Von annika am 30.09.2001

Hallo!

Momentan habe ich einfach das Gefühl, dass mich niemand auf der Welt mehr versteht. Keiner weiß, was wirklich in mir vorgeht. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich es noch nicht einmal selber. Immer wenn ich Probleme habe oder ein schlechtes Gewissen bekomme, geh ich auf die Toilette. Aber warum?

Teilweise geht es mir danach sogar noch schlechter, als vorher schon und die Probleme sind immer noch da. Ich fühle mich einfach allein. Ich weiß, dass ich mit dem Essen ein Problem habe und ich weiß auch, dass ich unter dieser Krankheit leide und meinen Körper kaputt mache, aber ich will es gar nicht ändern. Ich weiß nicht. Vielleicht würde ich es ändern wollen, wenn ich jemand hätte, der mir dabei helfen würde.

Aber ich stehe mit diesem Problem alleine da. Die Menschen, die von meiner Krankheit wissen, kümmert es nicht besonders. Sie wissen ja gar nicht, wie scheiße es mir geht. Sie wissen doch gar nicht, wie oft ich daran denke. Das mein erster Gedanke am morgen sich sofort ums Essen dreht und wann ich es wieder ungestört tun könnte.

Ich weiß, dass es so nicht weiter gehen kann, aber mir hilft niemand und alleine schaffe ich das nicht. Alle Menschen, auf die ich so sehr gebaut habe, haben mich alleine gelassen. Niemand will mir ernsthaft helfen. So oft habe ich schon mit meinem Freund versucht, darauf zu kommen, aber wenn ich ehrlich bin, war es nie etwas ernstes. Es waren "Versuche", aber genützt hat es nichts. Denn ich bin in meinen Augen nicht richtig an die Sache heran gegangen. Und nun? Nun, habe ich niemanden mehr, der mir hilft, weil ich das Gefühl habe, dass sich keiner für mich interessiert. Versteht denn niemand, dass das Kotzen ein Hilfeschrei ist???? Soll das mein Leben sein? Ständig ans Essen zu denken und auf die Toilette zu gehen?

Man, wenn die Menschen wüßten, was in mir vorgeht, aber niemand hat wirklich Ahnung davon, denn keiner nimmt mich anscheinend ernst. Wenn mir wirklich niemand helfen will, dann eben nicht. Ich hasse alle nur so. Ich hasse alle Menschen, die ich kenne und die sich nicht um mich kümmern und die mein Problem nicht ernst nehmen. Ich hasse sie. Sieht denn niemand, wie scheiße es mir geht oder will es niemand sehen?

Ich merke doch nur, dass ich noch mehr darein rutsche. Früher konnte ich mit meinem Freund über das Problem sehr gut reden, jetzt nicht mehr und ich will davon auch nichts mehr wissen.

Annika

bisherige Antworten:


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Betreff: Re: soll das mein Leben sein?
Von Sandra am 30.09.2001

Hi Annika!
Ich hatte auch Bulimie, manchmal habe ich immer noch Rückfälle, aber nie wieder so wie früher. Ich verstehe, was du schreibst, ich habe mich nämlich so ähnlich gefühlt. Mein Leben hat sich nur noch um die Perfektion gedreht und ich habe mich selbst auf solche Oberflächlichkeiten wie Aussehen reduziert. Noch dazu habe ich lange Zeit auf den rettenden Engel von außen gewartet, eine Freundin oder einen Freund, die/der mich total versteht und mich - oh Wunder - aus meinem ganzen Schlamassel wieder herrausholt. Du machst den Eindruck, als würdest du auch auf ein solches Wunder warten. ergiss es! Du musst selber handeln! Finde heraus was du für menschliche Qualitäten hast! Es hört sich für mich nämlich ziemlich egoistisch an, was du schreibst. Ich finde es unfair von dir, dass du indirekt deinen Freunden die Schuld dafür gibst, dass du immer noch Bulimie hast. Du kannst nicht von ihnen verlangen, dass sie 100%ig wissen wie sie reagieren sollen. Schließlich können sie ja nicht in dich hineinsehen. Noch dazu kann es nicht ihre Aufgabe sein, deine Therapeuten zu sein. Mach doch bitte eine Therapie, also mir hat sie geholfen. Dabei habe ich nämlich herausgefunden, wo ich in meinem Leben stehe und habe meine wahren Perspektiven gefunden. Ich finde auch, dass du dich irrsinnig in Selbstmitleid hineinfallen lässt. Wir leben doch nur einmal(Glaub ich zumindest)! Genieße dieses Leben und lass doch einfach mal deinen Körper so sein wie er eigentlich sein will!
Ich hoffe du schaffst es, und läufst bald nicht mehr vor dir davon und findest zu dir selbst
Liebe Grüße, Sandra


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Betreff: Re: soll das mein Leben sein?
Von Marlene am 10.01.2001


Hallo Annika!!

Ich kann einige von deinen Gedanken sehr gut verstehen. Heute zB. bin ich wiedermal aufgestanden, und habe mich gefragt, wann ich denn alleine zuhause sein werde, damit ich mich in Ruhe dem Essen widmen kann. So ist es eigentlich beinahe jeden Morgen, und diese Gedanken bestimmen meinen ganzen Tagesablauf bis ich eben "endlich" essen kann. Meine Familie und Freunde wissen von meiner Eßstörung, und ich bin immer auf offene Ohren gestossen. Sie versuchten zu helfen, doch ich glaube, dass ich ihre Hilfe nicht annehmen wollte und konnte. Alle haben sich bemüht auf mich einzugehen und mich zu verstehen, ich hatte aber trotzdem das Gefühl unverstanden zu sein, und ganz allein mit meinem Problem. Ich glaube, dass alle Hilfe der Welt nichts hilft, solange man nicht selber bereit ist an sich sehr hart zu arbeiten um aus dem Ganzen rauszukommen. Bei mir ist es so, dass meine Mutter, mein Vater und meine Freunde, alle versuchen dazusein, doch nach der langen Zeit (5-6 Jahre Magersucht und Bulimie) ist ihnen bewusst geworden, dass alles Reden mir auch nicht helfen konnte, da ich es selber nicht 100%ig wollte+ will. Du darfst von deinem Umfeld nicht zu viel erwarten, denn ich bin davon überzeugt, dass man selber anfangen muss sich zu verstehen. Ich hasse diesen Teufelskreis auch so sehr, und frage mich oft, ob DAS mein Leben sein soll. Und mir tut es unheimlich weh zu sehen, wie die Menschen die mich kennen auch sehr darunter leiden. Ich bin mir sicher, dass sich deine Familie und Freunde auch Sorgen machen, doch vielleicht wissen sie nicht, wie sie damit umgehen sollen. LG Marlene