Männer und Bulimie

#1
Mich interessiert eines brennend:

Wenn Bulimie auch eine körperliche Abhänigkeit von den "Effekten" bestimmter Nahrungsmittel ist, eine Sucht nach bestimmten Nahrungsmitteln (Zucker, Fett, Weißmehl etc. etc.) wo der Stoffwechsel eine entscheidene Rolle spielt... WARUM sind dann nur so wenig Männer betroffen???

Männer müssten in so ziemlich gleichem Maße betroffen sein wie Frauen, die haben doch keinen anderen Stoffwechsel.


Wieso wird man überhaupt nach Nahrung süchtig? Körperlich süchtig, immer mehr und mehr... fressen, fressen, fressen... wo anderen schon übel würde. Warum steigt unsere Toleranzgrenze so an? Warum sind wir süchtig nach manchen Nahrungsmitteln??

Und wieso so wenig Männer und fast nur Frauen?



lg

Para

Re: Männer und Bulimie

#2
hallo para!

ersteinmal werd ich das gefühl nicht los, dass du krampfhaft versucht, dir die Bulimie rational zu erklären und auf eine Sucht nach Zucker oder Fett etc. zu schieben!
meiner meinung nach ist man bei der Bulimie nicht substanzabhängig sondern psychisch davon abhängig, aber nicht körperlich!
Bulimie zählt zu den psychischen Erkrankungen und dahinter steht auch ein schwerwiegendens psychisches Problem!

Du hast Recht, Männer haben nur begrenzt einen anderen Stoffwechsel und entwickeln deutlich weniger eine Bulimie, obwohl sie genauso mit Nahrungsmitteln wie Zucker und Fett konfrontiert sind. Ergo stimmt die These mit der körperlichen Abhängigkeit von Nahrung bzw Zucker und so nicht!

Der Grund, warum tatsächlich viel mehr Frauen an Bulimie oder allgemein Esstörungen erkranken, ist bis heute eigentlich nicht bekannt und kann nur vermutet werden.
Meine ganz persönliche These dazu:
Es dürfte mit der Mutter-Tochter Beziehung zusammenhängen, vorallem in den ersten Jahren bis zur Pubertät scheint es mir ein entscheinder Faktor zu sein! Jungen stehen ihrer Mutter anders gegenüber als die Töchter und erleben die Beziehung zu ihrer Mutter folglich ganz anders! Vielfach zeigt sich auch, soweit ich das der Literatur, die ich bisher darüber gelesen habe, entnehmen konnte, dass Mutter-Tochter Beziehungen bei fast allen Bulimie Patientinnen pathologisch waren und sich auch auffallend mehr gravierende Konflikte in den Beziehungen zwischen Mutter und Tochter, als bei Vater und SOhn finden lassen!

LG
Anna

Re: Männer und Bulimie

#3
Hi Para,

also ich sehe die Bulimie als Verhaltenssucht und nicht als eine "Nahrungsmittelsucht". Will sagen, sie ist nicht abhängig von den Lebensmitteln, die Du zu Dir nimmst sondern im eigentlichen Sinn geht es doch um den Vorgang der Lebensmittelaufnahme und im weiteren um das Loswerden derselben. Eigentlich ist es doch ziemlich egal was man(n)-frau da zu sich nimmt - weiß aber, dass man im Laufe der Zeit seine Vorlieben für gewisse Lebensmittel entdeckt (war bei mir so) aber das fällt meiner Meinung nach nicht unter Sucht sondern unter Individualität (sry, klingt blöd aber mir ist kein anderes Wort eingefallen).

Was den Stoffwechsel angeht, der ist schon unterschiedlich bei Männern und Frauen, wenn auch gering (habe gelesen so zwischen 5-10% ist der Stoffwechsel bei Frauen niedriger als bei Männern) - der Rest ergibt sich einfach aus dem biologischen (Fettanteil blablaetc.) und genetischen Aufbau unserer Körper und der ist nun einmal verschieden.

