Nein, ich bin in keiner Psychotheraphie. Von meiner Bulimie weiß niemand, nur von den Begleitsymptomen meines ENtzuges, Schlafstörungen, Panikattacken, Deppressive Phase, Zukunftsängste.. und Anti- Deppressiva wollte ich keine nehmen. Bin deshalb "nur" in der Behandlung von der Frau der inneren Medizin mit Akkupunktur e.t.c.. was meiner Meinung nach auch echt etwas hilft. Habe gerade keine Termine bei ihr seit über 2 Wochen, weil sie in Urlaub ist und freue mich ehrlich gesagt schon wieder auf meine Termine im September... merke, wie es mir jetzt die Zeit ohne schlechter ging.. Nach ihren Behandlungen war ich oft viel entspannter, hatte endlich mal innere Ruhe, konnte mir sagen, dass die Dinge eben so kommen werden , wie sie kommen und ich einfach nicht mein ganzes Leben auf einmal regeln und 'erledigen' kann und auch ich recht auf Fehler habe. So ist das Leben und Mensch sein naemlich. Auch wenn ich ihre Tees nicht ordentlich nehme oder falsch dosiere, merke ich das. Bekomme wieder Bauchschmerzen und bin Appetitloser.
Vielleicht würde eine Psychotheraphie und auch Verhaltenstheraphie etwas bringen, aber ich will eigentlich wirklich mit niemandem darüber sprechen. Und auch nicht jemand fremden davon erzählen.
Ich versuche eben auf meine eigene "Tour" die Dinge in den Griff zu bekommen.. habe mir eben selbst Strategien zurecht gelegt. Und das klappt teilweise auch recht gut. Habe mir eben beispielsweise Beschäftigungen gesucht, weil ich gemerkt habe, dass meine Laune, Kopfschmerzen und das "Glockengefühl" eigentlich am schlimmsten nach dem Essen sind. Klar, normal ist man kotzen gegangen, doch was tut man jetzt? Ich habe angefangen zu töpfern, Freundschaftsarmbänder zu flechten, zu malen (wie gesagt, für lesen fehlt die Konzentration).. ich habe mir eine CD Muskelrelaxion nach Jacobsen geholt, was mir sehr hilft. Ich esse wieder, auch wenn es oft nicht schmeckt und mein Körper selten mit HUngergefühl danach verlangt. Ich schaffe es meistens mir zu sagen, es ist für ein lebenswertes Leben. Ich brauche Essen, ich brauche Kraft. Auch für meinen Sport. Für mein Studium, dass ich im Oktober anfangen will. Ich muss aus dem UG raus, damit ich im Winter nicht so leicht krank werde u.s.w. Und ich habe eben gelernt auf andere Zeichen meines Körpers zu hören, wie Kopfweh, Müdikeit, obwohl ich ausreichend geschlafen haben..dann weiß ich, hey, auch wenn du keinen Hunger hast, du brauchst jetzt was.
Ab und zu habe ich sogar Spaß am Essen und die Angst zu dick zu werden ist nur ganz wenig da. Ich schaff es immer öfter mich aus meinen Panikfilmen, wie das Alles mit der Zukunft wird und mich an belanglosem Scheiß, wie den kleinsten Staubkruemel wegzuputzen, wieder selbst rauszuholen.
Ich schaffe es auch öfters pfleglicher mit meinem Körper umzugehen. Noch vor ein paar Wochen habe ich morgens immer auf nüchternen Magen Sport gemacht. Jetzt mache ich immer noch jeden Tag Sport und gebe auch zu, dass ich Panik bekomme, wenn ich es nicht in meinem Alltag unterbringen kann, aber ich schaffe es jetzt wenigstens mich davor gemütlich auf die Couch zu setzen, einen morgendlichen Kaffee zu geniesen und immer etwas kleines zu Essen. Damit ich nicht gleich ins "Minus" komme. Und dann erst laufe ich los. Ich habe auch eingesehen, dass ich einfach meinen Schlaf brauche. 4h pro Nacht wie früher, das gebe ich mir vielleicht mal eine Nacht, wenn ich mit Freunden weg war. Am nächsten Tag müssen sie dann auf mich verzichten. Früher wäre das nie möglich gewesen, ich war immer überall dabei, Angst etwas zu verpassen, den Anschluss zu verlieren. Jetzt sag ich mir, das wichtigste ist dein Körper und der will jetzt nach einer durchfeierten Nacht nicht nochmal Alkohol und neun Stunden Schlaf. Und die Freunde , die dich lieben, die mögen dich auch, wenn du nicht dabei bist.
