Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eating

#1
Ich weiß, dass das nicht mein größtes Problem sein sollte, aber ich muss es trotzdem einfach mal loswerden, sonst drehe ich noch durch.
Wie schon gesagt, ich weiß, dass ich mir nicht so viele Gedanken um die Symptomatik machen sollte, sondern um das, was dahinter steht, aber trotzdem…ich kann mich nur noch darauf fokussieren, denn es macht mich wahnsinnig.

Alles hat zwischen 13 und 14 angefangen. Ich bin aufgrund meiner anscheinend etwas turbulenten Vergangenheit ins Binge-Eating gerutscht, um all meine Gefühle und Gedanken einfach auszublenden und mir den Trost und die Wärme zu holen, die ich so dringend brauchte.
Nach 2 Jahren hatte ich sichtlich zugenommen und als mich der Freund meiner Mutter auf mein Gewicht ansprach und mir riet, doch mit Kalorienzählen abzunehmen, stürzte ich mich prompt in die Magersucht.
Irgendwann war das meiner Mutter dann zu viel und ich sah ein, dass ich wieder essen musste- tada: Ich landete in der atypischen Bulimie- hatte einmal in der Woche eine unglaublich große FA und hungerte die kommenden 6 Tage.

Naja und jetzt wohne ich in einer therapeutischen WG und bin eigentlich mit der Diagnose der atypischen Bulimie hier reingekommen. Nur hatte ich davor auch schon ein dreiviertel Jahr Binge-Eating und hatte mich dann langsam wieder da rauskämpfen können.

Nur ist es jetzt so, dass ich mit meinen Betreuern langsam anfange, mein ES-Konstrukt akzubauen. Sprich: Ich soll Regeln brechen, an die ich mich so lange gehalten habe. Selbst erstellte Regeln, die ich mir aufgezwungen habe, um keinen FA zu bekommen.

Und was passier jetzt? Ich habe nahezu jeden 3. Tag einen FA und komme da einfach nicht raus! Wir haben meine ES so angepackt, dass mir mein Hungern quasi verboten worden ist, während die FAs toleriert werden- das kann doch nicht die Lösung sein?!

Klar kommen vom Hungern auch wieder phyisch bedingte FAs und es schließt sich der Teufelskreis, weil ich danach wieder hungern würde.
Aber einen PSYCHISCH bedingten FA nach dem anderen kann doch auch nicht richtig sein…wie seht ihr das?

Wie sollte man dabei am Besten vorgehen und wie findet ihr den Ansatz, mir das Hungern zu verbieten?

Ich muss nämlich ehrlich sagen, dass sich langsam in meinem Kopf so eine „Ach, jetzt, wo du so fett bist, ist doch auch egal“-Haltung breit macht. Und ich langsam, aber sicher immer depressiver werde. Suizidgedanken sind auch schon wieder aufgetaucht. Nur wegen der FAs und meinem dadurch rapide steigenden Gewicht. :roll:

Ich weiß, ich darf nicht so viel über die Symptomatik nachdenken- aber sie macht mich vollkommen kaputt! :cry:
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#2
Hm, hier mal von einer erfahrenen (4 Jahre BED überlebenden) Person: RUHIG BLEIBEN! Erstens: klar steigt dein Gewicht, wenn du frisst und nicht mehr hungerst wie sonst und zweitens: SO SCHNELL geht das auch nicht- irgendwann stoppt das auch.

Iss regelmäßig! Warum bist du (und sag nicht wegen dem Essen) unglücklich? Hast du Stress?

Achja ich seh trotzdem nicht scheiße und übermäßig fett aus :wink:

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#3
Also da gibt es mehrere Sachen, die mich unter Druck setzen, aber ob die Gründe auch die Gründe für die FAs sind, kann ich irgendwie nicht sagen:

1. Ich mach mir echt ziemlich viel Stress wegen der Uni- auch wenn ich dafür in der Woche gar nichts tue, drehe ich fast durch, wenn ich von den anderen höre, wie viel die schon gemacht haben

2. Ich halte es ja kaum aus, wenn mich jemand wirklich hasst, obwohl ich das nie so beabsichtigt habe. Und naja, eine meiner WG-Mitbewohnerinnen ist anscheinend total genervt von mir. Warum, weiß ich nicht.

