Angst vor Rückfällen

#1
Hallo zusammen,
ich war lange nicht mehr hier und nie eine, die sehr viel geschrieben hat. Ich bin mit 17 in die Bulimie gerutscht und würde eigentlich behaupten, dass ich sie hinter mir gelassen habe. Der Körper und Angst vor dem Zunehmen bleiben mir leider auch nach Jahren als Thema, aber ich komme damit zurecht.
Momentan habe ich aber Angst vor Rückfällen. Mein Mann und ich versuchen seit einem Jahr ein Kind zu bekommen, aber es möchte noch nicht klappen. Durch das Absetzen der Pille habe ich ungewollt langsam abgenommen und plage mich seit dem mit dem Teufel auf der Schulter, der mich zum bewussten Abnehmen motivieren will. Zum Glück widerspricht sich dies mit dem Kinderwunsch, sodass ich auch das noch gut im Griff habe. Es häuft sich allerdings wieder vermehrt ein schlechtes Gewissen nach dem Essen und der Gedanke ans Erbrechen. In der nächsten Woche habe ich alleine Urlaub und ertappe mich dabei, dies zu planen. Ich weiß, dass es was mit meiner Enttäuschung und dem Frust bzgl. der Kinderlosigkeit zu tun hat, aber hab Schwierigkeiten mich mit dem Thema bei anderen zu öffnen. Um mich herum haben alle mindestens ein Kind und wir sind quasi "die Letzten". Ich habe Angst, dass ich darüber auch meine Freunde verliere, weil wir nicht mehr in deren Lebensplan passen, weil wir eben keine Kinder haben.
Das klingt wahrscheinlich alles total banal und unverständlich. Ich merke aber, dass mich dieses Thema der Bulimie so nahe bringt wie schon lange nicht mehr und ich weiß nicht, mit wem ich dies besprechen kann. Mein Mann ist da leider nur bedingt ein Ansprechpartner und die ganze Sache mit der Bulimie versteht er glaub ich wenig, er hat mich aber auch nie in meiner schlimmsten Zeit erlebt. Das meiste war schon durch und ich habe es auch nicht viel mit ihm geteilt.
Also habe ich mal wieder hier ans Forum gedacht. Ich weiß, dass ihr mir den Kinderwunsch auch nicht erfüllen könnt, aber ich glaube ich muss mir das Thema Bulimie und ihre Gefahren noch einmal richtig bewusst machen. Ich habe Angst, dass ich scheitern könnte und das Ganze wieder von Vorne losgeht.
Wie geht ihr in solchen Situationen damit um?

Re: Angst vor Rückfällen

#2
Liebe Krachmacherin,

ich kann verstehen dass Du Dir gedanken bzw. ängtlich bist wieder reinzurutschen.
Das kenne ich auch!

Wie lange bist Du denn jetzt, ich sag mal symptomfrei von Anfällen? Und wie lange hast Du die Pille genommen?
Manchmal kann es nämlich nach dem Absetzen der Pille schon länger dauern. Genauso wenn man sich unter Druck setzt. Dies höre ich aus Deiner Nachricht herraus, stimmt das?

Klar ändert sich im Leben durch Kinder die Bedürfnisse und Interessen, aber eben nicht alle. Und auch Deine Freunde werden dann Deine Freunde bleiben.

Bei mir ists genau andersrum. Ich bin die Einzige, welche mit 30 ein Kind bekam. Und ja
zuerst war ich viel daheim, während die Anderen weg gingen und und und. Auch die Themen waren bei mir andere. Doch mit der Zeit relativierte sich das wieder. Meine Freunde sind meine Freunde geblieben. Wenn sie auch einen anderen Lebensstandart haben.
Gut ich habe jetzt auch nicht massig viele, aber eben sonst gute.

Versuch auf Deine Freunde zu vertrauen!
Auch bei Freunden kann es manchmal etwas Abstand geben um dann wieder näher zu sein.
Oder auch nicht, dann kommen andere oder sie waren für eine Weile gut. Meine Erfahrungen sind, echte Freunde bleiben egal wieviel Kontakt oder wie gerade das Leben aussieht. Vertraue auf diese echten Freunde!
Und setz Dich nicht so unter Druck.

