Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#16
Hallo Kätzchen,
Kätzchen hat geschrieben: Glaubt ihr, dass es auch von der Persönlichkeit abhängt, in welche ES-Form man sich stürzt?
Ich denke, dass die Symptomatik sich erst in der Essstörung entwickelt.
Die Persönlichkeit spielt dabei sicherlich auch eine wesentliche Rolle. Essgestörte haben meiner Meinung nach, einen sehr starken Willen und lenken ihre Energie in die falsche Richtung.
Ich habe es so erlebt, dass viele Magersüchtige kaum dazu fähig sind, eine menschliche Beziehung aufzubauen. Sie brauchen kaum Nahrung, Liebe und Geborgenheit.
Bei allen anderen Essstörungsformen werden die Gefühle oft zu intensiv wahrgenommen. Sie werden zugefressen, weggehungert oder ausgek...
Ich würde es auch so sagen, dass Bulimiker gefühlvoller sind, als anorektische Mädchen.
Kätzchen hat geschrieben:Ich meine damit nur, dass ich die FAs ja nicht nur aus physischen Gründen habe und ich deshalb auch nicht glaube, dass sie einfach so mit der Zeit verschwinden.
Es ist zwar richtig, dass man erst diesen physischen Teufelskreis durchbrechen muß, um dem Körper erstmal wieder alles zu geben, was er braucht. Einige mögen so auch die Krankheit bewältigen.
Wenn du es aber schon so probiert hast und an der Symptomatik sich nichts geändert hat, solltest du versuchen an den Ursachen und Auslösern zu arbeiten. Es bringt dir nichts, wenn dein Essverhalten sich normalisiert, du aber eine Symptomverschiebung in eine andere Richtung hast. Die Seele sucht sich irgendwie ihren Weg.
Kätzchen hat geschrieben:Und ich es hoffentlich irgendwann schaffe, mir selber die Liebe zu geben, nach der ich mich so sehr sehne.
Man kann sich sicherlich selber lieben und achten.
Die Liebe nach der du dich sehnst, ist aber Liebe von anderen Menschen. Ich glaube nicht, dass du diese Liebe, durch Selbstliebe ersetzen kannst. Vielleicht liege ich aber auch falsch und es funktioniert.
Hast du eigentlich auch Gedanken an eine Familie und Kinder?
Die Frage ist bei dir, warum du so sehr nach Liebe hungerst?

liebe Grüße :D
Zuletzt geändert von Christinel am Sa Okt 30, 2010 19:02, insgesamt 1-mal geändert.
„Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen.“
Albert Schweitzer

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#17
hallo kätzchen,

warum du zwischen den verschiedenen essstörungen hin und herwanderst kann ich dir leider auch nicht sagen.
ich denke aber essstörung ist essstörung und ist immer blöd.
von mir kenne ich das auch nur zu gut, ich habe in den letzten zwei jahren alle durch, insgesamt schon seit 13 jahren eine essstörung.
mit der bulimie kam das binging, purging, tabletten, sport... etc.

aus meiner erfahrung kann ich sagen, dass das hungern zwischen den fressphasen futter für den nächsten fa ist.
das haben wir ja alle früher oder später gemerkt, versuchens aber trotzdem immer wieder mit dem gadenken im kopf abzunehmen.
mache dir bitte nicht solchen druck wegen dem gewicht (ich kenn das sehr, sehr gut, aber es sind die "kranken" gedanken)
du bist jetzt in professionellen händen, deine therapeuten wissen bestimmt aus erfahrung welche methoden bei den patienten helfen.
dann ergibt sich der rest, dein gewicht!

letztes jahr war ich mit deutlich mehr kilos in einer klinik und habe auch nicht gedacht, dass das ernährungskonzept 3 mal am tag essen funktioniert,
auch weil ich mich auf reduktionskost eingestellt hatte und keine vollwertkost. ich hatte nur zwei kotz rückfälle in 3 monaten aufenthalt in der klinik.
gesund bin ich noch nicht und bin ab mitte november auch in einer therapeutischen wohngruppe ( und stell dir vor ich habe angst dort hinzugehen weil ich wieder zugenommen habe seit dem erstgespräch dort und ab und zu gedanken habe erst wieder dort aufzutauchen wenn ich wieder was runter habe! aber :arrow: kranke gedanken)

geniesse dein neues leben in berlin und mache dir nicht so viel druck mit der uni, es gibt noch ein leben ausserhalb vom campus!