3. Diese Phase, in der man noch keine "richtigen" Freunde hat, ist für mich echt anstrengend. Ich brauche einfach das Gefühl, wirklich gemocht zu werden und momentan fühle ich mich total einsam und allein gelassen. Dabei habe ich schon einige an der Uni kennengelernt, aber ich kenne sie auch eben erst seit 2 Wochen und da ist so eine Freundschaft ja noch nicht so wirklich intensiv.

4. In meinem Kopf herrscht Chaos. Meine Betreuer fordern mich halt immer wieder auf, dies und jenes NICHT zu tun oder Dinge einfach auszuhalten, die mich immer in einen FA haben schlittern lassen. Naja, und das ist echt total stressig, denn ich habe das Gefühl, vollkommen die Kontrolle zu verlieren. Und das tue ich ja auch tatsächlich, denn ich kann diese Spannung einfach noch nicht lange aushalten und es endet dann in FAs.

Ich esse ja auch regelmäßig- alle 2/3 Stunden. Ich habe ja auch einen Plan mit meiner Ernährungsberaterin erstellt, aber ich bin einfach zu "undiszipliniert", um mich einfach dran zu halten.

Bei anderen stört mich das immer gar nicht, wenn sie ein wenig mehr auf den Rippen haben. Ich finde es meißtens sogar unatraktiv, wenn Frauen sehr dünn sind. Aber bei mir ist es irgendwie anders, da gilt das alles nicht. Typisch irgendwie. :|
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#4
Okay dann geb ich dir mehr Tipps/Denkanstöße:

1. Ich mach mir echt ziemlich viel Stress wegen der Uni- auch wenn ich dafür in der Woche gar nichts tue, drehe ich fast durch, wenn ich von den anderen höre, wie viel die schon gemacht haben
Ich hab auch noch nichts getan und ich lebe ^^ Außerdem bist du ein Mensch, der vielleicht gar nicht soviel tun MUSS wie die?! :wink:

2. Ich halte es ja kaum aus, wenn mich jemand wirklich hasst, obwohl ich das nie so beabsichtigt habe. Und naja, eine meiner WG-Mitbewohnerinnen ist anscheinend total genervt von mir. Warum, weiß ich nicht.
Verstehe ich... doofe Situation - da hilft nur: Sprich das an.

Hey, ich hab das Gefühl, dass dich was an mir stört?! Liege ich da richtig und wenn ja, was ist es?

Sonst quälst du dich nur weiter ...!!

3. Diese Phase, in der man noch keine "richtigen" Freunde hat, ist für mich echt anstrengend. Ich brauche einfach das Gefühl, wirklich gemocht zu werden und momentan fühle ich mich total einsam und allein gelassen. Dabei habe ich schon einige an der Uni kennengelernt, aber ich kenne sie auch eben erst seit 2 Wochen und da ist so eine Freundschaft ja noch nicht so wirklich intensiv.
Ja kann ich mir vorstellen ich hab ja noch meine anderen Freunde hier, aber auch schon nette Mädels kennengelernt. Hmm naja versuche einfach weiter Kontakt zu haben und mal jemanden zu fragen ob er mit dir mal weggeht oder sowas... gibts nicht solche Ersti-Partys??? Bei gabs haufen davon und meine Kommilitonen haben auch schon einiges zusammen gemacht (war aber nur einmal dabei)
Ich esse ja auch regelmäßig- alle 2/3 Stunden. Ich habe ja auch einen Plan mit meiner Ernährungsberaterin erstellt, aber ich bin einfach zu "undiszipliniert", um mich einfach dran zu halten.
Ja klar, ich habs auch nicht immer geschafft aber so UNGEFÄHR.... musst ja nicht 1:1 machen ;)...

