Meine G. | 3 Antworten

#1
Von MR am 12.05.2002

Verfolge seit einiger Zeit die "Geschichten" im Forum. Bin etwas schockiert weil ich sehe das soooo viele davon betroffen sind.
Möchte euch bischen meine Geschichte erzählen.
Ihr werdet vielleicht etwas schauen aber ich bin ein Mann schon 32Jahre alt,und hab schon wieder seit 8Jahren eine Eßstörung in sämtlichen Variationen. Schon wieder weil ich als Kind auch schon mal Magersucht hatte. Die Eßstörung war ablöser für meinen Leistungssport denn ich wegen der ruinierten Knie nicht mehr ausführen konnte.Der fanatische Sport war wiederum ablöser für meine Arbeitssucht die ich von 15.-23.Lebensjahr hatte.(Ich arbeitet "normal"bei einen Betrieb,zusätzlich hatte ich eine eigene Werkstätte wo ich für eine Firma arbeitete und so nebenbei arbeitete ich noch bei einer anderen Firma).Ich arbeitete bis zu 400Stunden im Monat.Man kanns kaum glauben aber ich hatte sogar in dieser Zeit eine Freundin.Leider nur für 8Mo.Sportlich war ich immer schon aber als ich sah das ich meine "Geliebte"nicht mehr haben konnte flüchtete ich in den Extremsport.Ich gabs mir täglich voll.Laufen Radfahren Schitourengehen bei jedem wetter,täglich. Mein innerlicher Zorn und Aussichtslosigkeit war und ist enorm.Als es mit dem Sport vorbei war,kam langsam die Magersucht.Ich fühlte mich dabei gut obwohl ich eigentlich mein Leben so hoffnungslos sah.Vor 5Jahren renovierte ich mein Elternhaus von oben bis unten.Ich arbeitet wieder jeden Tag.Machte Schichtdienst und nebenbei baute ich am Haus.Hauptgrund für das renovieren vom Haus war für mich das ich wenigstens wieder irgendwas Sinnvolles in meinem Leben mache.Ich wog nur noch *kg unter meinem Normalgewicht und arbeitete ohne Pause.Über die Nacht kamen die Heißhungeranfälle.Irgendwie wollte ich ja wieder zur kraft kommen aber ich hatte das essen nicht mehr unter Kontrolle-immer wenn ich alleine war.Erbrechen konnte ich kaum.1999kam ich in eine Klinik.Ich sagte es keinen Menschen,meine Eltern sagte ich es erst 3Tage bevor. Die Klinik war hart aber enorm wichtig für mich. Es war für mich der einzig mögliche Weg aus der Scheiße rauszukommen.Ich lernte viele neue Leute kennen die das gleich Problem haben.Fühlte mich das erste mal im Leben verstanden.Nach der Klinik zog ich von meinem Haus aus und zog in eine WG.Stürzte wieder in die Magersucht. Als ich einmal um 4Uhr30 aufstand und in den Dienst gehen wollte,landete ich mit einer Mineralstoffentgleisung im Landeskrankenhaus.Ich hatte solch Magenkrämpfe wie in meinem ganzen Leben noch nicht.Ich dachte schon jetzt ist es vorbei. Ich wurde wieder Bulemisch nahm etwas zu und kam das zweite mal in eine Klinik.Wieder war der Aufenthalt total wichtig und gut für mich.Lernte wieder total viel nette Leute kennen.Irgendwie erfuhr mein Betrieb von meinem Dilemma und er lies mich nicht mehr Dienst machen.Hatte einen ziemlich Verantwortungsvollen anstrengenden Schichtdienst,und bei Magersucht und Bulimie fällt ja leider die Dauerkonzentration und Leistungsfähigkeit so ziemlich in den Keller.Die Situation macht mich nicht besonders glücklich.
Bin zwar momentan auf Normalgewicht,hab aber in den letzten 21/2Jahren schon *kg Gewichtsschwankungen.
Ich glaube die Hauptgründe warum ich schon seit 17Jahren mein Leben auf verschiedenster Weise davon laufe ist,weil ich mich einsam fühle,weil ich von mir selber viel verlange,weil ich noch immer der Gesellschaft entsprechen will,weil ich ständig von mir selber unzufrieden bin,weil ich so oft auf mich Zornig bin.Weil ich unfähig bin meine Situation zu ändern.Weil ich meine ganzen Sehnsüchte und Energien nicht auslebe.Weil ich mir keine Fehler z.B.beim essen,verzeihe.Weil ich mich selber nicht lieben kann.Weil ich ständig versuche perfekt zu sein.
Bitte seht nicht schwarz wenn ihr das lest das ich schon 21/2 Jahre Therapie mache und noch immer in der Sucht drinnen hänge.
Will nur sagen das jeder der mit der Sucht anfängt sich unbedingt schnell Hilfe hohlen soll.Es ist ein ernstes Problem. Denn welcher Mensch hungert oder kotzt sich freiwillig zu tote???? Wenn ich meine anderen Süchte mitzähle,hänge ich schon 17Jahre drinnen,und da geht es leider nicht mehr so schnell davon loszukommen. Als Mann war es vor kurzen sowieso ein tabu Thema an einer Eßstörung zu leiden,auch unter Fachleuten.