liebe grüsse
und viel glück in der wohngruppe,
nuova
hätte hätte fahrradkette

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#18
@Andalucia

Ja, es stimmt schon, dass man immer das Gefühl hat, nicht weiterzukommen. Bei mir ist es sowieso so übertrieben, weil ich ein Mensch von Extremen bin. Entweder etwas ist total perfekt oder total schlecht. Und das bezieht sich nicht nur auf das Essen, sondern auf alles. Selbst mein Selbstbild schwankt von grandios zu wertlos. Aber das kennen glaube ich auch viele hier, oder?
Naja jedenfalls tendiere ich dann eher dazu zu denken, dass ich es entweder sofort schaffe aus der ES zu kommen, oder niemals.
Auch wenn ich eigentlich weiß, dass die Genesung ein Prozess ist, so will ich es trotzdem nicht so ganz wahrhaben.
Überhaupt weiß ich eigentlich unglaublich viel, doch bringt mir das verhaltenstechnisch nicht wirklich viel.
Das mit dem Fokussieren auf die Außenwelt finde ich echt interessant! Es stimmt schon, man beschäftigt sich eigentlich viel zu sehr mit sich selbst und bezieht immer alles nur auf sich. Oder man achtet zu sehr auf die Außenwelt, aber dann auch nur, um möglichst viel helfen zu können etc.
Die unterschiedlichen Persönlichkeiten bei den ES-Formen können schon sehr gut so zutreffen, wie du sie beschreibst! Ich jedenfalls hatte auch immer das Gefühl, dass hinter den Formen unterschiedliche Menschen stecken. Das könnte vielleicht auch der Grund sein, weshalb die letzten Suchtverlagerungen bei mir eingetreten sind…ich habe in der Therapie nämlich langsam angefangen eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln, an der es mir zuvor gemangelt hat und in diesem Prozess hat sich in mir immer mehr dieser Gedanke gefestigt, dass die Leute mich so zu akzeptieren haben, wie ich bin und dass ich mich nicht mehr für andere verbiegen will. Und auf der anderen Seite brauche ich diese Zuneigung. Durch diesen Gedanken habe ich mich auch immer schwerer mit dem Hungern getan.

@Christinel

Ich habe mir immer wieder überlegt, wie viel wir eigentlich schaffen könnten, wenn wir unsere gesamte Energie, die wir in die ES investieren, in etwas „Sinnvolles“ stecken würden. Schon schade um diese verlorene Energie, aber anscheinend ziehen wir ja einen Nutzen aus der ES, sonst hätten wir sie schon längst überwunden…nur raubt die ES leider mehr Lebensenergie als letzten Endes dabei für uns abspringt. :roll:

Naja, zurück zum Thema:
Mir ist gerade ein Gedanke gekommen, der auf der einen Seite stimmt, aber auch irgendwie nicht- kann man wohl nicht verallgemeinern.
Aber könnten die ES-Formen auch unter anderem damit zu tun haben, wie viel Bedeutung man sich selber zuschreibt?
Also klar, alle ESler haben ein niedriges Selbstwertgefühl, aber bei anorektischen Mädchen hatte ich am stärksten das Gefühl, dass das Hungern aus Selbsthass entsteht. Nicht bei allen, aber ich kenne viele, die hungern, weil sie sich das Essen nicht gönnen wollen bzw. glauben, es nicht zu dürfen.
Dass Bulimiker gefühlvoller sind, habe ich auch immer so erlebt, aber dann frage ich mich, ob man, wenn man von der Anorexie in die Bulimie rutscht, auch tatsächlich in dem Moment gefühlvoller geworden ist. Also kann man diesen Rückschluss ziehen?
Christinel hat geschrieben:Es bringt dir nichts, wenn dein Essverhalten sich normalisiert, du aber eine Symptomverschiebung in eine andere Richtung hast. Die Seele sucht sich irgendwie ihren Weg.
Hmm, bei mir habe ich tatsächlich eher das Gefühl, dass es sich um eine Suchtverlagerung handelt und nicht um eine Phase, die dann um ist, wenn sich mein Körper seiner Nahrung wieder sicher ist. Schließlich habe ich ein ganzes dreiviertel Jahr gefressen (ok, ich war vorher um oberen UG) und es hat eben erst durch äußere Faktoren kurzzeitig aufgehört und nicht aus physischen Gründen.
Christinel hat geschrieben:Ich glaube nicht, dass du diese Liebe, durch Selbstliebe ersetzen kannst.
Ich hoffe einfach, dass ich diesen Hunger nach Liebe auch durch Selbstliebe stillen kann. Jedenfalls hat mir mein Therapeut versichert, dass man keine ES mehr hat, wenn man ein gesundes Selbstwertgefühl aufgebaut hat und dieses bedeutet doch einen gewissen Grad an Selbstliebe/akzeptanz?
Ich habe mir da ehrlich gesagt nie Gedanken drüber gemacht, dass es nicht funktionieren könnte…aber in meinem jetzigen Zustand wäre ich doch auch gar nicht für Liebe von einem anderen Menschen empfänglich, dadurch dass ich mich selbst nicht akzeptiere, oder? Ich würde doch eher denken, dass mich der Mensch jetzt nur für meine Leistung mag, aber nicht für das, was ich bin.
Christinel hat geschrieben:Hast du eigentlich auch Gedanken an eine Familie und Kinder?
Gedanken an Familie und Kinder habe ich schon, jedoch habe ich auch Angst, dass meine Kinder ebenfalls kein gesundes Selbstwertgefühl aufbauen, solange ich es noch nicht habe. Ich will einfach diese Linie der psychisch Gestörten nicht weiterspinnen, denn die ist in unserer Familie sehr stark ausgeprägt.
Und weil ich ja auch die Verantwortung für meine Kinder trage, würde ich auch erst wirklich Kinder haben wollen, wenn ich selber stabil geworden bin.
Christinel hat geschrieben:Die Frage ist bei dir, warum du so sehr nach Liebe hungerst?
Naja, dieses Hungern nach Liebe ist bei mir (wie denke ich bei jedem von uns) in meiner Kindheit entstanden. Meine Mutter hat mir die Liebe, die ich benötigte, nicht ausreichend geben können und sie wäre die einzige Person gewesen, die mir diese Liebe hätte geben können. Zu meinem Vater hatte ich nämlich lange Zeit keinen Kontakt und auf Freunde habe ich auch nie so wirklich vertrauen können, weil wir nämlich so häufig umgezogen sind und ich sie immer wieder verloren habe.
Aber das kennen wir ja glaube ich alle, das Gefühl der inneren Leere, oder?

@nuova

Es tut gut zu hören, dass jemand auch so viele Suchtverlagerungen bzw mehr durchlebt hat.
Das klingt jetzt vielleicht ziemlich doof, aber langsam habe ich immer mehr geglaubt, dass mit mir was nicht stimmt, weil ich so häufig wechsle. Naja das kommt auch daher, dass in meiner therapeutischen WG die meisten Mädchen anorektisch sind und auch immer waren. Eigentlich hatte nur eine damals mit FAs zu kämpfen...naja ok, es gibt auch noch ein anderes Mädchen, das auch bulimische Phasen hatte- aber momentan sind sie alle anorektisch.

Sollte mir eigentlich auch ziemlich egal sein, weil die Symptomatik letzten Endes auch nicht wichtig sein sollte, sondern das, was dahinter steht.
Aber wie du schon sagtest, die Gedanken sind halt trotzdem immer noch krank. Dass du jetzt mit deinem höheren Gewicht auch Gedanken machst, kann ich total nachvollziehen. Ich habe auch die ganze Zeit das Gefühl, dass ich der Hilfe, die ich bekomme, irgendwie auch gerecht werden muss und keine FAS haben darf, was natürlich schwachsinnig ist. Doofe ES-Gedanken :| . Und dann kommt auch noch hinzu, dass man immer denkt, dass man jedem beweisen muss, dass man Hungern kann, weil man doch nicht als undiszipliniertes Schwein (chrm, chrm) abgestempelt werden will, als das man sich doch eigentlich fühlt.
SO, also jetzt mal genug Selbstabwertung- ich wollte nur sagen, dass ich dich vollkommen verstehen kann.

Und Herzlichen Glückwunsch für deinen Platz in der therapeutischen WG! :D Bisher bereue ich den Schritt hierher auch nicht , nur merke ich halt, dass ich mir lange Zeit vorgemacht habe, dass sich hier alles ändern wird. Es liegt ja an mir, an mir zu arbeiten und die Therapeuten können mich nur begleiten. Nur habe ich anfangs wirklich die ganze Zeit gehofft, dass ich hier den ultimativen Erfolg erlebe (und am besten noch in den ersten Tagen :roll: ).