Ach Mensch, ich denke dir gefällt es so in Berlin?!! Genieße die Zeit und mache sie dir nicht kaputt!

Ich habs doch auch geschafft, dann kannst du das auch!! Arbeite an dir!!!

lg

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#5
Unique hat geschrieben:Außerdem bist du ein Mensch, der vielleicht gar nicht soviel tun MUSS wie die?!
Muss ich auch eigentlich nicht…wie kann ich mich denn von den anderen abgrenzen? In meinem Kopf rattert es nur die ganze Zeit, dass ich so faul bin. Wo es nur geht, mache ich mich momentan runter. Ich hasse es!
Unique hat geschrieben:Sprich das an.
Ich bin die ganze Zeit am Überlegen, ob ich sie ansprechen soll oder nicht. Ich hab nur so eine Angst davor, dass ich damit alles nur schlimmer mache. Obwohl ich ja weiß, dass es so auch nicht besser werden kann, wie es momentan ist.
Unique hat geschrieben:gibts nicht solche Ersti-Partys???
Ja, Ersti- Parties gibt’s schon, bzw. hat sie gegeben und ich war zu feige da hin zu gehen. Du kennst mich ja- Dorftrottel halt. :wink:
Unique hat geschrieben:Ach Mensch, ich denke dir gefällt es so in Berlin?!!
Jaa, Berlin ist auch wunderschön! Ich bin heute Nacht vor dem Brandenburger Tor und dem Reichstag gewesen und es war unglaublich! Aber die Stadt kann den Inneren Aufruhr eben auch nicht mildern..ich finde die Stadt ja auch immer noch toll und will nirgendwo anders hin!

Naja, ich habe morgen Therapie und ich freue mich auch schon echt darauf- ich schaffe es momentan einfach nicht, Kraft aus mir selber zu tanken und ich weiß, dass mir Therapien eigentlich immer viel gegeben haben. Nur leider werden wir morgen wahrscheinlich auch nicht sonderlich viel auf meine momentane Gefühlstiefs zu sprechen kommen, weil es ja erst meine 2. Stunde hier ist und sie erstmal mit mir meinen Lebenslauf durchgehen wollte- sie muss mich ja auch erstmal kennenlernen. :roll:
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#6
Ach das wird schon. Sei nett zu dir selber, echt! ;). Ich hatte es ja auch nicht leicht die letzten Monate, aber es geht immer wieder bergauf =). Lebe dich bisschen ein.

Achja wegen Feigheit: Och nöööö - gerade am Anfang nimmst du dir doch die Chance Leute näher kennen zu lernen! ;) .. ALSO HINGEHEN ! =D Die haben auch keine Freunde hier, suchen auch Kontakte also ran an den Speck haha xD. Sorry ich sehe momentan vieles zu locker (oder genau richtig?!).

Liebe Grüße

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#7
Heute beim Spazierengehen habe ich mir so einige Gedanken gemacht, warum ich immer so stark zwischen den ES-Formen herumschwanke- dafür muss es doch einen Grund geben?

Ich weiß nicht, ob ich richtig liebe, aber ich bin zu dem Schluss gekommen, dass es schon wahrscheinlich ist, dass es stark mit dem Thema Liebe zu tun hat.

Also ich weiß ja schon, dass ich damals die Liebe, die ich mir so von meiner Mutter gewünscht habe, nicht ausreichend erhalten habe.
Und das war eben auch der Grund, weshalb ich angefangen habe, zu fressen. Das Essen sollte mir diese Liebe geben.

So weit so gut.

Nur warum bin ich dann nicht immer beim Binge-Eating geblieben?