Was ich auch noch gefunden habe, in einem Buch das ich gerade lese:

"Ein Grund dafür, warum Männer wesentlich selterner von Essstörungen betroffen sind, scheint zu sein, dass Jungen und Männer meistens andere Symptome und Lösungsmöglichkeiten wählen, wenn sie in der Pubertät und Adoleszenz (=Übergangsstadium zwischen Pubertät und Erwachsensein) Probleme haben. Warum dies so ist, ist eine interessante Frage, die nur schwer zu beantworten ist. Möglicherweise sind hier kulturelle Einflüsse ausschlaggebend: So werden Frauen beispielsweise sehr viel stärker über ihren Körper definiert. Allerdings hat sich dies in den letzten zehn bis fünfzehn Jahren zunehmend verändert - heute müssen auch Männer auf ihren Körper achten, sie müssen nun ebenfalls schlank, sportlich und durchtrainiert sein, um als attraktiv zu gelten. Soweit es dazu Untersuchungen gibt, hat sich die Häufigkeit von Essstörungen bei Männern aber trotz dieser Entwicklung nicht wesentlich verändert.
Männer, die von Magersucht oder Bulimie betroffen sind, beschreiben in der Regel ähnliche Probleme wie essgestörte Frauen: Schwierigkeiten mit dem Erwachsenwerden, dem "Mann-Werden", dem eigenen Leistungsdenken, Probleme mit Selbstwertgefühl, eine Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper oder Schwierigkeiten, mit Gefühlen und mit Konflikten umzugehen. Für Jungen und Männer ist es oft besonders schwer, über ihre Erkrankung zu sprechen, eben weil sie als "Mädchenkrankheit" gilt."


In dem Buch wird angegeben, das der Anteil der essgestörten Männer bei 10% liegt, ich persönlich glaube jedoch, dass der höher liegt, weil sich eben viele nicht darüber sprechen trauen.

LG, mpure

Re: Männer und Bulimie

#4
Wir erbrechen nur, weil wir uns überfressen haben.
Wäre der Schlankheitswahn Auslöser, wäre es doch im Grunde absolut schwachsinnig haufenweise Essen in sich reinzustopfen auch wenn wir keinen Hunger haben und es auch sonst keinen driftigen Grund gäbe! Ich stopf(t)e auch Essen in mich rein ohne gertenschlank sein zu wollen. Würde ich alles dran setzen wollen um mega dünn zu sein, würde ich hungern und nur seltenst Fressen und Erbrechen und das dann aus körperlichen Gründen und nicht aus psychischen. So viel zu essen ist 10 Schritte vom Schlank-sein entfernt...

Warum überfressen wir uns aus "psychischen Gründen"? Warum stopfen wir massenhaft Nahrung in uns rein? Warum essen wir so unglaublich viel und warum können wir nicht einfach damit aufhören?
Nur des kurzen Genusses wegen? Nur um einen Moment abzuschalten, Glücksgefühle?




WIE beendet man das? WIE unterbricht man den Kreis dauerhaft... für immer?



Egal was ich tue, der Drang zu Fressen ist früher oder später immer größer. Gewohnheit?
Mentale Schwäche?

Bin ich zu labil um dem riesigen Drang standhalten zu können - mich dem zu widersetzen?

Re: Männer und Bulimie

#5
Para hat geschrieben:Wir erbrechen nur, weil wir uns überfressen haben.
Wäre der Schlankheitswahn Auslöser, wäre es doch im Grunde absolut schwachsinnig haufenweise Essen in sich reinzustopfen auch wenn wir keinen Hunger haben und es auch sonst keinen driftigen Grund gäbe! Ich stopf(t)e auch Essen in mich rein ohne gertenschlank sein zu wollen. Würde ich alles dran setzen wollen um mega dünn zu sein, würde ich hungern und nur seltenst Fressen und Erbrechen und das dann aus körperlichen Gründen und nicht aus psychischen. So viel zu essen ist 10 Schritte vom Schlank-sein entfernt...
Eine Argumentation, die fast genauso in "Zucker und Bulimie" steht. Und selbst in dem Buch heißt es, das Buch ist nur begleitend zu einer Psychotherapie gedacht und nicht als Ersatz.

Re: Männer und Bulimie

#6
Para hat geschrieben:Wir erbrechen nur, weil wir uns überfressen haben.
falsch, denn manche erbrechen um den akt des erbrechens zu erleben, das sich-wieder-rein-machen! andere, wie ich zb. verwenden es al mittel zum zweck: ich bin so voll, dass ich das essen unbedingt wieder raus haben muss, um mich wieder halbwegs normal fühlen zu können!

Para, deine Fragen sind nur für jeden individuell beantwortbar und extremst komplex. Solch essentielle fragen hier in einem post zu beantworten wäre fast anmaßend. In einer Therapie braucht man oft Jahre und dahinter zu kommen. Aber es gibt einige Bücher, die allgemeinere Thesen aufstellen. Ich persönlich finde dieses hier gut: Die heimliche Sucht, unheimlich zu essen: Bulimie- Verstehen und heilen von Maja Langsdorff

zu deinen Fragen, habe ich mir folgendes überlegt:
ich sehe das so, dass das Fressen und Kotzen als Symptom, womit du etwas kompensierst. In gewisser Weise steht es für etwas oder ist eine Art ersatz. eben das wofür es steht, ist individuell. zb. der wunsch nach liebe oder nähe, ein Ventil für Wut oder Trauer, das Völlerei vs. Askese, Schmutz vs. Reinheit, etc. .....