Vielleicht seht ihr irgendwelche parallelen zu mir das ihr eure Gründe der Bulimie erkennt!

Möchte euch auch unbedingt ermutigen sich Hilfe zu hohlen bevor es zur zwanghaften Sucht wird.
Es gibt Hotlines,Selbsthilfegruppen,usw. Und bedenkt auch das ein jeder Arzt unter Schweigepflicht steht.

Wünsch euch allen das beste,euer MR

bisherige Antworten:


________________
Betreff: Re: Meine G.
Von sandy am 13.05.2002


harte geschichte!!!!
hast viel durchgemacht...oder machst durch!! is die therapie anstrengend?? oder hart??????
kannst ma a bissl davon erzähln, i weiß ned kann mir die therapie nicht so gut vorstellen!!!!
würd mich auf deine Antwort freun!!!

bussl dei Sandy


________________
Betreff: Re: Meine G.
Von Silke am 13.05.2002


Hallo MR,

danke, dass Du´s erzählt hast- gibt mit auch Mut - obwohl ich "erst" 9 Jahre dabei bin und auch "schon" 2 Jahre Therapie durchziehe und "noch immer" nicht "clean" bin.

Aber das ist Sucht.

Sandy, ich habe Deinen Beitrag gelesen und mag Dir ein bisschen was von Therapie erzählen:

Rein wissenschaftlich gibt es zwei verschiedene Ansätze so eine Essstörung zu therapieren.
- einen tiefenpsychologischen und
- einen verhaltenspsychologischen l.

Der Unterschied ist kurz und nur nach meinem Wissen erklärt, dass der tiefenpsychologische Ansatz sich vor allem mit den Ursachen in Deinem Leben beschäftigt und versucht aus Deiner Psychologischen Entwicklung den "Fehler" zu entdecken und zu therapieren.

Der verhaltenspsychologische Ansatz (in so einer Therapie bin ich- da weiss ich etwas besser Bescheid) befasst sich erst mal mit Deinem täglich Problemen und wie die sich auf Dein Essen auswirken. Es wird z.B. geschaut, ob es "Muster" in Deinen Ess-/Brechanfällen gibt oder ob bestimmte Situationen immer wieder so einen Anfall auslösen. Wenn so etwas erkannt ist, werden Lösungsansätze gesucht (z.B. wenn Du aus Langeweile isst- was macht Dir Spaß? Liest Du gern? Dann nimm Dir erst mal ein Buch und versuch zu lesen- hast Du trotzdem noch das Bedürfnis zu essen- dann tu´s!)

War jetzt ein ziemlicher Vortrag und isst vielleicht auch nicht alles lupenrein von der Theorie her (Korrekturen kann ja jeder reinschreiben) aber vielleicht magst Du darüber erst mal nachdenken.

LG
Silke


________________
Betreff: Re: Meine G.
Von MR am 15.05.2002


Danke euch zweien!
Ich war zweimal in einer Klinik,da wird sowieso mehr vom Grund her aufgearbeitet.Die Erlebnise die einen prägen werden besprochen.Die Klinik war für mich echt gut,ich fühlte mich dort wie auf einer schützenden "Wolke".Es ist so schön wenn man verstanden wird und dort geht es ja jeden so.Am Anfang ist es zwar schwierig aber mit der Zeit legt sich das.Hängt auch etwas von der Gruppe ab.Ich hatte Glück.Mache jetzt ambulante Therapie weiter,alle 10Tage ca.
Meine Therapeutin macht mehr tiefenpsychologie.
Sie will mich mehr von meiner schlechten Haltung mir gegenüber wegbringen.Das ich alles was ich mache nicht mehr so streng sehe.Das das Leben auch etwas lockerer sein darf.Das man nicht der Norm entsprechen muß.Jeder Mensch ist anders und jeder hat das recht dazu anders zu sein.
In unserer Geselschaft etwas schwierig wo ja alles von Vorgaben und Normen bestimmt wird.
Wichtig ist auch das man lernt mehr auf seine eigenen Bedürfnise zu schauen und nicht das Leben von den anderen bestimmen läst.USW,USW,..Je schneller das man es ändern kann um so leichter kommt man davon weg.Und vorallem je früher man das Ganze bearbeitet.
Aber wir werden es schon schaffen.EuerMR