Ich glaube, dass ich manchmal die Hoffnung hatte, die Liebe von außen zu erhalten. Sprich: Ich habe der „Menschheit“ noch eine Chance gegeben und habe mich extra angepasst, um auch anziehend auf Menschen zu wirken und somit deren „Liebe“ (und nicht nur Anerkennung!) zu bekommen. Also habe ich mit dem Hungern angefangen, denn zum einen wurde ich dadurch den Normen der Gesellschaft gerecht und zum anderen brauchte ich die Liebe der Nahrung ja nicht mehr, da ich sie mir von außen erhoffte. Größtenteils von meiner Mutter, der eine schlanke Figur auch immer wichtig gewesen war. Und der Grund, weshalb ich das gerade zu dem Zeitpunkt machte, war, dass ich nach der 2 jährigen Streitphase mit meiner Mutter (in der Zeit litt ich auch an Binge-Eating) langsam merkte, dass wir und wieder etwas näher kamen.

Die atypische Bulimie könnte dadurch entstanden sein, dass ich immer mehr feststellen musste, dass ich durch das Hungern nicht mehr geliebt worden bin. Und zudem feststellen musste, dass ich meiner Mutter missfiel, wenn ich zu dünn war. Also begann ich wieder mit dem Essen, konnte mich aber nicht wirklich entscheiden, wo ich denn jetzt meine Liebe herbeziehen konnte. Also fraß und hungerte ich mich auf unteres Normalgewicht, um auch meiner Mutter wieder zu gefallen und gleichzeitig Trost durch das Fressen zu bekommen.

Und das Binge-Eating ist jetzt eher wieder so eine Resignationsform. Ich habe erkannt, dass Hungern mir null bringt und auch mein unteres NG nicht. Meine Mutter liebt mich dadurch nicht mehr und auch meine Freunde haben mich dadurch nicht mehr gern. Und außerdem habe ich es satt, mich anpassen zu wollen. Schließlich bin ich ja ebensoviel wert, wie die anderen auch. Das habe ich durch die Therapie erkannt.
Nur bin ich ja immer so ein Mensch von Extremen, was ich bisher noch nicht ablegen konnte und anstatt also anzufangen, normal zu essen und dem Essen die Bedeutung des Liebesersatzes zu nehmen, stürze ich mich wieder ins Essen.
Denn zum einen habe ich keine Hoffnung mehr von anderen Menschen geliebt zu werden, und zum anderen sage ich den Menschen damit auch „Ach ihr könnt mich mal!“.
Fressen ist also mein Ausdruck von Wut und Verzweiflung auf die Menschen, von denen ich mir immer Liebe ersehnt habe. Und zum anderen gebe ich mir durch das Fressen diese „Liebe“ selber.
Die ES war bei mir also nie eine Form von Selbsthass oder –zerstörung.

Kann das hinkommen? Irgendwie habe ich das Gefühl, dass das bei mir wirklich so ist… :?
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#8
Hehe, bei mir war es doch genauso- was glaubst du, warum ich fast in die Klapse gehört hab nach der Therapie? Weil meine Therapeutin mir ihre "Liebe" und Anerkennung und alles eben wieder entzogen hat und ich kam mir vor wie ein Süchtiger auf Entzug :roll:. Ich hab mich aufeinmal wieder zurückgeworfen gefühlt in allem und dachte es nie wieder hinzukriegen und schon gar nicht ohne Therapie (wo das bisschen Anerkennung usw. da war, was ich mir so sehnsüchtig gewünscht hab). Deswegen wurde sie ja auch so mega wichtig für mich, weil ich mir das noch nicht selbst geben konnte, dieses Gefühl geliebt und angenommen zu sein. Ich hatte grundsätzlich immer gefressen weil ich mich einsam und ausgestoßen gefühlt hatte- Essen hat bei mir auch Liebe ersetzt. Da wären wir wieder beim Thema "sich die Liebe selbst geben". Ich kann dir nur sagen dazu: 1. arbeite an dir, das dir selbst zu geben 2. mit Freunden geht das einfacher, weil du dir in Erinnerung rufst, dass die dich mögen so wie du bist 3. Wen liebst du und wer liebt dich?

Lg

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#9
Ich kann schon nachvollziehen, wie es für dich gewesen sein muss, als deine Thera zu Ende war. Die Menschen kommen und gehen und selbst wenn einer kurzzeitig verweilt, so ist er doch irgendwann wieder weg.

