Von Daniela am 02.11.2001
Ich weiß nicht mehr weiter und ich kann nicht mehr. Tag ein Tag aus fressen, kotzen, fressen, kotzen. Morgens, mittags, abends, den ganzen Tag, kann an nichts anderes denken. Selbst nachts träume ich davon, wache auf und weiß nicht ob ich nun gegessen habe oder nicht und denke ans kotzen.
Wenn ich nicht ans kotzen denke,denke ich ans schneiden, mir die Arme aufzuschneiden, einfach nur um den Druck herauszulassen,um den inneren Schmerz nicht mehr zu spüren, um ihn zu übertönen. Suche verzweifelt nach Entlastung. Ich will heraus aus diesem Alptraum. Ich kann nicht mehr. Möchte heraus bevor es zu spät ist. Ich will leben und irgendetwas hindert mich daran. Ich habe schon mehrere Klinikaufenthalte, die mir aus meinem Loch herausgeholfen haben, hintermir und jedesmal rutsche ich wieder herein. Ich weiß nicht was ich machen soll und würde gerne wissen ob es jemandem genauso geht???
bisherige Antworten:
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Betreff: Re: ich kann nicht mehr!
Von Julia am 03.11.2001
Liebe Daniela!
Ich kann Dich sehr gut verstehen, und weiß, was für ein furchtbarer Teufelskreis diese Krankheit doch ist. Ich empfinde vermutlich den selben Druck wie du. Um diesen Druck auszugleichen fresse und kotze ich. Selbstverletzung (mit schneiden usw.) habe ich noch nie gemacht. Muß aber auch sagen, daß ich Gott sei Dank noch kein Bedürfnis dazu hatte.
Ich weiß nicht was Du beruflich machst, aber mir geht es unter der Woche, wenn ich in der Arbeit und auf der Uni bin besser. Ich komme dann erst abends nach Hause. Das hintert mich am häufigen f... und k....
Zudem kommt dazu, daß ich fast ausschließlich bei mir zu Hause f... und k.... kann. In der Arbeit hätte ich Angst, daß es jemand mitbekommt, und es wäre auch nicht so genußvoll. Darum schaffe ich es meist auch mich zu beherrschen, bis ich nach Hause komme.
Weiters hilft mir auch, daß ich vor 2 Jahren zu studieren begonnen habe. Ich mache das neben der Arbeit, und habe dabei wirklich einen wahnsinnigen Ergeiz entwickelt. Aber ich glaube dieser enorme Ergeiz ist bei unserer Krankheit ganz normal.
Vielleicht wäre es auch für dich gut, Dir irgendetwas zu suchen (Bsp. Hobby, Kurse), das dich auf andere Gedanken bringt und ein wenig ablenkt.
Ich weiß, daß Du diesen Rat wahrscheinlich schon tausendmal gehört hast, aber ich glaube es ist wichtig, daß man nicht den ganzen Tag zu Hause herumsitzt. Auch ich sitze wenn ich frei habe den ganzen Tag zu Hause, und fr.. und k... .
Mein Rat ist zwar nicht die Lösung unseres Problems, aber irgendeine Beschäftigung, die Du wirklich gerne machst, verschafft ein wenig Ablenkung und Du hast nicht soviel Zeit, Dich mit dem Essen zu beschäftigen.
Ich wünsche Dir jedenfalls alles Gute und hoffe Dir mit diesen paar Zeilen doch ein wenig Trost gespendet und vielleicht auch ein kleinwenig Hoffnung gegeben zu haben.
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Betreff: Re: ich kann nicht mehr!
Von Daniela am 03.11.2001
Liebe Julia,
ich habe mich riesig über deine Antwort gefreut. Zu merken, daß da jemand ist, der einen versteht und diesen Teufelskreis nachvollziehen kann tut schon sehr gut.
Ich würde wahnsinnig gerne wieder arbeiten gehen bzw. meinen Hobbys nachgehen, doch mir fehlt die psychische Stabilität um anderen Anforderungen gerecht zu werden sowie das nötige Geld um wieder z. B. Gitarrenunterricht zu nehmen, tanzen oder reiten zu gehen. Außerdem warte ich momentan mal wieder auf einen Klinikplatz, was mich auch daran hindert irgendetwas zu machen, da ich ja nicht weiß wie lange ich überhaupt hier bin. Danach möchte ich in eine andere Stadt gehen und probieren dort mit Hilfe mein Leben wieder aufzubauen denn ich merke, hier zu Hause klappt das nicht mehr.
Momentan probiere ich viel mit unserem Hund zu unternehmen, was mir teilweise auch verdammt schwer fällt, da mir jeglicher Antrieb fehlt und auch mein Körper mir langsam starke Signale sendet. Diese Signale machen mir auch große Angst, weil sie mir deutlich machen, daß ich unbedingt etwas verändern muß und mich dies zusätzlich unter Druck setzt. Ich habe Angst nicht mehr rechtzeitig die Kurve zu bekommen, Angst das es langsam zu spät ist.