Nunja und auch für den Schönheitswahn hab ich erst letzens von jemand anders eine These gehört, die folgendermaßen lautete:
Man bekommt suggeriert, dass man schlank und dünn sein muss, um anerkannt zu werden. Ergo versucht man dem zu entsprechen und abzunehmen oder zb. wenig zu essen. Man bemüht sich sehr und gibt alles, aber innerlich spürt man von tag zu tag stärker, wie ein unglaubliches Verlangen, etwas, das sich gegen die Diktion der Schlankheit weheren möchte und sich nicht einem solchen Ideal anpassen will, regt und aufbäumt. Bis es schließlich durchbricht als FA! Nach außenhin schämt man sich entsetzlich für das was man tat und versucht stets die beherrschte und angepasste zu sein, aber eigentlich kämpft man mit dem, was in einem nach freiheit schreit....

nun ja, ich denke die ganze sache ist wirklich zu komplex, um das hier so kurz besprechen zu können!
Zuletzt geändert von anna.sophie am Sa Okt 11, 2008 18:41, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Männer und Bulimie

#8
alles fängt psychisch an und wenns zu spät ist wird man auch körperlich abhängig
[magen und andere organe machen da nicht mehr mit usw.]
auch männer können eine schlechte kindheit gehabt haben/schlechte erfahrungen/familienprobleme/sich nicht hübsc genug finden/mangelnder selbstbewusstsein/sensibel sein...
nur männer gehen meistens mit problemen anders rum,
allein dieses klischee das sie nie weinen [männer weinen lautlos mit dem herz wahrscheinlich...]
sie lassen den frust vielleicht mit anderen mitteln raus, [aggression? das ist jetzt nicht böse gemeint!]
eine frau macht einre anderen frau mit ihrem aussehen oft konkurenz [zickenallarm?]
männer müssen eher immer um anderes kämpfen, zeigen wer der stärkere ist, wer hat mehr muskeln wer kann besser eine reinhauen? und nicht wer der hübschste oder den tollsten gewicht hat wie bei der völlig anderen welt der frauen...

kann sein!?

Re: Männer und Bulimie

#9
Ich schätze es liegt einfach daran, dass Frauen und Männer generell unterschiedlich auf Stress und Probleme reagieren.
Frauen neigen dazu sich selbst zu schaden, während Männer Probleme mit anderen austragen. Beispielsweise haben Mädchen und Frauen öfter SVV als Jungs/Männer, die eher zu Prügel tendieren.

Ich denk auch, dass Männer einfach weniger auf Schlanksein oä achten als Frauen, was ja auch bei vielen zur Bulimie geführt hat, so dass sie eher essen ohne das erbrechen als "Lösung" zu sehen.

LG, Filthy
All your cutting down to size. All my bringing you down.

Re: Männer und Bulimie

#10
Klar ist da auch bei den Männern ein Druck gut aussehen zu müssen:

"wer hat die dicksten Muskeln, wer ist der best-trainierteste best-aussehenste Typ" - Beispiel 6r6.


Aggressionen? Davon hab ich auch ne Menge... bei Jungs wird sowas nur mehr toleriert und die haben scheinbar mehr Spielraum - es wird meist toleriert, dass sie ihre Probleme auf diese "männliche" Weise lösen.



Männer gehen anders mit Konflikten um, klar, wieso nicht... trotzdem ist es für mich keine Erklärung weshalb sie nicht auch irgendwie süchtig nach Schokolade und Chips werden können - in gleichem Maße wie Frauen ... mit Kotzen, weil Muckis...




Oder ist es bei Männern eher der Alkohol?!? Wenn ja: warum? Mit Essen kommen sie auch Tag ein Tag aus in Berührung.
Zuletzt geändert von Para am Sa Okt 11, 2008 19:38, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Männer und Bulimie

#11
ach weißt du was para, ich glaube wir irren uns da alle total, wer weiß wie viele tatsächlich drunter leiden, die dunkle zahl... das männer es wohl 0,99% zu geben dass sie unter essstörungen leiden und sich outen weil das wohl dann noch mehr wie "weichei" für den mann /jungen rüberkommt.

kann sein das genauso viele also bulimie haben, aber darüber so gut wie NIE reden, allein im chat hier sind ja fast nur frauen zu sehen :shock: wer weiß wieso.,..


was hat den 6r6 gesagt über muskeln??? hab ich nicht mitgekriegt
Zuletzt geändert von MandoDiao am Sa Okt 11, 2008 19:42, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Männer und Bulimie

#12
Männer und Muskeln und Frauen und Dünn sein.