Und zudem merke ich halt auch, wie extrem ich zurückfalle, wenn ich erst merke, dass es nicht so läuft, wie es in meinem Kopf sollte.
Die ganze Selbstabwertung kommt dann wieder zurück gekoppelt an FAs und das Gefühl "Ich schaffe es doch sowieso nicht".
Und letzten Endes behindere ich mich dann auch nur selber, weil ich mich dann nur noch auf meine Symptomatik fokussiere und gar nicht mehr dahinter schaue.
Und wenn man mich dann hört, glaubt man gar nicht, dass ich schon 2 Jahre Thera hinter mir habe, so wie ich mich die ganze Zeit auf mein Gewicht konzentriere. :?
Zuletzt geändert von Kätzchen am Sa Okt 30, 2010 20:07, insgesamt 1-mal geändert.
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#19
Hallo Kätzchen,
wie geht es dir?
Kätzchen hat geschrieben:Aber könnten die ES-Formen auch unter anderem damit zu tun haben, wie viel Bedeutung man sich selber zuschreibt?
Ja, das würde ich auch so sagen. Wie viel bedeutet mir mein Leben und wie groß ist mein Selbstwert.
Sicherlich gibt es da große Unterschiede bei den Essgesörten. Ich merke es auch hier im Forum, dass die Symptome unterschiedlich stark ausgeprägt sind. Einigen fällt es leichter aus der Symptomatik auzubrechen und ein einigermaßen geregeltes Leben zu führen.
Ich habe auch mal irgendwo gelesen, dass Bulimiker einen größeren Lebenswillen haben, da sie sich nur nach FA erbrechen und bewußt zugeführte Nahrung im Körper belassen. Magersüchtige dagegen streben in der Nahrungsaufnahme gegen den Wert Null. Entweder hungern sie oder erbrechen nach jeder Mahlzeit.
Das soll jetzt keine Abwertung sein oder eine Wertung, dass eine ES schlimmer ist, als die andere. Jeder hat seinen Leidensdruck und die Krankheit kann so oder so tödlich enden.
Wie kommst du denn in der therapeutischen Wohngruppe mit den Magersüchtigen klar? Ist es nicht schwierig für dich zu sehen, dass sie ihr Essverhalten und ihren Körper unter Kontrolle haben?
Kätzchen hat geschrieben:aber dann frage ich mich, ob man, wenn man von der Anorexie in die Bulimie rutscht, auch tatsächlich in dem Moment gefühlvoller geworden ist. Also kann man diesen Rückschluss ziehen?
Dazu kann ich dir leider nicht viel sagen. Ich kann mich nur an eine längere symptomfreie Zeit erinnern, in der ich keine MS mehr hatte und auch nicht mehr erbrochen habe. In diesem Zeitraum hatte ich kleine FA. Ich habe sehr intensive Gefühle und auch Sehnsüchte wahrgenommen, die nicht zu befriedigen waren. Auch aus diesem Grund habe ich mich wahrscheinlich wieder in die ES gestürzt. Ich habe auch jetzt noch Gefühle, aber keine Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit in einer Partnerschaft oder Freundschaft.
Kätzchen hat geschrieben:dass es sich um eine Suchtverlagerung handelt und nicht um eine Phase, die dann um ist, wenn sich mein Körper seiner Nahrung wieder sicher ist.
Ich meinte eigentlich eine Symptomverschiebung in eine andere Richtung. Du hast ein "Normales" Essverhalten, entwickelst aber eine Depression, Angststörung, Medikamentenabhängigkeit oder oder... Das kann nämlich der Fall sein, wenn du die Ursachen deiner ES nicht aufgearbeitet hast.
Kätzchen hat geschrieben:Ich hoffe einfach, dass ich diesen Hunger nach Liebe auch durch Selbstliebe stillen kann.
Von einigen Essgestörten hier im Forum habe ich gelesen, dass sie trotz der Bulimie ein gutes Selbstwertgefühl haben.
Auch wenn du dich selber akzeptierst und vielleicht sogar ein wenig magst, brauchst du doch auch Liebe von anderen.
Und das meine ich, kann man sich nicht selber geben. Jeder Mensch braucht Liebe und Geborgenheit (von mir mal abgesehen :roll: ) z.B. in einer Partnerschaft, Familie, Freunde.
Obwohl ich mich selber nicht akzeptiere, spüre ich momentan die Liebe zu meinem Vater und er gibt sie mir auch zurück. Ich habe keine Sehnsucht nach Liebe, aber ich kann sie annehmen und als positiv empfinden.
Vielleicht solltest du ein wenig in dich reinhören. Könntest du dir überhaupt nicht vorstellen, dass dich einer lieb hat, für das, was du bist?
Kätzchen hat geschrieben:Ich will einfach diese Linie der psychisch Gestörten nicht weiterspinnen, denn die ist in unserer Familie sehr stark ausgeprägt.
Dazu will ich dir noch sagen, dass ich verstehe, wenn du selber erst stabiler werden möchtest. Eine Familie ist schon eine enorme Verantwortung.
Meine ältere Schwester wurde und wird von meinen Eltern emotional und materiell benachteiligt. Sie leidet noch immer darunter und hat trotzdem eine liebevolle Tochter. Sie hat nichts an ihre Tochter weitergegeben. Meine Nichte ist so herzlich und aufmerksam.
Kätzchen hat geschrieben: das Gefühl der inneren Leere, oder?
:roll:

liebe Grüße
Zuletzt geändert von Christinel am Do Nov 04, 2010 21:36, insgesamt 1-mal geändert.
„Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen.“
Albert Schweitzer

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#20
Hallo Christinel!

Also gerade in dem Moment geht es mir ganz gut, weil ich heute einfach mal beschlossen habe, gaaar nichts für die Uni zu tun (obwohl ich das später hundertprozentig bereuen werde)!
Und einfach weil ich mir das gerade gönne, bin ich weniger gestresst und freue mich auch auf den heutigen Abend, wenn ich mich in mein Bett einkuscheln und ein schönes Buch lesen kann! :D

Mit dem Essen läuft es erfreulicherweise schon immer besser. Ich hab zwar schon so Phasen, wo mich die FAs regelrecht übermannen, aber ich schaffe es tatsächlich, danach nicht zu hungern und einfach normal zu essen- ich kann sogar Hunger und Sättigung verspüren und danach essen!
Und ich habe auch akzeptiert, dass ich in der WG noch mal ein wenig zugenommen habe dadurch..aber ich kann doch auch nicht ewig essgestört bleiben, nur um mein Gewicht halten zu können? Dann bin ich lieber gesund und freunde mich mit meinen Kurven an…zumal ich ja auch nicht ÜG habe, also muss ich da auch kein Drama draus machen, wie es sich in meinem Kopf immer gerne abspielt.

Also das mit dem Lebenswillen von Bulimikern…ich weiß nicht. Es gibt ja auch wieder unterschiedliche Bulimikertypen, ja auch welche, die nach jeder Mahlzeit k* und da muss es auch gar kein FA sein. Oh, ich sehe gerade, dass du diese Mädchen als anoretisch bezeichnen würdest. Naja egal…aber ich glaube schon, dass es vielen Bulimikern nicht um das Krankhafte geht. Sprich, die meisten streben ja ein Gewicht im unteren NG an und kein UG, wie die anorektischen Mädchen. Ich frag mich auch grad, ob man in dem Zusammenhang von aufgeben sprechen kann oder nicht. Haben anorektische Mädchen das Leben schon völlig aufgegeben, während die Bulimiker noch die Hoffnung haben, dass sie es irgendwie noch schaffen?
Keine Ahnung, warum ich das gerade denke…ich glaube, ich kann deiner Lebenswillentheorie doch einiges abgewinnen..merke auch gerade, dass das genau das ist, was du geschrieben hast. :wink:

Also es ist schon schwierig für mich, mich nicht in die Selbstabwertung zu stürzen, wenn ich sehe, wie kontrolliert die anorektischen Mädchen essen, während ich in FAs verfalle. Aber ich weiß, dass ich mich davon abgrenzen muss, und es geht auch mit der Zeit tatsächlich leichter. Einfach weil ich mir sage, dass ich ja mit niedrigerem Gewicht und kontrolliertem Essverhalten ja auch nicht glücklicher war. Und das Essen hat ja auch tatsächlich den Vorteil, dass man seine Gefühle wieder ein wenig mehr wahrnehmen kann, als beim Hungern.
Und ich habe auch den „Vorteil“, dass ich nicht zunehmen muss- das ist ja auch immer etwas, wo man gleich am ganzen Selbstwert zweifelt. Ich habe stets noch sehr großen Freiraum bezüglich meines Gewichts und muss mich da nicht stressen. Naja und natürlich auch der Gedanke, dass ja jede psychische Krankheit für den Betroffenen schlimm ist und letzten Endes therapiert werden muss. Wenn ich jetzt nur schaffen würde, zu hungern, dass hätte ich damit ja auch nicht viel erreicht. :roll:
Christinel hat geschrieben:Von einigen Essgestörten hier im Forum habe ich gelesen, dass sie trotz der Bulimie ein gutes Selbstwertgefühl haben.
Ich weiß nicht, irgendwie kann ich mir das wirklich nicht vorstellen.
Einer, der ein gesundes Selbstwertgefühl besitzt, würde keine Essstörung brauchen, denke ich. Selbst wenn man liebesbedürftig ist, würde man sich doch mit einem gesunden SWG eine adequate Lösung suchen, anstelle sich in eine ES zu flüchten. Einfach, weil man durch sein SWG innerlich stabil ist und sich nicht in die Selbstzerstörung treiben würde. Klar gibt es das typische Frustfuttern, aber das ist ja meist nur eine Phase…
Ich kann das grad auch nicht wirklich erklären, aber von Therapeuten höre ich einfach immer, dass man nicht essgestört wäre, wenn man ein gesundes SWG besäße.

Sag mal hat deine Schwester ihre psychische Störung denn besiegt? Oder hatte sie nie eine? Denn ich weiß echt nicht, ob man eine psychische Störung haben kann, ohne dass dann auch die Kinder früher oder später darunter leiden. Ich habe die ES meiner Mutter z.B nie wirklich mitbekommen als Kind, aber dennoch bin ich selber in eine gerutscht, einfach weil die Psyche und somit auch die Stimmung meiner Mutter so instabil war und ich damit nicht klarkam.
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#21
Heyho!

Soo..also ich bin mir mittlerweile ziemlich sicher, dass ich nie wieder in die MS abrutschen könnte. Ich habe mich mal ein wenig mit meinen WG-Mitgliedern verglichen, die ja alle anorektsich sind und ich bin einfach von meinem Charakter ganz anders als eine MSlerin. Ich bin mittlerweile unheimlich abgeneigt von Perfektionismus und kann es auch gar nicht ab, wenn man irgendetwas vortäuscht, was gar nicht so ist. Z.B gute Laune oder Interesse an einer Sache. Es nervt mich schon fast, wenn meine WGler schöne heile Welt vorspielen. Vielleicht bin ich auch deshalb ins Binge-Eating gerutscht, um mich von denen noch mehr abzugrenzen, ich weiß es nicht. Jedenfalls macht es mich regelrecht agressiv, wenn sie sich von einer in die nächste Arbeit stürzen.
Kaum vorstellbar, dass ich mal genauso war. :?
Ich will keine MSler abwerten, denn schließlich war ich ja auch mal so, aber ich kann mich einfach gar nicht mehr in diese Personen hineinversetzen und will es irgendwo auch gar nicht. Ich habe fast schon regelrechten Angst vor diesem Perfektionismus.
Ich will einfach, dass man mich nimmt, wie ich bin und wenn mich Leute so nicht mögen, dann ist das eben so. Und es kann einen definitiv auch nicht jeder mögen.
Nur verstehe ich nicht, warum ich die ES denn noch habe, wenn ich mich selber schon viel viel mehr wertschätze, mir selber auch Raum gebe (mir fällt grad auf, dass ich das auch tue, indem ich durch die FAs zunehme..) und mich auch gut fühle. Habe ich vielleicht Angst, nicht genug Raum zu bekommen? :?
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#22
Hallo Kätzchen,
Herzlichen Glückwunsch zur bestandenen Prüfung. :D
So, wie ich deine Beiträge lese, bist du auf dem richtigen Weg (Rückfälle gehören dazu).
Hunger und Sättigung zu verspüren und danach zu Essen ist ein Teil, um die ES hinter sich zu lassen. Wenn du dich dann noch mit deinem NG anfreunden kannst, hast du den physischen Teil fast geschafft. Was bleibt ist die Psyche, die Gefühle und Gedanken, die du mit der Esstörung kompensiert hast. Wie geht es dir denn damit?
Kätzchen hat geschrieben:Haben anorektische Mädchen das Leben schon völlig aufgegeben, während die Bulimiker noch die Hoffnung haben, dass sie es irgendwie noch schaffen?
Ich glaube nicht, dass man von allen MS reden kann. Bei vielen ist die Nahrungsaufnahme aber so rigide und eine Gewichtsgrenze nach Unten existiert nicht mehr. Da muß man sich dann schon fragen, ob sie ihr Leben aufgegeben haben? Naja, so oder so kann jede ES tödlich enden.

