,

es war nicht möglich, mit mir an dem Selbsthass zu arbeiten. Einerseits war ich alles andere als bereit dazu (viel zu sehr zugemacht und - was leider noch sehr vorherrschend ist - die Gedanken und Gefühle, der Selbsthass ist "richtig" und berechtigt), andererseits stand Suizidalität, starke Selbstverletzung oder eben tiefste Depression im Vordergrund. Auch für die Traumatherapie, wo man da etwas hätte rütteln können, war ich nicht stabil genug und musste nach einer Woche gehen... (dabei habe ich 1J auf den Aufenthalt gewartet)..

Eine vage Ahnung habe ich schon, klar, woher es kommt... Einerseits scheint da was in der frühen Kindheit gewesen zu sein, was mir aber noch nicht so klar ist und ich bezweifle, dass es sehr gewichtig ist..
Und dann... folgten 9 Jahre Mobbing... richtig krasses Mobbing... Das löste auch die kompl. PTBS aus und auch sehr, sehr viele der Folgesymptome...

Wünsche dir Bela/euch einen sonnigen Tag

Hi Muselchen!

Ich kenne das tatsächlich. Ich erbreche auch manchmal auf nüchternen Magen. Bei mir ist es meistens Selbstverletzung, oder wenn ich überfordert bin. Ich habe noch nie jemanden getroffen, der das auch hatte. Ich bin auch so ein Mix aus allen möglichen Diagnosen. Z.B.: Depressionen und 1/2 Borderline Störung. Impulskontrollstörungen usw...
Und PTBS hab ich eventuell auch. Das stand auf dem Überweisungszettel fürs AKH als Vermutung. Keine Ahnung ob es das jetzt letzten Endes auch war
Naja, ich wünsche dir auf jeden Fall alles Gute und dass du deinen Weg findest!

Danke für deine Antwort Peppy... Puuh, du hast es ja auch nicht leicht, aber schön zu lesen, dass ich da nicht komplett alleine bin mit diesem Verhalten. Und genau, es ist bei mir auch Selbstverletzung (meistens als "Schneid-Ersatz") oder wenn ich mal wieder getriggert wurde/Flashbacks habe... Und ich war mir schon sicher ich steh mit dieser atypischen Bulimie alleine da...'
Skills helfen bei mir was den Sebstverletzungsdrang angeht leider überhaupt nichts. Da fehlt mir einfach in den Momenten (und auch schon bei geringer Spannung) die Grundüberzeugung, diese überhaupt anzuwenden. Denn ich will ja in dem Moment (und leider oft auch allgemein) mich in dem Moment selbstverletzen/mit schaden - wieso soll ich da denn Skills anwenden? Dadurch werde ich meistens noch deutlich agressiver...
Klar ist es kein "richtiges" Verhalten, aber ich komme da nicht raus, aus dieser Selbsthass-Selbstverletzungs-Spirale...

Muschelchen hat geschrieben: Skills helfen bei mir was den Sebstverletzungsdrang angeht leider überhaupt nichts. Da fehlt mir einfach in den Momenten (und auch schon bei geringer Spannung) die Grundüberzeugung, diese überhaupt anzuwenden. Denn ich will ja in dem Moment (und leider oft auch allgemein) mich in dem Moment selbstverletzen/mit schaden - wieso soll ich da denn Skills anwenden? Dadurch werde ich meistens noch deutlich agressiver...

Hast Du mal Chili oder scharfes Essen probiert? Ich habe mal (aus Versehen) ein Stück Pizza mit scharfer Soße erwischt. Es sah einach aus als wäre es Barbeque Soße - und entsprechend herzhaft habe ich reingebissen. Das Resultat war, dass ich mindestens eine viertel Stunde lang vor Schmerzen nicht wusste, was ich tun sollte, mir lief der Speichel wie verrückt, trinken hat auch nicht geholfen. Und das, obwohl ich Chili durchaus manchmal esse. Ich habe mir nur noch gedacht 'Scheiße, jetzt weiß ich, warum Chili unter Skills läuft'. Es tut wirklich sau weh. Der Appetit vergeht einem auch nachhaltig dabei. Aber mit dem Vorteil, dass es im Gegenteil zu "kotzen auf leerem Magen" und "ritzen" keine wirklich gefährlichen Folgen hat. vielleicht würde das funktionieren. Also, ich müsste mich schon sehr hassen, noch mal in so ein Stück Pizza zu beißen.....

LG

Sophie