Wie gesagt, Frauen tendieren eher zum essen, während Männer bspw eher trainieren, andere Drogen nehmen oder eben zu Alkohol greifen-> meiner Meinung nach. Und wenn sie doch "FA" haben, dann gleichen sie es eher mit Sport aus, Präps etc. als mit kotzen.

Aber ich weiß im Moment auch gar nich, wie hoch die Dunkelziffer diesbezüglich geschätzt wird.

LG, Filthy
All your cutting down to size. All my bringing you down.

Re: Männer und Bulimie

#14
Hi,

ich hab nicht so viel zeit zum schreiben aber meine ansicht als bulimie betroffener mann (der zum glück momentan clean ist):

immer wieder lese ich, dass weniger männer von ES betroffen sind. nun ES im allgemeinen ist auch richtig, doch was die zahlen von bulimie-betroffenen männern betrifft gehen die zahlen weit auseinander.

gleichzeitig gibt es bei männern eine art ES, die sehr, sehr viele männer betrifft, doch wird erstens nicht darüber gesprochen, zweitens auch sehr selten in frauen-spezifischen ES-SH-Büchern erwähnt - diese ES nennt sich "Adonis Komplex". Darunter wird verstanden, dass diese Männer das GEfühl haben zu wenig Muskeln haben und daher alles tun um ihre Muskeln zu puschen. Dadurch nehmen sie nicht nur gefährliche Medikamente wie etwa Muskelaufbaumittel, sondern ernähren sich nur sehr einseitig (Eiweißhaltige Nahrung steht dabei im Vordergrund). Innerhalb kurzer Zeit ist der Körper dann total am Ende und es kommt zu ähnlichen Krankheitssymptomen, wie etwa bei MS oder Bulimie. Wer von euch kennt nicht mind. einen Mann der ständig stolz seine Muskeln herzeigt und auch jammert zu wenig zu haben und daher mind. 3 mal in der Woche ins Studie trainieren geht, und auch Aufbaunahrung zu sich nimmt?

Sehr viele Männer die vom Adonis-Komplex betroffen sind rutschen oft auch in die Bulimie, da das Gewicht gerade beim Muskelaufbauprogramm eine sehr wichtige Rolle spielt.

Und da wären wir schon beim Thema Bulimie und Männer. Die wissenschaftlichen Zahlen sind relativ ungenau, da die Zahlen von Studie zu Studie unterschiedlich sind und zweitens ist die Wissenschaft erst in den letzten Jahren auf ES-betroffene Männer aufmerksam geworden. Ich selbst habe erst vor eineinhalb Jahren bei einer Studie für ES-betroffene Männer die EU-weit läuft mitgemacht. Die Ergebnisse werden erst in Jahren fertig gestellt sein.

Daher nimmt man an, dass die Dunkelzahl bei ES-Betroffenen Männern, insbesondere Bulimie weit aus höher ist (ich hab gelesen bis zu "jeder 4 Mann" war oder ist von Bulimie betroffen) als die momentanen Statistiken angeben. Wieso ist das aber so: Nun mehr Frauen melden sich doch irgendwann bei SH-Beratungsstellen oder rufen bei den Hotlines an, doch wenige Männer suchen wirklich psychische Hilfe ("Ein Mann muss alles alleine schaffen"). Ein Problem, dass Männer generell haben (also kein Arztbesuch, keine Hilfe bei Psychotherapeuten), wodurch bei allen Krankheiten und psychischen Erkrankungen die Zahl der Frauen immer weit aus höher ist als die der Männer.

so mal meine Mienung dazu.

lg
mart1

Re: Männer und Bulimie

#15
wenn man nallerdings jene typen betrachtet, die ihre medialen karrieren über jahrzehnte durch den olymp der celebrities durchtragen, dann zweifle ich schon manchmal an dieser theorie.. :roll:
Klar ist da auch bei den Männern ein Druck gut aussehen zu müssen
fernsehkommissare mit glatze, rauchergegärbter haut, faltig, übergewichtig und mit tränensäcken bis unter die knie...