Mein bester Freund, die Toilette | 1 Antwort

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Von annika am 03.11.2001

Heute habe ich mal wieder versagt. Aber das ist ja nichts neues. Eigentlich hatte ich vor eine Therapie zu machen, aber irgendwie habe ich darauf doch keine Lust mehr. Schließlich lebt es sich damit ja ganz gut und wenn es eh niemanden interessiert, kann ich ja so weiter machen. Oder etwa nicht? Ich weiß nicht. Manchmal mag ich "es" nicht mehr, aber auf der anderen Seite muss ich es machen. Früher war es so, dass ich mich immer übergeben habe, wenn ich daran gedacht habe, wie fett ich doch bin. Aber jetzt mache ich es immer, wenn ich irgendein Problem habe und damit nicht klar komme. Ich mache es nicht mehr, wegen dem fett sein. Es ist irgendwie wie eine Sucht. Wenn ich es gemacht habe, fühlte ich mich befriedigt, aber irgendwie noch beschissener, wie vorher. Naja, ich bin eben auch alleine, wie wir alle hier. Sonst würden wir uns hier nicht treffen. Aber ich will eigentlich auch gar nicht, dass sich jemand meines Problemes annimmt, mich würde ja doch niemand verstehen...

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Betreff: Re: Mein bester Freund, die Toilette
Von Daniela am 03.11.2001


Liebe Annika,
natürlich verstehe ich dich und ich denke es gibt noch viele andere die dich verstehen. Es ist nicht einfach sich einzugestehen,dass man süchtig ist, man will es einfach nicht wahrhaben und wertet es ab.
Ich glaube nicht das du versagt hast, denn mit versagen hat es eigentlich nicht viel zu tun. Ich denke, das es nicht der richtige Zeitpunkt war bzw. ist eine Therapie anzufangen, auch wenn ich es dir nur raten kann. Dies hört sich vielleicht ein wenig komisch an, doch auch ich kenne dieses Gefühl versagt zu haben nur zu gut. Bevor ich angefangen habe Therapie zu machen habe ich auch mehrere Anläufe gestartet und bin am Ende doch nicht am letzten Bäcker vorbeigekommen, bin umgedreht, habe mich fürs Essen, Erbrechen entschieden und gedacht so schlimm ist es ja noch nicht, ich brauche keine Therapie, ich schaffe es so, außerdem lebe ich ja ganz gut damit. Ich habe lange gebraucht, bis ich überhaupt irgendeine Therapie angenommen habe und gemerkt habe, dass nur alleine ich mir schade und keinen anderen.
Gerade am Ende meiner letzten Therapie, die ich vorzeitig beenden mußte, weil ich deren Anforderungen noch nicht gerecht werden konnte, habe ich mich als großen Versager gefühlt. Ich habe mir große Vorwürfe gemacht und es nicht verstanden warum meine Krankheit so dominant ist. Ich wollte auf Teufel komm raus endlich wieder arbeiten gehen und mein Leben in die Hand nehmen doch bin einfach nicht gegen meine Krankheit angekommen. Sie hat mir jedes Mal deutlich meine Grenzen gezeigt und ich mußte mir mal wieder eingestehen, das es eine Sucht ist, die man nicht einfach beiseiteschieben kann.
Du solltest dir mal überlegen, was dir deine Krankheit eigentlich wirklich sagen möchte, wozu sie dir hilft und wobei sie dir ganz am Anfang geholfen hat. Ich bin mir sicher, daß dir spontan der Gedanke kommt: "Na ich wollte abnehmen!" doch ich weiß von mir, dass das eigentlich nicht der eigentliche Grund ist.Nach vielen Therapiestunden habe ich gemerkt, daß mir z. B. meine Krankheit unter anderem geholfen hat, mit den Spannungen und den ständigen Streitereien im Elternhaus zurechtzukommen. Ich durfte nie meine Wut herauslassen und mußte sie immer irgendwie herunterschlucken. Dadurch hat sich bei mir innerlich eine enorme Spannung und Wut aufgebaut, die ich probiere durchs Erbrechen los zu werden.
Ich hoffe, ich konnte dir ein wenig helfen und bin mir sicher, daß du deinen Weg finden wirst auch irgendwann aus dieser Krankenheit herauszukommen. Ich wünsche es dir!!
Bis dahin alles Gute,
liebe Grüße Daniela