Ich weiß nur, dass meine Mutter mich liebt, auch wenn sie mir das nicht so zeigen konnte. Freunde mögen mich zwar, aber die lieben mich ja nicht.
Und mich selber lieben, sagt sich so leicht. Man kann auch Bücher wälzen und Übungen machen und kann sich dennoch im Kreis drehen.

Aber ich bin momentan echt zuversichtlich, was meine jetzige Thera anbelangt! Sie arbeitet abgesehen von den Gesprächen auch echt viel mit Meditation, Entspannungsübungen etc. und ich muss sagen, dass mich das heute total begeistert hat. Wir haben in mir quasi nach einem Pol der Neutralität suchen wollen, da ich ja immer von einem Extrem ins Nächste verfalle und danach war ich total entspannt! Es hat unheimlich gut getan und auch wenn diese Wirkung nach ca. eineinhalb Stunden wieder um war, so waren es doch eine total bereichernde Stunde! Einfach mal keinen Stress machen und innerlich stabil sein. Herrlich! :D
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#10
Hallo Kätzchen,
ich habe mir jetzt auch einige Gedanken zu deinem Thema gemacht.
Nach einiger Zeit Therapie und Selbstreflexion, weiß man schon wie man in der Essstörung mit Gefühlen umgeht.
Kätzchen hat geschrieben:Kann das hinkommen? Irgendwie habe ich das Gefühl, dass das bei mir wirklich so ist…
Warum deine Symptomatik laufend wechselt, kann ich auch nicht ganz nachvollziehen.
Du scheinst da sehr auf der Suche zu sein, ob du Gefühle überhaupt spüren möchtest, ganz viel davon brauchst, sie aber nicht aushalten kannst, oder nicht genug davon kriegen kannst.
Dieser Umgang mit dem Gefühl Liebe setze ich gleich mit hungern, Bulimie, Binge Eating.
Wenn man hungert, ist es einfacher mit Gefühlen umzugehen, man hungert sie sich weg.
Kätzchen hat geschrieben:zum anderen brauchte ich die Liebe der Nahrung ja nicht mehr, da ich sie mir von außen erhoffte. Größtenteils von meiner Mutter,
Das kann ich nicht so ganz verstehen. Warum sollten deine Mutter und andere dich mehr lieben, wenn du hungerst?

Die Bulimie ist eine Hassliebe. Man braucht ganz viel, kann es aber gleichzeitig nicht ertragen. Darum macht man es durch hungern oder kotz... rückgängig.
Mit der Symptomatik von Binge Eating habe ich keine Erfahrung, kann mir aber vorstellen, dass man eine unstillbare Sehnsucht nach Liebe und Zuneigung hat und einfach nicht satt wird.
Kätzchen hat geschrieben:Die ES war bei mir also nie eine Form von Selbsthass oder –zerstörung.
Das könnte auch ein Punkt sein, warum du in der Symptomatik wechselst.
Wenn ein Teil der Essstörung die Selbstzerstörung ist, bleibt man meistens bei einer Form.
Wie gesagt, du bist auf der Suche wieviel und welche Liebe du brauchst (auch andere Gefühle) und hast diese noch nicht beendet.

Es kann jetzt sein, dass es für dich totaler Quatsch ist, was ich geschrieben habe.

liebe Grüße
„Das einzig Wichtige im Leben sind die Spuren der Liebe, die wir hinterlassen, wenn wir gehen.“
Albert Schweitzer

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#12
Hey Christinel!

Also ich glaube, dass sowieso nichts so richtig Quatsch sein kann, weil ja alles irgendwie zum Teil stimmt.

Dass ich auf der Suche bin, würde ich auf jeden Fall so unterstreichen, aber ich weiß auch wirklich nicht, ob das mit den Gefühlen auch stimmt. Gefühle weghungern ist natürlich möglich, aber genauso gut kann man Gefühle auch wegfressen- man kann selbst für den Moment seine ganzen Gedanken wegfressen.