Ja, mit kontrolliertem Essverhalten und UG ist man nicht glücklicher, dass weiß ich auch. Nur ist es schwer, wenn man sich das auch immer wieder sagt, es auch umzusetzen. Man weiß genau, wie alles läuft, was man tun müßte, um gesund zu werden, aber...
Das du nicht zunehmen mußt, ist wirklich ein großer Vorteil. Ich wünsche dir, dass dein Gewicht sich einpendelt und du das NG akzeptieren kannst. Aber wie ich gelesen habe läuft es momentan ganz gut bei dir.

Zum Selbstwertgefühl habe ich das hier von einigen gelesen. So richtig nachvollziehen kann ich es auch nicht. Die Facetten der ES sind so unterschiedlich. Wenn man z.B. erbricht um ein Idealgewicht zu haben, hat man doch auch ein Problem mit dem Selbstbewußtsein. Da mag zwar die Gesellschaft die Norm diktieren, wäre man innerlich stabil, würde man sich von dieser Norm nicht abhängig machen. Ich bin auch der Meinung, dass bei ES immer, mehr oder weniger Defizite im SWG liegen.

Meine Schwester hatte nie eine psychische Störung. Der Symptomträger in der Familie bin wohl ich. Ich wollte dir damit nur sagen, dass sie immer psychisch benachteiligt wurde. In unserer Familie wurden Gefühle kaum gezeigt, kein Wort ich habe dich lieb, keine Umarmungen.
Sie hat ganz schön gelitten in ihrer Kindheit und Jugendzeit. Trotzdem konnte sie ihrer Tochter die Liebe geben, die sie nie hatte.
Naja und meine Mutter war ihr Leben lang auch essgestört. Ich kann mich an eine Zeit erinnern, als ich 7 Jahre war, da hat sie regelmäßig nach dem Mittagessen erbrochen. Sie hat es die ganzen Jahre immer mal wieder gemacht, wenn sie meinte, sie hätte zu viel gegessen. Ja und AFM hat sie auch genommen.

Kein Mensch kann perfekt sein. Es ist ein Streben nach einem Ziel, dass man nie erreicht. :roll: Die anorektischen Mädchen nehmen trotz ihres UG, mit ihrem Perfektionismus und ihrem Ehrgeiz sehr viel Raum ein und es ist schwer für dich, dich da zu behaupten.
Aber ich kann mir vorstellen, dass sie auch etwas neidisch auf dich sind. Du nimmst den Raum wirklich ein. Sie streben nur mit allen Mitteln danach.
Kätzchen hat geschrieben:Nur verstehe ich nicht, warum ich die ES denn noch habe, wenn ich mich selber schon viel viel mehr wertschätze
Beschreibe doch mal, wie dein Essverhalten zur Zeit ist? Du schreibst doch, dass es sich schon gebessert hat.
Sicherlich mußt du dir auch etwas Zeit geben. Meistens verschwindet die ES nicht von heute auf morgen.

liebe Grüße :D
Zuletzt geändert von Christinel am So Nov 14, 2010 1:29, insgesamt 1-mal geändert.
„Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen.“
Albert Schweitzer

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#23
Hey Christinel!

Ich freu mich immer wieder, von dir zu lesen- danke dafür! :D

Also das mit dem Hunger- und Sättigungverspüren habe ich ja vor 10 Tagen geschrieben und momentan läuft es mit dem Essen nicht sooo gut- hm, also seit Mittwoch geht es eigentlich schon wieder, aber davor waren die Tage eine einzige Fresserei. Was ziemlich wahrscheinlich mit dem Stress zusammenhing, den ich mir bzgl. des Testats gemacht habe. Aber jetzt ist es ja vorbei und ich hoffe, dass ich wieder da weitermachen kann, wo ich aufgehört habe! Ich hab zwar durch die FAs schon wieder zugenommen, aber momentan ist in meinem Kopf einfach dieser Verstand, dir mir sagt, dass ich nicht hungern sollte, weil ich dann nie aus dem Teufelskreis rauskomme und mich nur für den kurzen Moment freue, in dem ich ein niedrigeres Gewicht habe. Das kann ja auch nicht das Wahre sein. :roll:

Also es klingt hier jetzt vielleicht total überzeugt, aber ich muss sagen, dass ich dennoch jeden Tag mit den Gedanken zu kämpfen habe, dass ich vieeeeel glücklicher wäre, wenn ich wieder abnehmen würde. Diese Gedanken rauben mir wirklich sehr viel Kraft. Aber ich will (und kann mitlerweile, glaub ich) auch gar nicht mehr hungern. Das ist auch gut so, aber ständig ist dieser Gedanke in meinem Kopf, dass ich nur zu schwach bin. Ach, ich hasse diese Gedanken! :x

Aber ich kann mich schon viel besser selber davon überzeugen, dass das alles nicht stimmt, was die kranken Gedanken sagen…auch wenn es dennoch immer wieder ein Kampf ist.

Oh Mann, das tut mir echt Leid, dass du deine Mutter mit ihrer ES erleben musstest…darf ich eigentlich fragen, wie deine Einstellung zu deiner Mutter ist? Spürst du Wut auf deine Mutter oder kannst du ihr ihre Fehler verzeihen?
Meine Mutter ist auch essgestört und ehrlich gesagt kann ich meine Wut auf sie manchmal gar nicht im Zaum halten- und dann gibt es auch Momente, da tut sie mir nur schrecklich Leid, dann habe ich sie unglaublich lieb und habe Sehnsucht nach ihr. :?

Aber ich finde es echt bewundernswert von deiner Schwester, dass sie ihrem Kind trotz eurer schweren Kindheit so viel Liebe schenken kann! Das macht mir echt großen Mut, dass ich das auch schaffen könnte! Aber momentan weiß ich einfach, dass ich noch nicht so weit bin…ich muss zunächst noch einige Schritte tun, aber ich fühle mich schon auf dem richtigen Weg!

Es kann gut sein, dass einige Mitbewohner neidisch auf mich sind…eine hat mir das sogar direkt gesagt, sie meinte nämlich, dass sie es so an mir bewundert, dass ich nicht mehr alles mache, was andere mir vorschreiben, sondern meine eigene Sache mache.

Wie geht es dir eigentlich momentan? Sowohl gefühlstechnisch als auch mit dem Essen?
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#25
Hirngespinst hat geschrieben:klingt, als würde das kätzchen langsam zum löwen werden. :D

und die brachen natugemaß einen größeren lebensraum.
Oooo, das ist voll süß, wie du das sagst! :mrgreen:

Aber irgendwo ist da tatsächlich auch ein Funke Wahrheit drin...

Ich hatte heute so einen wahnsinnigen Tag, das ist unglaublich!
Ich hatte heute Ernährungsberatung gehabt und habe währenddessen gemerkt, wie meine Stimmung auf einen gewissen Tiefpunkt sank.
Ich bin da wieder rausgegangen mit einer unglaublichen Aggression in mir, bis es mir halt aufgefallen ist und ich dann dachte: "Hey, du MUSST doch jetzt nicht so drauf sein! Du hast doch selber in der Hand, wie du dich fühlst."
Und ich habe dann einfach versucht, mir selber einen Ohrwurm zu schaffen, weil ich nämlich letztens rausgefunden habe, dass Musik bei mir ein prima Skill bei FA-Druck ist. Und da hab ich mal ausprobieren wollen, ob er auch bei negativen Gefühlen wirkt, weil ich durch die Musik einfach meine gesamten Gedanken verbannen kann- also habe ich das mal mit dem Ohrwurm probiert und tatsächlich: Es hat zwar ein wenig gebraucht, um zu wirken (so ne halbe Stunde), aber dann war ich so demaßen gut drauf, das war sooooo unglaublich!! :D :D :D

Hehe, und ich habe bereits (nach einer Phase mit EAs etwa alle drei Tage- ich nenn es seit Neustem EAs, weil FAs so negativ besetzt klingt^^) seit einer Woche keinen EA mehr gehabt!!! Hach, mir geht es grad noch immer so gut!! :mrgreen: :mrgreen: :mrgreen:
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."