Bei mir hat es auch 10 Monate gedauert und ich habe schon gedacht das wird nichts, weil in meinem Umfeld(nur Bekannte) doch einige schon nach absetzen der Pille nachdem ersten Zyklus schwanger wurden. Alle meinten bei mir müsste es doch schnell gehen, da ich die Pille schon Jahre nicht mehr nahm. Anders verhütet.
Tja ich hab mich auch unter Druck gesetzt oder und mich setzen lassen.
Irgendwann hatte ich keine lust mehr. Dachte dann halt nicht außerdem hatte ich da Pläne für eine neue Ausbildung gehabt. War entspannt und plötzlich, peng! War ich schwanger!

Mit dem nicht zunehmen wollen und immernoch drauf achten und sogar daran denken, kenne
ich auch! Vielleicht ist es aber auch verstärkter wegen dem Druck der in dir herrscht wegen dem Kinderwunsch.

Weißt Du noch wie Du damals Dich beruhigen konntest um nicht aktiv zu werden?
Hast Du Therapie gemacht? Vielleicht kannst Du von dort nochmal etwas herrausziehen!

Ich hatte auch Rückfälle, leider! Aber jeder Rückfall hat mich mehr darin bestätigt nicht mehr darein zu wollen! Und ich denke das hat mich mehr und mehr gestärkt! In schwierigen Situationen versuche ich daran zu denken wie meine Essstörungen mein ganzes leben beeinflusst hat. Im negativen. Was ohne diese, nach der umgewöhnungszeit und dem erneuten Kämfen, viel besser ist.
Ganz frei von gedanken bin ich wohl auch nicht immer, aber eben viel bewusster wie das wieder enden würde, würde ich nur mal wieder reinschauen wollen.

Jetzt hab ich so viel geschrieben, aber ich hoffe es konnte Dir ein bißchen helfen!
Und wirke nicht zu lehrhaft! :oops: Zumindest kann ich Dir sagen Du bist nicht allein damit! :wink:

Liebe Grüsse
Seepferdchen

Re: Angst vor Rückfällen

#3
Hallo Seepferdchen,

danke für deine ausführliche Antwort. Ich weiß gar nicht, wann ich meinen letzten Essanfall mit Erbrechen hatte, ist vielleicht so drei Jahre her. Hatte vor 2 Jahren eher mit Untergewicht zu kämpfen und noch rechtzeitig die Notbremse gezogen, bevor ich in die Magersucht rutsche. Seitdem komme ich recht gut zurecht, wobei ich "schlechte Tage" mit eher reduziertem Essen ausgleiche, aber ich würde sagen noch in Maßen. Erbrechen kommt mir immer mal wieder in den Sinn, aber ich halte das schlechte Gefühl aus. Nur momentan häuft es sich halt und es wird irgendwie lebendiger, weil ich mir es in der Vorstellung ausmale. Weiß nicht, ob das verständlich ist.
Eine klassische Therapie habe ich nicht gemacht, ich war aber mehrmals und über längere Zeit durch eine Beratungsstelle betreut. Also irgendwie natürlich schon. Es hat irgendwann klick gemacht und ich wollte vor Ende meines Studiums mit dem Thema durch sein, das war wohl die stärkste Motivation. Ich weiß auch, dass es momentan an dem Druck liegt und dem Umgang mit wiederholten Enttäuschungen, das fällt mir halt auf funktionale Art und Weise extrem schwer und es kommt jedes Mal der Wunsch auf, diesen Körper irgendwie zu bestrafen, weil er es irgendwie nicht hinkriegt. Ja auch das natürlich quere Gedanken und noch kann ich mich davon abhalten, weil es ja kontraproduktiv wäre.
Die Pille habe ich 14 Jahre genommen und mein Körper brauchte auch Zeit, um sich einzustellen. Ich weiß irgendwo auch, dass das zeitlich noch im Rahmen ist und ich mich nicht stressen sollte. Ich stress mich auch nicht permanent, aber natürlich immer dann, wenn ein weiterer Zyklus abgehakt werden kann. Meinen Freunden kann ich im großen und ganzen da auch vertrauen, vielleicht sind es wirklich eher die Bekannten, die mich da stören. Habe auch nur eine handvoll wirklicher Freunde und bei denen ist das auch voll ok.
Ach ich weiß auch nicht, vielleicht mache ich mir auch gerade ein Problem. Scheiß Gefühle konnte ich damit einfach immer so unglaublich gut regulieren. Natürlich mit ganz vielen negativen Konsequenzen für meinen Alltag, aber fühlen musste ich nicht mehr so viel. Die Gefühle momentan sind einfach teilweise überfordernd und ich muss lernen, adäquat damit umzugehen, was deutlich leichter gesagt als getan ist.
Puh jetzt habe ich auch ganz schön viel geschrieben*g*

Viele Grüße