Irgendwie fühle ich mich auch total unnormal (also selbst unter den ESlern) durch die ganzen Suchtverlagerungen. Meistens bleibt man ja bei seiner Form und wechselt sie erst, wenn man die Konsequenzen einer Form nicht mehr aushalten kann/will. Aber ich tue ziemlich regelmäßig, so alle 2 bzw. eineinhalb Jahre.

Vielleicht bin ich mir auch einfach nicht so sicher, wie viel Liebe mir überhaupt zusteht. Eine unstillbare Sehnsucht danach habe ich schon immer gehabt, aber meine Ansicht, ob ich sie überhaupt verdient habe oder nicht, hat zwischen den Formen auch immer gewechselt.
Christinel hat geschrieben:Das kann ich nicht so ganz verstehen. Warum sollten deine Mutter und andere dich mehr lieben, wenn du hungerst?
Durch das Bingen habe ich ja zugenommen und meine Mutter kann mollige bzw. übergewichtige Menschen einfach überhaupt nicht leiden- das hat sie mir auch zu verstehen gegeben. Und ich habe halt gehofft, dass sie mich wieder mehr liebt, wenn ich schlank bin.

Also wie schon gesagt, zum Teil stimmt es wohl schon, was du schreibst- und zum anderen Teil kann ich dir das auch gar nicht so genau erklären, was in mir vorgeht.

@Valerie

Ja stimmt, jetzt wo du es sagst...gebingt habe ich von Anfang an aus eigener Motivation, aber in die Anorexie bin ich dann gerutscht, weil der Freund meiner Mutter wollte, dass ich abnehme. Also habe ich es getan, nur ein wenig zu viel. Und dann als meine Mutter meinte, ich solle wieder essen, so habe ich das auch versucht, konnte mich jedoch dann gar nicht mehr stoppen und habe dann nach den FAs aus lauter Scham zum Ausgleich wieder gehungert.
Und mit dem Bingen habe ich jetzt wieder angefangen, weil in der therapeutischen WG, in der ich jetzt wohne, mein Hungern nicht toleriert wird, da sie der Meinung sind, dass meine FAs auch zum großen Teil davon kommen. Aber wenn ich FAs habe, dann ist das nicht so dramatisch, da ich sie ja nicht so leicht kontrollieren kann, wie mein Hungern...

Aber auch wenn ich die Wechsel wegen anderer Menschen gemacht habe, so glaube ich dennoch, dass es auch was damit zu tun hat, dass ich generell nicht so recht weiß, wo ich meine Liebe herkriegen soll.
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#13
Hallo Kätzchen,

ich glaube, es ist sogar relativ normal, dass man immer mal wieder in seiner Essstörung verschiedene Phasen hat. Das kommt glaube ich davon, dass man mal labiler ist und mal stärker, mal depressiver (und dadurch gleichgültiger) und mal glücklicher. ES ist ES egal in welche Art und Weise sie sich ausdrückt.
Ob man jezt zu viel isst oder zu wenig, mal viel und mal wenig.... es ist alles eine Form von ES