Zunehmen tue ich (auch wenn ich nicht weiß, wie ich mit meinen gemischten Gefühlen auf der Waage umgehen soll, einerseits weiß ich, dass es mit steigendem Gewicht auch mit mir und meinem Lebensgefühl und Kraft bergauf geht, andererseits ist da natürlich immer noch die Stimme "Pass mal auf dass das nicht eskaliert und du dick wirst") . Aber ich schaffe es immer ganz gut, auch trotz kleiner Krise dann, an meinem Plan zuzunehmen, mit gesunder Ernährung.
Ich habe mir eine kleine Ecke gemacht in meinem Zimmer, mit lauter Dingen, die mich dran erinnern, wofür es sich zu kämpfen, zuzunehmen und ohne Bulimie zu leben lohnt.. Da sind Fotos von mir und meinem Freund, meinen Eltern, meinem Bruder, meinen Freunden, den Kindern, die ich während meines FSJ's betreut habe und die süßen selbstgemalten Bildern von mir. Da setzte ich mich oft rein, wenn ich nicht klar komme und alles hinschmeißen will und mich beschissen fühle.
So wird es mit jedem Tag besser. Heute ist es knapp drei Wochen seit dem letzten Kotzen, dass auch nur eines von 4 Malen oder so seit Mai war. Und ich habe heute einen guten Tag, das ist richtig schön. Kein Kopfweh mal, gute Laune.
Aber über eine längerfristige Psychotheraphie auf tiefenpsychologischer Basis habe ich auch schon nachgedacht.. Muss ja nichtmal unbedingt von der Bulimie erzählen. wie du schon sagst, es gibt bei mir viele Dinge zum Ansetzen. Ein verschobenes Selbstbild, dass ich nicht die Dinge sehe, die ich schon erreicht habe, dass ich mich so abhängig vom Lob Anderer und deren Meinung mache... dass ich so oft nicht weiß wohin mit meinen Gefühlen, vorallem Stress und Wut und vorallem auch gegenüber meiner Mama. So sehr ich sie liebe.. aber sie ist eine sehr sehr starke und gradlinige Frau, gegen die ich oft einen Kampf führte, den ich als totaler Gefühlsmensch nie gewinnen konnte. Um deren Anerkennung ich ganz oft kämpfte und nur manchmal so bekam, wie ich sie mir erwünscht habe.
Die mir oft zu viel abgenommen hat, mich vielleicht überannt.
Über so was wäre es vielleicht wirklich gut mal zu sprechen, aber ich kann mir nicht ganz vorstellen, dass da eine wildfremde Person helfen kann. Ich weiß diese Dinge ja. Ich sehe auch objektiv, was ich schon alles geschafft habe (Abitur, Führerschein usw).. ich weiß, dass ich eigentlich ganz hübsch bin. Aber es kommt selten im Herzen an.. weisst du wie ich meine?
Und ich glaube eben auch wie Louve, dass man erst dann annähernd von geheilt sprechen kann, wenn man es zu einem gesunden Selbstwertgefühl (STABIL, nicht nur an manchen Tagen und auch in Stresssituationen) geschafft hat und Essen kein Thema mehr ist.
Ich will es alleine versuchen , weil ich bisher ja auch die totale Verbesserung von mir und meinem Zustand gegenüber Juni sehe, auch wenn die meisten Tage immer noch unglaublich anstrengend und schwer sind.. aber bin mir eben nicht sicher ob ich das ganz alleine hinbekomme, mit dem stabilen Ego, der Sportsucht und dass das Essen eine Selbstverständlichkeit ist (und auch eigentlich immer schmeckt und falls nicht, dann nur weils versalzen oder so ist und nicht weil doofe Gedanken übers dick machen dabei sind

) und ich es auch tue, wenn ich unter Stress bin , traurig e.t.c (und zwar nicht FA -mäßig)
Naja, ich gebe mir Zeit. Erstmal den September nochkommen lassen und den Oktober mit dem Studienbeginn. Seit ich die Bulimie soweit eingestellt habe, ist jeder Tag eine neue Erfahrung , Reise und Überraschung...
Wie sieht es eigentlich bei dir momentan aus _Flieder? Und wie bist du wieder in die ES reingerutscht nach so einer tollen Zeit?