Ich finde es toll, daß du es so schaffst durchs arbeiten und studieren ohne Essanfälle durch den Tag zu kommen. Legst du denn dann keine Nachtschichten ein? Ich weiß, daß das mir passieren würde, wenn ich meinen Essdruck den ganzen Tag aufschiebe, dann kann ich nachts nicht mehr schlafen und muß dann unbedingt einmal essen und erbrechen. Das "Essen" und Erbrechen würde mir wahnsinnig fehlen, um den Druck und die ständige Anspannung los zu werden. Ich würde mich dann nur mit dem Erbrechen durch den Tag mogeln und jede Kleinigkeit auch wenn es nur ein Schluck Milch oder Cappucino ist erbrechen. Ich würde es nicht schaffen den ganzen Tag meinen Druck vor mir her zu schieben, geschweige denn mich abzulenken. Irgendwann würde ich psychisch auf Arbeit zusammenbrechen bzw. gar nicht mehr ankommen. Dies habe ich schon mehrere Male erlebt und schaue nun seit kurzem der Realität ins Auge. Bisher wollte ich auf Teufel komm raus arbeiten gehen, wieder leben und mein ganzes Problem beiseitedrängen, es hat mich aber jedes Mal wieder eingeholt und dann kam es doppelt so dick.
Ich hoffe du schaffst es weiter so und hoffe das auch du irgendwann diese Krankeiheit nicht mehr brauchst und sie irgenwann besiegst. Ich wünsche es Dir!
Liebe Grüße
Daniela
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Betreff: Re: ich kann nicht mehr!
Von Julia am 05.11.2001
Liebe Daniela!
Ich kann Dich sehr gut verstehen, und muß gestehen, daß es auch mir nicht so gut geht, wie ich es in meinem letzten Mail dargestellt habe. Natürlich denke ich auch während der Arbeit und auch auf der Uni andauernd nur ans Essen, aber ich kann meine Eßanfälle besser kontrollieren. Der "Alltagstrott" verschafft mir doch ein wenig Halt. Es ist nicht so, daß ich mein Eßverhalten unter Kontrolle hätte, aber ich kann meine Freßorgien doch etwas einschränken.
Ich kann mir gut vorstellen, daß Du einfach nicht in der Lage bist zu arbeiten.
Mir geht es oft genauso. Ich denke mir dann, ich halte das alles nicht mehr aus, und möchte so schnell wie nur möglich nach Hause um zu essen. Es ist dann wirklich furchtbar. Eben dieser Druck im Kopf, den ich nur mit essen und erbrechen ausgleichen kann.
Ich schaffe es auch nicht immer nach der Arbeit auf die Uni zu gehen. Heute hätte ich z.B. ein Seminar gehabt, konnte aber einfach nicht hingehen. Wenn ich dann im Zug sitze (ich arbeite in Wien, wohne aber außerhalb), überkommen mich jedenfalls Schuldgefühle, und ich verstehe einfach nicht, warum ich so schwach bin und es nicht einen einzigen Tag aushalten kann nicht zu essen und zu erbrechen. Natürlich habe ich es auch schon geschafft ein paar Tage nicht zu essen, aber die Belastung war enorm groß.
Ich weiß nicht ob Du schon einmal von dem Medikament Fluctine gehört hast. Mein Arzt hat mir diese Tabletten einmal verschrieben. Es handelt sich dabei um eine Art leichtes Antidepressivum, daß speziell für Eßstörungen entwickelt wurde. Mit diesem Medikament habe ich es sogar einmal geschafft 2 Wochen nicht zu essen und zu erbrechen. Das war mein absoluter Rekord.
Wenn Du dich für dieses Medikament interessierst, kann ich Dir gerne genauere Auskünfte geben.
Bzgl. der Mangelerscheinungen, von denen Du schreibst, möchte ich nicht unhöflich sein, aber wenn es Dich nicht stört, wäre ich Dir doch sehr verbunden, wenn Du mir kurz erzählen könntest wie es Dir so geht, was für Beschwerden Du hast und was man dagegen unternehmen kann.
Würde mir sehr weiterhelfen, da es auch mir gesundheitlich nicht sehr gut geht.
Ich wünsche Dir jedenfalls weiterhin alle Liebe und freue mich über eine Nachricht von Dir
Julia
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Betreff: Re: ich kann nicht mehr!
Von Daniela am 05.11.2001
Liebe Julia,
ich ärgere mich gerade grün!!! Ich bin aus dem Internet, sowie auch aus dem Forum abgestürzt und konnte somit nicht meinen keine Ahnung wie langen, auf jeden Fall ziemlich langen Brief, abschicken. Er ist weg! Nun habe ich mich auch noch mit meinen Eltern gestritten, weil ich mich einfach ärgere und ich diesen Ärger zu lange geäußert habe. Toll, soll ich wieder alles hin mich hineinfressen, wonach mir jetzt auch ist? Scheiße man, ich könnte explodieren! Ich bin wütend auf die Reaktion meiner Eltern. Hab hier einfach nichts zu sagen und sollte auch besser meínen Mund halten!Man ich könnte kotzen oder meine Arme aufschneiden, am besten beides gleichzeitig. Man Scheiße!!!
Ich muß mich erst einmal abreagieren und schreibe dir später oder spätestens morgen weiter.
Bis dahin alles Gute und laß den Kopf nicht hängen!
Daniela
ich kann nicht mehr! | 4 Antworten
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