Ich halte das Konzept von deinen Betreuern eigentlich für richtig. Der erste Weg aus dem Teufelskreis ist, mit dem Hungern aufzuhören. Das ist auch ganz einfach zu erklären und ich bin mir sicher, dass du dir den Konzequenten von Hungern auch bewusst bist. Natürlich hören die FAs nicht sofort auf, sonst hätten wir womöglich alle keine ES mehr. Dein Körper muss erst mal realisieren, dass er nun täglich genügend und regelmäßig bekommt, das dauert seine Zeit. Außerdem hast du in letzter Zeit wahnsinnig viel Stress gehabt.
Schau mal, wie viel sich bei dir verändert hat. Neue Wohnung, Studium, neue Bekanntschaften....
Das fällt niemandem einfach und logisch, dass sich alte gewohnheiten einschleichen. Das Essen gibt dir Schutz und Geborgenheit um diese harte Zeit zu überstehen. Fängst du jetzt aber wieder mit hungern an, dann wirfst du der ES die Zügel hin und sie hat wieder völlig Macht über dich.
Lass dir Zeit. Irgendwann hast du dich eingelebt und fühlst dich wohl und dann werden deine FAs nachlassen.
Wenn du dann mal ein bis zwei Jahre ohne FAs gelebt hast, wirst du solche schwierigen Situationen auch ohne sie schaffen.
Und wie Unique schon sagt, genieße trotzdem das Leben, denn es gibt auch noch andere Dinge außer der ES. Glaub mir, Studenten sind keine Unmenschen. Man darf schüchtern sein und man muss nicht perfekt sein. Geh doch einfach mal auf so eine Party und wenn es scheiße ist, dann gehste eben wieder heim.
Oder probier es mal mit Uni Sport. Du wirst sehen, du wirst gemocht, egal wie schlank oder nicht-schlank du im Moment bist.


Liebe Grüße

Andalucia

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#14
Hey Andalucia!

Ja, stimmt schon, eigentlich habe ich echt einen großen Schritt gemacht und somit hat sich viel verändert.

Ich habe nur das Gefühl, dass die ES eigentlich immer da ist, egal ob es nun viele Veränderungen gab oder nicht. Ist ja bei uns allen so.

Und warum sollten meine FAs mit der Zeit einfach aufhören, bloß weil ich nicht mehr hungere? Also das ist kein Angriff, nur Verzweiflung…ich meine: Klar habe ich den Teufelskreis durch das Hungern aufrecht erhalten, aber ich hatte ja auch schon eine Phase (vor dem Abi, als ich mich wieder ziemlich stark mit meiner Mutter gestritten habe), wo ich nur gefressen habe und keine Kraft zum Hungern hatte. Das ging ein dreiviertel Jahr und meine FAs gingen erst zurück, als das Abi vorbei war und ich mich wieder mit meiner Mutter versöhnt habe.

Ich meine damit nur, dass ich die FAs ja nicht nur aus physischen Gründen habe und ich deshalb auch nicht glaube, dass sie einfach so mit der Zeit verschwinden.

Ok, ich habe ja momentan noch nebenbei Therapie und dadurch hoffe ich eben, dass sich in meinem Kopf langsam wieder alles richtig zusammenfügt.

Und ich es hoffentlich irgendwann schaffe, mir selber die Liebe zu geben, nach der ich mich so sehr sehne.

Ich hätte aber noch mal eine Frage: Glaubt ihr, dass es auch von der Persönlichkeit abhängt, in welche ES-Form man sich stürzt?
Eine Mitbewohnerin meinte letztens zu mir, dass sie glaubt, dass Bulimiker einfach emotionaler seien als anorektische Mädchen. Und über Binge-Eater kann ich grad gar nichts sagen.

Und zum Sport: Das ist ja auch immer so ein heikles Thema. Ich übertreibe es nämlich meistens immer gleich damit..aber ich kann mich ja auf jeden Fall mal schlau machen, was meine Uni so anbietet- Manschaftssport könnte vielleicht was für mich sein, denn da ist man nicht seinen Gedanken ausgeliefert und lernt zudem noch neue Leute kennen! :mrgreen:
"Ein positiv denkender Mensch weigert sich nicht, das Negative zur Kenntnis zu nehmen.
Er weigert sich lediglich, sich ihm zu unterwerfen."

Re: Suchtverlagerung Nr. 4: Von atyp. Bulimie zum Binge-Eati

#15
Hallo Kätzchen,

siehst du, du hast Fortschritte gemacht und daran musst du immer festhalten. :D
Der Kampf aus der ES dauert oft JAhre und ist immer begleitet von Rückschlägen und Zeiten in denen man denkt, es hätte sich nichts geändert. Und doch, Stück für Stück arbeitet man sich nach oben.
Ich kann nach über zehn Jahren Kampf auch noch nicht behaupten, ich hätte die ES besiegt. Im Moment spielt sie keine ROlle in meinem Leben aber das kann sich auch wieder ändern.
Allerdings gibt es immer eine psychische und eine physische Seite und man muss beides berücksichtigen wenn man gesund werden will.
ICh kenne aus der Klinik viele sehr übergewichtige Menschen, die immer FAs hatten und dann wieder nichts gegessen haben. Ich glaube das ist eine sehr schlechte Kombination. Durch das Nicht- essen schraubst du deinen Stoffwechsel herunter, ein FA wirkt sich dann doppelt auf das Gewicht aus. Isst du ganz normal, stellt sich dein Stoffwechsel langsam ein und dein Körper steckt einen FA auch mal locker weg. Dadurch lässt das schlechte Gewissen nach, man kann sich DInge erlauben ohne ein schlechtes Gewissen zu haben und ohne dass es danach in einen FA ausartet.
War das jetzt verständlich :shock:
In der Therapie lernt man sich dann ja nach und nach kennen und arbeitet auf einer anderen Ebene.
Weißt du, was mir total geholfen hat?
ICh habe angefangen verschiedene Situationen zu beobachten. Z.B wer fängt im Sprechstundenzimmer das Gespräch an, neben wem setzt sich die Oma, die gerade in den Bus einsteigt....
Dadurch habe ich aufgehört immer mich zu hinterfragen und schwups... plötzlich war ich diejenige die Gespräche angefangen hat und neben die man sich setzte. Ich hatte mich nicht mehr auf mich konzentriert sondern auf die anderen, dadurch habe ich wohl eine viel offenere Ausstrahlung bekommen und ein anderes Selbstbild.


Und ja, ich glaube es hängt tatsächlich von der Persönlichkeit ab, in welche ES- Form man abstürzt. In der Klinik wurde das sehr deutlich.
Aber es ist unglaublich komplex. Ich hatte zum Beispiel immer das Gefühl, dass Binge- eating leute noch viel sensibler waren als Bulimie- Leute, sich nach Liebe sehnten und gleichzeitig keine eingehen konnten. Ich habe oft gesehen, dass sie in ihrer Kindheit schwer verletzt wurden oder dass ihrer Eltern auch Probleme mit Nähe und/ oder Essen hatten. Auf jeden Fall waren sie immer sehr aufmerksam, empathisch, zurückhaltend.. einfach lieb.( ich will das auf keinen Fall verallgemeinern, denn es gibt immer Unterschiede, aber ich habe eben viele kennen gelernt die so waren)
Bei Menschen mit Bulimie stand vor allem Anerkennung und Bewunderung an erster Stelle. Oft wirkten sie selbstbewusst, aufmerksam, fit, etwas aufgedreht und ruhelos. Bei einigen waren schlimme Erlebnisse die Ursache, aber manche, wie ich auch, wollten einfach nur ne Diät machen, begehrt werden, hatten wenig Selbstbewusstsein weil sie viel. gemobbt wurden, oder zu wenig Aufmerksamkeit hatten...
Magersüchtige waren mir immer eher fremd. Sie hatten einen unglaublichen Ehrgeiz, spannten ihre Umwelt völlig aus und schotteten sich ab. Es viel mir schwer eine Beziehung zu ihnen aufzubauen, sie zu verstehen.
Man muss aber auch bedenken, dass viele der MAgersüchtigen noch sehr jung waren.

Aber alle haben was gemeinsam, wenig Selbstbewusstsein, Ängste und die Suche nach Geborgenheit.

Zum Sport: Ein Gemeinschaftssport ist immer super. Ich spiele Badminton und Tischtennis, ab und zu besuche ich auch einen Aerrobic- Kurs, aber nur, weil ich solche Probleme mit dem Rücken habe und mich viel bewegen muss, nicht weil es mir besonders Spass macht,
Es ist aber bei allen Kursen gleich. Es gibt immer ein paar, die super spielen, welche die es echt gut können, einige die es gerade lernen und manche, die zum ersten Mal kommen.
Darauf kannst du dich verlassen